Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Systematisches Schachtraining der Schachschule Pirs“

schachburg.de

Beitrag von Kiffing

Der slowenische Fernschach-GM und FM Matjaz Pirs unterhält eine nach ihm benannte Schachschule, deren Konzept er auf seiner Internetpräsenz vorstellt: [url]http://www.schachschule-pirs.com/training-und-lernen/[/url]Ein Schwerpunkt seines Konzeptes ist die Stellungsbeurteilung, womit natürlich die eigene Zugfindung eingeflochten ist. Es ist ein Thema, zu dem Jussupov und Dworetzki in ihren Lehrbüchern schon sehr viel gutes dazu gesagt haben, was auch wichtig ist, weil das rein schematische Zugfindungskonzept von Kotov wegen dessen Inflexibilität längst überholt ist. Für Matjaz Pirs beginnt dieses Thema mit sechs Elementen, er führt aus:[QUOTE]1. Ist das Kräfteverhältnis gleich ? Falls nicht - welche Kompensation liegt für das Fehlende Material vor ?2. Wie ist die Bauernstellung? Weist die Stellung schweche Punkte auf ?3. Sind die Figuren aktiv postiert?4. Ist die Position der Könige sicher?5. Wer hat räumlichen Vorteil ?6. Wie stehts mit den Tempi?( Das bezieht sich besonders aufs Eröffnungsstadium und auf scharfe Angrieffe.)[/QUOTE]Doch ist die Zugfindungsphase damit noch lange nicht abgeschlossen, lest selbst, was für Matjaz Pirs noch dazu gehört. Übrigens hat der Mann einen ganz feinen Humor, wie ihr beim Lesen seiner Ausarbeitung sowie in weiteren Artikeln seiner Seite noch feststellen werdet. :)Dank auch an lonny, der mich auf diese interessante Trainingsseite aufmerksam gemacht hat. :top:

Beitrag von Mattmonster

:top: interesant wie ich denke:top:mit Vielen netten infos

Beitrag von hako

Das mit den Schachbüchern kann man nicht pauschalieren. Die Anschaffung von Taktikbüchern mit hunderten von Taktikaufgaben ist meiner Meinung nach eine der besten Investitionen, die man machen kann. Selbst wenn man nur 3mal im Jahr reinschaut ;) Bei anderen Büchern ist es in der Tat schwierig. Es ist letzenendes einen Frage des Types, des Geschmacks und der Zeit, ob man das Geld in einer Büchersammlung oder in ein paar Schachseminare inverstiert. Bücher haben den ungemeinen Vorteil, dass man große Mengen von Wissen und Ideen in der Hand hält und immer wieder nachlesen kann. Leider gehen die Dinge aber nicht auf die individuellen Bedürfnisse und Schwächen ein. Antworten tuen sie in der Regel auch nicht, wenn man mal ne Frage hat. Das sind dann die Stärken von Schachseminaren und Schachtrainern. Aber für die muss man halt auch (regelmäßig) Zeit mitbringen.Zur Seite: Sehr interessant. Werde ich mir mal in Ruhe ansehen ^^ :grin:

