Schachburg-Archiv: Benutzerthema „DailyChess Mannschaftskämpfe“

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Beitrag von DailyChess

Hallo Leutehier würde ich gerne meine Partien aus den Mannschaftskämpfen posten. Da ich leider etwas schwächer spiele, wenn ich in der Mannschaft spiele, will ich diese Partien gerne von den anderen trennen.Kurz zum Team. Ich spiele derzeit für den SC Ammersee am 1. Brett in der Zugspitzliga, die recht stark besetzt ist. Meine Bedingung dort war, dass ich auf jeden Fall gegen stärkere Spieler spielen darf, damit ich gefordert werde. Die Gegner waren auch allesamt gut und es hat Spaß gemacht die Partien zu spielen.Für die Saison 2014 war mein Ziel mindestens 50% am 1. Brett zu holen und meine Performance auf ein neues Level zu heben, da mir diese wichtiger ist als die DWZ.Vergangenen Sonntag habe ich meine letzte Partie in der Saison gespielt, da ich in der letzten Runde nicht dabei sein kann. Unsere Mannschaft hat den Klassenerhalt geschafft. Ich holte insgesamt 4/5, mit drei Siegen und zwei Remisen, womit ich seit ca. einem Jahr oder so ungeschlagen bin, was mich am meisten freut. Zudem hatte ich eine Performance von 2221, was in etwa meiner Zielsetzung entsprach und mir genügend Material für meine nächsten Ziele gibt.In der letzten Runde war ich gesundheitlich leider angeschlagen und hatte eben eine Fieberwoche hinter mir, was sich auch etwas auf meine Konzentration und Rechenkraft auswirkte. Die Partie habe ich bislang ohne Engine analysiert, damit die Eindrücke aus der Partie so echt wie möglich sind. Wenn irgendwo fragen bestehen sollten, bitte einfach einen Kommentar hinterlassen.[Event "MM Zugspitzliga 2014"][Site "?"][Date "2014.03.16"][Round "?"][White "Wedrychowski, Lukas"][Black "Thiering, Erwin"][Result "1-0"][ECO "A64"][WhiteElo "1950"][PlyCount "81"]{Viele Daten konnte ich vor der Partie nicht über meinen Gegner sammeln, daleider die Chesslive.de Datenbank abgestürzt ist und die Megabase keineAuskunft gab. Wie ich jedoch zu meiner Gunst herausfinden konnte, spielt meinGegner sehr aktiv Fernschach und ist sogar deutscher Fernschachmeister! Ichhabe während meiner Recherche ca. zwölf Jahre abgedeckt und stellte fest,dass er nahezu ausschließlich ...g6/...Bg7/...d6/....Nge7/...e6 etc. spielt,was wohl unter Robatsch [B06] bekannt ist. Obwohl ich im Grunde keine Scheuvor dieser Eröffnung habe, fällt es mir dennoch schwer, mich in einGewässer zu begeben, das meinem Gegner sehr gut bekannt ist (10 Jahre+) undmir selber wenig Angriffspunkte bietet. Denn obwohl diese Eröffnung extrempassiv in der Anfangsphase ist, bekommt Schwarz gutes und einfaches Spielsollte Weiß nicht zu viel aus der Eröffnung herausholen. Schwarz stehenin dieser Eröffnung zahlreiche verschiedene Hebel zur Verfügung, die nahezunach Belieben kommen können. Die einzige Alternativeröffnung, die ichfinden konnte, war Pirc gegen 1.e4. Ursprünglich hatte ich für die Partie 1.e4 geplant, musste jedoch feststellen, dass mein Gegner hier auch sehrflexibel und exotisch reagiert. Da leider kurz vor der Partie die Datenbankennicht mehr gingen, musste ich improvisieren und entschied mich, auf Nummersicher zu gehen und einen leicht besseren Königsinder in Kauf zu nehmen.