Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Als Lasker seinen Titel verlor - Schach-WM 1921 in Havanna“

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Beitrag von Kiffing

1921 war ein Weltmeisterschaftskampf überfällig, die Schachwelt lechzte geradezu danach. Elf Jahre hatte es nach Laskers klarem Sieg beim WM-Kampf gegen David Janowski in Berlin, der bei drei Remisen mit der Höchststrafe von 0:8 (!) aus Sicht des Polen endete, keinen Weltmeisterschaftskampf mehr gegeben. Dabei war diese Epoche aus schachlicher Sicht eine günstige Epoche gewesen. Mit Capablanca, Aljechin und Rubinstein traten junge Spieler mit dem ganz besonderen Talent auf, welche die Schachwelt gern in einem WM-Duell gegen Lasker gesehen hätte. Mit Breyer, Reti und Nimzowitsch traten ausgewiesene Theoretiker auf, welche mit ihren hypermodernen Ideen das Schachspiel von Grund auf revolutionierten und das Schachspiel damit in ähnlicher Weise veränderten, wie dies Wilhelm Steinitz und Siegbert Tarrasch eine Generation zuvor getan hatten. Auch Nimzowitsch und Reti, die überdies auch praktisch ausgezeichnete Spieler gewesen waren, wären in einem WM-Match gern gesehene Spieler gewesen, deren WM-Kämpfe für die schachliche Entwicklung produktiv gewesen wären.

Der Erste Weltkrieg ist sicherlich ein Grund für diese lange Flaute gewesen. Er hatte das internationale Schachleben nahezu vollständig lahmgelegt, und die deutschen Behörden hatten beim Schachturnier in Mannheim 1914 die russischen Spieler rund um Aljechin und Bogoljubow als mögliche „Spione“ interniert, was im Falle von Aljechin dazu führte, daß dieser in den Jahren von Gefangenschaft, Kriegsteilnahme auf russischer Seite im Roten Kreuz und den Wirren von Revolution und Bürgerkrieg erst nach seiner geglückten Flucht aus Rußland 1921 wieder aktiv im Weltschach eingreifen konnte. Auf Vorschlag des Berliner Schachverlegers Bernhard Kagan, der mit zwei Viererturnieren in Deutschland der schachlichen Dürrezeit entgegengewirkt hatte, hatte Aljechin das Büchlein Das Schachleben in Sowjet-Russland herausgegeben und dort über seine Erlebnisse im revolutionären Rußland berichtet. Aljechin firmierte damals übrigens noch als Alexander „von Aljechin“. Den Adelstitel hatte Aljechin später abgelegt. Aber der Erste Weltkrieg war dafür nicht der einzige Grund. Was die Motivation von Emanuel Lasker anging, seinen WM-Titel zu verteidigen, so hatte Harold C. Schonberg daran kein gutes Haar gelassen. Zwar sollten bei den drastischen Aussagen Schonbergs, dessen Hang zur Dramatisierung unverkennbar ist, und der, was Schachhistoriker angeht, darin wohl nur von Jacques Hannak übertroffen wird, tendenziell Abstriche gemacht werden. Trotzdem liest sich die Anklage gegen Lasker auch so gewaltig, der die „erhofften Wettkämpfe“ gegen Rubinstein und Capablanca „immer wieder verschoben“ habe, „bis der Krieg ausbrach“, und der eine „Ausrede nach der anderen“ gefunden und „nie dagewesene Bedingungen“ gestellt habe, um „einem Match gegen den Kubaner aus dem Weg zu gehen“, der ihn schon seit 1909 „mit der Forderung nach einem Titelkampf“ „verfolgt“ habe (Harold C. Schonberg, die Großmeister des Schach, Fischer-Verlag 1974, S. 129).

Tatsächlich hatte Lasker Capablanca auf dessen Forderungen nach dessen Sieg in San Sebastian 1911 einen 17 Punkte umfassenden Forderungskatalog gestellt, von denen der Kubaner nur den Passus akzeptierte, der Herausforderer habe für den Preisfond von 10.000 US-Dollar aufzukommen (für den finanziell nicht auf Rosen gebetteten Akiba Rubinstein bedeutete der von Lasker diktierte Preisfond aber ein nicht zu bewältigendes Hindernis). Der Rest, den der junge Kubaner nicht akzeptieren konnte, umfaßte dabei in der Tat eine von Schonberg so bezeichnete „nie dagewesene“, und ich möchte hinzufügen, nie wieder vorgekommene Bedingung, um den Weltmeister zu stürzen, habe der Herausforderer den Weltmeister mit mindestens zwei Punkten Differenz besiegen müssen. Der darauffolgende Streit beider Spieler konnte erst beim „Großmeisterturnier“ in St. Petersburg 1914 beigelegt werden, aber der Erste Weltkrieg verhinderte darauf ein Kräftemessen der beiden Spieler.Jose Raul Capablanca schien der logische Herausforderer von Emanuel Lasker zu sein. Akiba Rubinstein, der bereits sieben Jahre älter als der Kubaner war, hatte bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs zwar mehr Erfolge als dieser vorzuweisen gehabt. In der Schachwelt wurde diese „rätselhafte Krankheit“, unter der Rubinstein zunehmend litt, und die seinen Geist mehr und mehr zersetzte, ohne daß der Pole etwas dagegen tun konnte, aber immer augenfälliger, und natürlich behinderte diese Krankheit auch dessen Karriere, der bereits nach dem Ersten Weltkrieg kaum noch an seine vergangenen Erfolge anknüpfen konnte. Und auch den beiden hypermodernen Theoretikern Reti und Nimzowitsch war Capablanca im praktischen Spiel überlegen. 1909 hatte Capablanca aktiv und erfolgreich am amerikanischen Schachleben teilgenommen und den US-amerikanischen Vorkämpfer Frank Marshall mit einem 8:1 bei 14 Remisen in ähnlicher Weise zertrümmert wie dies Tarrasch und Lasker getan hatten. Schon 1909 sah Emanuel Lasker in Capablanca einen zukünftigen Konkurrenten, der in den USA den schmückenden Beinamen des amerikanischen Morphys erhalten hatte (s. Garri Kasparov, Meine großen Vorkämpfer, Band 2, Edition Olms 2004, S. 22).

Garri Kasparov hatte geschrieben, der Zweite Weltkrieg habe für Michail Botwinnik später dieselbe Rolle wie der Erste Weltkrieg für Jose Raul Capablanca gespielt, nämlich ihm den Weg zum „Thron“ freizuräumen (Garri Kasparov, Meine großen Vorkämpfer, Band 3, Edition Olms 2004, S- 9). Denn während die europäischen Meister sich um ihr Überleben kümmern mußten, wie Carl Schlechter verhungerten, wie Akiba Rubinstein verzweifelten, wie Aljechin und Bogoljubow in alle Winde verstreut wurden, wie Emanuel Lasker, der wie viele Deutsche seiner Zeit aus patriotischen Gründen in deutsche Kriegsanleihen investiert hatte, verarmten, und die generell kaum noch zu einer praktischen Ausübung ihrer Kunst kamen, war das bei dem Kubaner anders. Schließlich blieb Amerika von der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, so wie zahlreiche Historiker den Ersten Weltkrieg einordnen, weitgehend unberührt, so daß das Schachleben intakt blieb und Capablanca sich im Gegensatz zu den europäischen Meistern weiter entwickeln konnte. So gewann Capablanca während des Ersten Weltkriegs drei Schachturniere in New York und konnte sich 1919 in Hastings beim ersten internationen Nachkriegsturnier, allerdings bei schwacher Konkurrenz (Chessgames 79959), souverän mit 10,5/11 durchsetzen.

So nahm der Druck auf Emanuel Lasker zu, der 1918 immerhin schon seinen 50. Geburtstag erlebte, einem Wettkampf mit dem Kubaner nicht länger auszuweichen, und natürlich hatte Capablana in Amerika und dort speziell in Kuba zahlreiche Unterstützer. Für Capablanca und seine Unterstützer sprach die Tatsache, daß Emanuel Lasker nach der deutschen Kapitulation und dem damit verbundenen Verlust seiner Kriegsanleihen, auch in Anbetracht der chaotischen Nachkriegsverhältnisse in Deutschland, zusätzliche Gelder gut gebrauchen konnte. Dem widersprach zwar auf dem ersten Blick die Ankündigung Laskers mitten in den Verhandlungen mit Capablanca über die WM-Modalitäten, auf den WM-Titel kampflos zugunsten des Kubaners zu verzichten. Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen. Harold C. Schonberg verglich Laskers Verzicht auf den Titel mit einer platzenden Bombe (Schonberg, S. 130), und Lasker erreichte auch, daß der sichtlich erschreckte Capablanca sich insgesamt dreimal nach Den Haag begab, um die schwierigen Verhandlungen mit Lasker weiterzuführen und den WM-Kampf zu retten (vgl. André Schulz, Das große Buch der Schachweltmeisterschaften, New in Chess 2015, S. 72). So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben, von der er sich, unabhängig vom Ergebnis, mit 11.000 Dollar den Löwenanteil sichern konnte (Schulz, f.). Nach der 5. Runde des WM-Kampfes gab es für die Spieler noch einmal einen warmen Geldregen, denn das kubanische Tourismusbüro hatte die Börse noch einmal um 5.000 Dollar aufgestockt, von denen 3.000 Dollar für den Sieger bestimmt waren (ebd.). Zudem konnte Capablanca neben dem Zustandekommen des WM-Kampfes erreichen, daß das von Lasker 1911 geforderte WM-Privileg, der Herausforderer müsse, um Weltmeister zu bleiben, zwei Partien mehr gewinnen als der Titelverteidiger, fallengelassen wurde. Interessanterweise sah Lasker sich aufgrund der Dominanz seines kubanischen Rivalen bei dieser WM nicht als Titelverteidiger, sondern als [URL="http://www.chesshistory.com/winter/extra/capablanca2.html"]Herausforderer[/URL]. Er war also selbst der Ansicht, Capablanca habe ihn hinsichtlich der Spielstärke bereits überholt. Auch der Austragungsort, die kubanische Hauptstadt Havanna, war für Capablanca ein Erfolg in den Verhandlungen. Emanuel Lasker, der ob der Wahl des Spielortes, „im Heimatland des Gegners, im subtropischen Havanna“, (Kasparov, Band 2, S. 56) durchaus sein Mißbilligen ausgedrückt hatte, mußte letztendlich diese Kröte schlucken, da es schließlich kubanische Geldgeber gewesen waren, welche die bis dahin höchste Börse bei Weltmeisterschaftskämpfen garantieren konnten. Die Weltmeisterschaft sollte am Ende der Verhandlungen auf 24 Partien angesetzt werden und im Jahre 1921 stattfinden. Falls ein Spieler vor diesem Limit auf acht Siege gekommen wäre, so sollte er vorzeitig den WM-Titel errungen haben. Letztendlich wurde der Wettkampf eine klare Sache und bestätigte der Schachwelt die neue Rangordnung in der Schachwelt. Nach vierzehn Partien und vier Siegen Capablancas gab Emanuel Lasker auf, gratulierte Capablanca und würdigte ihn mit den Worten, die zudem noch den Glanz des heute untergegangenen, an die Antike ausgerichteten Bildungsbürgertums erkennen lassen:
Obwohl mir dieser Wettkampf mehr Schwierigkeiten bereitete als jeder andere, war er für mich dennoch schachlich ein Genuss. Das Spiel Capablancas stellte mir echte Aufgaben. Seine Partien sind klar, logisch und kraftvoll. In ihnen gibt es nichts Undurchsichtiges, Gekünsteltes oder Aufgepropftes. Capablanca ist kein Liebhaber verworrener Situationen oder waghalsiger Abenteuer. Er will stets im voraus wissen, wohin ihn das Spiel bringen wird. Die Tiefe seines Spiels ähnelt der Tiefe eines Mathematikers und nicht der eines Dichters. Er hat die Seele eines Römers, nicht die eines Griechen. Ich denke nicht, dass Capablanca den idealen Schachspieler verkörpert, doch er hat den Weltmeistertitel wahrlich verdient. Sein Spiel überrascht durch seine Logik. Er ist in harter Arbeit an sich selbst entstanden, er ist geschmiedete Zweckmäßigkeit [...].Als Steinitz gegen mich die letzte Wettkampfpartie verloren hatte, stand er auf und sagte: „Ein dreifaches Hurra dem neuen Weltmeister!“ Diese Worte haben mich damals tief ergriffen. Es ist mir eine Ehrenpflicht, mich jetzt mit den gleichen Worten an die Schachwelt zu wenden.
Kasparov, S. 68

