Sofern ihr selbst noch keine Kinder habt, stellen wir uns einmal die hypothetische Frage, mit welchen Büchern man seine Kinder gerne vertraut machen sollte. Jedes Elternteil hat aus den Erfahrungen seiner Jugend natürlich gewisse Vorlieben, und insofern bietet sich hier die Möglichkeit, über „geeignete Kinderbücher“ zu diskutieren.Mein Konzept sähe wie folgt aus:1. Mache einen großen Bogen um Heinrich Hoffmann! Auch wenn Hoffmanns Kinderbücher zum nationalen Kulturgut gehören und in älteren Werken oft eine große Substanz steckt, sind Kinderbücher hier eine Ausnahme. Gebt ihr euren Kindern die Werke von Heinrich Hoffmann zu lesen, erreicht ihr nur, daß eure Kinder Angst vor der Welt bekommen und diese hassen. Von Schockpädagogik und dem erhobenen Zeigefinder ist sowieso abzuraten.2. In den 60er, 70er und 80er Jahren hat sich gerade in der Kinderliteratur viel Positives getan. Man begann Kinder als reflektierende Individuen ernstzunehmen und ihnen Welten vorzustellen, die für sie realistisch sind, mit realen Problemen und realen Lösungsansätzen. Solcherart fortschrittliche Kinderbücher wie die Geschichten mit Grips regen die jungen Menschen auch zum Nachdenken an.3. Märchen sind unrealistisch, weil siehe Punkt 2. Kunstmärchen dagegen sind unendlich tiefer und subtiler und haben auch einen intuitiven Realitätsbezug. Ich empfehle Werke von E.T.A. Hoffmann, dem „guten“ Hoffmann. 4. Für den Zauber dieser Welt und das Fördern der Phantasie gibt es keinen besseren als den unumstrittenen Meister der Kinderliteratur, Michael Ende. Er hat diesen Bereich zu bisher nie gekannten Höhen entwickelt. Nicht umsonst lesen sogar manche Erwachsene noch seine Werke. Ende wurde im Nachkriegsdeutschland massiv angefeindet. Aber während sich an diese Kritiker in 100 Jahren niemand mehr erinnern wird, wird Michael Ende noch in Ewigkeiten in den Herzen der Menschen weiterleben.5. Astrid Lindgrens Bücher sind langweilig. An der Form der „heilen Welt“ können sich aber einige Mädchen erfreuen. 6. Damit das Kind ein Gespür für die Gefahren auf der Welt bekommt und dazu angeregt wird, sich sozial und politisch zu engagieren, gebe ihm: „Die letzten Kinder von Schewenborn“ zu lesen. Das Buch bewegt.7. Die neumodischen Werke wie Harry Potter (:grübel::donk:) sind Quatsch.Was ist euer Konzept?
Beitrag von Kiffing
Ich bin mit Astrid Lindgren zu hart ins Gericht gegangen, Kudos dafür. :embarrassed:Mein Anliegen ist aber ein anderes. Ich möchte zeigen, welche Magie, so wunderbar und doch so wahr, ein Michael Ende in den 80er Jahren aufwies im Vergleich etwa zu seinem Pendant der postmodernen Verblödung, Joanne K. Rowling. An seinen Helden werdet ihr den Zeitgeist erkennen, und während es bei Rowling offenbar nur um irgendwelche Zauberschulen und ähnlichem Spuk geht, ging es bei Ende um die Tiefe des Seins, phantastisch aufbereit, ja, aber nie seinem Ernst entkleidet, Beispiel hier: [url]http://mreadz.com/new/index.php?id=16789&pages=33[/url]Ende war ein Magier des Realen, und das Zitat aus der Unendlichen Geschichte, natürlich in Relation zum Kontext, ist genial zu nennen: "warum bist Du so böse?"
Beitrag von Sanpelg
Habe mit meiner Tochter "lang lebe die Königin gelesen" als ich ihr Schach beigebracht habe. Wer das nicht kennt: Es geht um ein 8-jähriges Mädchen, das Schach durch ein schönes Figurenspiel erlernt, in dem die Figuren für sie lebendig werden und sie in die Welt der weißen Dame hineingezogen wird und miterlebt wie diese das Schachspiel "erfindet". Sehr zu empfehlen, für jeden der seine Kinder an das Spiel heranführen möchte, auch für Jungen. Alles sehr spannend geschrieben, ihr Vater, über den ihre Mutter nicht sprechen will. entpuppt sich als Großmeister usw. Geschrieben wurde das Buch übrigens von der Enkelin von Max Euwe.Zu "Die Kinder von Schwewenborn": Das Buch musste ich in der Schule lesen und habe das wirklich gehasst. Vielleicht 7. Klasse oder so, viel zu harter Tobak für dieses Alter. Die moralinsauren 70er/80er triefen geradezu aus den Seiten, kann ich gar nicht empfehlen.