Beitrag von Schach-Pirs

Hallo,nur eine Info über Schachschule-PirsMatjazDenkprozesse in einer Schachpartie Fragen, wenn der Gegner einen Zug gezogen hat1. Was droht? Was passiert wenn der Gegner noch einen Zug hat?2. Was ist vom Gegner ungedeckt bzw. einmal weniger gedeckt als angegriffen?3. Ist eine Regel vorhanden? (Londoner-System, Svechnikov oder Holländisch; egal welche Farbe von Figuren)Fragen zur Ausarbeitung eines PlansBeim Plan wird erst nicht gerechnet, sondern man sucht nach Zugkandidaten!!1.MaterialÜberprüfen, ob ich mehr oder weniger Material habe?1.1 Taktische StellungWenn das Material ungleich ist und es droht Materialungleichheit zu bekommen, dann handelt es sich um eine taktische Stellung 1.1.1 Figurentausch (Als Plan in einer taktischen Stellung)Habe ich mehr Material, dann tausche ich Figuren ab1.1.2 Bauerntausch (Als Plan in einer taktischen Stellung)Habe ich weniger Material, behalte ich meine Figuren und tausche die Bauern um Figur für letzten Bauern zu opfern, da man mit einer Figur kein Matt setzen kann2. Bauern und BauernstrukturenBauernstruktur auf gute und schlechte Bauern bei mir und Gegner überprüfenZ.B.: Doppelbauer, rückständiger Bauer, Isolani, Freibauer3. Figurenstruktur* Aktivität der FigurenFigurenstruktur auf gute und schlechte Figuren bei mir und Gegner überprüfen3.1 Wenn eigene Bauern die Figur bei der Bewegung blockieren, ist die Figur schlecht3.2 Schlechte Figuren werden abgetauscht4. Die Sicherheit des Königs/ Aktivität von FigurenÜberprüfen von Fluchtfeldern bei eigenem und gegnerischem König4.1 Wenn der eigene König 0-1 Felder hat, überprüfen, ob der Gegner einen Königsangriff ausüben kann4.2 Wenn der Gegner 0-1 Felder hat, muss ich überprüfen, ob ich für den Königsangriff 2 Figuren mehr zur Verfügung habe als der Gegner zur Verteidigung. Wenn ja, überprüfe ich die taktischen Fragen.5. Raum * Der Kampf ums ZentrumRaum wird in Verbindung mit Frage 3 (Figurenstruktur) überprüftHabe ich mehr Raum, sind meine Figuren beweglicher, deswegen werden dann die Figuren nicht getauscht.Habe ich weniger Raum, Figuren tauschen.6. TempozügeTempozüge und taktische Fragen sehen ähnlich aus, nur dass wir die Tempofragen stellen um Zugkandidaten zu finden, die den Gegner unter Druck setzen können und uns zu einem Plan verhelfen.Wenn das Material ungleich ist (Frage 1 bei Ausarbeitung von Plan) oder ein Königsangriff vorhanden ist (Frage 4 bei Ausarbeitung von Plan) handelt es sich um eine taktische StellungTaktische Fragen:1. Alle Schach überprüfen, anfangen mit billigster Figur.2. Alles schlagen überprüfen, anfangen mit eigener billigster Figur und gegnerischer teuersten Figur.3.Angriff auf mehrwertige oder ungedeckte Figuren überprüfen, anfangen mit billigster Figur und gegnerischer teuersten Figur.4. Mattangriff überprüfen (Mattangriff in taktischem Sinne ist dann der Fall, wenn man einen Zug macht und mit dem nächsten Zug Matt setzen könnte oder alle folgende Züge bis zum Matt mit Schach geschehen)5.Gibt es keine taktische Lösung in einer taktischer Stellung, suche ich nach einer strategischen Lösung  langfristige Wirkung:5a. Verbesserung von Bauern (z.B. einen isolierten Bauern abtauschen)5b. Verbesserung von Figur (Bauern, die schlechte Figur bei Bewegung blockieren, vorstoßen um Bewegungsmöglichkeiten für schlechte Figur zu verbessern)5c. Verbesserung von König (Wenn die Damen getauscht sind ist es wichtig, den König ins Zentrum zu bringen um im Mittelspiel als Deckungsfigur Bauern und Figuren decken und um im Endspiel aktiver zu sein als der gegnerische König)Wir haben einen Zugkandidaten ausgewählt. Bevor wir ziehen müssen wir Folgendes überprüfen:1.Welchen Zug kann ich vom Gegner als Antwort auf meinen erwarten. Dabei sollte ich folgende 2 Fragen beachten:1. Kann mir der Gegner Schach geben und so vielleicht einen Doppelangriff auf ungedeckte Figur machen2. Was von mir ist nach der Ausführung von meinem Zug ungedeckt? Was kann der Gegner mir umsonst schlagen2.Wenn bei der Überprüfung der oberen Fragen keine negative Antwort kommt, kann man guten Gewissens den Zug ziehen.3.Nach gezogenem Zug muss ich mit selber Hand die Uhr drücken4.Nach Drücken der Uhr muss ich den Zug im Formular aufschreiben.Von erster Frage ,,Was droht? bis zur Ausführung meines Zuges auf dem Brett muss ich mit vollen Gedanken bei der Sache sein!

