Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Bruttoinlandprodukt als Wohlstandsindikator“

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Beitrag von Aimbot

Was haltet ihr von dem BIP als Wohlstandsindikator? Der BIP ist immer wieder stark in Kritik, aber dennoch der Standardindikator zur Messung von Wohlstand. Hier ist ein interessanter Artikel von Axel Reimann zu dem Thema: [URL="http://www.ftd.de/politik/konjunktur/:wohlstandsindikator-bitte-ein-bip/70011443.html"]Bitte ein Bit[/URL]Er beschreibt auf eine satirische Art und Weise, wieso die Enquetekommission keinen neuen Wohlstandsindikator bringt und dennoch niemand mit dem BIP als Wohlstandsindikator zufrieden ist.Was haltet ihr von dem Kommentar und kennt ihr alternative Indikatoren, die eurer Meinung statt des Bruttoinlandproduktes zur Messung von Wohlstand besser sind?

Beitrag von Kiffing

Och, ich habe mit dem BIP keinerlei Probleme und ich gehöre auch nicht zu denen, denen unwohl beim Wirtschaftswachstum ist. Es kann doch nicht ernsthaft bestritten werden, daß das Wirtschaftswachstum als eines der zentralen Ziele einer Regierung, völlig gleich, welches Land sie regiert, angestrebt werden muß. Gut, man kann natürlich einwenden, es komme auch darauf an, wie das Eigentum in einem Land verteilt ist. Völlig richtig, nur das zu messen, ist nicht der Anspruch des BIPs, dafür gibt es andere Indikatoren, die das messen. Warum das gegeneinander ausgespielt werden muß, ist mir nicht ganz klar. Wenn ich mir eine Statistik über den Nährwertgehalt von bestimmten Nahrungsmitteln ansehe, dann werfe ich der Statistik ja auch nicht vor, daß hier nichts darüber ausgesagt wird, wie denn die Nahrungsmittel überhaupt schmecken. Dann gucke ich mir einfach andere Quellen an, die diesen Anspruch haben. Kurz gesagt, der BIP ist für mich erst einmal ein wichtiger Indikator, um zu sehen, wieviel Vermögen in einem Land in Umlauf ist und um den erwirtschafteten Reichtum von Ländern bzw. deren Wirtschaftskraft miteinander vergleichen zu können. Diese Aufgabe erfüllt das BIP ganz gut, und wer anderes wissen will, der suche sich eben alternative Wertungsverfahren oder setzt sich dafür ein, daß ganzheitliche Wertungsverfahren entwickelt werden, sofern mit dem Angebot an ganzheitlichen Wertungsverfahren unzufrieden. [QUOTE]Wir kleben am BIP aus dem uralten, immergleichen Grund: weil sein Wachstum die Verteilungsfrage entschärft.[/QUOTE]Wie gesagt, sollten beide Kriterien nicht gegeneinander ausgespielt werden. Aber Wachstum ist erst einmal gut, weil dadurch das Vermögen wächst, das dann potentiell besser verteilt werden kann.

Beitrag von Aimbot

Das Problem der Verteilungsfrage ist eher folgendes: Nehmen wir eine afrikanische Kolonie. Wenn das BIP dort von einer kleinen Elite, die Zugriff auf alle Ressourcen des Landes haben und das Land ausbeuten, stark beeinflusst wird, kann man dann in diesem Land wirklich von Wohlstand sprechen? Ich denke Wohlstand impliziert ein nicht zu hohes Gefälle und das kein Teil der Bevölkerung am Rande der Armutsgrenze lebt. Aber die Definition ist natürlich stark umstritten.

Beitrag von Kiffing

Es soll ja nur gemessen werden, wieviel Geld in einem Staat in Umlauf ist, nicht wie es verteilt ist. Und was Dein Beispiel angeht, so könnte das BIP zwar für Kolonien nicht so gut funktionieren. Aber die gibt es ja nicht mehr, zumindest nicht mehr in der Form, in der es sie früher gegeben hat. Nach Deiner Definition wären die USA kein wohlhabendes Land. Das brauchst Du natürlich nicht so zu sehen, aber das erklärt wahrscheinlich die Schwierigkeiten, die Du mit dem BIP hast.

Beitrag von Aimbot

Wenn man das Bruttoinlandprodukt als Wohlstandsindikator betrachtet, soll eben nicht nur betrachtet werden wie viel Geld in einem Staat im Umlauf ist, sondern auch die Umweltsituation etc und dort ist eben auch die Verteilung des Geldes ein Indikator für Wohlstand. Ein Land in dem 5% der Bürger (z.b. arabische Ölscheichs, die in der Regel die Ressourcen des Landes haben) extrem viel Geld haben und so das BIP stark erhöhen, dennoch allerdings die restlichen 95% der Bevölkerung in Armut leben hat wohl keinen hohen Wohlstand, auch wenn das BIP hoch sein kann.

Beitrag von Maschendrahtzaun

Tatsächlich misst das BIP nicht das Vermögen der Bewohner des betreffenden Landes, sondern ist ein Maß aller in diesem Land innerhalb eines Jahres erbrachten Güter und Leistungen. Zum Beispiel ist das Vermögen in Deutschland um einiges höher als das BIP eines Jahres.Wenn also gewisse Bewohner eines Landes viel Geld besitzen, steht dies nicht in direktem Bezug zum BIP.So ist zum Beispiel bekannt, dass der kongolesische Diktator Mobutu zum Ende seiner Amtszeit mehr Vermögen angehäuft hatte, als sein gesamter Staat an BIP erbrachte.Freilich ist nicht das reine BIP als Wohlstandsmesser anzusehen, sondern das BIP pro Kopf, da eine Volkswirtschaft mit 100 Millionen Einwohnern naturgemäß ein höheres BIP erwirtschaftet als eine Volkswirtschaft mit 10 Millionen Einwohnern.Und dieses erfüllt seinen Zweck eigentlich relativ zuverlässig.Eine wichtige Präzisierung, die man vornehmen sollte, ist, wenn es darum geht, sich über den Wohlstand eines gewissen Staats zu informieren, nicht auf das nominale BIP pro Kopf zurückzugreifen, sondern auf das BIP pro Kopf in Kaufkraftparitäten. Da das nominale BIP pro Kopf überall in US-Dollar angegeben wird, aber längst nicht überall in US-Dollar bezahlt wird, entstehen Wechselkursverzerrungen.Diese werden durch die Kaufkraftparitäten ausgeglichen.Es gibt natürlich noch verschiedene weitere Versuche, den Wohlstand auch anhand anderer Kategorien zu bemessen.Herausgehoben sei hierbei einer der seriöseren Versuche, der HDI.Wenn man allerdings die Ranglisten des HDI und des BIP in PPP vergleicht, stellt man fest, dass die Abweichung gar nicht so groß ist. Dies stützt an sich wieder das BIP als Wohlstandsindikator.

