Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Wann eine Zertrümmerung des Zentrums sinnvoll ist“

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Beitrag von Kiffing

1927 hatte Weltmeister Jose Raul Capablanca das Kandidatenturnier in New York City ausgelobt. Die Regularien waren einfach: der Turniersieger, oder, wenn Capablanca das Turnier gewinnt, der Turnierzweite sollte das Recht haben, ihn, Capablanca, zu fordern.In dem illustren Sechsteilnehmerfeld nahmen neben Capablanca so bedeutende Meister wie Alexander Aljechin, Aaron Nimzowitsch, Milan Vidmar, Rudolf Spielmann und Frank Marshall teil. Es war trotz der geringen Teilnehmerzahl wieder eine der damals üblichen Marathon-Veranstaltungen, denn jeder spielte gegen jeden vier Mal, so daß am Ende für jeden Teilnehmer 20 Runden zu Buche standen.Der Weltmeister siegte überlegen, zweiter wurde Alexander Aljechin, der damit das Recht bekam, Capablanca als Weltmeister herauszufordern. Dies tat Aljechin bekanntlich noch in demselben Jahr, und er leitete mit seiner Entthronung den so einschneidenden Epochenwechsel im Schach ein. [URL="http://www.schachchronik.de/einzelturniere/newyork1927"]Hier[/URL] könnt ihr die Abschlußtabelle nachvollziehen.Berühmt wurde in diesem Turnier der sensationelle Kurzsieg von Milan Vidmar gegen Aaron Nimzowitsch, den er in der Eröffnung durch unorthodoxes Spiel böse überraschen konnte. Vidmar leitete eine Zertrümmerungsaktion im Zentrum ein, so daß seine beiden gegen den gegnerischen König gerichteten Läufer und seine Schwerfiguren ihre Stärke entfalten konnten. Eine sehenswerte Abschlußkombination machte dem bekannten Theoretiker dann endgültig den Garaus, seht selbst:[Event "New York"][Site "New York City, NY USA"][Date "1927.03.12"][EventDate "1927.02.19"][Round "14"][Result "1-0"][White "Milan Vidmar"][Black "Aron Nimzowitsch"][ECO "A46"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "43"]1. d4 Nf6 2. Nf3 e6 3. g3 d5 4. Bg2 Nbd7 5. O-O Bd6 6. b3 $1c6 $6 7. Nbd2 O-O 8. Bb2 Qe7 9. c4 b5 $2 10. Ne5 $1 Bxe511. dxe5 Ng4 12. e4 $3 Ngxe5 13. exd5 exd5 14. cxd5 cxd515. Bxd5 Rb8 16. Re1 Qd6 17. Nf3 $1 Nxf3+ 18. Qxf3 Kh819. Rac1 $1 Rb6 20. Rxc8 $3 Rxc8 21. Qxf7 Qg6 22. Qxd7 1-0

Beitrag von Kampfkeks

Das ist sehr interessant zu sehen. Weiß spielt sehr konsequent und planmäßig, und mE kann man bei der Partie drei Phasen unterscheiden:1. Phase: Läufer in Stellung bringen (bis 8.Lb2)2. Phase: Zentrum zertrümmern, um Diagonalen für die Läufer zu öffnen (9.c4, 12.e4) 3. Phase: Figurenstärke (Läuferpaar bei leerem Brett) in Sieg ummünzen (ab dem 16.Zug)Genial!

Beitrag von hako

Ja, so ein offenes Zentrum hat man dann gerne :)Grundlegende Strategie: Öffne das Zentrum, wenn deine Figuren besser stehen/entwickelt sind. Verhindere es mit allen Mitteln, wenn deine Figuren es nicht sind.