Beitrag von Kiffing

@Benutzername: Du hast sehr interessante Gedanken ausführlich erörtert. Ich erlaube mir einmal, den Gehalt Deiner Anregungen sehr verkürzt wiederzugeben, damit der Leser rasch auffassen kann, auf welchen Gedankengang von Dir ich mich konkret beziehe.[QUOTE=Benutzername]Außerdem kann das komplette "Zurücktreten" vom Brett, sich ganz von der Partie für eine Weile zu lösen, Wunder bewirken.[/QUOTE]Du wirst lachen, aber tatsächlich gibt es mittlerweile im Schach einen modernen Ansatz, der genau dieselbe Denkweise, die Du als ideal vorstellst, im Schach anstrebt. Entwickelt wurde diese von Jonathan Rowson, also von dem mit den „Todsünden im Schach“, der diesen Idealzustand als „[Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/1801-Neuer-Antagonismus-in-der-Schachwelt-der-Schachspieler-als-Gleiter-mit-dem-Strom". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "Gleiten mit dem Strom" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]“ versinnbildlicht. Das Revolutionäre dieser neuen Richtung ist, wie von Jörg Seidel in MetaChess herausgearbeitet, daß man dann selbst wie in den klassischen Sportarten oder auch heute noch für gewöhnlich im Schach nicht mehr selbst Quelle des Handelnden ist, sondern sich von einem fernen Bezugspunkt, etwa wie ein wellenreitender Surfer, antreiben läßt, oder, wie Seidel es formuliert (ebd.):[QUOTE=Jörg Seidel]Das ist ein ungeheuerlicher Gedanke innerhalb des Diskurses über ein Denkspiel [...]. Denken heißt bei Rowson "gegen den Strom denken", heißt "Anstrengung, Widerstand, mit einem Angelpunkt, einem Hebel", heißt vor allem - was Silman nur andeutete - Wille. Der Wille als Ausgangspunkt ist fast immer falsch, man muss vielmehr seinen Willen, sein Denken lassen und sich dem "Willen der Situation" anschließen, sich mit diesem vereinen und ihn zu dem seinen machen, aber eben immer nur so lange, wie die Situation die gleiche ist. [/QUOTE]Weniger konsequent, aber schon deutlich in diese Richtung gehend ist allerdings bereits der in der Schachwelt längst bekannte Tip, sich gerade bei komplizierten Berechnungen vor der Zugausführung noch einmal zurückzulehnen, erst einmal abzuschalten und sich dann noch einmal kurz frisch auf die Stellung einzulassen. Tatsächlich können einem als Schachspieler dann durchaus einige Dinge noch auffallen, die man im rechenintensiven „Tunnelblick“ nicht auf dem Radar gehabt hat. In dem von Dir in diesem Thread leider gelöschten Beitrag schriebst Du:[QUOTE=Benutzername]Dann sollte man vielleicht herausfinden was man für ein Denk-typ ist. Es gibt Leute, die niemals in der Lage gewesen wären, die Differenzialrechnung in ihren Basics zu entwickeln, die asber in der Lage sind, die Lösung, die Methoden etc. zu verstehen und anzuwenden - sehr fix. Das sind auch diejenigen die bei IQ Tests häufig gut Ergebnisse haben - aber eben weniger in der Lage sind kreativ etwas zu entwickeln. Laut Studien scheinen die meisten Schachspieler eher zum ersten Typ zu gehören - schnell Zusammenhänge verstehen und anwenden. Da sind Leute bei die in einem IQ Test mit 150 abschneiden aber nicht in