Beitrag von yury

Hier gerät ja einiges durcheinander.1. Wie Maschendrahtzaun richtig bemerkt hat, ist das BIP "ein Maß aller in diesem Land innerhalb eines Jahres erbrachten Güter und Leistungen" (und nicht "das im Umlauf befindliche Geld" oder Ähnliches?). Mit der Vermögensverteilung hat das erst mal nichts zu tun. Wenn überhaupt, gibt die Einkommensverteilung darüber Aufschluss, wie die erwirtschafteten Güter verteilt werden.2. Wenn wir Wohlstand messen wollen, müssen wir zunächst fragen: wessen Wohlstand? Aimbot hat richtig angemerkt, dass bei ungleichen Verteilungen das BIP - wenn es denn überhaupt Wohlstand misst - eben höchstens Aufschluss über den aggregierten Wohstand gibt. Dass womöglich die große Mehrheit der Bürger eines Landes davon nichts hat, steht dann auf einem anderen Blatt.3. "Es kann doch nicht ernsthaft bestritten werden, daß das Wirtschaftswachstum als eines der zentralen Ziele einer Regierung, völlig gleich, welches Land sie regiert, angestrebt werden muß."Ich wüsste nicht, warum das nicht ernsthaft bestritten werden könnte. Triviales und häufig verwendetes Beispiel: Wenn die Anzahl der Autounfälle steigt, dann steigt auch das BIP, denn die Verletzten müssen behandelt werden, es werden neue Autos verkauft etc. Ist das eine gute Konzeption von "Wohlstand"? Es kommt vielmehr darauf an, was wächst.4. Das BIP scheint objektiver, als es ist. Die umstrittene [URL="http://de.wikipedia.org/wiki/Hedonische_Preise"]hedonische Preismessung[/URL] ist nur ein Beispiel für die Probleme, die sich bei der Messung ergeben.5. Könnte es nicht eventuell sein, dass zum "Wohlstand" auch gehört, was (noch) nicht dem Gesetz des Marktes unterworfen ist?6. "Herausgehoben sei hierbei einer der seriöseren Versuche, der HDI.Wenn man allerdings die Ranglisten des HDI und des BIP in PPP vergleicht, stellt man fest, dass die Abweichung gar nicht so groß ist.Dies stützt an sich wieder das BIP als Wohlstandsindikator."Tut es nicht, weil ein wesentlicher Teil bei der Berechnung des Human Development Index das BIP pro Kopf ist. Die Korrelation ist also rein definitionsgemäß und sagt überhaupt nichts über die Tauglichkeit des BIP zur Wohlstandsmessung aus.

Beitrag von Maschendrahtzaun

Da du hier mal einen Beitrag mit Inhalt verfasst hat, yury, muss ich doch etwas genauer darauf eingehen.Der erste Punkt deckt sich weitestgehend mit dem, was ich vorher beschrieb, daher fange ich gleich mit dem zweiten an.In diesem fragst du, wessen Wohlstand gemessen werden soll. Gleich darauf gibst du dir selbst die Antwort, in dem du feststellst, dass BIP pro Kopf, also der Wohlstand aller, nicht genügend auf die ungleiche Verteilung des Wohlstands innerhalb der betrachteten Volkswirtschaft einginge. Du suggerierst also, dass es sinnvoll wäre, sich nur den Wohlstand bestimmter Gruppen anzuschauen, offenbar derjenigen Gruppen, die finanziell schlechtergestellt sind. Allerdings greift auch dieses zu kurz - und besitzt vermutlich geringere Aussagekraft als die vorherige Betrachtung: Nehmen wir an, sowohl in Land A als auch in Land B erwirtschaften die unteren 20% der Bevölkerung 5000€ pro Kopf und Jahr. Nach unserer neuen Betrachtungsweise verfügen also Land A und Land B über den gleichen Wohlstand. Wenn man aber hinzufügen würde, dass die restlichen 80% in Land A 10000€ erwirtschaften, in Land B aber 30000€, wird klar, dass Land B deutlich wohlhabender ist. Dies ist eindeutig festzustellen, da hier eine Paretoverbesserung vorliegt. Die Betrachtung einzelner Segmente der Bevölkerung disqualifiziert sich also schon einmal. Ein brauchbares Mittel, um die Gleichheit der Einkommen festzustellen, ist der Gini-Koeffizient. [1]Allerdings gibt dieser Index keine Auskunft über das Niveau des Wohlstands, nur über die Verteilung.Es könnte also ein guter Weg sein - vorausgesetzt, man sieht die Gleichheit der Einkommensverteilung als Idealzustand an - das BIP pro Kopf und den Gini-Koeffizienten kombiniert zu betrachten. [2]Interessant ist übrigens, dass die wohlhabendsten Länder in beiden Kategorien vorne liegen - Wohlstand Reicher bringt offenbar langfristig auch weniger gutgestellten Personen Vorteile.In deinem dritten Punkt stellst du die Frage, warum Wirtschaftswachstum ein herausgehobenes Ziel von Regierungen sein muss. Als ideologisch geprägtes Gegenargument führst du an, dass eine steigende Zahl von Autounfällen ein steigendes BIP nach sich zöge. Dies ist freilich falsch und widersinnig.Erstens könnte es höchstens nur sehr kurzfristig gültig sein, da die Verletzten zwar behandelt werden müssen und damit einen positiven Effekt auf das BIP haben, jedoch durch ihren Ausfall auf der Arbeit - eventuell dauerhaft; sinkendes Einkommen; sinkender Konsum etc - einen weitaus größeren negativen Effekt auf das BIP ausüben. Zweitens erhöht nicht der Unfall das BIP, sondern allenfalls damit verbundene Neukäufe oder Reparaturen, also allesamt positive Dinge nach einem zufälligen, negativen, nicht das BIP beeinflussenden Ereignis. Interessant ist hierzu auch [3].Dein vierter Punkt wird ja durch den Unterpunkt Kritik im Wikipedia-Artikel schon selbst entkräftet. Kannst du vielleicht weitere Beispiele für die mangelnde Objektivität des BIP anführen?In deinem fünften Punkt wirfst du die Frage auf, ob nicht auch Dinge zum Wohlstand gehören, die nicht dem BIP zugerechnet werden können.Sicher ist das so, nur ziemlich genau das sind auch die Dinge, in denen der Staat - und die Wirtschaftspolitik - nach meinem Verständnis jedenfalls, und auch nach dem Verständnis der überwiegenden Mehrheit der Menschen, nichts verloren hat. In deinem sechsten Punkt zweifelst du die Unabhängigkeit des HDI vom BIP an.Tatsächlich fließt eine Wohlstandskennzahl ein, allerdings nicht das BIP, sondern das BNE pro Kopf in Kaufkraftparitäten [4].Auch diese Kennzahl macht allerdings nur ein Drittel des gesamten Index aus. Ein Drittel ist kein "wesentlicher Teil" des Index, und eine "definitionsgemäße Korrelation" ist damit noch lange nicht im relevanten Maße gegeben. Doch auch auf diesen statistischen Ausweichposten wirst du dich nicht zurückziehen können.Selbst wenn man die beiden Anderen Indikatoren, Gesundheit und Bildung, ohne das BNE in PPP betrachtet, ist die Übereinstimmung zur Liste mit dem BIP pro Kopf überraschend hoch. [5] [1] [url]http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Einkommensverteilung[/url][2] [url]http://en.wikipedia.org/wiki/File:Gini_coefficient_beside_GDP_per_capita.svg[/url][3] [url]http://zettelsraum.blogspot.de/2011/07/gluck-und-geld-1-nutzliche-unfalle.html[/url][4] [url]http://de.wikipedia.org/wiki/Human_Development_Index[/url][5] [url]http://hdr.undp.org/en/statistics/[/url]

