Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Anzugszwang für Schachspieler droht“

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Beitrag von Kiffing

Die FIDE hat sich nach Null-Toleranz und Bedenkzeitverkürzung wieder einmal etwas ausgedacht, womit man die Schachspieler kujonieren kann. Derzeit wird in den Gremien darüber beraten, ob es so etwas wie einen Dresscode geben soll. Dieser Dresscode kann von bestimmten Kleidervorschriften bis zu einem Anzugszwang reichen. Den Stein ins Rollen gebracht hatte der Präsident des europäischen Schachverbands, Silvio Danailov, allen noch bekannt als Skandalmanager von Veselin Topalov bei dessen Skandal-WM gegen Wladimir Kramnik. Möglicherweise wird diese Regelung erstmal „nur“ für Profis gelten, bei Null Toleranz hat man allerdings gesehen, daß solche Regeländerungen auch bis in den Amateurbereich hinein Einfluß haben können.Die Entscheidung, ob es einen Dresscode geben soll und wie dieser konkret gestaltet wird, soll diesen November fallen. Selbstverständlich werdet ihr dann in diesem Thread umgehend darüber informiert werden. Hier soll erst einmal über die neue Maßnahme diskutiert werden.Nach meinem Empfinden sieht die FIDE einmal mehr ein Problem, was überhaupt nicht existiert und droht, Regelungen zu schaffen, die mehr schaden dürften als das sie zu nützen vermögen. Offenbar soll hier der Ruf des Schachsports verbessert werden, um mehr Geld von Sponsoren freimachen zu können. Doch ist dies nur eine Prostitution vor möglichen Sponsoren, und ob der Ruf des Schachsports damit verbessert werden kann, ist eine andere Frage. Schach ist nun einmal nicht unbedingt vergleichbar mit anderen Sportarten, und die Ausübung der Sportart ist auch ohne Uniform denkbar. Zudem ist der Schachsport eine Disziplin, wo es eher die Individualität der Protagonisten ist, die auch auf Nichtschachspieler eine gewisse Faszination ausübt. Uniformierung dagegen bedeutet immer eine gewisse Abtötung der eigenen Individualität, sie ist ein Gedanke, der eher dem kollektiven Geist verpflichtet ist. Und eben diese Uniformierung bringt es mit sich, daß dieser Reiz des Individuellen gewissermaßen konterkariert wird.Zudem verstößt ein Dresscode gegen die Interessen der Schachspieler. Denn wenn man nicht mehr das anziehen darf, was man möchte, sondern das anziehen muß, was verpflichtend ist, dann stellt dies eine Art Nötigung dar, die Widerspruch, gerade bei freiheitsliebenden Spielern geradezu hervorruft. Ein freier Mensch bestimmt, was er sich anzieht und wie er seine Persönlichkeit durch seine Kleidung ausdrückt. Man steckt ihn nicht in ein Korsett und bestimmt über ihn in Angelegenheiten, die der FIDE nichts angehen. Das ist Bevormundung, das ist Unterdrückung. Die FIDE will offenbar nur noch Schachspieler haben, die funktionieren und wo alles seine Ordnung hat. Dieses Weltbild führt zu einer sterilen Atmosphäre, indem sich niemand mehr wohlfühlt und wo genau deswegen auch die Außenwirkung des Schachs auf die Außenwelt an Attraktivität verliert. Ein Dresscode würde also verheerende Folgen für den Schachsport haben, und deswegen habe ich dazu eine klare Meinung: der Dresscode darf unter keinen Umständen eingeführt werden! Wie seht ihr das?