Emanuel Lasker erkannte aber nicht nur die Qualitäten seines Gegners an, sondern gab auch dem Klima in Kuba eine Mitschuld an seiner Niederlage. Wiewohl dieses Lamento an die typischen Ausreden von Schachmeistern nach verlorenen Partien erinnert (Schonberg: „es hat noch kein gesunder Spieler eine Schachpartie verloren“), und dort speziell an die Klimaausrede von Siegbert Tarrasch gegen Lasker bei der ersten Partiephase der Schach-WM 1908 in Düsseldorf ob des ihm nicht bekommenden „Meeresklimas“, so war Laskers Klage in diesem Fall realistischer. Kasparov verweist darauf, daß Lasker das „tropisch-feuchte Klima“ „zusehends zu schaffen machte“, und Lasker „seine wahren Stärken einfach nicht ausspielen“ konnte (Kasparov, S. 60).

Er verweist auf die zahlreichen Fehler und Ungenauigkeiten Laskers am Ende zahlreicher Partien, von denen der Springereinsteller am Ende der 5. Partie nur die Spitze des Eisberges gewesen war. Zudem geschah seine Aufgabe nachweislich „auf Anraten seines Arztes“ (ebd. S. 67), Lasker zur Begründung:
Kurz vor Ablauf der festgelegten Zeitkontrolle fühlte ich mich sehr erschöpft und durch einige klare Fehler machte ich meinen strategischen Plan völlig zunichte. [...] Das Schachbrett schien hinter einem dicken Nebelvorhang verborgen und ich hatte entsetzliche Kopfschmerzen. Mein Körper sandte klare Warnsignale aus, und ich nahm sie sehr ernst.
Ebd. f.

Bis heute ist diese Schach-WM die einzige gewesen, in der ein Spieler vorzeitig aufgegeben hatte. Und bis zur „Schach-WM“ 2000 in London zwischen Kasparov und den von ihm ausgesuchten Wladimir Kramnik (eigentlich hatte sich Alexei Shirow für die Herausforderung qualifiziert) war es die einzige Schach-WM gewesen, in der dem Titelverteidiger gegen den Herausforderer nicht eine Gewinnpartie gelang. Und noch eine andere Bedeutung hat diese Schachweltmeisterschaft, weil beide Spieler ein Copyrightrecht ihrer Partien durchsetzen wollten. Das Ansinnen scheiterte aber an der normativen Kraft des Faktischen, Kasparov lakonisch: „Doch hielt sich niemand an diese Festlegung“. (ebd. S. 56)Capablanca nahm seinem Gegner die Beschwerde über das Klima übel. Noch während des Konflikts zwischen Emanuel Lasker und dem Organisator der Schachturniere in New York von 1924 und 1927 Norbert Lederer, weil Lasker 1924 während seiner Niederlage gegen Capablanca (trotzdem gewann Lasker das Turnier) durch eine parallel laufende Schachuhr 15 Minuten verlorengegangen seien, und der dazu führte, daß Lasker am Nachfolgeturnier in New York 1927 auf seine Teilnahme verzichtete, hatte Capablanca zugunsten Lederers in den Streit eingegriffen und in seiner Beschwerde über seinen WM-Vorgänger, die er über eine Presseerklärung verlauten ließ, Bezug auf Laskers „Ausflüchte“ von 1921 genommen:
Zweimal seit 1921 habe ich mich gegen ungerechtfertigte Angriffe von Seiten Dr. Laskers verteidigen müssen und habe daraufhin über Jahre hinweg nicht mehr mit ihm gesprochen ... Es scheint, als versuche Dr. Lasker jedesmal, wenn er eine Partie gegen mich verliert, eine Ausrede zu finden. In Havanna war es die selbst in diesen Breiten nie dagewesene Hitze, ganz zu schweigen von der Verpflegung und sogar der Sonne, obwohl wir nachts spielten. In New York diente ihm die Uhr als Ausrede. Zweifellos fände er, wenn wir woanders spielen würden, das Wetter zu kalt. Man könnte meinen, Dr. Lasker sei nach dem Verlust der Schachweltmeisterschaft darauf aus, einen anderen Titel zu erringen. Wenn er so weitermacht, wird er sehr bald Weltmeister im Erfinden von Ausreden, wenn er es nicht schon ist.
Schonberg, S. 133

Die Schachweltmeisterschaft von 1921 markiert das Ende einer Ära, denn Emanuel Lasker hatte bekanntlich, allerdings auch mit Hilfe seiner Mauertaktik in Bezug auf mögliche Herausforderer, 27 Jahre seinen Weltmeistertitel behauptet. Insgesamt wurde die Entwicklung des Schachs nach Capablancas Titelgewinn schnelllebiger. Hatte Laskers Vorgänger Wilhelm Steinitz noch durch eine Serie von 26 gewonnenen Zweikämpfen seit 1866 in Folge 28 Jahre seine Spitzenstellung in der Welt behauptet, während Emanuel Lasker daraufhin 27 Jahre den WM-Titel in den Händen hielt, so konnte Jose Raul Capablanca trotz günstigster Voraussetzungen, eine ähnliche Ära wie Steinitz und Lasker zu markieren, sich nur sechs Jahre seines WM-Titels erfreuen, da er seinen Titel 1927 in Buenos Aires an Alexander Aljechin abtreten mußte.

Jose Raul Capablanca, der zwischen 1916 und 1924 keine einzige Partie verloren hatte und bereits über den Kampfnamen der Schachmaschine verfügte, besaß auf dem Gipfel seines Könners eine Ausstrahlung, die Schonberg mit der von Robert Fischer einige Jahrzehnte später verglich:
Anfang der siebziger Jahre ist viel von der „Furcht vor Fischer“ geschrieben worden, doch dieses Phänomen ist nicht neu; vor einem halben Jahrhundert schrieb man ebenso viel über die Furcht, die Capablancas Gegner lähmte. Dem Kubaner ging der Ruf der Unbesiegbarkeit voraus; er strahlte etwas aus, dem sich niemand entziehen konnte, und selbst die stärksten Spielern der Welt beschlich ein schreckliches Gefühl der Minderwertigkeit und Unzugänglichkeit, wenn sie sich ihm gegenübersetzten. Sie kamen sich vor wie behext. Ohne klar erkennbare Fehler zu machen, gerieten sie langsam aber sicher in Nachteil. Die Partien aller anderen Spieler waren voller Dynamik, kampferfüllt und von harter Arbeit geprägt. Capablancas Partien wirkten undramatisch, mühelos und sahen verführend einfach aus. Wie er das machte, darüber rätselte man vergebens.
Schonberg, S. 164

Doch konnte Capablanca die Spannung, die notwendig gewesen wäre, sein hohes Spielniveau zu erhalten, auf die Veränderungen im Turnierschach einzustellen und weiter auszubauen, nicht mehr halten, als er mit dem Weltmeistertitel und der unangefochtenen Stellung als Nummer eins der Schachwelt sein großes Ziel erreicht hatte, auf das er in früher Jugend hingearbeitet und deswegen auch sein Studium frühzeitig aufgegeben hatte. Gerd Treppner und Helmut Pfleger fassen die schleichenden Verschlechterungen in Capablancas Stil zusammen, der zwar noch einmal 1922 in London in glänzendem Stil gewinnen konnte, dafür aber bereits in New York 1924 und Moskau 1925 den Turniersieg verfehlte und insgesamt drei Niederlagen in beiden Turnieren bezog, was für seine Verhältnisse ungewohnt viel gewesen war:
Mit seinem Schachstil ging eine ungünstige Veränderung vor sich. Er wich immer mehr Komplikationen aus, übertrieb das Vereinfachungsspiel und schreckte vor schnellen Remisen mit starken Gegnern nicht zurück, in der Hoffnung, dank seiner Technik durch eine hohe Erfolgsquote gegen die Schwächeren genug Punkte zu machen. Aljechin kritisierte später mit Recht, daß diese Bequemlichkeit allmählich Capablancas „lebendigen Geist tötete“, den er früher bewiesen hatte.
Pfleger/Treppner, Brett vorm Kopf, Leben und Züge der Schachweltmeister, Beck´sche Reihe, München 1994, S. 114

Die Niederlage 1927 gegen Aljechin, an den er den Weltmeistertitel verlor, erschütterte Capablanca aufs Mark und war für ihn ein ernster Warnschuß, daß Erfolge im Schach unter den Besten der Welt keine Selbstläufer sind, und er reagierte darauf durch eine im Vergleich zu seiner Zeit als Weltmeister wesentlich höhere Frequenz an Turnierteilnahmen und die in dieser Zeit vernachlässigte Auseinandersetzung mit den Entwicklungen im Weltschach und dort im Speziellen mit den Ideen der Hypermodernen. Als Weltmeister hatte er in London 1922 in Sitzungen mit den Turnierteilnehmern die in die Schachgeschichte als Londoner Vereinbarungen eingegangenen Regularien für die Herausforderung des Weltmeisters durchgesetzt. Die Londoner Vereinbarungen berührten organisatorische Fragen, Fragen rund um den Modus, wobei Capablanca die Lösung bevorzugte, Weltmeister wird, wer sechs Spiele in dem Weltmeisterschaftskampf gewonnen hat, aber auch Fragen rund um den Preisfond, für den der Herausforderer aufzukommen habe. Die Durchsetzung der Bestimmung, der Herausforderer habe sich um den Preisfond in Höhe von 10.000 Dollar zu kümmern, erwies sich für Capablanca als Boomerang. Zudem verärgerte er den neuen Weltmeister damit, dessen Sieg, den Aljechin immerhin buchstabengetreu nach den von Capablanca durchgesetzten Londoner Vereinbarungen errungen hatte, kleinzureden und auf einmal eine Reduzierung der Dauer von Weltmeisterschaftskämpfen erwirken zu wollen. Zu diesem Zweck hatte Capablanca Anfang 1928 an den FIDE-Präsidenten Alexander Rueb geschrieben:
Wenn die Partieanzahl nicht begrenzt wird, ist es durchaus möglich, dass der Wettkampf überhaupt nicht beendet wird oder solange dauert, dass der Ausgang schließlich von der körperlichen und geistigen Ausdauer der Spieler abhängt. Mit anderen Worten: Es geht darum, wem früher die Luft ausgeht und nicht darum, wer besser spielt (sic!). Außerdem steigen die Kosten, je länger sich das Match hinzieht.
Kasparov, S. 130f.