Beitrag von yury

[QUOTE=Maschendrahtzaun;16706]In diesem fragst du, wessen Wohlstand gemessen werden soll. Gleich darauf gibst du dir selbst die Antwort, in dem du feststellst, dass BIP pro Kopf, also der Wohlstand aller, nicht genügend auf die ungleiche Verteilung des Wohlstands innerhalb der betrachteten Volkswirtschaft einginge. Du suggerierst also, dass es sinnvoll wäre, sich nur den Wohlstand bestimmter Gruppen anzuschauen, offenbar derjenigen Gruppen, die finanziell schlechtergestellt sind. Allerdings greift auch dieses zu kurz - und besitzt vermutlich geringere Aussagekraft als die vorherige Betrachtung: Nehmen wir an, sowohl in Land A als auch in Land B erwirtschaften die unteren 20% der Bevölkerung 5000€ pro Kopf und Jahr. Nach unserer neuen Betrachtungsweise verfügen also Land A und Land B über den gleichen Wohlstand. Wenn man aber hinzufügen würde, dass die restlichen 80% in Land A 10000€ erwirtschaften, in Land B aber 30000€, wird klar, dass Land B deutlich wohlhabender ist. Dies ist eindeutig festzustellen, da hier eine Paretoverbesserung vorliegt. [/quote]Herzlichen Glückwunsch! Du hast - auf überaus triviale Weise - ein schlechtes Beispiel für einen Wohlstandsindikator konstruiert, der die Einkommensverteilung einbezieht, und es dann widerlegt.[QUOTE=Maschendrahtzaun;16706]Interessant ist übrigens, dass die wohlhabendsten Länder in beiden Kategorien vorne liegen - Wohlstand Reicher bringt offenbar langfristig auch weniger gutgestellten Personen Vorteile.[/quote]Trickle-down at its best - aber wo hast Du denn die Kausalität aus der Korrelation gezaubert? Das ist ja wundersam... ;)[QUOTE=Maschendrahtzaun;16706]In deinem dritten Punkt stellst du die Frage, warum Wirtschaftswachstum ein herausgehobenes Ziel von Regierungen sein muss. Als ideologisch geprägtes Gegenargument führst du an, dass eine steigende Zahl von Autounfällen ein steigendes BIP nach sich zöge. Dies ist freilich falsch und widersinnig.Erstens könnte es höchstens nur sehr kurzfristig gültig sein, da die Verletzten zwar behandelt werden müssen und damit einen positiven Effekt auf das BIP haben, jedoch durch ihren Ausfall auf der Arbeit - eventuell dauerhaft; sinkendes Einkommen; sinkender Konsum etc - einen weitaus größeren negativen Effekt auf das BIP ausüben.[/quote]Kann sein, man kann aber unzählige Beispiele dieser Art konstruieren, auch wenn Du jetzt in diesem einen Mangel gefunden haben magst.[QUOTE=Maschendrahtzaun;16706]Zweitens erhöht nicht der Unfall das BIP, sondern allenfalls damit verbundene Neukäufe oder Reparaturen, also allesamt positive Dinge nach einem zufälligen, negativen, nicht das BIP beeinflussenden Ereignis. Interessant ist hierzu auch [3].[/quote]Die Spitzfindigkeit ("nicht der Unfall, sondern die folgenden Ausgaben erhöhen das BIP") ändert aber nichts an der beschriebenen Tatsache: Wenn die Anzahl der Autounfälle steigt, dann wächst das BIP. (Jedenfalls wenn wir davon ausgehen, dass die Finanzierung der Reperaturen und Neukäufe nicht vollständig durch weniger Konsumausgaben an anderer Stelle kompensiert wird, was plausibel erscheint.)[QUOTE=Maschendrahtzaun;16706]Dein vierter Punkt wird ja durch den Unterpunkt Kritik im Wikipedia-Artikel schon selbst entkräftet. Kannst du vielleicht weitere Beispiele für die mangelnde Objektivität des BIP anführen?[/quote]Nein, Du hast nur den Punkt nicht ansatzweise verstanden. Die Probleme der hedonischen Preismessung (die im Abschnitt Kritik des Wikipedia-Artikels aufgeführt sind) führen dazu, dass eine zu niedrige Inflation und damit ein zu hohes Realwachstum gemessen wird.[QUOTE=Maschendrahtzaun;16706]In deinem fünften Punkt wirfst du die Frage auf, ob nicht auch Dinge zum Wohlstand gehören, die nicht dem BIP zugerechnet werden können.Sicher ist das so, nur ziemlich genau das sind auch die Dinge, in denen der Staat - und die Wirtschaftspolitik - nach meinem Verständnis jedenfalls, und auch nach dem Verständnis der überwiegenden Mehrheit der Menschen, nichts verloren hat.[/quote]Stimmt und ändert nichts an meinem Punkt.[QUOTE=Maschendrahtzaun;16706]In deinem sechsten Punkt zweifelst du die Unabhängigkeit des HDI vom BIP an.Tatsächlich fließt eine Wohlstandskennzahl ein, allerdings nicht das BIP, sondern das BNE pro Kopf in Kaufkraftparitäten [4].Auch diese Kennzahl macht allerdings nur ein Drittel des gesamten Index aus. Ein Drittel ist kein "wesentlicher Teil" des Index, und eine "definitionsgemäße Korrelation" ist damit noch lange nicht im relevanten Maße gegeben.Doch auch auf diesen statistischen Ausweichposten wirst du dich nicht zurückziehen können.Selbst wenn man die beiden Anderen Indikatoren, Gesundheit und Bildung, ohne das BNE in PPP betrachtet, ist die Übereinstimmung zur Liste mit dem BIP pro Kopf überraschend hoch. [5][/quote]Das glaube ich Dir mal.

