Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Die beste Antwort gegen das Marshall-Gambit“

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Beitrag von Kiffing

Frank Marshall hatte ja einst gegen Jose Raul Capablanca sein Gambit entkorkt. Aber hier zeigte sich das Genie Capablancas. Obwohl das Gambit für ihn völliges Neuland war und Marshall ihn vor erhebliche praktische Probleme stellte, behielt der Kubaner die Übersicht und gewann schließlich das Spiel. In der Folge haben zahlreiche Schachspieler diese Eröffnung unter die Lupe genommen und für beide Seiten Verbesserungen gefunden. Heute gilt das Marshall-Gambit als interessante und spielbare Möglichkeit im Offenen Spanier, wird aber nicht allzu oft serviert. Weiß hat mit 8. a4 die Möglichkeit, in einen Anti-Marshall überzuleiten. Aber er kann auch – so wie ich – ganz normal 8. c3 spielen, weil der Marshall-Angriff ohnehin nicht so oft gespielt wird, und wenn, dann kann er als ganz normale Eröffnung verstanden werden, der man sich stellen kann. Es ist unnötig zu erwähnen, daß gewisse Theoriekenntnisse natürlich wie bei jeder anderen Eröffnung dazugehören.Meine Frage richtet sich jetzt an euch, welche der beiden Varianten ihr gegen das Marshall-Gambit interessanter findet. Nach den Zügen 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0–0 8.c3 d5 9.exd5 Sxd5 10.Sxe5 Sxe5 11.Txe5 c6 12.d4 Ld6 13.Te2 Dh4 14.g3 Dh3 15.Te4 g5 hat Weiß nämlich die Möglichkeit zu 16. Df1 und zu 16. Df3. Ich selbst spielte früher 16. Df1, merkte aber, daß diese Variante forciert verliert. Also spiele ich nun 16. Df3 und komme gegen das Marshall-Gambit nun wesentlich besser zurecht. Weiß muß natürlich zu dem Gegenopfer, dem Qualitätsopfer auf e4, bereit sein.

Beitrag von Hans_van_Ille

Spielst du wirklich 13.Te2 ? :) Üblich ist doch 13.Te1Hab früher auch mal Spanisch gespielt, demnach wurde ich auch mit dem Gambit konfrontiert.Die Stellung mit 16.Df3 nach 16... Lf5 17. Lxd5 cxd5 18. Te3 Le4 19. Txe4 dxe4 20.Df6 Dg4 21.Dxg5+ Dxg5 22. Lxg5 f5 23. Sd2 gefällt mir aber eigentlich nicht so und hier sehe ich einen gewissen Vorteil für Schwarz,nach 16.Df1 hat Schwarz jedoch auch vollen Ausgleich, wonach ich es für das schlauste halte eine Antivariante zu spielen :)

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=Hans_van_Ille;5100]Spielst du wirklich 13.Te2 ? :) Üblich ist doch 13.Te1[/QUOTE]Im Prinzip kommt es auf das Gleiche hinaus, weil der Turm auf e1 bzw. e2 nur "geparkt" wird. Er steht ja i. d. R. eh auf e4, später. Aber in manchen scharfen Nebenvarianten im Marshall-Gambit ist es besser, wenn der Turm auf e2 als auf e1 steht, weil er von e2 aus besser die Königsfestung decken kann und wichtige Punkte bestreicht. [QUOTE=Hans_van_Ille]Hab früher auch mal Spanisch gespielt, demnach wurde ich auch mit dem Gambit konfrontiert.Die Stellung mit 16.Df3 nach 16... Lf5 17. Lxd5 cxd5 18. Te3 Le4 19. Txe4 dxe4 20.Df6 Dg4 21.Dxg5+ Dxg5 22. Lxg5 f5 23. Sd2 gefällt mir aber eigentlich nicht so und hier sehe ich einen gewissen Vorteil für Schwarz.[/QUOTE]Interessanter ist 16. Df3 Lf5 17. Sd2 mit scharfen Verwicklungen für beide Seiten. Hier ist es nun nicht mehr der Gambitspieler, der etwas opfert, um einen Angriff zu erhalten, sondern der Weißspieler. Ich finde dieses Konzept interessant. Weiß muß allerdings auf seinen unterentwickelten Damenflügel Acht geben. Was würdest Du denn überhaupt gegen das Marshall-Gambit spielen, wenn Dir weder 16. Df3 noch 16. Df1 zusagen?