Die Antwort Aljechins auf dieses Schreiben von Capablanca, aus diesen Gründen die Dauer von Weltmeisterschaftskämpfen unter Anrechnung von Remispartien auf 16 Spiele (ebd. S. 131) zu reduzieren, die Capablanca nach seinem Titelverlust auch gegenüber Aljechin selbst vertreten hatte, ließ an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig:
Nachdem Sie den Titel verloren haben, wollen Sie die Bestimmungen ändern, die zu unterschreiben Sie in London alle ihre künftigen Gegner nötigten. Sie versuchen dies, obwohl ich bei unserem letzten Zusammentreffen eindeutig erklärte, dass ich Änderungen der bisherigen Bedingungen grundsätzlich nicht zustimmen werde. Sie schlagen vor, die Anzahl der Partien auf 16 zu reduzieren und verweisen dabei auf „Ihre Erfahrungen“ von Buenos Airos. Obwohl ich in unserem Wettkampf, beginnend mit der 12. Partie, faktisch jederzeit der Sieger hätte sein können, glaube ich, dass weder ich noch die gesamte Schachwelt damit zufrieden gewesen wären. Bei der heutigen Technik und Entwicklung der Eröffnungstheorie kann jeder erstklassige Meister immer auf Remis spielen, und daraus ergibt sich die einzige Schlussfolgerung, dass in Wettkämpfen um die Weltmeisterschaft Punkteteilungen überhaupt nicht angerechnet werden dürfen. Würde man die Anzahl der Partien auf 16 herabsetzen, könnte es leicht passieren, dass ein Spieler, der durch Zufall eine Partie gewinnt, in der Folge nur noch auf Remis spielt.Ich fügte mich den von Ihnen gestellten Bedingungen und gewann gegen Sie sechs Partien. Bilden Sie sich wirklich ein, dass ich für den Revanchekampf Bedingungen akzeptieren werde, die das Schach zu einem Glücksspiel machen - ähnlich dem Roulette?
Kasparov, S. 219

Damit wenden wir uns ab von dem bekannten Streit der beiden Weltklassespieler nach dem Titelgewinn Aljechins gegen Capablanca, wobei bekannt ist, daß es Capablanca nie mehr gelingen sollte, Aljechin zu einem Revanchekampf herauszufordern, und wo sich beide Spieler bis zu ihrem Aufeinandertreffen in Nottingham 1936 bei Schachturnieren, wie es früher schon Lasker und Tarrasch taten, gegenseitig boykottieren sollten. Das Verhalten der drei Weltmeister nach Wilhelm Steinitz: Lasker, Capablanca und Aljechin (die an sich positive Regentschaft von Max Euwe von 1935 - 1937 war zu kurz, um in dieser Angelegenheit ihre Spuren zu hinterlassen), was ihre Bereitschaft angeht, ihren Titel gegen fähige Konkurrenten zu verteidigen, führte nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer neuen Schachordnung. Generell hatte in der Weltpolitik angesichts der apokalyptischen Erfahrungen in diesem Weltkrieg der Wunsch nach verbindlichen Regularien und Strukturen sowie die Stärke von supranationalen Institutionen wie die der Vereinten Nationen als Reaktion auf unberechenbare Einzelakteure, die dem Rest der Welt ihren Willen aufzwingen, stark zugenommen. Und in diesem Zusammenhang steht auch die neugewonnene Stärke der FIDE, die nun in der Lage war, Weltmeisterschaftskämpfe nach allgemein verbindlichen Regularien durchzusetzen und somit der Gefahr egoistischer und willkürlich agierender Weltmeister Herr zu werden. Zwar konnten damit, wie die Erfahrungen mit Robert Fischer, aber auch mit der nun sowohl politischen als auch schachlichen Supermacht Sowjetunion gezeigt haben, nicht alle Gefahren ausgemerzt werden. Die neue Rolle der FIDE sollte aber dazu führen, daß die Weltmeisterschaftskämpfe für einen langen Zeitraum für alle berechenbar und transparent wurden, und daß auch wirklich die stärksten Spieler der Welt zeitgerecht um den Titel kämpften. Die Weltmeisterschaftskämpfe der FIDE waren eine Konstante in einer an sich unberechenbaren und fragilen Welt im Zeitalter des Kalten Kriegs. Emanuel Lasker sollte trotz seiner klaren Entthronung durch Capablanca als 52jähriger im Turnierschach noch lange Zeit eine ganz besondere Rolle spielen. Partien auf Chessgames:

[Event "Habana, WCH"][Site "Habana WCH"][Date "1921.03.29"][EventDate "?"][Round "5"][Result "1-0"][White "Jose Raul Capablanca"][Black "Emanuel Lasker"][ECO "D63"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "91"]1.d4 {Notes by J.R. Capablanca} d5 2.Nf3 Nf6 3.c4 e6 4.Bg5Nbd7 5.e3 Be7 6.Nc3 O-O 7.Rc1 b6 8.cxd5 exd5 9.Qa4 c5{Considered up to now the best answer for Black, but I believeto have had the pleasure of finding over the board in thisgame the one way to knock it out.} 10.Qc6 Rb8 11.Nxd5 Bb712.Nxe7+ Qxe7 13.Qa4 Rbc8 14.Qa3 {This move might be said tobe the key of Whites whole plan. The main point was to beable to play Ba6.} Qe6 15.Bxf6 {This exchange had to be madebefore putting the plan into execution.} Qxf6 16.Ba6 Bxf3{Dr. Lasker thought for over half an hour before deciding onthis continuation. It is not only the best, but it shows atthe same time the fine hand of the master. An ordinary playerwould never have thought of giving up the exchange in order tokeep the initiative in this position, which was really theonly reasonable way in which he could hope to draw the game.}17.Bxc8 Rxc8 18.gxf3 Qxf3 19.Rg1 Re8 20.Qd3 g6 21.Kf1 {Theplay here was extremely difficult. I probably did not find thebest system of defense. I can not yet tell which was the bestdefense here, but it is my believe that with the best playWhite should win.} Re4 22.Qd1 Qh3+ 23.Rg2 Nf6 24.Kg1 cxd425.Rc4 {The move with which I counted upon to check Black’sattack.} dxe3 26.Rxe4 Nxe4 27.Qd8+ Kg7 28.Qd4+ Nf6 29.fxe3 Qe630.Rf2 g5 31.h4 gxh4 {This was Laskers sealed move. It wasnot the best. His chance to draw was to play Kg6.Any othercontinuation should lose.} 32.Qxh4 Ng4 33.Qg5+ Kf8 34.Rf5 {Notthe best. Rd2 would have won. The text move gives Black achance to draw the game.} h5 35.Qd8+ Kg7 36.Qg5+ Kf8 37.Qd8+Kg7 38.Qg5+ Kf8 39.b3 Qd6 40.Qf4 Qd1+ 41.Qf1 Qd7 42.Rxh5 Nxe343.Qf3 Qd4 44.Qa8+ {Not the best.Kh1 offered better chances ofsuccess.} Ke7 45.Qb7+ Kf8 {A blunder, which loses what wouldotherwise have been a drawn game. It will be noticed that itwas Dr. Laskers forty-fifth move. He had very little time tothink and, furthermore, by his own admission, he entirelymisjudged the value of the position, believing that he hadchances of winning, when, in fact, all he could hope for was adraw.} 46.Qb8+ 1-0