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=yury;16728]Kann sein, man kann aber unzählige Beispiele dieser Art konstruieren, auch wenn Du jetzt in diesem einen Mangel gefunden haben magst.[/quote]Nur zu![quote]Die Spitzfindigkeit ("nicht der Unfall, sondern die folgenden Ausgaben erhöhen das BIP") ändert aber nichts an der beschriebenen Tatsache: Wenn die Anzahl der Autounfälle steigt, dann wächst das BIP.[/quote]Das wird nicht dadurch richtiger, dass du es gebetsmühlenartig-linkstypsich wiederholst ohne selber auch nur ansatzweise nachzudenken.Es bleibt viel mehr totale Sülze, da du außer Acht lässt, dass der durch den Unfall geschädigte für den Zeitraum seiner Heilung viel weniger BIP erwirtschaftet, als er es gesund tun würde. Stell dir doch einfach mal vor, alle hätten plötzlich einen Unfall. Dann würde das BIP nicht wachsen, sondern schlagartig einbrechen.Hierzu lege ich dir noch Mal die Lektüre des zitierten Artikels nahe.[quote] Die Probleme der hedonischen Preismessung (die im Abschnitt Kritik des Wikipedia-Artikels aufgeführt sind) führen dazu, dass eine zu niedrige Inflation und damit ein zu hohes Realwachstum gemessen wird.[/quote]Wenn das, da du, wie du sagst, keine weiteren Kritikpunkte anführen kannst, der einzige Kritikpunkt an der Aussagekraft des BIP ist, dann sollten wir das BIP sofort auf einen Ehrenplatz heben.[quote]Stimmt und ändert nichts an meinem Punkt.[/quote]Dann hast du gar keinen Punkt. Wenn, wie du sagst, stimmt, dass die Bereiche, in denen der Staat handeln sollte, mit monetären Werten verbunden sind, und diejenigen Bereiche, die nicht-monetäre Werte darstellen, nicht dem Staat zuzuordnen sind, dann ist es nur vollkommen kohärent, dass der Staat sich auf monetäre Bereiche konzentriert.

Beitrag von yury

[QUOTE=Maschendrahtzaun;16755]Nur zu![/quote]Alles, was kaputt geht und repariert werden muss, aber vielleicht keine wichtige volkswirtschaftliche Funktion hat (wie der arbeitende Mensch), sodass Dein von der Sache ablenkendes Pseudoargument des Arbeitsausfalls nicht greift. Nimm Umweltzerstörung oder irgendwas. Ich glaube, Du bist intelligent genug, selbst zu denken. ;)[QUOTE=Maschendrahtzaun;16755]Das wird nicht dadurch richtiger, dass du es gebetsmühlenartig-linkstypsich wiederholst ohne selber auch nur ansatzweise nachzudenken.Es bleibt viel mehr totale Sülze, da du außer Acht lässt, dass der durch den Unfall geschädigte für den Zeitraum seiner Heilung viel weniger BIP erwirtschaftet, als er es gesund tun würde. Stell dir doch einfach mal vor, alle hätten plötzlich einen Unfall. Dann würde das BIP nicht wachsen, sondern schlagartig einbrechen.Hierzu lege ich dir noch Mal die Lektüre des zitierten Artikels nahe.[/quote]Irgendwie wusste ich, dass Du so etwas schreiben würdest. Ich habe einen ungenauen Spezialfall gewählt (Autounfall) und Du klammerst Dich daran fest, als wäre es Dein einziges Argument und lenkst damit davon ab, dass das Argument trotzdem gültig bleibt, wenn man den Spezialfall durch einen passenderen (s.o.) ersetzt.[QUOTE=Maschendrahtzaun;16755]da du, wie du sagst, keine weiteren Kritikpunkte anführen kannst[/quote]Wo habe ich das gesagt?[QUOTE=Maschendrahtzaun;16755]Dann hast du gar keinen Punkt. Wenn, wie du sagst, stimmt, dass die Bereiche, in denen der Staat handeln sollte, mit monetären Werten verbunden sind, und diejenigen Bereiche, die nicht-monetäre Werte darstellen, nicht dem Staat zuzuordnen sind, dann ist es nur vollkommen kohärent, dass der Staat sich auf monetäre Bereiche konzentriert.[/QUOTE]Zur Erinnerung: In diesem Thread geht es um das Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsindikator. Mein Punkt war nur, dass das BIP nichtmonetären Wohlstand naturgemäß nicht messen kann und damit eben als Wohlstandsindikator zumindest sehr unvollständig ist.Was ist zum Beispiel mit der riesigen Menge an Hausarbeit, die zahlreiche Hausfrauen und -männer jeden Tag bewältigen, die aber eben nicht bezahlt wird? Ist das keine Arbeit? Trägt sie nicht zum Wohlstand unseres Landes bei?