Beitrag von Hans_van_Ille

Ich würde das Marshallgambit überhaupt einfach ablehnen :)

Beitrag von ficus

[QUOTE=Hans_van_Ille;5111]Ich würde das Marshallgambit überhaupt einfach ablehnen :)[/QUOTE]Das ist auch das Vernünftigste! :)Bsw. 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 b5 6.Lb3 Le7 7.Te1 0-0 und jetzt entweder normal 8.h3! oder 8.a4 und Weiß hat sein risiko- und theoriearmes Spanisch!

Beitrag von WilhelmH

[QUOTE=Hans_van_Ille;5100]Spielst du wirklich 13.Te2 ? Üblich ist doch 13.Te1[/QUOTE]12.Te1!? Ld6 13.d3!? Dh4 14.g3 Dh3 15.Te4 g5? 16.Lxg5

Beitrag von Kiffing

Hier verlor Wladimir Kramnik gegen Peter Leko in Brissago (Schweiz) 2004 mit der 16. Df1-Variante. Vielleicht sah Kramnik seine Stellung schon als gewonnen an, aber dann entkorkte Leko das fürchterliche 25. ...Dd3!![Event "Brissago 2004"][Site "MyTown"][Date "????.??.??"][Round "?"][White "Wladimir Kramnik"][Black "Peter Leko"][Result "0-1"][PlyCount "64"][TimeControl "1800"]{767MB, Fritz8.ctg, MYCOMPUTER} 1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-OBe7 6. Re1 b5 7. Bb3 O-O 8. c3 d5 9. exd5 Nxd5 10. Nxe5 Nxe5 11. Rxe5 c6 12. d4Bd6 13. Re1 Qh4 14. g3 Qh3 15. Re4 g5 16. Qf1 Qh5 17. Nd2 Bf5 18. f3 Nf6 19.Re1 Rae8 20. Rxe8 Rxe8 21. a4 Qg6 22. axb5 Bd3 23. Qf2 Re2 24. Qxe2 Bxe2 25.bxa6 Qd3 26. Kf2 Bxf3 27. Nxf3 Ne4+ 28. Ke1 Nxc3 29. bxc3 Qxc3+ 30. Kf2 Qxa131. a7 h6 32. h4 g4 *

Beitrag von Zapp Brannigan

Das Marshall-Gambit ist sehr interessant, und eine gute waffe für schwarz. Das problem ist (a) die unglaubliche fülle an theorie und (b) dass weiss gut abweichen kann. 1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Be7 6. Re1 b5 7. Bb3 O-OAus schwarzer sicht würde mir Kasparovs 8.a4 am meisten stören. Im gegensatz zum geschlossenen spanier mit 7...d6 kann nach 7...0-0 8.a4 schwarz seinen läufer nicht nach d7 (oder g4) spielen, auf b7 steht der läufer in den stellungen einfach schlechter.Mit weiss würde ich wahrscheinlich 8.d4 spielen, die idee ist, nach 8...d6 9.c3 in die 7... d6 8. c3 O-O 9. d4 überzugehen, was ich ebenfalls mit weiss psielen würde anstatt 9.h3, so muss ich keine hauptvarianten Breyer, Zaizev oder Chigorin spielen. Dieses system ist durchaus auch ein versuch auf vorteil, wie kürzlich u.a. Carlsen gezeigt hat.Kommen wir zum Marshall:1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Be7 6. Re1 b5 7. Bb3 O-O 8. c3 d5 9. exd5 Nxd5 10. Nxe5 Nxe5 11. Rxe5 c6 12.d4 ist schon seit ein paar jahren nicht mehr der hauptzug, der schwarze angriff ist einfach zu stark. auf höchstem niveau wird vor allem 12.d3 gespielt. Einer der hauptargumente ist folgende variante:12. d4 Bd6 13. Re1 Qh4 14. g3 Qh3 15. Re4 g5 12. d4 Bd6 13. Re1 Qh4 14. g3 Qh3 15. Re4 und jetzt geht 15...g5 nicht. Aus diesem grund spielt schwarz normaler weise 13...Bf5. Eine hauptvariante geht so:12. d3 Bd6 13. Re1 Bf5 14. Qf3 Qh4 15. g3 Qh3 16. Bxd5 cxd5 17. Qxd5 Rad8 18. Qg2 Qxg2+ 19. Kxg2 Bxd3 20. Be3 und dieses endspiel soll mit schwarz haltbar sein. Schwarz kann aber auch agressiver spielen, nämlich:12. d3 Bd6 13. Re1 Bf5 14. Qf3 Re8 15. Rxe8+ Qxe8 16. Nd2 Qe1+ 17. Nf1 Bg6 Und wieder ist die frage, ob man sich das antun willEvtl. kann man als weisser aber bereits im 12ten zug abweichen? 12.Bxd5 ist nicht so eine blöde idee, danach kann der turm nach e3 und weiss muss sich nicht mit g3 schwächen sondern kann seine verteidigung mit h3 aufbauen. Auch 12. Re1 Bd6 13. g3 finde ich eine logische idee, man lässt die Dame gar nicht erst nach h3 kommen! das sieht doch viel stabiler aus, z.bsp. 13...Bf5 14. d4 Qd7 15. Be3 Rae8 16. Nd2 Fazit:Auf die 12.d4 Varianten würde ich mich auf jeden fall nicht einlassen. Entweder man verhindert den Marshall gleich ganz mit 8.a4 oder 8.d4, sonst würde ich aber das beliebte 12.d3 anschauen oder das "unterschätzte" (?) 12.Re1