[Event "Habana, WCH"][Site "Habana WCH"][Date "1921.04.08"][EventDate "?"][Round "10"][Result "0-1"][White "Emanuel Lasker"][Black "Jose Raul Capablanca"][ECO "D61"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "136"]1.d4 {Notes by J. R. Capablanca} d5 2.c4 e6 3.Nc3 Nf6 4.Bg5Be7 5.e3 O-O 6.Nf3 Nbd7 7.Qc2 c5 8.Rd1 Qa5 9.Bd3 h6 10.Bh4cxd4 11.exd4 dxc4 12.Bxc4 Nb6 13.Bb3 Bd7 14.O-O {Thedevelopment is now complete. White has a lone d Pawn, but, onthe otherhand, Black is somewhat hampered in the manoeuveringof his pieces.} Rac8 15.Ne5 Bb5 {With this move and thefollowing, Black brings about an exchange of pieces, whichleaves him with a free game.} 16.Rfe1 Nbd5 17.Bxd5 Nxd518.Bxe7 Nxe7 19.Qb3 Bc6 {Not Ba6 because of Nd7, followed byNc5.} 20.Nxc6 bxc6 21.Re5 Qb6 22.Qc2 Rfd8 23.Ne2 {ProbablyWhites first mistake. He wants to take a good defensiveposition, but he should instead have counter-attacked with Na4and Rc5.} Rd5 24.Rxd5 cxd5 {Black has now the open file andhis left side Pawn position is very solid, while White has aweak d-Pawn. The apparently weak Black a Pawn is not actuallyweak because White has no way to attack it.} 25.Qd2 Nf5 26.b3{In order to free the Queen from the defense of the b-Pawn andalso to prevent Rc4 at any stage.} h5 { In order to prevent g4at a later stage. Also to make a demonstration on the king’sside, prepatory to further operations on the other side.}27.h3 {Weak, but White wants to be ready to play g4.} h4 {Totie up Whites King side. Later on it will be seen that Whiteis compelled to play g4 and thus further weaken his game.}28.Qd3 Rc6 29.Kf1 g6 30.Qb1 Qb4 31.Kg1 {This was Whitessealed move. It was not the best move, but it is doubtful ifWhite has any good system of defense.} a5 32.Qb2 a4 {Now Blackexchanges the pawn and leaves White with a weak, isolatedb-Pawn, which will fall sooner or later.} 33.Qd2 Qxd2 34.Rxd2axb3 35.axb3 Rb6 {In order to force Rd3 and thus prevent theWhite rook from supporting his b-Pawn by Rb2 later on. Itmeans practically tying up the White rook to the defense ofhis two weak pawns. } 36.Rd3 Ra6 37.g4 hxg3 38.fxg3 Ra2 39.Nc3Rc2 40.Nd1 {The alternative Na4, was not any better. White’sgame is doomed. } Ne7 41.Nc3 Rc1+ 42.Kf2 Nc6 43.Nd1 Rb1 {NotNb4 because of 44. Rd2 Rb1 45. Nb2 Rxb2 46.Rxb2 Nd3+ 47.Ke2Nxb2 48.Kd2, and Black could not win. } 44.Ke2 {Not a mistake,but played deliberately. White had no way to protect hisb-Pawn.} Rxb3 45.Ke3 Rb4 46.Nc3 Ne7 47.Ne2 Nf5+ 48.Kf2 g549.g4 Nd6 50.Ng1 Ne4+ 51.Kf1 Rb1+ 52.Kg2 Rb2+ 53.Kf1 Rf2+54.Ke1 Ra2 {All these moves have a meaning. The student shouldcarefully study them.} 55.Kf1 Kg7 56.Re3 Kg6 57.Rd3 f6 58.Re3Kf7 59.Rd3 Ke7 60.Re3 Kd6 61.Rd3 Rf2+ 62.Ke1 Rg2 63.Kf1 Ra264.Re3 e5 {This was my sealed move and unquestionably the bestway to win.} 65.Rd3 {If 65.Ne2 Nd2+ 66.Kf2 e4 67.Rc3 Nf368.Ke3 Ne1 69.Kf2 Ng2. and White would be helpless. If 65.Nf3Nd2+ exchanging knights wins.} exd4 66.Rxd4 Kc5 67.Rd1 d468.Rc1+ Kd5 {There is nothing left. The Black pawn willadvance and White will have to give up his Knight for it. Thisis the finest win of the match and probably took away fromDr. Lasker his last real hope of winning or drawing thematch.} 0-1

[Event "Habana, WCH"][Site "Habana WCH"][Date "1921.04.13"][EventDate "?"][Round "11"][Result "1-0"][White "Jose Raul Capablanca"][Black "Emanuel Lasker"][ECO "D63"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "95"]1.d4 {Notes by J. R. Capablanca} d5 2.Nf3 e6 3.c4 Nf6 4.Bg5Nbd7 5.e3 Be7 6.Nc3 O-O 7.Rc1 Re8 8.Qc2 c6 9.Bd3 dxc4 10.Bxc4Nd5 11.Bxe7 Rxe7 12.O-O Nf8 13.Rfd1 Bd7 {I do not consider thesystem adopted by Dr. Lasker in this game to be any good.}14.e4 Nb6 {...Nxc3 would have simplified matters somewhat, butit would have left Black in avery awkward position. The textmove, by driving back the bishop, gains time for the defense.}15.Bf1 Rc8 16.b4 {To prevent c5, either now or a laterstage. There is no Black bishop and White’s whole plan isbased on that fact. He will attempt, in due time, to place aknight on d6.} Be8 17.Qb3 {White might have played a4 at once,but wanted at first to prevent the Black Queen from coming outvia d6 an f4.} Rec7 18.a4 Ng6 19.a5 Nd7 20.e5 b6 21.Ne4 Rb822.Qc3 {Qa3 at once was best. The text move gives Black achance to gain time.} Nf4 23.Nd6 Nd5 {Had the White Queen beenat a3 Black could not have gained this very important tempo.}24.Qa3 f6 25.Nxe8 {This Bishop had to be taken, since itthreatened to go to h5, pinning the Knight.} Qxe8 26.exf6 gxf6{To retake with either Knight would have left the e Pawnextremely weak.} 27.b5 {With this move White gets rid of hisQueens side Pawns.} Rbc8 28.bxc6 Rxc6 29.Rxc6 Rxc6 30.axb6axb6 31.Re1 {Bb5 was better.} Qc8 32.Nd2 {This was my sealedmove and unquestionably the only move to keep the initiative.}Nf8 {...Rc3 would have been met by Qa1.} 33.Ne4 {The WhiteKnight stands now in a very commanding position. Blacks gameis far more difficult than appears at first glance and Ibelieve that the only good system of defense would have to bebased on ...f5, after ...h6, driving back the White Knight.}Qd8 34.h4 Rc7 {This might be said to be the losing move. Blackhad to play ...h6 in order to be ready to continue with ...f5,forcing the White Knight to withdraw.} 35.Qb3 {Whites planconsists in getting rid of Blacks powerfully posted Knight atd5, which is the key to Blacks defense.} Rg7 36.g3 Ra7 37.Bc4Ra5 38.Nc3 Nxc3 39.Qxc3 Kf7 40.Qe3 Qd6 41.Qe4 Ra4 {Neither oneof us had very much time left at this stage of thegame. Blacks alternative was ...Ra7, which would have beenmet by d5, leaving Black with what in my opinion is a lostposition.} 42.Qb7+ Kg6 {If 42...Qe7 43.Qc6 wins.} 43.Qc8 Qb444.Rc1 Qe7 {Blacks game was now hopeless; for instance44...Qa3 (best) 45.Bd3+! f5 (best) 46.Qe8+ Kh6 47.Re1 Ra848.Rxe6+ Nxe6 49.Qxe6+ Kg7 50.Qe5+, etc. In practically allthe other variations the check with the Bishop at d3 wins.}45.Bd3+ Kh6 {..f5 would have prolonged the game a few movesonly. 46.Rc7 would always win.} 46.Rc7 Ra1+ 47.Kg2 Qd648.Qxf8+ 1-0

Beitrag von blunder1

@ kiffing

Gemäß meiner Quellen ist dein Beitrag einfach nur unterste Schublade. Deine Voreingenommenheit gegenüber Lasker ist nicht nur im höchsten Maße unqualifiziert [zumindest noch letztes Jahr hattest Du keine Ahnung von seinem Schach, s. unser kleiner „Disput“ in dem Thema [i]Stärkster Spieler aller Zeiten[/i] (https://schachburg.de/forum/viewtopic.php?f=12&t=70)], wie Du ihn in diesem Thema darstellst, ist in meinen Augen schon alarmierend (ein „Lasker-Hass“?).

Was hast Du da geschrieben?

„[i]Aber der Erste Weltkrieg war dafür nicht der einzige Grund. Was die Motivation von Emanuel Lasker anging, seinen WM-Titel zu verteidigen, so hatte Harold C. Schonberg daran kein gutes Haar gelassen. Zwar sollten bei den drastischen Aussagen Schonbergs, dessen Hang zur Dramatisierung unverkennbar ist, und der, was Schachhistoriker angeht, darin wohl nur von Jacques Hannak übertroffen wird, tendenziell Abstriche gemacht werden. Trotzdem liest sich die Anklage gegen Lasker auch so gewaltig, der die „erhofften Wettkämpfe“ gegen Rubinstein und Capablanca „immer wieder verschoben“ habe, „bis der Krieg ausbrach“, und der eine „Ausrede nach der anderen“ gefunden und „nie dagewesene Bedingungen“ gestellt habe, um „einem Match gegen den Kubaner aus dem Weg zu gehen“, der ihn schon seit 1909 „mit der Forderung nach einem Titelkampf“ „verfolgt“ habe (Harold C. Schonberg, die Großmeister des Schach, Fischer-Verlag 1974, S. 129).

Tatsächlich hatte Lasker Capablanca auf dessen Forderungen nach dessen Sieg in San Sebastian 1911 einen 17 Punkte umfassenden [URL="https://www.schachburg.de/threads/1691-Das-Gro%C3%9Fmeisterturnier-St-Petersburg-1914"]Forderungskatalog[/URL] gestellt, von denen der Kubaner nur den Passus akzeptierte, der Herausforderer habe für den Preisfond von 10.000 US-Dollar aufzukommen (für den finanziell nicht auf Rosen gebetteten Akiba Rubinstein bedeutete der von Lasker diktierte Preisfond aber ein nicht zu bewältigendes Hindernis). Der Rest, den der junge Kubaner nicht akzeptieren konnte, umfaßte dabei in der Tat eine von Schonberg so bezeichnete „nie dagewesene“, und ich möchte hinzufügen, nie wieder vorgekommene Bedingung, um den Weltmeister zu stürzen, habe der Herausforderer den Weltmeister mit mindestens zwei Punkten Differenz besiegen müssen. Der darauffolgende Streit beider Spieler konnte erst beim „Großmeisterturnier“ in St. Petersburg 1914 beigelegt werden, aber der Erste Weltkrieg verhinderte darauf ein Kräftemessen der beiden Spieler.[/i]“

Meine Hauptquellen sind Edward Winters Buch [i]Capablanca,[/i] bezüglich Rubinstein Donaldson/Minev [i]The Life and Games of Akiva Rubinstein Volume 1: Uncrowned King.[/i]
Besonders Winter und Donaldson gehören zu den renommiertesten Schachhistorikern und sind für ihre akribische Quellenkritik bekannt.

Zuerst einmal hat Capablanca Lasker nicht schon seit 1909 „verfolgt“, sondern seine Herausforderung setzte er am 26.10.1911 auf, Lasker erhielt sie am 4.11.1911 und bestätigte den Empfang in der [i]Evening Post[/i] vom 8.11.1911.

Kapitel 3 von Winters Buch, [i]Negotiations with Lasker[/i], gibt auf den Seiten 56-57 Laskers 17 Forderungen wieder, die er auch in seiner Kolumne vom 22.11.1911 in der [i]Evening Post[/i] veröffentlicht hat. Auf den Seiten 57-59 wird Capablancas schriftliche Antwort vollständig abgedruckt.

Das Match sollte vom dem Spieler gewonnen werden, der als erster 6 Partien gewinnt und nicht mehr als 30 Partien zählen; im Falle eines Gleichstands sollte Lasker den Titel behalten.

Die einzigen Punkte, welche in meinen Augen unfair sind, sind:
1. Eine „eingeschränkte 2-Punkte-Klausel“. Sollte ein Spieler nach 30 Partien mit nur einem Punkt Vorsprung führen und nicht mehr als 1:0, 2:1 oder 3:2 Siege zu Buche stehen, sollte das Match unentschieden gewertet werden (Forderung 2).
2. Lasker wollte das Eigentum an den Partien (Forderung 4).