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=yury;16772]Alles, was kaputt geht und repariert werden muss, aber vielleicht keine wichtige volkswirtschaftliche Funktion hat (wie der arbeitende Mensch), sodass Dein von der Sache ablenkendes Pseudoargument des Arbeitsausfalls nicht greift. Nimm Umweltzerstörung oder irgendwas. Ich glaube, Du bist intelligent genug, selbst zu denken. ;)[/quote]Das ist mal wieder typisch: Dir fällt kein vernünftiges Beispiel zu deinen abseitigen Positionen ein, also forderst du deinen Diskussionsparter auf, "selbst zu denken". Dabei vergisst du, dass dieser dies bereits getan hat, und zu dem Schluss kam, dass es eben keine vernünftigen Beispiele für diese These gibt. Schön, dass wir uns hier inzwischen einig sind.Auch deine lauwarm vorgetragene "Umweltzerstörung oder irgendwas" ist natürlich kein passendes Beispiel, da sie langfristig ebenso negative Auswirkungen auf das BIP hat wie der Autounfall, sei es durch nicht mehr bewirtschaftbare Flächen oder gesellschaftliche Stimmungen.Man überlege nur, um wieviel höher das BIP Deutschlands wäre, wenn es die Grünen nicht gäbe! :D[quote]Irgendwie wusste ich, dass Du so etwas schreiben würdest. Ich habe einen ungenauen Spezialfall gewählt (Autounfall) und Du klammerst Dich daran fest, als wäre es Dein einziges Argument und lenkst damit davon ab, dass das Argument trotzdem gültig bleibt, wenn man den Spezialfall durch einen passenderen (s.o.) ersetzt.[/quote]Ich klammere überhaupt nicht, ich bin ja nicht du. Tatsächlich bin ich sogar außerordentlich großzügig, indem ich dir vorgeschlagen habe, das unpassende Beispiel durch ein passendes zu ersetzen. Statt das du dies allerdings tust, kommt nur Gerede, was darauf schließen lässt, dass du eben keine weiteren Beispiele hast, und deinen Punkt noch weiter disqualifiziert.[quote]Wo habe ich das gesagt?[/quote]Maschendrahtzaun: "Kannst du vielleicht weitere Beispiele für die mangelnde Objektivität des BIP anführen?"Yury: "Nein, [...]"[quote]Was ist zum Beispiel mit der riesigen Menge an Hausarbeit, die zahlreiche Hausfrauen und -männer jeden Tag bewältigen, die aber eben nicht bezahlt wird? Ist das keine Arbeit? Trägt sie nicht zum Wohlstand unseres Landes bei?[/QUOTE]Naja, Hausfrauen produzieren zumindest nichts. Jetzt könnte man sagen, das tun Unternehmensberater auch nicht, ich sehe also den Punkt.Allerdings denke ich schon, dass es einfließt in das BIP: Da die Hausfrau zuhause am Schaffen ist, kann der Mann längere Zeit und konzentrierter seiner Arbeit nachgehen.Du hast aber ein konservatives Familienbild!

Beitrag von hako

Selbstverständlich ist das BIP ein Wohlstandsindikator, aber eben nicht DER Wohlstandsindikator. Das Bruttoinlandsprodukt ist ein Maß für die Inflationsrate in einem Land. Bei Raten von 0% bis 2% spricht man von stabil, alles andere kann für die Wirtschaft gefährlich werden, wie wir schon mehrfach festgestellt haben.Diesen Indikator jetzt als das Universalmaß aller Dinge zu betrachten ist ein Denkfehler schlechthin, da man sich nur auf das Wirtschaftswachstum bezieht. Der Liberalist Adam Smith hätte sich damit zufrieden gegeben, aber der lebte auch zu einer anderen Zeit und reiner Liberalismus funktioniert bekanntlich auch nicht (siehe 20ger Jahre). Ein weiterer wichtigen Faktor ist beispielsweise die Lohnentwicklung. Auch nicht zu vernachlässigen ist der Gini-Koeffizient.Das BIP hingegen komplizierter zu gestalten, damit möglichst viele Fachetten abgedeckt werden, bringt gar nichts. Umweltkatastrophen rauszurechnen und Hausmann/-frau reinzurechnen würden den Indikator einfach noch verkomplizieren und man weißt am Ende nicht, was die am Ende stehende Zahl überhaupt noch darstellen soll. Da lieber viele einfache Indikatoren, wo man genau weiß, was die messen, als einen der alles misst, man mit der Zahl aber nichts anfangen kann.