der Lage sind freischaffend vier mal hintereinande ein Quadrat mit einem beliebigen Muster zu füllen. [/QUOTE]Hast Du dabei an Garri Kasparov gedacht, bei dem genau diese Schwäche in einem Intelligenztest, vom Spiegel 1987 mit Kasparov organisiert, eklatant auffiel? Der Spiegel damals [URL="http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13526693.html"]wörtlich[/URL]: [QUOTE]Kasparow versagte völlig bei einer Aufgabe, die jeder quicke Grundschüler recht oder schlecht gelöst hätte:Als er ein Blatt mit 24 Ellipsen erhielt und gebeten wurde, binnen drei Minuten so viele mit Mustern zu füllen wie möglich, verging die halbe Zeit, ohne daß irgend etwas geschah. Regungs- und hilflos starrte Kasparow auf das leere Blatt. Dann raffte er sich auf und zeichnete immerhin drei Muster. Bei zwei ähnlichen Aufgaben gab es fast die gleichen Ausfälle.Zwei Dutzend Hamburger Schülern und Studenten (Schachspielern des HSV) wurde bei einem Vergleichstest die Ellipsen-Aufgabe auch gestellt, und keinem einzigen fiel so wenig ein wie dem berühmten jungen Mann aus Baku. Einige ihrer Ideen: die Ellipse als Gesicht, Osterei, Pflaume, Bombe, Busen, Uhr, Zellenfenster, Friedhof, Sportstadion Auge, Baseball und Kanaldeckel.[/QUOTE]Kasparovs Gesamtergebnis war übrigens mit, je nach Auswertungsschlüssel zwischen 123 und 135 schwankend (ebd.), sehr gut, aber nicht so überragend, wie es sich viele vielleicht vorgestellt hätten.[QUOTE=Benutzername]Mein eigentiches Problem allerdings besteht darin, dass wenn ich mich voll und ganz Stunden in eine Partie reinhänge, ich nach 1,5 Stunden nichts anderes mehr wahrnehme und mich voll und ganz darin verliere - so konnte ich schon starke Spieler schlagen, bin aber danach zwei Tage lang für nichts mehr zu gebrauchen und Träume noch ne Woche später von Varianten in der Partie. Ganz üble Sache. Kennt das einer hier? [/QUOTE]Ich kann mich da an drei Situationen erinnern. Sportpsychologen sprechen hier vom [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/806-Hattet-ihr-schon-einmal-einen-Flow". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "Flow" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]. Im Prinzip ist das auch eine Art Idealzustand, weil man hier sportlich seine besten Leistungen erzielen kann. Damit verwandt ist ja die Redewendung, er/sie spielte wie im Rausch. Nach der Partie war ich allerdings recht schnell wieder „nüchtern“.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=anonym]Vielleicht sollte man auch mal das DWZ System bei Kindern überdenken.[/QUOTE]Die eigene DWZ-Zahl kann aber auch motivierend und damit leistungsfördernd wirken. Und vor allem ist die aktuelle DWZ-Zahl ja kein unwiderruflich fest stehendes Urteil, sondern jeder Schachspieler, gleich welchen Alters, hat die Chance, sich DWZ-mäßig weiterzuentwickeln. Als ich in die 3. Klasse kam, habe ich mich gefreut, daß es endlich Noten gab. Was die Intelligenz angeht, gibt es übrigens nicht nur Spezialbegabte, sondern auch Universalbegabte. Das sind dann diejenigen, die ein Abitur mit besser gleich 1,0 abschließen und es damit in die Zeitung schaffen.