Capablanca protestiert dagegen – in meinen Augen zu Recht.
10 Forderungen stimmt er zu, protestiert aber u.a gegen die Befristung des Matchs, die Zeitkontrolle (12 Züge pro Stunde) und die Höhe seines Reuegeldes/seiner Garantie (2.000 Dollar).

[b]Nirgendwo ist von einem konkreten Preisfonds die Rede[/b], schon gar nicht in Höhe von 10.000 Dollar. Das hat Capablanca erst 1922 mit dem Londoner Abkommen eingeführt. Forderung 13 besagt, dass beide Spieler versuchen sollten, [i]backers[/i] zu finden. Dem stimmt Capablanca grundsätzlich zu, wobei er betont, dass er noch keinen Betrag kennt, bereit wäre, seinen Betrag zu nennen, und er verlangt bei einer Einigung 3 Monate Zeit, um das Geld aufzutreiben.

Der Wettkampf Lasker-Rubinstein hätte im Herbst 1914 stattgefunden, wenn der 1. Weltkrieg nicht ausgebrochen wäre. Dies bestätigen auch Wenz in [i]Akiba Rubinstein Ein Leben für das Schach[/i] und Schulz in [i]Das große Buch der Schachweltmeisterschaften[/i]. Die Spieler hatten sich bereits 1913 geeinigt und der Vertrag war u.a. in[i] American Chess Bulletin[/i] veröffentlicht worden. Das Match sollte sich über 20 Partien erstrecken, der Spieler, der die meisten Punkte erzielte, sollte der Sieger und Weltmeister sein. Das einzige Privileg Laskers wäre gewesen, dass er im Falle eines 10:10 den Titel behalten hätte, ein Privileg des Titelverteidigers, das bei befristeten Wettkämpfen erst nach Kramnik-Leko (Brissago 2004) abgeschafft worden ist.
Lasker ist Rubinstein bei der Finanzierung des Matchs entgegengekommen: Lasker wollte einerseits mit Klubs bezüglich der Austragung verhandeln, andererseits sollte ein von beiden Spielern geschriebenes Buch über das Match für mindestens 5 Dollar (20 Mark) angeboten werden, das Fans vor dem Match bestellen konnten. Sobald insgesamt 2.500 Dollar erreicht worden wären, sollte der Wettkampf stattfinden und jeder Spieler hätte für jeden Partiegewinn 125 Dollar aus diesem Fonds erhalten. Mit diesem Arrangement wurde Rubinstein von der Aufgabe entbunden, Sponsoren finden zu müssen.

Es ist mir unbegreiflich, wie Du so etwas schreiben kannst: „[i]...der Herausforderer habe für den Preisfond von 10.000 US-Dollar aufzukommen (für den finanziell nicht auf Rosen gebetteten Akiba Rubinstein bedeutete der von Lasker diktierte Preisfond aber ein nicht zu bewältigendes Hindernis)...[/i]“.

Zurück zu Capablanca. Was soll man davon halten:
„[i]Dem widersprach zwar auf dem ersten Blick die Ankündigung Laskers mitten in den Verhandlungen mit Capablanca über die WM-Modalitäten, auf den WM-Titel kampflos zugunsten des Kubaners zu verzichten. [b]Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen.[/b] Harold C. Schonberg verglich Laskers Verzicht auf den Titel mit einer platzenden Bombe (Schonberg, S. 130), und Lasker erreichte auch, daß der sichtlich erschreckte Capablanca sich insgesamt dreimal nach Den Haag begab, um die schwierigen Verhandlungen mit Lasker weiterzuführen und den WM-Kampf zu retten (vgl. André Schulz, Das große Buch der Schachweltmeisterschaften, New in Chess 2015, S. 72). So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben, von der er sich, unabhängig vom Ergebnis, mit 11.000 Dollar den Löwenanteil sichern konnte (Schulz, f.)[/i]“ (die Hervorhebung ist von mir).

Wie kommst Du auf das von mir Hervorgehobene? Selbstverständlich habe ich in meinen Quellen, darunter auch Schulz, keine Spur davon gefunden. Wenn man so etwas nicht beweisen kann, könnte es als „üble Nachrede“ bezeichnet werden.

Am 23.1.1920 hatten sich Lasker und Capablanca auf ein Match über 30 Partien geeinigt. Am 27.6.1920 ist Lasker als Weltmeister zurückgetreten und wollte den Titel kampflos an den Kubaner abtreten. Capablanca wollte den Titel nicht so erhalten und bot dem sich in einer schwierigen finanziellen Lage befindlichen Lasker ein Match mit dem – für damalige Verhältnisse – hohen Preisfonds an. Dieser Wettkampf sollte sich über höchstens 24 Partien erstrecken und Lasker sah sich als der Herausforderer, d.h., dass Capablanca im Falle eines 12:12 den „Titel“ behalten hätte. Lasker hätte im Falle eines Sieges im Match den Titel sofort wieder abgegeben.

Ein paar Worte zu dem sportlichen Inhalt:
Capablanca ist mit Sicherheit nicht unverdient/glücklich Weltmeister geworden, doch zeigte das Match nicht den wahren Lasker, wie dieser später eindrucksvoll beweisen sollte.
„[i]Was nun den Verlauf des Wettkampfs anbelangt, so enttäuschte Lasker in jeder Hinsicht....Vor allem aber machte der Titelverteidiger, in völligem Gegensatz zu dem, was man von ihm gewöhnt war, eine erhebliche Anzahl grober Schnitzer. Wie soll man dieses Versagen erklären? In erster Linie war das tropische Klima schuld,...[/i](Euwe/Prins [i]Capablanca[/i] S.80).
Lasker musste sich nach dem Match monatelang in Pflege/Kur begeben, um seine Gesundheit wieder herzustellen.

Zu Capablancas Kritik an Lasker:
Es ist auffällig, dass er vor und nach seiner Zeit als Weltmeister (1921-1927) Laskers Schach immer wieder in höchsten Tönen lobt, doch während der Zeit als Titelträger viel kritischer ist.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Kubaner ein Problem mit Laskers Spielstärke hatte, der in Turnieren bis einschließlich Moskau 1935 immer vor Capablanca gelandet ist. Capablancas Überlegenheit ist deswegen in Frage gestellt worden.

Beitrag von blunder1

Hier erlaube ich mir einen Zusatz:
Am 23.1.1920 hatten sich Lasker und Capablanca auf ein Match über 30 Partien geeinigt. Am 27.6.1920 ist Lasker als Weltmeister zurückgetreten und wollte den Titel kampflos an den Kubaner abtreten - also fast ein halbes Jahr nach der Einigung und keineswegs "mitten in den Verhandlungen", wie Kiffing in seinem Thema behauptet.

Beitrag von blunder1

Und hier möchte ich etwas revidieren:
Ich glaube jetzt, dass ich zu kritisch Lasker gegenüber war.

Ich habe mehrere Quellen noch einmal überprüft. Das „Eigentum an den Partien“ war die damals übliche „Entlohnung“ für den Spieler, der die Organisation des Matchs übernahm; sie war mit Aufwand, Arbeit und auch Kosten verbunden. Da Lasker die Organisation übernehmen wollte, halte ich diese Forderung (4) auch nicht mehr für unfair.

Die Einigung vom 23.1.1920 zwischen Lasker und Capablanca war natürlich ein Vertrag (15 Klauseln), den beide an dem Tag in Den Haag/Niederlande ausgehandelt und unterschrieben hatten. In Winters Capablanca kann man diesen auf den Seiten 108-109 finden.
Interessant ist Klausel 14:
Señor Capablanca, for reasons of weight, cannot agree to begin the match before 1 January 1921.“ (S.109)
Der Autor meint, dass mit den etwas ungenauen „gewichtigen Gründen“ wahrscheinlich Capablancas Wunsch gemeint ist, genug Zeit für die Sponsorensuche zu haben.

Beitrag von blunder1

Hier erlaube ich mir eine weitere geharnischte Kritik in Richtung Kiffing:

Zwar sollten bei den drastischen Aussagen Schonbergs, dessen Hang zur Dramatisierung unverkennbar ist, und der, was Schachhistoriker angeht, darin wohl nur von Jacques Hannak übertroffen wird, tendenziell Abstriche gemacht werden.

Ich habe Schonbergs Buch, das ich vor vielen Jahren gelesen habe und das sich in einer Kiste in meinem Keller befindet; ich habe keine Lust, es hervorzukramen. Sollte er diesen Mist wirklich geschrieben haben, wäre es gerade einmal als Toilettenpapier zu gebrauchen.

Inwiefern soll Jacques Hannak, welcher die erste Lasker-Biographie 1952 veröffentlicht hat, Schonberg in Bezug auf einen Hang zur Dramatisierung noch übertreffen?

Der neueste Stand der Lasker-Forschung ist die neue Lasker-Trilogie; der erste Band, Emanuel Lasker Volume I Struggle and Victories, erschien 2018 (zu Laskers 150. Geburtstag), der zweite Band, Emanuel Lasker Volume II Choices and Chances, erschien dieses Jahr. Die Herausgeber sind Forster, Negele und GM Tischbierek; mehrere Gastautoren, z.B. GM Mihail Marin und IM John Donaldson, tragen zu dem Werk bei. Ich habe die Bücher.
Im ersten Band wird in der Fußnote 17 auf Seite 7 auf Hannaks Lasker-Biographie eingegangen:
Hannak's Lasker biography was repeatedly dismissed as a „heroic epic.“ From a present-day perspective, however, Hannak has authored a valuable book given the circumstances at the time. It is rightly referred to as „outstanding“ and explicitly recommanded by Dreyer/Sieg, Lasker, pp.25 and 41. Hannak bridged the manifest discrepancies in Lasker's life and his sources with his own stylistic brilliance. In doing so, some mistakes did slip in....“ (S.7)

Am bedenklichsten finde ich an Kiffings Thema folgendes:
Dem widersprach zwar auf dem ersten Blick die Ankündigung Laskers mitten in den Verhandlungen mit Capablanca über die WM-Modalitäten, auf den WM-Titel kampflos zugunsten des Kubaners zu verzichten. Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen. Harold C. Schonberg verglich Laskers Verzicht auf den Titel mit einer platzenden Bombe (Schonberg, S. 130), und Lasker erreichte auch, daß der sichtlich erschreckte Capablanca sich insgesamt dreimal nach Den Haag begab, um die schwierigen Verhandlungen mit Lasker weiterzuführen und den WM-Kampf zu retten (vgl. André Schulz, Das große Buch der Schachweltmeisterschaften, New in Chess 2015, S. 72). So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben, von der er sich, unabhängig vom Ergebnis, mit 11.000 Dollar den Löwenanteil sichern konnte (Schulz, f.)“ (die Hervorhebung ist von mir).