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=hako;16781]Selbstverständlich ist das BIP ein Wohlstandsindikator, aber eben nicht DER Wohlstandsindikator.[/quote]Was möchtest du mit diesem Satz sagen?Welcher Indikator ist denn DER Indikator?Und welche sollten neben dem BIP noch betrachtet werden?[quote]Das Bruttoinlandsprodukt ist ein Maß für die Inflationsrate in einem Land.[/quote]Sicher nicht.Das Bruttoinlandsprodukt misst den Wert aller binnen Jahresfrist in einem Land hergestellten Güter.Sonst hätten wir Hyperinflation, und in Uganda wäre der Preis sehr stabil.[quote]Bei Raten von 0% bis 2% spricht man von stabil, alles andere kann für die Wirtschaft gefährlich werden, wie wir schon mehrfach festgestellt haben.[/quote]Das Bruttoinlandsprodukt wird auch nicht in Prozent angegeben, sondern in Euro. Es handelt sich um eine absolute Größe.Dass eine Inflationsrate, die höher als 2% liegt, gefährlich für die Wirtschaft wäre, haben wir hier noch nicht festgestellt. Vielleicht magst du erläutern, warum eine Inflationsrate von mehr als 2% sich dramatisch auf die Wirtschaft auswirkt?[quote]Diesen Indikator jetzt als das Universalmaß aller Dinge zu betrachten ist ein Denkfehler schlechthin, da man sich nur auf das Wirtschaftswachstum bezieht.[/quote]Wie genau bezieht sich denn jetzt die Inflationsrate auf das Wirtschaftswachstum?Und was ist falsch daran, sich auf das Wirtschaftswachstum zu beziehen?Worauf sollte man sich alternativ beziehen?[quote]Der Liberalist Adam Smith hätte sich damit zufrieden gegeben, aber der lebte auch zu einer anderen Zeit und reiner Liberalismus funktioniert bekanntlich auch nicht (siehe 20ger Jahre). [/quote]Was hat denn Liberalismus mit dem BIP zu tun?Und was hat Adam Smith dabei zu suchen?Und was die 20ger Jahre?In denen soll Liberalismus geherrscht haben?[quote]Ein weiterer wichtigen Faktor ist beispielsweise die Lohnentwicklung.[/quote]Ein wichtiger Faktor wofür?[quote]Da lieber viele einfache Indikatoren, wo man genau weiß, was die messen, als einen der alles misst, man mit der Zahl aber nichts anfangen kann.[/QUOTE]Mehrere ungenaue Indikatoren erlauben aber nunmal weniger sinnvolle aussagen als ein genauerer. Wenn man das auf die Schule bezieht: Sechs Dreien sind auch nicht besser als eine Eins.

Beitrag von hako

Sorry, hab BIP und Verbraucherpreisindex durcheinander geworfen, also nochmal von neu:Zunächst einmal misst der BIP nach meinem Wissensstand genau das, was er messen soll: das Bruttoinlandsprodukt. Somit ist der Indikator an sich einwandfrei, im Vergleich zu seiner Interpretation.Unsere Gesellschaft hat viel zu viele Fachetten, als dass man ihren Wohlstand an einem einzigen Indikator festmachen könnte. Das zeichnet sich bereits in unserem Stabilitätsgesetzt ab: Wir wollen eine stabile Währung, gesundes Wirtschaftswachstum, aber auch eine gerechte Einkommensverteilung und Umweltschutz. Und jetzt will man unseren Wohlstand (die Ziele führen ja in gewisser Weise dazu) an einem einzigen Indikator festmachen....Ein weiterer wichtiger Faktor für den Wohlstand ist doch wohl die Lohnentwicklung. In Vergleich dazu muss man aber auch die Inflationsrate nehmen. Bei 2% Inflation beispielsweise habe ich bei nur 1% Lohnerhöhung als Arbeitnehmer -1% weniger Lohn als im Jahr zuvor. Darüber hinaus gibt es zich weitere Faktoren vom Gini-Koeffizienten bis zur Zufriedenheit der Bevölkerung.Warum ist eigentlich ein "einfacher Indikator" ungenau? Ist er nicht sogar genauer als ein komplizierter Indikator, der genau das gleiche messen soll? Ein Säure-Indikator in der Chemie, der nur bei Säure umschlägt, ist auch nicht ungenau, nur weil er nur Säuren feststellen. Er misst extrem genau das was er messen soll: Säure oder nicht.Diesen Punkt darf man bei Indikatoren nicht vergessen: Ein Indikator ist nicht ungenau, wenn er wenig misst, sondern dann, wenn er das, was er misst, nicht richtig misst.Das BIP gibt das Maß "Bruttoinlandsprodukt" genau an, misst aber eben nicht den Wohlstand. Deshalb sind er oder andere Indikatoren aber nicht ungenau.