Beitrag von Kiffing

@Lestat: Danke für Deine Ausführungen![QUOTE]12.d4 ist schon seit ein paar jahren nicht mehr der hauptzug, der schwarze angriff ist einfach zu stark. [/QUOTE]Ehrlich gesagt war ich ob dieser Aussage überrascht, denn diese Entwicklung ist irgendwie an mir vorbeigegangen, liegt vielleicht auch daran, daß niemand mehr gegen mich den Marshall-Angriff spielt. Allerdings ist „zu starker Angriff“ relativ. Vor ein paar Jahren dachte man, Weiß hat nach 9. exd5 Sxd5 10. Sxe5 Sxe5 11. Txe5 c6 12. d4 Ld6 13. Te1 Dh4 14. g3 Dh3 15. Te4 g5 16. De2 f5 durch die Idee 17. Lxd5+ cxd5 18. Te6!? starken Angriff, doch wurde für die schwarze Seite dann eine Verstärkung gefunden, die im Endeffekt zu einem forcierten Remis nach 18. ...f4 19. Txd6 Lg4 20. Df1 Dxf1+ 21. Kxf1 Tae8 22. Ld2 Lh3+ 23. Kg1 fxg3 24. hxg3 Te2 25. Le3 Txe3 26. fxe3 Tf1+ 27. Kh2 g4 wegen Dauerschachs führt, das Schwarz wegen der drückenden materiellen Überlegenheit von Weiß erzwingen muß. Damit habe ich übrigens neben den beiden von mir erwähnten Zügen 16. Df3 und 16. Df1 mit 16. De2 einen neuen Zug in die Debatte geworfen. Dieser Zug führt also zu Druck, hat eine giftige Idee und wird bei bester schwarzer Verteidigung forciert Remis. Beruhigend an Deinen d3-Varianten ist natürlich, daß Weiß hier nicht zu dem Qualitätsopfer auf e4 bereit sein muß. Diese Subtilität in den Eröffnungen scheint auch generell Trend zu sein, man vergleiche mit den neuen d3-Systemen im Spanier, die dort ebenfalls die alten d4-Systeme ersetzt haben. Aber statt des schwarzen Dauerdrucks gegen einen Bauern bleibe ich dann doch lieber bei den d4-Varianten und hier im Speziellen bei 16. De2. Als ich den Thread erstellt hatte, kannte ich diesen Zug wohl noch nicht, sonst hätte ich ihn der Umfrage zugefügt und ihn als meinen favorisierten Zug ausgewählt. Hier nochmal die forcierte Remisvariante in der Partieeinstellung:[Event ""][Site ""][Date ""][Round "?"][White ""][Black ""][Result "1/2-1/2"][PlyCount "54"][EventDate "2016.??.??"]1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Be7 6. Re1 b5 7. Bb3 O-O 8. c3d5 9. exd5 Nxd5 10. Nxe5 Nxe5 11. Rxe5 c6 12. d4 Bd6 13. Re1 Qh4 14. g3 Qh3 15.Re4 g5 16. Qe2 f5 17. Bxd5+ cxd5 18. Re6 f4 19. Rxd6 Bg4 20. Qf1 Qxf1+ 21. Kxf1Rae8 22. Bd2 Bh3+ 23. Kg1 fxg3 24. hxg3 Re2 25. Be3 Rxe3 26. fxe3 Rf1+ 27. Kh2g4 1/2-1/2