Ich habe das Buch von André Schulz und natürlich auch darin keine Spur von dem von mir Hervorgehobenen entdeckt, auch nicht, dass es Lasker „gelungen wäre, die Börse hochzutreiben“.

So wie Kiffing das darstellt, muss bei einem Leser der Eindruck entstehen, dass er sich auf Schulz bezieht, also seine eigenen – gelinde ausgedrückt – sehr gewagten Interpretationen auf dessen Werk beruhen könnten.

Eine einfache Frage: Handelt es sich dabei um eine bewusste Verfälschung von Seiten Kiffings? Oder „nur“ um äußerst ungenaues und irreführendes „Sich-auf-Schulz'-Buch-Beziehen“?

Beitrag von Kiffing

Wahrscheinlich hast du das "f" übersehen, das für "folgende Seite" steht. Gleich zu Beginn der folgenden Seite, das heißt auf Seite 73, findet sich nämlich in Schulz' Werk folgendes Zitat: "Für das Match wurde die für damalige Verhältnisse sensationell hohe Summe von 20.000 Dollar in Aussicht gestellt, von denen Laster unabhängig vom Ausgang des Wettkampfes 11.000 Dollar erhalten sollte." Damit ist jeder weitere Vorwurf in meine Richtung hinfällig.

Beitrag von blunder1

Wie schön, dass es eine Reaktion von Dir gegeben hat, doch finde ich sie sehr mager und alles andere als überzeugend. Jeder User kann für sich selber entscheiden, ob meine Kritik an deinem Thema hinfällig ist oder nicht.

Selbstverständlich hatte ich das „f“ gesehen, schließlich lese ich Beiträge nicht nur genau (besonders bevor ich mir eine Kritik erlaube), sondern Schulz' Buch lag aufgeschlagen vor meiner Nase, während ich schrieb: Seite 72 links, Seite 73 rechts.

Inhaltlich ist dein Thema sowieso eine Katastrophe, wie ich ausführlich – mit Quellenangaben und Zitaten – begründe:
„Die erhofften Wettkämpfe immer wieder verschoben“? „Eine Ausrede nach der anderen“? Capablanca hätte Lasker bereits seit 1909 „verfolgt“? Lasker soll auf 10.000 Dollar bestanden haben, sowohl bei Capablanca, als auch bei Rubinstein? Dies sei der einzige Passus gewesen, den Capablanca akzeptiert hätte?
Hat Schonberg diesen Unsinn wirklich geschrieben? Wie schon gesagt, ich habe keine Lust, das Buch aus meinem Keller zu holen.

Allein schon der von mir kopierte und eingesetzte Auszug, in welchem Du übrigens Schulz 2 Mal als Quelle angibst:
Lasker soll „mitten in den Verhandlungen“ zurückgetreten sein? Das von mir fett hervorgehobene „Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen.“? Der „sichtlich erschreckte Capablanca“?
Von all dem habe ich bei Schulz - und auch nirgendwo sonst - keine Spur entdecken können.

So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben,...“ klingt übrigens in meinen Ohren nach Vorsatz, aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.

Tatsache ist, dass Lasker mit dem Weltmeistertitel nichts mehr zu tun haben wollte. Er sah sich ja 1921 auch als der Herausforderer, hätte im Falle eines Sieges im Match den Titel sofort wieder abgetreten und er hat nie versucht, den Titel wiederzuerlangen; in meinen Augen leider, da es unter anderen Bedingungen bei seiner Spielstärke einen sehr interessanten Wettkampf gegeben hätte.

Mit seinem Rücktritt am 27.06.1920 hat Lasker zuerst einmal auf eine ganze Menge Geld verzichtet; Capablanca hätte den Titel ja auch einfach annehmen können, denn Klausel 15 des Vertrags vom 23.1.1920 besagt:
In view of Clause 14, Dr. Lasker has the right to engage anyone else before 1921 in a match for the world's championship. Should he lose this contract is void. Should he resign the title it reverts to Señor Capablanca.“ (Winter Capablanca S. 109, die Hervorhebung ist von mir)

Capablanca wollte den Titel nicht kampflos erhalten (möglicherweise hat das Geld auch eine Rolle gespielt) und die beiden haben im Sommer 1920 einen neuen Vertrag ausgehandelt (Winter Capablanca S. 111). Dieses Mal sollte sich das Match über höchstens 24 Partien erstrecken; es wäre vorzeitig zu Ende gewesen, sobald ein Spieler 8 Siege errungen hätte (dieselbe Klausel gab es in dem ersten Vertrag vom 23.1.1920).

Ja, Lasker ist 1921 wegen des Geldes angetreten, doch glaube ich nicht, dass man das einem über 50-jährigen, dessen Einkünfte fast nur aus Schach stammten und der sich in einer schwierigen finanziellen Situation befand, vorwerfen kann.
Doch daraus eine regelrechte Verschwörungstheorie zu konstruieren, ohne den Hauch eines Schattens eines Beweises...

Beitrag von Kiffing

Du wirst meine Reaktionen noch des öfteren als mager empfinden, denn ich werde mich fortan begnügen, dir en passant ein paar Brocken hinzuwerfen, an denen du dich unter einer wütenden Gefühlslage festbeißen kannst. Außerdem bin ich kein Schachhistoriker mehr, es war ein nettes Steckenpferd, aber letztendlich eine brotlose Kunst. Ein erster Fehler ist, dass du behauptest, mein "f" wahrgenommen zu haben, um dann ausschweifend auf die eigene Gewissenhaftigkeit zu sprechen zu kommen, dich mit den Ansichten anderer auseinanderzusetzen. Dabei habe ich dir das auf der folgende Seite vorhandene Zitat sogar herausgesucht, das meine Argumentation stützte und deine Verschwörungstheorie "bewusste Verfälschung" tatsächlich hinfällig machte. Der zweite Fehler ist es, Schonbergs von mir genannte Aussagen generell anzuzweifeln, dann aber fehlende Lust als Begründung darzulegen, den Gegenbeweis nicht liefern zu können. Das ist einfach albern.

Besonders unsinnig ist der Rest, bei dem du zwei Behauptungen über mich konstruiert, obwohl in Wirklichkeit das Gegenteil zutrifft. So hasse ich Lasker natürlich nicht, sondern bewundere ihn und halte ihn mit seinen Ecken und Kanten für eine absolute Bereicherung der gesamten Schachgeschichte. Lediglich mit seinem Schachstil kann ich weniger anfangen, aber das ist Geschmackssache. Ähnlich unsinnig ist die Behauptung, ich wolle eine Anklage wegen Laskers finanzieller Forderungen konstruieren. Sämtliche Quellen geben her, dass Lasker um seinen Wert wusste und für sein Auftreten entsprechende Forderungen verlangte. Das werfe ich ihm aber nicht vor, sondern halte es mit Vlastimil Hort, der einst zu Fischers ähnlichem (und noch einmal erfolgreicheren Auftreten) geäußert hat, man solle für ihn eine Kerze anzünden, da die Schachspieler ihm höhere Preisgelder zu verdanken hätten. Folglich bleibt von deinen konstruierten Vorwürfen nur heiße Luft und die Erkenntnis, dass auch Expertenwissen nicht vor Torheit schützt. Du hast dich da in etwas verrannt, aus dem du nicht mehr heraus kommst.

Beitrag von blunder1

Du bist kein Schachhistoriker mehr? Das bin ich nie gewesen, über Schachgeschichtsliebhaber bin ich nicht hinausgekommen.

Zuerst einmal: Interpunktion ist wichtig. Bemerkungen von mir wie:
- ein „Lasker-Hass“?
- Handelt es sich dabei um eine bewusste Verfälschung von Seiten Kiffings?
- Oder „nur“ um äußerst ungenaues und irreführendes „Sich-auf-Schulz'-Buch-Beziehen“?
sind aus gutem Grund alle mit einem Fragezeichen versehen worden; es sind also Fragen, keine Behauptungen. Allerdings habe ich diese Fragen gestellt, da ich aufgrund deines Themas einen gewissen Eindruck gewonnen hatte und mich vergewissern wollte.

Meine „eigene Gewissenhaftigkeit“ hin oder her, das „f“ hatte ich tatsächlich wahrgenommen, ich hatte außerdem Schulz' Buch vor Augen.

Wo habe ich denn bitte Schonberg „generell“ angezweifelt? Ich gehe konkret auf von Dir genannte Beispiele ein, die einfach falsch sind und dies begründe ich auch mit Quellen und Zitaten.

Dein ganzes Thema klingt nach „Lasker hätte einen gezielten Plan durchgeführt, um das Preisgeld in Rekordhöhe zu treiben“.
Auf dein von mir fett unterhobenes „Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen.“ bist Du immer noch nicht eingegangen und der Abschluss meines Eindrucks ist „So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben,...“.

„Torheit“ und „heiße Luft“ meinerseits? Das kann jeder User für sich selber entscheiden.

Merkst Du eigentlich nicht, dass Du immer wieder Eigentore erzielst?
Wie schon in War Aljechin ein dominanter Weltmeister? ([Hier befand sich ein Link auf die Seite "viewtopicbf79.html". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "viewtopic.php?f=12&t=2579" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]) und Stärkster Spieler aller Zeiten ([Hier befand sich ein Link auf die Seite "viewtopice620.html". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "viewtopic.php?f=12&t=70" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.])?
Aber bitte, jeder User kann sich selber ein Bild machen.

Beitrag von Kiffing

Die Sache ist doch eindeutig. Du hast folgende Anklage auf Basis folgender Behauptung aufgestellt: "Am bedenklichsten finde ich an Kiffings Thema folgendes:

„Dem widersprach zwar auf dem ersten Blick die Ankündigung Laskers mitten in den Verhandlungen mit Capablanca über die WM-Modalitäten, auf den WM-Titel kampflos zugunsten des Kubaners zu verzichten. Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen. Harold C. Schonberg verglich Laskers Verzicht auf den Titel mit einer platzenden Bombe (Schonberg, S. 130), und Lasker erreichte auch, daß der sichtlich erschreckte Capablanca sich insgesamt dreimal nach Den Haag begab, um die schwierigen Verhandlungen mit Lasker weiterzuführen und den WM-Kampf zu retten (vgl. André Schulz, Das große Buch der Schachweltmeisterschaften, New in Chess 2015, S. 72). So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben, von der er sich, unabhängig vom Ergebnis, mit 11.000 Dollar den Löwenanteil sichern konnte (Schulz, f.)“ (die Hervorhebung ist von mir).

Ich habe das Buch von André Schulz und natürlich auch darin keine Spur von dem von mir Hervorgehobenen entdeckt, auch nicht, dass es Lasker „gelungen wäre, die Börse hochzutreiben“.

