Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Spasskys großer Triumph“

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Beitrag von Kiffing

Als Boris Spassky 1969 in Moskau den Schach-Thron durch seinen Sieg gegen Tigran Petrosjan erklomm, galt die 19. Partie als seine schönste Partie. Spasski war ein Universalspieler, der auf jedem Gebiet gut war. Doch wenn es in seinem Spiel etwas gab, was vielleicht doch für ihn charakteristisch gewesen ist, dann ist es das Streben nach und das Festhalten der Initiative. Was dies konkret bedeutete, sehen wir in dieser Partie. Petrosjans 6. ...Sbd7?! paßt sicherlich zu Petrosjans schwermütigem Stil, doch half dieser Zug nur Spassky die Initiative aufzubauen. Vor allem dürfte Petrosjans 12. Zug problematisch gewesen sein, dient doch nun das vorher gespielte ...h6 bei kleiner Rochade als vortreffliche Angriffsmarke. Mit der Verwertung des Drucks zeigte Spassky Glanz und insgesamt eine mustergültige Partie im klassischen Stile. [Event "Blitz:40"][Site "MyTown"][Date "1969.01.20"][Round "19"][White "Boris Spassky"][Black "Tigran Petrosian"][Result "1-0"][ECO "B94"][PlyCount "47"][TimeControl "2400"]1. e4 c5 2. Nf3 d6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 a6 6. Bg5 Nbd7 7. Bc4 Qa5 8.Qd2 h6 9. Bxf6 Nxf6 10. O-O-O e6 11. Rhe1 Be7 12. f4 O-O 13. Bb3 Re8 14. Kb1Bf8 15. g4 Nxg4 16. Qg2 Nf6 17. Rg1 Bd7 18. f5 Kh8 19. Rdf1 Qd8 20. fxe6 fxe621. e5 dxe5 22. Ne4 Nh5 23. Qg6 exd4 24. Ng5 1-0

Beitrag von whiteshark

Bekannt als "Hurrikan-Partie"

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;16715]...Petrosjans 6. ...Sbd7?! paßt sicherlich zu Petrosjans schwermütigem Stil, doch half dieser Zug nur Spassky die Initiative aufzubauen. ...[/QUOTE]So ändern sich die Zeiten.Insbesondere wegen dieser Partie war 6. ... Sbd7 im Najdorf mit Lg5 mit einem schlechten Ruf versehen und erwacht heutzutage wieder zur Blüte.Die Variante paßte 1969 schon nicht mehr zu Petrosjans Stil, weil doch zu offen und nicht schwerblütig, war allerdings dem Wettkampfstand geschuldet (-1), der ein höheres Schwarzrisiko erforderte - oder auch nicht...Suetin schreibt zu 8. ... h6: ?! - Diese Variante wurde bei Vorbereitungstreffen diskutiert und von uns Trainern verworfen. Petrosjan hielt aber an ihr fest und beschloß, sich in einer schwierigen Lage auf seine Intuition zu verlassen. Er setzte sich damit jedoch in die Nesseln.Petrosjan gewann übrigens die folgende 20. Partie, um dann die 21. wieder zu verlieren.

Beitrag von Kiffing

Danke für Deine kritischen Anmerkungen. Möglicherweise war 12. ...0-0 auch eine Provokation.

Beitrag von Kiffing

Diese Partie aus der fünften Runde der Schach-WM 1969 ist auch eine gute "Hurrikan-Partie" Spasskis gegen denselben Gegner. Hier werden die Vorzüge Spasskis gut sichtbar, virtuoses Positionsspiel auf aggressiver, taktisch sicheren, aber niemals ausschweifender Grundlage. Diese Partie war schachtheoretisch eine Fundgrube, fand Weiß doch mit 14. Tfe1 und 15. d5 neue Ideen gegen diese für Schwarz damals als gut spielbar geltende Tarrasch-Variante. Eine lehrreiche Anmerkung zur "Expansionslust" eines starken Bauernzentrums von Schachtrainer Suetin:[QUOTE]Einen Fehler begehen jene Schachspieler, die unnatürlich darauf bedacht sind, sich ein ideales Bauernpaar als bleibende Kostbarkeit zu bewahren. Eine Schachpartie entwickelt sich rasch und unerbittlich! Elastische Stellungsfaktoren neigen von Natur aus zu Veränderungen und wollen daher ganz bewußt transformiert werden[/QUOTE]Alexei Suetin, Schachstrategie für Fortgeschrittene, Aufbau-Verlag Berlin 1982, S. 237[Event "Moscow"][Site "m"][Date "1969.04.23"][EventDate "?"][Round "5"][Result "1-0"][White "Boris Spassky"][Black "Petrosian"][ECO "D41"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "59"]1. c4 Nf6 2. Nc3 e6 3. Nf3 d5 4. d4 c5 5. cxd5 Nxd5 6. e4 Nxc37. bxc3 cxd4 8. cxd4 Bb4+ 9. Bd2 Bxd2+ 10. Qxd2 O-O 11. Bc4Nc6 12. O-O b6 13. Rad1 Bb7 14. Rfe1 Rc8 15. d5 exd5 16. Bxd5Na5 17. Qf4 Qc7 18. Qf5 Bxd5 19. exd5 Qc2 20. Qf4 Qxa2 21. d6Rcd8 22. d7 Qc4 23. Qf5 h6 24. Rc1 Qa6 25. Rc7 b5 26. Nd4 Qb627. Rc8 Nb7 28. Nc6 Nd6 29. Nxd8 Nxf5 30. Nc6 1-0Der Abschluß ist schön und stilsicher.