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=hako;16789]Zunächst einmal misst der BIP nach meinem Wissensstand genau das, was er messen soll: das Bruttoinlandsprodukt.[/quote]Das ist sehr logisch, da "BIP" die Abkürzung für "Bruttoinlandsprodukt" ist. [quote]Somit ist der Indikator an sich einwandfrei, im Vergleich zu seiner Interpretation.[/quote]Warum ist der Indikator einwandfrei, weil er dasselbe bedeutet wie seine Abkürzung? Und was überhaupt meinst du mit "einwandfrei" in diesem Zusammenhang?Kommt es nicht immer auf den Grad der Relevanz in Bezug auf die gewünschte Information/Aussage an?[quote]Das zeichnet sich bereits in unserem Stabilitätsgesetzt ab[/quote]Was für ein Gesetz meinst du genau?Und wie deckt sich das mit den Rettungsschirmen?[quote]Wir wollen eine stabile Währung, gesundes Wirtschaftswachstum, aber auch eine gerechte Einkommensverteilung und Umweltschutz.[/quote]Wer genau ist jetzt "wir"?Du? Alle? Und was ist mit denen, die sich mit diesen Zielen nicht vollauf identifizieren?Zumal es zwei Dinge in deiner Auflistung gibt, die sich zumindest teilweise widersprechen: Stabile Währung und Wirtschaftswachstum, Wirtschaftswachstum und Umweltschutz, gerechte Einkommensverteilung und stabile Währung - es ist alles voneinander abhängig, wenn auch natürlich indirekt.[quote]Und jetzt will man unseren Wohlstand (die Ziele führen ja in gewisser Weise dazu) an einem einzigen Indikator festmachen....[/quote]Ich denke nicht, dass man das will. Aber es ist auf der anderen Seite auch von Bedeutung, dass man Ziele - welche auch immer, und seien es die genannten! - auf ihre Erreichung hin überprüfen kann. Ansonsten sind die Ziele relativ gegenstandslos. Dass es hierfür keinen perfekten Indikator gibt, ist unbestritten, der Versuch geht jedoch dahin, einen möglichst passenden Indikator zu finden. Dies halte ich für den besseren Weg, als sich zurückzulehnen und zu sagen "Tja, es gibt keinen Indikator, vergessen wirs!"[quote]Ein weiterer wichtiger Faktor für den Wohlstand ist doch wohl die Lohnentwicklung.[/quote]Aus welchem Grund ist die Lohnentwicklung ein wichtiger Faktor für den Wohlstand?Und wie genau soll dieser Faktor den Wohlstand beeinflussen?Nehmen wir Land A und Land BIn Land A verdient ein durchschnittlicher Mensch 2500€ im Monat in 2010, und den selben Betrag in 2011 und 2012. Die Lohnentwicklung liegt also bei 0.In Land B verdient ein durchschnittlicher Mensch 1500€ im Monat in 2010, 1515€ in 2011 und 1530,15€ in 2012. Die Lohnentwicklung beträgt hier also 1%/Jahr und ist damit höher als in Land A. Ist Land B damit jetzt wohlhabender?Sicher nicht.[quote]In Vergleich dazu muss man aber auch die Inflationsrate nehmen. Bei 2% Inflation beispielsweise habe ich bei nur 1% Lohnerhöhung als Arbeitnehmer -1% weniger Lohn als im Jahr zuvor.[/quote]Zunächst kurz zur Rechnung: Nehmen wir an, in Land A lag der Durchschnittslohn in Jahr 1 bei 100. Das Preisniveau lag ebenfalls bei 100.In Jahr 2 steigt der Lohn also um 1% und liegt bei 101, der Preis um 2% und liegt bei 102. Sein Lohn sinkt real also um 1-101/102 = 0,98%, und nicht um 1%. Natürlich ist die Abweichung hier aber so gering, dass sie keinen wichtigen Unterschied macht.Dennoch ist auch die Argumentation nicht ganz richtig: Es ist zwar richtig, dass höhere Löhne zu einem höheren Einkommen derjenigen führen, die beschäftigt sind, du lässt bei dieser Betrachtung aber den Arbeitsmarkt als gesamtes außer Acht.Wenn die Löhne steigen, stellt der Arbeitgeber tendenziell weniger Personen ein. Es verdienen also diejenigen mehr, die beschäftigt sind, dafür steigt aber auch die Zahl derjenigen, die arbeitslos sind und dementsprechend ein niedrigeres Einkommen haben. Zudem führen steigende Löhne auch zu steigenden Preisen und damit zu einer höheren Inflation.Stell dir vor, ab morgen würden alle Menschen doppelt so viel verdienen wie heute.Die Zahlungsbereitschaft für alle möglichen Güter würden steigen, und damit auch ihr Preis.[quote]Darüber hinaus gibt es zich weitere Faktoren vom Gini-Koeffizienten[...][/quote]Der Gini-Koeffizient sagt nichts über den Wohlstand eines Landes aus, nur über die Verteilung des Wohlstands.Wenn in Land A alle nichts haben, ist Land A nach dem Gini-Koeffizient vorbildlich.[quote]bis zur Zufriedenheit der Bevölkerung.[/quote]Wie will man die Zufriedenheit der Bevölkerung nur zuverlässiger messen, als das über Wahlen möglich ist?Und wie will man Handlungen an der Zufriedenheit der Bevölkerung messen?Eine Möglichkeit dazu wären Volksabstimmungen, die aber sicher auch ihre Nachteile haben und nicht auf jede einzelne Entscheidung einer Regierung angewandt werden können, wenn sie handlungsfähig bleiben möchte.[quote]Warum ist eigentlich ein "einfacher Indikator" ungenau? Ist er nicht sogar genauer als ein komplizierter Indikator, der genau das gleiche messen soll? Ein Säure-Indikator in der Chemie, der nur bei Säure umschlägt, ist auch nicht ungenau, nur weil er nur Säuren feststellen. Er misst extrem genau das was er messen soll: Säure oder nicht.[/quote]Ein einfacher Indikator ist natürlich nicht per se ungenau.Nur dein Säure-Beispiel trifft hier eben gerade nicht zu: Es gibt eben keinen Wohlstandsindikator - das ist ja gerade das Problem. Der Indikator "BIP" misst also genau die Summe aller hergestellten Güter wie der Säure-Indkator die Säure, aber eben nicht den Wohlstand, er ist in diesem Sinne und für diesen Zweck - jedoch nicht allgemein! - ungenau.