So wie Kiffing das darstellt, muss bei einem Leser der Eindruck entstehen, dass er sich auf Schulz bezieht, also seine eigenen – gelinde ausgedrückt – sehr gewagten Interpretationen auf dessen Werk beruhen könnten.

Eine einfache Frage: Handelt es sich dabei um eine bewusste Verfälschung von Seiten Kiffings? Oder „nur“ um äußerst ungenaues und irreführendes „Sich-auf-Schulz'-Buch-Beziehen“?"

Daraufhin teilte ich dir - je nach Standpunkt: mager oder pointiert - mit, dass die Aussage von Schulz, auf die ich mich bei meiner These bezogen hatte, auf der folgenden Seite existiert: "Gleich zu Beginn der folgenden Seite, das heißt auf Seite 73, findet sich nämlich in Schulz' Werk folgendes Zitat: "Für das Match wurde die für damalige Verhältnisse sensationell hohe Summe von 20.000 Dollar in Aussicht gestellt, von denen Laster unabhängig vom Ausgang des Wettkampfes 11.000 Dollar erhalten sollte."

Das bedeutet, deine Argumentation basiert auf einem Fehlschluss, weil dir die betreffende Aussage von Schulz auf der folgenden Seite entgangen war, oder, um es in der Schachsprache zu sagen: Deine Kombination hatte ein Loch. Das kannst du noch so zerreden, worin du sonst sehr gut bist.

Ob und wie sehr Lasker irgendwelche Börsen hochtreibt, ist mir ansonsten egal, weil ich weder einen Hass auf Lasker hege, wie an anderer Stelle von dir behauptet, noch daran irgendetwas verwerflich finde. Deine Schlussfolgerungen sind einfach hanebüchen. Die Professionalisierung des Schachs mit den entsprechenden Gagen war ja erst eine wichtige Voraussetzung dafür, das Niveau des Schachs auf eine wesentlich höhere Stufe zu heben. Ansonsten erkenne ich, von deiner falschen Bescheidenheit abgesehen, bei dir keine Leidenschaft, sondern ausschließlich Verbissenheit. Das beweisen Formulierungen wie "üble Nachrede" und "bewusste Verfälschung", die dich als Racheengel erscheinen lassen und nicht als ein an der Sache interessierter Diskussionspartner. Dass man rhetorisch mit subtilen Fragen eine stärkere Wirkung erzielen kann als mit plumpen Behauptungen, sollte dir außerdem nicht fremd sein.

Beitrag von blunder1

Schön, dann will ich auch darauf eingehen, allerdings setze ich – grundsätzlich – eine Sache voraus: Bevor man mich kritisiert, sollte man meine Beiträge genau lesen.

Ich habe keine „Anklage“ gegen Dich erhoben , sondern ein inhaltlich z.T. katastrophales Thema von Dir kritisiert und meine Kritik mit Quellen und Zitaten begründet.

Ich habe Dir keinen Hass auf Lasker unterstellt, sondern eine Frage gestellt (ein „Lasker-Hass“?) und in meinem letzten Beitrag auf die Wichtigkeit der Interpunktion ausdrücklich hingewiesen. Meine Fragen finde ich keineswegs „subtil“, sondern sehr klar und einfach.

Diese Frage (ein „Lasker-Hass“?) habe allerdings nicht einfach so gestellt, denn mir war schon in dem Thema Geheimnisse um die Schach-WM 1910 ([Hier befand sich ein Link auf die Seite "viewtopic6eba.html". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "viewtopic.php?f=11&t=760" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]) eine sehr negative und sachlich unbegründete Einstellung von Dir Lasker gegenüber aufgefallen. Ein Zitat von Dir aus diesem Thema (die Hervorhebung ist von mir):
„Der Fall ist aufgedeckt*. Wie Garri Kasparov in Meine großen Vorkämpfer enthüllt, war der offenbar aus gutem Grunde verheimlichte Passus der WM von 1910 der, daß der Herausforderer um zwei Punkte gewinnen mußte, um Weltmeister zu werden. Das erklärt natürlich, warum Schlechter in der letzten Partie das sichere Remis verschmäht hat und weiter, entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten, wild drauflosstürmt. Emanuel Lasker hat das WM-Privileg weidlich ausgenutzt, seine Forderungen waren berüchtigt. Diese ungute Linien setzten dann Jose Raul Capablanca und Alexander Aljechin fort, bis die FIDE dem endlich einen Riegel vorschob und nach dem Zweiten Weltkrieg unter einheitlich verbindlichen Bedingungen die Weltmeisterschaftskämpfe organisierte.

* Wichtiger Nachtrag: Dr. Robert Hübner behauptet und belegt das Gegenteil, [URL="http://www.schachburg.de/threads/1001-War-Akiba-Rubinstein-jemals-der-beste-Spieler-seiner-Zeit?p=17258#post17258"]hier[/URL] mehr!“


Wohlgemerkt: Der „wichtige Nachtrag“ ehrt Dich zwar, erfolgte allerdings erst, nachdem ich in in dem Rubinstein-Thema 6 Jahre später einiges richtiggestellt hatte (dann auch in dem WM-1910-Thema).

Kommen wir jetzt zum Eingemachten, dem in meinen Augen kritischsten Auszug, wobei ich mir andere Hervorhebungen erlaube:
„Dem widersprach zwar auf dem ersten Blick die Ankündigung Laskers mitten in den Verhandlungen mit Capablanca über die WM-Modalitäten, auf den WM-Titel kampflos zugunsten des Kubaners zu verzichten. Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen. Harold C. Schonberg verglich Laskers Verzicht auf den Titel mit einer platzenden Bombe (Schonberg, S. 130), und Lasker erreichte auch, daß der sichtlich erschreckte Capablanca sich insgesamt dreimal nach Den Haag begab, um die schwierigen Verhandlungen mit Lasker weiterzuführen und den WM-Kampf zu retten (vgl. André Schulz, Das große Buch der Schachweltmeisterschaften, New in Chess 2015, S. 72). So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben, von der er sich, unabhängig vom Ergebnis, mit 11.000 Dollar den Löwenanteil sichern konnte (Schulz, f.)“ (die Hervorhebung ist von mir).

1. „mitten in den Verhandlungen“ ist einfach falsch. Der erste Vertrag wurde am 23.1.1920 unterschrieben, Lasker ist erst am 27.6.1920 zurückgetreten.
2. „Doch scheint dies in erster Linie ein taktischer Zug gewesen zu sein, um die erschreckten Förderer des so heißersehnten WM-Kampfes zu weiteren, vor allem finanziellen Anstrengungen zu bewegen.“ Darauf bist Du immer noch nicht eingegangen und dafür gibt es – zumindest in den Quellen, die mir zur Verfügung stehen – auch nicht den geringsten Anhaltspunkt. Damit unterstellst Du Lasker einen durchdachten Plan, um den Preisfonds in die Höhe zu treiben. Dazu habe ich in meinem ersten Beitrag zu dem Thema das gepostet: „Wenn man so etwas nicht beweisen kann, könnte es als „üble Nachrede“ bezeichnet werden.“
3. „der sichtlich erschreckte Capablanca“. Auch davon habe ich in meinen Quellen keine Spur gefunden.
4. „So gelang es Lasker am Ende, die Börse für den WM-Kampf auf den bisherigen Rekord von 20.000 Dollar hochzutreiben, von der er sich, unabhängig vom Ergebnis, mit 11.000 Dollar den Löwenanteil sichern konnte (Schulz, f.)“ Hier berufst Du dich erneut auf Schulz, ohne ihn zu zitieren. Das richtige Zitat gibst Du in späteren Beiträgen an ("Für das Match wurde die für damalige Verhältnisse sensationell hohe Summe von 20.000 Dollar in Aussicht gestellt, von denen Laster unabhängig vom Ausgang des Wettkampfes 11.000 Dollar erhalten sollte."). Das klingt aber ganz anders, der Ton macht bekanntlich die Musik.

Dein ganzer Auszug aus dem Thema muss bei einem Leser den Eindruck erwecken, dass Lasker von Anfang an einen durchdachten Plan verfolgt hätte, um den Preisfonds mit allen Mitteln in die Höhe zu treiben.

Wirklich bedenklich in meinen Augen ist, dass Du dich in dem Original 2 Mal auf Schulz beziehst, ohne ihn zu zitieren (deiner Version also mehr Gewicht verleihst), seine Darstellung der Vorgeschichte des Wettkampfs aber ganz anders klingt.
Deswegen habe ich eine Frage gestellt, die keineswegs „subtil“, sondern sehr einfach ist:
„Eine einfache Frage: Handelt es sich dabei um eine bewusste Verfälschung von Seiten Kiffings? Oder „nur“ um äußerst ungenaues und irreführendes „Sich-auf-Schulz'-Buch-Beziehen“?“

Abschließend will ich auf deine Eigentore eingehen:
Ich „glänze“ also nicht nur mit „Torheit“ und „heißer Luft“, sondern mit „Verbissenheit“ (ich soll sogar ein „Racheengel“ sein) und „falscher Bescheidenheit“. Gütiger Himmel, gibt es irgendeine schlechte Eigenschaft, die ich nicht habe (damit keine Missverständnisse entstehen, der letzte Satz ist ironisch gemeint).
Zum Thema „falsche Bescheidenheit“. Schachhistoriker sind für mich Leute vom Kaliber eines Edward Winter oder John Donaldson, auch Robert Hübner ist für seine akribische, wissenschaftliche Quellenkritik bekannt. In dieser Liga habe ich natürlich nie gespielt und deswegen sehe ich mich – zu Recht - als Schachgeschichtsliebhaber.

Möge sich jeder User sein eigenes Bild machen...

Beitrag von blunder1

Weswegen ist Lasker am 27.6.1920, also fast ein halbes Jahr nach Vertragsabschluss, auf einmal unerwartet zurückgetreten? Man kann nur spekulieren, für irgendwelches Taktieren oder gar einen durchdachten Plan, um den Preisfonds in die Höhe zu treiben, gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt.
Leider hat Lasker sich in der Öffentlichkeit immer sehr bedeckt gehalten und nur wenig von sich preisgegeben; die beste Quelle sind seine zahlreichen Briefe an Martha.

Fest steht, dass Lasker mit dem Weltmeistertitel nichts mehr am Hut hatte. (s.o.) Jacques Hannak, der Emanuel und Martha Lasker persönlich kennengelernt hatte, schreibt in Emanuel Lasker Biographie eines Schachweltmeisters: „Er wollte in jenem Augenblick zweifellos alle Verpflichtung, alle Verantwortung und alles Ärgernis, das der Besitz des Weltmeistertitels mit sich brachte, los werden...“. (S. 185)

André Schulz gibt in dem bereits erwähnten Buch den offiziellen Grund für den Rücktritt an:
Laskers Erklärung war die Reaktion auf einen kritischen Brief, wobei Lasker allerdings übersah, dass dieser Brief ihn erst mit einem ganzen Jahr Verspätung erreicht hatte und überhaupt keinen aktuellen Bezug mehr hatte.“ (S. 72)

Meiner Ansicht nach könnte mehr dahinterstecken.