} 1.d4 Nf6 {Die erste Ãœberraschung während der Partie. Mit einem festgelegtenSpringer auf f6 ist ein Aufbau mit Nge7 nicht mehr möglich, was mir zumindestdie Hoffnung gab, mich mit einem Königsinder begnügen zu können. Hierjedoch fing ich an abzuwägen, welche Variante ich wohl gegen Königsindischwählen sollte. Zur Auswahl standen meine drei Hauptwaffen: * KlassischeVariante (Nf3) mit dem Bayonett Angriff (9.b4) mit der KorchnoiVariante (9.Ne1) * Fianchetto Variante (g2-g3) * Sämisch Variante (f2-f3) In Blitzpartien spiele ich ab und an auch ganz gerne mal die Smyslow Variante,die auch super punktet. Da mein Gegner eventuell meine Internetaktivitätenverfolgt und auch über meine OTB-Partien und Fernschachpartien bescheidwissen konnte, musste ich mir etwas einfallen lassen, dass in diesen Partiennicht so häufig auf dem Brett war.} 2. c4 e6 {Nun war ich sehr beruhigt, daich normalerweise sehr stark gegen Nimzoindisch (Klassisch mit 4.Qc2 oderRubinstein mit 4.e3 und Nge2) und mit Katalanisch punkte.} 3. g3 {Seit kurzemmeine Hauptwahl. Während meiner Anfangsphase habe ich viele Erfahrungen mitder Nimzozugfolge 3.Nc3 gesammelt, befürchtete hier jedoch ein paarVorbereitungen meines Gegners.} c5 {Ebenfalls eine Ãœberraschung. Benoni istmeine absolute Angsteröffnung, jedenfalls bis zu dieser Partie, da ich immerdas Gefühl habe irgendwo den Faden zu verlieren. Für gewöhnlich habe ichdrei Varianten gegen Benoni: * Fianchetto Variante * Moderne Variante (h3 /Nf3 / Bd3 / e2-e4 etc.) * Bf4 Variante} 4. d5 {prinzipiell.} exd5 5. cxd5 d6 (5... b5 $5 {ist eine interessante Idee, die versucht die 3.g3 Zugfolgeauszunutzen. Weiß hat jedoch laut aktuellem Stand der Dinge die besserenKarten. Ohne Vorbereitung ist diese Variante jedoch auch für Weißgefährlich.}) 6. Nc3 g6 7. Bg2 Bg7 8. Nf3 O-O 9. O-O a6 10. a4 Nbd7 11. h3 Re812. Nd2 {bis hierhin hatte ich 2 Minuten gebraucht und war mit dem Ausgang derEröffnung zufrieden. Genau gesehen befinden wir uns noch in derEröffnungstheorie, aber die Stellung entspricht voll meinem Spielstil unddaher war ich guter Dinge.} Nh5 $5 {Eine Nebenvariante. Weiß muss jetzt denDruck gegen den d6-Bauern erhöhen, was auch meine erste Idee war. Diestärkste schwarze Fortsetzung habe ich ebenfalls gesehen, dachte aber, dassdie entstehende Stellung mit dem Figurentausch Schwar begünstigen würde. Avrukh jedoch sieht darin einen klaren Vorteil für Weiß, dem ich imNachhinein zustimmen muss.} 13. Nc4 {ein schwächerer Zug, da der Gegner nunschneller zu f7-f5 greifen kann und Gegenspiel erhält. Dies fiel mir leidererst nach 14...Rb8 ernsthaft auf.} (13. a5 $5) (13. Nce4 $142 $5 {Ichberechnete diesen Zug, sah allerdings auch die schwarze Möglichkeit (Hauptvariante), ...Nf6 zu spielen, was den Springer abtauschen kann. Ichdachte zunächst, dass dieser Abtausch Schwarz begünstigen würde, aberAvrukh glaubt an einen weißen Vorteil.}) 13... Ne5 14. Na3 {Dieser Rückzugist thematisch in diesen Stellungen.} (14. Nxe5 {Kam nicht in Frage für mich.}) 14... Rb8 15. Kh2 $6 {Vielleicht ein Fehler. Eventuell wäre sofortiges Rb1stärker gewesen. Aber ich unterschätzte das schwarze Spiel!} (15. e4 {istnatürlich die Hauptidee für Weiß im Benoni. Ich wollte diese Idee jedochvorbereiten, da ich die Geschwindigkeit des schwarzen Gegenspiels etwasunterschätzt habe.}) (15. f4 {wäre wohl verfrüht, da sowohl das Problem mitg3 besteht und der Bauer auf e4 rückständig ist.}) 15... f5 16. Rb1 $1 {Zudem Moment war ich etwas beunruhigt, da ich die Züge durcheinandergeworfenhatte. Auf den Zug war ich sehr stolz, da ich zu einem etwas ungewöhnlichenPlan greifen musste, um die Stellung zu halten. Das schwarze Gegenspiel iststark und daher muss ich radikal herangehen.