Beitrag von yury

Ohne mich jetzt in die Diskussion zwischen hako und Maschendrahtzaun einmischen zu wollen (sorry hako, aber bei Deinen Beiträgen wird mir überhaupt nicht klar, was Du sagen willst. Einiges hört sich nach zusammengemixtem Sowi-Schulwissen an, was themenfremd in die Debatte geworfen wurde. Egal.): hako meint vermutlich das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967. Daher stammt auch das "wir wollen" - das Gesetz will es. Aber das ist böser Keynesianismus und deshalb bei Maschendrahtzaun eher nicht so hoch angesehen. ;)[QUOTE=Maschendrahtzaun;16773]Das ist mal wieder typisch: Dir fällt kein vernünftiges Beispiel zu deinen abseitigen Positionen ein, also forderst du deinen Diskussionsparter auf, "selbst zu denken". Dabei vergisst du, dass dieser dies bereits getan hat, und zu dem Schluss kam, dass es eben keine vernünftigen Beispiele für diese These gibt. Schön, dass wir uns hier inzwischen einig sind.Auch deine lauwarm vorgetragene "Umweltzerstörung oder irgendwas" ist natürlich kein passendes Beispiel, da sie langfristig ebenso negative Auswirkungen auf das BIP hat wie der Autounfall, sei es durch nicht mehr bewirtschaftbare Flächen oder gesellschaftliche Stimmungen.[/quote]Mir egal, ob sie lauwarm, eiskalt oder zu heiß vorgetragen wurde - jedenfalls hat Umweltzerstörung nicht unbedingt negative Wirkungen auf das BIP. Was kümmert es die Wirtschaft beispielsweise, wenn Arten oder Wälder sterben, die keinen Einfluss auf die Wirtschaftstätigkeit haben? Und was bringt es außerdem, wenn die Umweltzerstörung "langfristig" negative Auswirkungen auf das BIP hat, wo doch der Wohlstand hier und jetzt gemessen wird? Hinter Deiner Argumentation steht die irrtümliche These "wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es den Menschen gut".Gesellschaftliche Stimmungen? Wie sollen die denn einen Einfluss auf das BIP haben, wo doch jeder Marktteilnehmer individuell rational seinen Gewinn maximiert? :P[QUOTE=Maschendrahtzaun;16773]Man überlege nur, um wieviel höher das BIP Deutschlands wäre, wenn es die Grünen nicht gäbe! :D[/quote]Keine Ahnung ;)[QUOTE=Maschendrahtzaun;16773]Ich klammere überhaupt nicht, ich bin ja nicht du. Tatsächlich bin ich sogar außerordentlich großzügig, indem ich dir vorgeschlagen habe, das unpassende Beispiel durch ein passendes zu ersetzen.[/quote]Wie nett ;)[QUOTE=Maschendrahtzaun;16773]Maschendrahtzaun: "Kannst du vielleicht weitere Beispiele für die mangelnde Objektivität des BIP anführen?"Yury: "Nein, [...]"[/quote]Haha, das hast Du ja schön aus dem Zusammenhang gerissen ;) darf ich das Original zitieren?MDZ: "Dein vierter Punkt wird ja durch den Unterpunkt Kritik im Wikipedia-Artikel schon selbst entkräftet. Kannst du vielleicht weitere Beispiele für die mangelnde Objektivität des BIP anführen?"yury: "Nein, Du hast nur den Punkt nicht ansatzweise verstanden. Die Probleme der hedonischen Preismessung (die im Abschnitt Kritik des Wikipedia-Artikels aufgeführt sind) führen dazu, dass eine zu niedrige Inflation und damit ein zu hohes Realwachstum gemessen wird."MDZ: [oh, ich habe kein sachliches Argument mehr...] "Wenn das, da du, wie du sagst, keine weiteren Kritikpunkte anführen kannst, der einzige Kritikpunkt an der Aussagekraft des BIP ist, dann sollten wir das BIP sofort auf einen Ehrenplatz heben."Mal abgesehen davon ist der Einfluss auf das BIP nicht gerade gering, auch wenn der Punkt nicht nach einer großen Sache klingt...[QUOTE=Maschendrahtzaun;16773]Naja, Hausfrauen produzieren zumindest nichts. Jetzt könnte man sagen, das tun Unternehmensberater auch nicht, ich sehe also den Punkt.[/quote]Beide produzieren Dienstleistungen, würde ich sagen.[QUOTE=Maschendrahtzaun;16773]Allerdings denke ich schon, dass es einfließt in das BIP: Da die Hausfrau zuhause am Schaffen ist, kann der Mann längere Zeit und konzentrierter seiner Arbeit nachgehen.Du hast aber ein konservatives Familienbild![/QUOTE]Da hast Du aber sehr schön von der eigentlichen Frage abgelenkt. Die Arbeit der Hausfrauen und -männer fließt trotzdem nicht direkt in das BIP bei, und der Wohlstandsbeitrag ist auch deutlich größer als nur die längere Arbeitszeit der jeweiligen Lebenspartner. Kann sein, dass ich ein konservatives Familienbild habe. Ich weiß zwar nicht, wo Du das gerade festmachst, aber lenk schön weiter ab. ;)[QUOTE=Maschendrahtzaun;16773]Da die Hausfrau zuhause am Schaffen ist, kann der Mann längere Zeit und konzentrierter seiner Arbeit nachgehen.[/QUOTE]Du hast aber ein konservatives Familienbild! ;)

Beitrag von hako

[QUOTE=Maschendrahtzaun;16795]Warum ist der Indikator einwandfrei, weil er dasselbe bedeutet wie seine Abkürzung? Und was überhaupt meinst du mit "einwandfrei" in diesem Zusammenhang?Kommt es nicht immer auf den Grad der Relevanz in Bezug auf die gewünschte Information/Aussage an?[/QUOTE]Mit "einwandfrei" meine ich, dass ein Indikator das misst, was er messen soll. Damit meine ich jetzt NICHT, dass das BIP Wohlstand misst; das stimmt nämlich nur zum Teil. Ich finde, dass das BIP ein wichtiger Faktor ist, ob ein Land wohlhabend ist oder nicht, aber nicht der einzige. Daher braucht mal, um Wohlstand festzumachen, mehrere Indikatoren.[QUOTE]Dass es hierfür keinen perfekten Indikator gibt, ist unbestritten, der Versuch geht jedoch dahin, einen möglichst passenden Indikator zu finden. Dies halte ich für den besseren Weg, als sich zurückzulehnen und zu sagen "Tja, es gibt keinen Indikator, vergessen wirs!"[/QUOTE]Da stimme ich dir zu. Zurücklegen und Däumchen drehen war noch nie sehr effektiv. :neinnein:Aber was spricht generell dagegen mehrere Indikatoren zu nehmen und in Bezug zueinander zu setzen. Könnte man daran etwa keinen Wohlstand ablesen?[QUOTE]Es gibt eben keinen Wohlstandsindikator - das ist ja gerade das Problem. Der Indikator "BIP" misst also genau die Summe aller hergestellten Güter wie der Säure-Indkator die Säure, aber eben nicht den Wohlstand, er ist in diesem Sinne und für diesen Zweck - jedoch nicht allgemein! - ungenau.[/QUOTE]Eben weil das BIP nicht den Wohlstand eines Landes komplett wiederspiegeln kann, sollte man ja mehrere Indikatoren nehmen. Du sagst ja selber, dass die Wirtschaft alles andere als schwarz-weiß ist. Steigen beispielsweise die Löhne, kann das Inflation oder steigende Arbeitslosenquote (oder beides) zur Folge haben. :ratlos:Für so etwas kann es einfach keinen einzigen Indikator geben, der als das erfasst und Wohlstand misst. Das geht nur mit mehreren Indikatoren, die in Beziehung zueinander gesetzt werden.