Klausel 15 des Vertrags vom 23.1.1920 besagt: „In view of Clause 14, Dr. Lasker has the right to engage anyone else before 1921 in a match for the world's championship. Should he lose this contract is void. Should he resign the title it reverts to Señor Capablanca.“ (Winter Capablanca S. 109, die Hervorhebung ist von mir)
Wenn der von mir hervorgehobene Satz in den Vertrag aufgenommen worden ist, müssen Lasker und Capablanca bei ihren Verhandlungen diese Möglichkeit erörtert haben.

In Emanuel Lasker Volume I Struggle and Victories wird in dem ersten Kapitel, A Biographical Compass: Part I, auf eine Psychobiographie Laskers eingegangen, welche George Gordon Gallagher im Mai 1956 im Rahmen seiner Doktorarbeit vorgelegt hat. (S. 5-6)
Already in his introduction, George Gallagher pointed out Lasker's „extreme delay in making major life-decisions about a career“ and „his periodic advance into and retreat from the aggressive world of competitive chess.“ (p. XV) The psychology degree candidate elucidated these activity changes at length: „Lasker's behavior pattern showed considerable fluctuation in activity. He showed bursts of activity followed by periods of passivity, as an adult life style... If his life is examined closely, it will be seen that every seven to nine years there is a year of particular inactivity not always directly traceable to external events.“ (p. 112) Gallagher identifies 1888, 1897/98, 1905, 1913, 1921/22, 1930 and 1938 as such years. In point of fact, Lasker demonstrated hardly any perceptible activity during these years.
Indeed, we repeatedly encounter moments of inertia that are startling for such a strong personality. In such periods Emanuel Lasker let himself drift, or preferred to search for supporters, rather than energetically applying or asserting himself. In case one of his numerous ideas threatened to founder, he preferred to abandon the venture rather than pursuing it tenaciously....
“ (S. 5-6)

Natürlich bin ich kein Psychiater/Psychologe, doch bin ich mittlerweile genug mit Laskers Vita vertraut, um ebenfalls einen derartigen Eindruck gewonnen zu haben.
Gerade zu der Zeit der Verhandlungen und dem Wettkampf mit Capablanca war Lasker wieder dabei, eine dieser Phasen der Inaktivität zu erreichen. Er wollte den Wettkampf nicht bestreiten, doch als Capablanca im Sommer 1920 im Rahmen der neuen Verhandlungen sehr interessante finanzielle Bedingungen anbieten konnte, hat Lasker wegen des Geldes zugestimmt.

Beitrag von blunder1

Hier will ich etwas näher auf die sportlichen Aspekte des Wettkampfs eingehen, über den Lasker ein Buch geschrieben hat.

Die Partien habe ich mir genauer angeschaut. Alles in allem ist das Niveau recht gut, doch hat Lasker mehrfach grobe, ungewohnte Schnitzer gemacht, welche Partien verdarben.

In der 5. Partie hat Lasker in der Eröffnung einen Bauern geben müssen, doch dann ist es ihm gelungen, mit aktivem Spiel und einem Qualitätsopfer eine unklare Stellung herbeizuführen, bevor er diese mit 45...Kf8?? einzügig eingestellt hat; damit ist Capablanca in Führung gegangen.

[Event "World Championship 12th"] [Site "Havana"] [Round "5"] [Date "1921.??.??"] [White "Capablanca, Jose"] [Black "Lasker, Emanuel"] [WhiteElo "2730"] [BlackElo "2720"] [Result "1-0"] 1.d4 d5 2.Nf3 Nf6 3.c4 e6 4.Bg5 Nbd7 5.e3 Be7 6.Nc3 O-O 7.Rc1 b6 8.cxd5 exd5 9.Qa4 c5 10.Qc6 Rb8 11.Nxd5 Bb7 12.Nxe7+ Qxe7 13.Qa4 Rbc8 14.Qa3 Qe6 15.Bxf6 Qxf6 16.Ba6 Bxf3 17.Bxc8 Rxc8 18.gxf3 Qxf3 19.Rg1 Re8 20.Qd3 g6 21.Kf1 Re4 22.Qd1 Qh3+ 23.Rg2 Nf6 24.Kg1 cxd4 25.Rc4 dxe3 26.Rxe4 Nxe4 27.Qd8+ Kg7 28.Qd4+ Nf6 29.fxe3 Qe6 30.Rf2 g5 31.h4 gxh4 32.Qxh4 Ng4 33.Qg5+ Kf8 34.Rf5 h5 35.Qd8+ Kg7 36.Qg5+ Kf8 37.Qd8+ Kg7 38.Qg5+ Kf8 39.b3 Qd6 40.Qf4 Qd1+ 41.Qf1 Qd2 42.Rxh5 Nxe3 43.Qf3 Qd4 44.Qa8+ Ke7 45.Qb7+ Kf8 { ?? 45...Kf6 hätte zu einer unklaren Stellung geführt. } 46.Qb8+ { Gewinnt eine Figur. } 1-0

Eine Vorentscheidung ist in der 10. Partie gefallen, mit der Capablanca mit zwei Punkten in Führung ging. Was dieser in seinen Analysen, welche Kiffing im eigentlichen Thema angibt, verschweigt, ist die Tatsache, dass Weiß im 17. Zug mit 17.Lxf6! etc. zumindest klaren Vorteil hätte erzielen können; Breyer hat dies angegeben und Lasker erwähnt die Möglichkeit in seinem Wettkampfbuch. Nach dem fehlerhaften 24.Txd5? gerät Weiß in ein schlechteres Endspiel, das Capablanca dann meisterhaft verwertet.

[Event "World Championship 12th"] [Site "Havana"] [Round "10"] [Date "1921.??.??"] [White "Lasker, Emanuel"] [Black "Capablanca, Jose"] [WhiteElo "2720"] [BlackElo "2730"] [Result "0-1"] 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Nc3 Nf6 4.Bg5 Be7 5.e3 O-O 6.Nf3 Nbd7 7.Qc2 c5 8.Rd1 Qa5 9.Bd3 h6 10.Bh4 cxd4 11.exd4 dxc4 12.Bxc4 Nb6 13.Bb3 Bd7 14.O-O Rac8 15.Ne5 Bb5 16.Rfe1 Nbd5 17.Bxd5 { ? 17.Bxf6! Bxf6 (17...Nxf6? 18.Ng6! Re8 oder 18...fxg6 19.Rxe6!) 18.Bxd5 exd5 19.Qf5 +/- } Nxd5 18.Bxe7 Nxe7 19.Qb3 Bc6 20.Nxc6 bxc6 21.Re5 Qb6 22.Qc2 Rfd8 23.Ne2 Rd5 24.Rxd5 { ? } cxd5 25.Qd2 Nf5 26.b3 h5 27.h3 h4 28.Qd3 Rc6 29.Kf1 g6 30.Qb1 Qb4 31.Kg1 a5 32.Qb2 a4 33.Qd2 Qxd2 34.Rxd2 axb3 35.axb3 Rb6 36.Rd3 Ra6 37.g4 hxg3 38.fxg3 Ra2 39.Nc3 Rc2 40.Nd1 Ne7 41.Nc3 Rc1+ 42.Kf2 Nc6 43.Nd1 Rb1 44.Ke2 Rxb3 45.Ke3 Rb4 46.Nc3 Ne7 47.Ne2 Nf5+ 48.Kf2 g5 49.g4 Nd6 50.Ng1 Ne4+ 51.Kf1 Rb1+ 52.Kg2 Rb2+ 53.Kf1 Rf2+ 54.Ke1 Ra2 55.Kf1 Kg7 56.Re3 Kg6 57.Rd3 f6 58.Re3 Kf7 59.Rd3 Ke7 60.Re3 Kd6 61.Rd3 Rf2+ 62.Ke1 Rg2 63.Kf1 Ra2 64.Re3 e5 65.Rd3 exd4 66.Rxd4 Kc5 67.Rd1 d4 68.Rc1+ Kd5 0-1

Bei einem „normalen“ Spielverlauf, d.h. gemäß den Stellungen auf dem Brett, hätte Lasker nach zehn Partien 5,5:4,5 in Führung liegen können.

Die 14. und letzte Partie wird ebenfalls durch einen echten Bock Laskers entwertet, der im 29. Zug einfach eine Qualität einstellt.

[Event "World Championship 12th"] [Site "Havana"] [Round "14"] [Date "1921.??.??"] [White "Lasker, Emanuel"] [Black "Capablanca, Jose"] [WhiteElo "2720"] [BlackElo "2730"] [Result "0-1"] 1.e4 e5 2.Nf3 Nc6 3.Bb5 Nf6 4.O-O d6 5.d4 Bd7 6.Nc3 Be7 7.Bxc6 Bxc6 8.Qd3 exd4 9.Nxd4 Bd7 10.Bg5 O-O 11.Rae1 h6 12.Bh4 Nh7 13.Bxe7 Qxe7 14.Nd5 Qd8 15.c4 Re8 16.f4 c6 17.Nc3 Qb6 18.b3 Rad8 19.Kh1 { ? 19.h3 gefolgt von g4 und Weiß hat die Initiative. } Nf6 20.h3 Bc8 21.Rd1 Re7 22.Rfe1 Rde8 23.Re2 Qa5 24.Rf1 Qh5 25.Kg1 a6 26.Rff2 Qg6 27.Rf3 Qh5 28.f5 Qh4 29.Kh2 { ?? Unglaublich, Weiß stellt einfach eine Qualität ein. } Ng4+ 30.Kh1 Ne5 31.Qd2 Nxf3 32.Nxf3 Qf6 33.a4 g6 34.fxg6 fxg6 35.Re3 Bf5 36.Qd3 g5 37.Nd2 Bg6 38.b4 Qe6 39.b5 axb5 40.axb5 Ra8 41.Qb1 Qe5 42.Qe1 Kh7 43.bxc6 bxc6 44.Qg3 Qxg3 45.Rxg3 Ra3 46.Kh2 Rb7 47.c5 dxc5 48.Nc4 Ra1 49.Ne5 Rc1 50.h4 Re7 51.Nxc6 Re6 52.Nd8 gxh4 53.Rd3 Rf6 54.Rd7+ Kh8 55.Nd5 Rff1 56.Kh3 Bxe4 0-1

Nichtsdestotrotz hat Capablanca das Match verdient gewonnen: Er hat sehr sicher gespielt, kaum Fehler gemacht und vor allem – im Gegensatz zu dem WM-Wettkampf 1927 – seine Chancen gut verwertet.