} (16. e4 $5 {War mein ersterImpuls. Die Stellung öffnet sich und Weiß sollte seine Chancen haben.Allerdings gefiel mir die schwarze Expanstion am Damenflügel nicht und ichwollte dem einen Riegel vorschieben. Etwas ungewöhnlich, da Weiß selten aufdem Damenflügel aktiv wird. Schwarz jedoch hat einige Schwächen amKönigsflügel und dies erlaubt mir, den von mir gewählten Plan auszuführen.}) 16... Bd7 {Nun stellte sich die Frage, ob ich sofort b2-b4 spielen sollte,was eventuell einen Springerabzug ermögliche, oder aber das ganze vorbereitensoll und Bd2 spielen soll. Vor dem Durchführen des Zuges dachte ich, dassdie Zugfolge (erste b2-b4 und dann Bd2 bzw. umgekehrt) nicht relevant sei.Nach dem Ausführen jedoch hatte ich das Gefühl, dass Schwarz die selbeStellung erreichen könnte, nur mit mehr Optionen in der durch meine Zugfolgegewählte Stellung.} 17. b4 (17. Bd2 {Hier hatte ich folgendes berechnet.} b518. axb5 (18. b4 f4 $5 $13 {hier schien mir das schwarze Spiel an Fahrt zugewinnen.} 19. gxf4 $2 Qh4 $19) 18... axb5 19. b4 c4 $13 {Diese Stellungschein mir unklar. Es ist klar, dass Schwarz einen starken Bauern auf c4 imEndspiel hat. Andererseits ist die Basis der Kette sehr schwach und dieEinschätzung der Stellung beruht auf dem Faktor, ob dieser Bauer eine Bürdefür Schwarz darstellt.} (19... f4 $5 {dieser Zug machte mir etwas sorgenwährend der Partie. Vor allem, da Weiß nicht ohne Komplikationen auf demDamenflügel weiterspielen kann.} 20. bxc5 b4 21. c6 bxc3 22. Rxb8 Qxb8 23.Bxc3 $13 {mit Kompensation. Ob diese jedoch genügt, ist unklar.})) 17... cxb4$6 {sicherlich die schwächste Fortsetzung.} 18. Rxb4 Nf7 (18... Nf3+ {Ichhatte ausgiebig alle Springerzüge geprüft und das hier wäre der einzige,der irgendwie gefährlich hätte sein können. Wie ich jedoch rechnete, waralles OK und für Weiß wahrscheinlich leicht besser.} 19. Bxf3 Bxc3 20. Rc4 (20. Rb3 $4 Bxa4) 20... Bg7 21. Bxh5 gxh5 {mit besserer Struktur für Weiß. Ich war mir jedoch nicht sicher, wie der dynamische Faktor einzuschätzen war.Wenn er überwiegt, spielen die Schwächen keine große Rolle.}) 19. Bd2 (19.Qb3 {war eine andere Idee, um direkt Druck auszuüben. Natürlich hängt amEnde der Springer, weshalb ich vorsichtig sein muss. An dieser Zugfolge mussteich die folgende Idee berechnen:} Bxc3 $5 20. Qxc3 Rxe2 21. Bf3 Re7 22. Bxh5gxh5 23. Bb2 Ne5 24. f4 $44) 19... g5 20. e4 $6 {etwas zu energisch gezogen.Aber meine Zeit war hier bereits kritisch.} (20. e3 $1 $16 {ist sicherer, wasmir sofort auffiel, nachdem ich den Bauern auf e4 platziert hatte. Der Punktist, dass der Bauer auf e4 auch eine Schwäche ist. Eine Schwäche, die Weißwohl immer zurückgewinnen kann, aber eine, die auf e3 nicht existent wäre.})20... Nf6 21. Qb3 (21. exf5) 21... b6 $6 {Den Zug verstah ich nicht wirklich.Für mich sah es danach aus, als ob er ein Tempi verschenken würde.} 22. Rb1$5 (22. Nc4) (22. Be3) 22... fxe4 23. Rxb6 Rc8 (23... Rxb6 24. Qxb6 Qxb6 25.Rxb6 Bc8 26. Nc4 $16 {mit Initiative.}) 24. Rxa6 Bf5 25. Re1 $2 {Ich übersahkomplett den nächsten Zug und die damit möglichen, aber wirklich schönen,Springermanöver!} (25. Ncb5 e3 26. Ba5 $13 {in Zeitnot war das alles etwasunklar.} (26. Bxe3 Bxb1 27. Qxb1 $44 {mit Kompensation. Aber in Zeitnot wussteich nicht genau, wie groß diese war.})) 25... Nd7 $1 $132 {Eine wichtigeStellung. Man muss sich hier die ganzen Springermanöver ansehen. Es drohtNc5 mit einer Gabel. Also entweder Turm oder Dame bewegen. Die Frage ist,wohin? Turm a7? Dort schien er mir sehr unsicher. Ihm fehlen viele Felder. Qc2 sah gefährlich aus. Nicht nur wegen Bg6, sondern auch wegen Nde5, was Nd3droht um ein Tempo für die Springergabel Nb4 zu gewinnen. Qd1 geht nicht,weil der Springer auf c3 hängen würde.