Beitrag von Kiffing
Von Lang lebe die Königin hatte ich zumindest den Film angesehen und empfand ihn als langweilig, kitschig und heile Welt mäßig. Diese Zuschreibungen treffen sicherlich nicht auf die letzten Kinder von Schewenborn zu, die ein wohliges Schaudern bei mir auslösten und gegenüber den Gefahren der wirklichen Welt, vor denen man Kinder m. E. nicht abschotten sollte, sensibilisieren. Unsere Ansicht gegenüber den "moralinsauren 70er und 80er Jahren" dürfte sich deutlich widersprechen, weil ich unsere heutige Zeit gegenüber besagten Jahrzehnten eher als Zeitalter des Zerfalls wahrnehme, dessen geistige Armut der gesamte Zynismus nicht überdecken kann. In besagten 70er und 80er Jahren hatten kritische linke Intellektuelle, die im Gegensatz zu diversen Linken heute übrigens alles andere als querfrontverdächtig waren, gewissermaßen die Meinungshoheit, was der Gesellschaft nicht zum Schaden rührte. Das Abdanken dieser Intellektuellen, gespeist aus Hoffnungslosigkeit und Resignation, führte dazu, daß die moralischen Hemmschwellen, die nötig sind, eine Zivilisation vor der Barbarei zu bewahren, immer stärker gefallen sind, was wiederum zur Folge hatte, daß die Ungeister der Vergangenheit europaweit längst aus ihren Löchern gekrochen sind und kurz vor der Übernahme der Zivilisation stehen. Angesichts des Zustandes von Welt, Staat und Gesellschaft kann ich ohnehin nicht verstehen, wie man da guten Gewissens fröhlich sein kann. Man mag es moralinsauer nennen, aber gerade fröhliche enthemmte Menschenmassen stehen der Barbarei am nächsten, was auch kein Zufall ist, weil das Fehlen moralischer Kriterien, die gegen einen solch flachen Frohsinn immunisieren, eine solche Enthemmung erst ermöglicht.
Beitrag von Sanpelg
Du hast recht, "lang lebe die Königin" vermittelt in der Tat ein heile-Welt Bild. Das finde ich aber nicht schlimm, denn das Buch richtet sich schließlich an 7-10jährige Kinder! Da mögen die Meinungen differieren, aber das finde ich eindeutig zu früh um schon die echten Härten des Lebens zu vermitteln. Das passiert ja ohnehin schon früh genug, Kinder sollte man auch noch Kinder bleiben lassen.Natürlich sehe ich auch den postmaterialistischen Zerfall, die Übernahme des Neoliberalismus als vorherrschender Meinung und Staatsdoktrin ("alternativlos"), das Fehlen kritischer Jugendbewegungen, Zusammenbruch staatlicher Strukturen allerorten. Und es stimmt, als Ausgleich fehlen die linken Intellektuellen (wenn sie denn heute noch Gehör finden würden), die allerdings, meiner Meinung nach, mit ihrer an Masochismus grenzenden Selbstzerfleischung selbst viel zu ihrem Untergang beigetragen haben
Beitrag von White
Ich reaktivier den Thread mal, da es bei uns bald aktuell wird :grin:Auf Platz 1 meiner Kinderbücher Liste sind die Werke von Otfried Preußler.Als Kinder haben meine Geschwister und ich seine Werke verschlungen (ob der kleine Wassermann, das kleine Gespenst ect. alle einfach wundervoll zu lesen, regen die Phantasie an da sie eine nin fremde Welten führen).Platz 2: Michael Ende.Seine Bücher habe ich früher heimlich unter der Bettdecke gelesen. Seine Geschichten sind spannend, leicht zu verstehen und schon 6 Jährige können etwas damit anfangen.Platz 3: Astrid LindgrenGerade für kleinere Kinder sind ihre Bücher super. Der freche Michel der nur Unsinn im Kopf hat, Pipi das stärkste Mädchen der Welt das macht was sie will oder auch die Kinder von Bullerbü die zusammen Abenteuer erleben.Platz 4: Märchen und SagenFür die Erwachsenen gibts dir original Enden und Erwachsenen Märchen, für Kinder die geschönten Happy Ends, die gerade jüngere Kinder zum Träumen anregen.Mir gefiel als Kind besonders die Legenden von dem Berggeist Rübezahl (ich hatte ein Buch mit schönen Bildern das ich geliebt habe). Gefolgt natürlich von den Klassikern wie Schneewitchen, Aschenputtel oder die Gänsemagt.Platz 5: Enid BlytonSeine Bücher sind schon wieder mehr Jugendbücher (10-14 Jahre). Ob Hanni und Nanni oder die 5 Freunde. Diese Bücher werden definitiv vor Ort sein, wenn meine Kinder mal im entsprechenden Alter sind ;)