} 26. Rc6 $8 Rb8 $2 (26... Rxc6) (26...Rxc6) 27. Ncb5 $2 (27. Nab5 $1 {Nach der Partie habe ich die Stellung nocheinmal aufgebaut, und sah, dass dieser Zug doch der stärkere war. Das Problemist, dass Weiß für die Verwertung seines Vorteils häufig die Qualle auf c6geben muss. Ich hatte nur noch 2 Minuten auf der Uhr und musste gucken, dassich den Turm retten kann. Doch leider fehlen ihm alle Felder für den Rückzug,weshalb die Idee Ncb5 überflüssig war.}) 27... Nc5 $1 (27... Nde5 $2 {Ichhielt diesen Zug für gefährlicher, obwohl Weiß danach großen Vorteilbewahrt. Doch Schwarz hat Nc5!} 28. Nc4 $1 $16) 28. Qd1 (28. Qc2 {Hier gefielmir diese Variante nicht.} e3 29. Qxf5 exd2 30. Rd1 (30. Rxe8+ Qxe8 $19) 30...Nxa4 $13 31. Rxd2) 28... Nd3 (28... Bd7) 29. Re2 h5 30. Nc4 Bf8 31. Ba5 $1 $18{Hier wusste ich, dass ich auf Gewinn stand.} Qf6 32. Bc7 Rbc8 33. Nb6 (33.Ncxd6 {Diese Variante mit sämtlichen Zugumstellungen habe ich noch ebenberechnet, aber mit weniger als einer halben Minute auf der Uhr wollte ich dasnicht eingehen.} Nxd6 34. Nxd6 Bxd6 35. Rxd6 {mit einer netten Pointe.} Qe7 36.Rc6 Rxc7 37. d6 $1 $18) 33... Nde5 (33... Nfe5) 34. Rc3 g4 35. Nxc8 Nf3+ (35...gxh3 {hielt ich für stärker, besonders da ich nur noch wenige Sekunden aufder Uhr hatte.}) 36. Bxf3 (36. Rxf3 $143 gxf3 37. Bxf3) 36... gxf3 37. Rxf3 {Ich wusste gar nicht, wie viel Material insgesamt auf dem Brett war. Das waralles rein intuitiv gespielt.} Ne5 38. Rf4 $6 (38. Rxf5 $1) 38... Bh6 (38...Rxc8 $18) 39. Rexe4 Ng4+ $4 40. Rxg4+ hxg4 41. Rxe8+ {Mein Gegner staunte,dass der Turm auf e8 hing und reichte mir die Hand.} 1-0

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=DailyChess] Viele Daten konnte ich vor der Partie nicht über meinen Gegner sammeln, da leider die Chesslive.de Datenbank abgestürzt ist und die Megabase keine Auskunft gab. Wie ich jedoch zu meiner Gunst herausfinden konnte, spielt mein Gegner sehr aktiv Fernschach und ist sogar deutscher Fernschachmeister! Ich habe während meiner Recherche ca. zwölf Jahre abgedeckt und stellte fest, dass er nahezu ausschließlich ...g6/...Bg7/...d6/....Nge7/...e6 etc. spielt, was wohl unter Robatsch [B06] bekannt ist.[/QUOTE]Das nenne ich eine gewissenhafte Vorbereitung, wo nichts dem Zufall überlassen ist. Aber diesen Ehrgeiz und dieser Perfektion hast Du wahrscheinlich zu einem guten Teil Deinen rasanten Aufstieg in den letzten Jahren zu verdanken.Zur Partie, so fand ich 10. a4 sehr thematisch und schön. So blockierst Du erst einmal seine Bestrebungen am Damenflügel. Mit 11. h3 hast Du dann endgültig den Gegner gehemmt, um mit 12. Sd2 endgültig Deine Vorbereitungen abzuschließen. Vordergründig drohst Du nun mit einem Bauernvorpreschen am Königsflügel, aber, womit Du Deinen Gegner überfordert hast, war es dann der Damenflügel, den Du völlig unter Kontrolle bekamst. Die totale Domination sah eindrucksvoll aus, und auch die von Dir gespielten Knalleffekte weisen auf eine hohe schöpferische Stärke hin. Später hattest Du dann auf dem gesamten Brett die totale Domination ausgebaut und konntest quasi schalten und walten, wie Du wolltest. Mögen auch evtl. einige Ungenauigkeiten dabei gewesen sein, der Grundtenor der Partie paßt aber und wirkt inspirierend und professionell. Glückwunsch zum Sieg. :top:

Beitrag von DailyChess

Danke Kiffing. Solche Kommentare motivieren natürlich noch mehr :)Werde die anderen Partien, sobald ich sie kommentiert habe, ebenfalls hochladen.