Beitrag von Maschendrahtzaun

Erst mal vorweg: Ich halte auch nicht besonders viel von einem "Anzugzwang" für Schachspieler, glaube aber auch nicht, dass er wirklich "droht".[QUOTE=Kiffing;2342]Die FIDE hat sich nach Null-Toleranz und Bedenkzeitverkürzung wieder einmal etwas ausgedacht, womit man die Schachspieler kujonieren kann. Derzeit wird in den Gremien darüber beraten, ob es so etwas wie einen Dresscode geben soll.[/quote]Ein "Dresscode" ist schon einmal deutlich etwas anderes als ein "Anzugzwang".In gewisser Weise ist die Idee dahinter doch auch verständlich: Wie der normale Spieler xy sich in seiner Feierabendliga anzieht, interessiert bei der FIDE gewiss überhaupt niemanden.Viel mehr geht es darum, bei den Profis für eine einigermaßen anständige Kleidung zu sorgen.Dies finde ich auch sehr nachvollziehbar, da das (Profi-)Schach gewissermaßen nach wie vor in der Graswurzelsepp-Ecke steht, wo schlecht angezogene Schachspieler sehr dafür dienen, dass das Schach auch darin verbleibt.[quote]Möglicherweise wird diese Regelung erstmal „nur“ für Profis gelten, bei Null Toleranz hat man allerdings gesehen, daß solche Regeländerungen auch bis in den Amateurbereich hinein Einfluß haben können.[/quote]Da es hier offenkundig vorrangig darum geht, das Image des (Profi-)Schachs in der Öffentlichkeit aufzupolieren, wird ein wie auch immer gearteter Dresscode garantiert nicht in den Amateurbereich übernommen werden. Was wäre der Nutzen davon?Meiner Meinung nach gäbe es keinen.[quote]Schach ist nun einmal nicht unbedingt vergleichbar mit anderen Sportarten, und die Ausübung der Sportart ist auch ohne Uniform denkbar.[/quote]Na, wer will denn gleich von "Uniform" sprechen?Es geht doch viel eher darum, dass Schachspieler einigermaßen vernünftig angezogen am Brett erscheinen.Diese ungeschriebene Regel gilt doch auch für alle anderen Bereiche des Lebens.Oder würdest du im Schlafanzug zur Arbeit gehen, nur weil dort kein "Uniformzwang" besteht?[quote]Zudem verstößt ein Dresscode gegen die Interessen der Schachspieler. Denn wenn man nicht mehr das anziehen darf, was man möchte, sondern das anziehen muß, was verpflichtend ist, dann stellt dies eine Art Nötigung dar, die Widerspruch, gerade bei freiheitsliebenden Spielern geradezu hervorruft.[/quote]Hier wird das ganze aber etwas überzogen.Oder siehst du es etwa auch als Nötigung an, dass du, wenn du morgens aus dem Haus gehst, deinen oben bereits beschriebenen Schlafanzug ausziehen musst?Das ist doch eigentlich etwas selbstverständliches, jedenfalls absolut keine Nötigung.[quote]Die FIDE will offenbar nur noch Schachspieler haben, die funktionieren und wo alles seine Ordnung hat. Dieses Weltbild führt zu einer sterilen Atmosphäre, indem sich niemand mehr wohlfühlt und wo genau deswegen auch die Außenwirkung des Schachs auf die Außenwelt an Attraktivität verliert. Ein Dresscode würde also verheerende Folgen für den Schachsport haben, und deswegen habe ich dazu eine klare Meinung: der Dresscode darf unter keinen Umständen eingeführt werden! Wie seht ihr das?[/QUOTE]Es geht der FIDE hier meiner Meinung nach keineswegs darum, die Schachspieler zu "uniformieren".Das Klischee des schlecht angezogenen, womöglich noch übelriechenden Schachspielers ist so alt wie leider oft zutreffend.Dies schreckt nicht nur potentielle Investoren ab, sondern auch potentielle Neulinge im Schachsport.Beide sind, um die Attraktivität einer Sportart zu steigern, wovon wir beide auch profitieren würden, unerlässlich.Dazu muss festgehalten werden, dass diese Regelung nur für den Profibereich gelten sollte, also für Leute, die davon Leben, dass sie von anderen für ihr Schachspiel bezahlt werden.Da kann man schon erwarten, dass sie anständig herumlaufen.Schließlich erwartet man das auch von jedem Polizisten, Anwalt oder Arzt.Einen "Anzugzwang" muss man deswegen noch lange nicht einführen - ein gesunder Mittelweg wäre hier angebracht.

Beitrag von Kiffing

Das Klischee der „schlecht angezogenen und übel riechenden“ Schachspieler, bleibt ein Klischee, und ich denke nicht, daß man irgendwie beweisen kann, daß sich der Schachspieler da von der Masse abhebt. Es ist ja nur das Schachspiel, das ihn von anderen unterscheidet, nichts anderes sonst. Und die Art der Kleidung bleibt Privatsache, da hat niemand darin herumzupfuschen. Dein Vergleich mit Polizisten und anderen Berufstätigen, die auch mit Uniform herumlaufen müssen, paßt nicht in diesen Kontext, weil ich Schachspiel mit Vergnügen assoziiere, Arbeit dagegen mit Verpflichtung. Da sollte auch die Atmosphäre schon dergestalt sein, daß die Akteure sich wohl fühlen und in der Freiheit ihre Inspirationsquellen finden.Wie aus meiner Argumentationslinie klar wurde, ist der Anzugszwang die schlimmstmögliche Entscheidung, die uns droht. Aber ich lehne auch jeden Kompromiß ab, weil es wie gesagt nicht das Hoheitsgebiet der FIDE ist, wie die Spieler herumlaufen.Auch der Vergleich mit dem Schlafanzug hinkt an allen Ecken und Enden. Denn wenn ich privat das Haus verlasse, dann kann ich mich kleiden, wie ich will, ich muß nur die von Dir schon erwähnten ungeschriebenen Gesetze beachten wie eben nicht im Schlafanzug in der Öffentlichkeit zugegen sein u. ä. Ein expliziter Dresscode dagegen geht über die ungeschriebenen Gesetze hinaus, weil hier mehr verlangt wird als notwendig wäre. Ich sollte nicht im Schlafanzug aus dem Haus, aber ich kann mich nach meinem Geschmack kleiden, diese Freiheit ist für den Schachspieler bedroht.Argumente, die das Interesse von Sponsoren betonen, denen sich der Schachspieler unterordnen müsse, lasse ich nicht gelten, weil ich jede Prostitution vor Sponsoren kategorisch ablehne. Nach meinem Empfinden sollte der Schachsport sich da niemandem anpassen, sondern sich auf seine Stärken als der ganz besondere Sport besinnen. Nur wenn das Schach authentisch bleibt, kann es durch das Fluidum, was es dann verstärkt ausströmen würde, eine gewisse Attraktivität entfalten. Weil Schachspieler nicht schlechter gekleidet sind als Nichtschachspieler, schreckt der Schachsport im Jetzt-Zustand im Gegensatz zu Deiner Behauptung auch keine potentiellen Interessenten ab.

Beitrag von ToBeFree

Von einem Klischee, das (Profi-)Schachspieler als schlecht angezogene, womöglich noch übelriechende Personen darstellt, wusste ich noch gar nichts. :eek:Naja, ich denke, dass man den Spielern nicht vorschreiben sollte, was sie anziehen müssen. Und auch Personen, die einen Anzug tragen, können schlecht riechen. ;)

Beitrag von Maschendrahtzaun

Interessant zu beobachten ist, dass du, wenn du keine direkten Argumente gegen den Vorschreiber erkennen kannst, einfach ohne genauer auf den Vorposter einzugehen dasselbe noch mal schreibst. Deswegen jetzt pointierter:[QUOTE=Kiffing;2346]Das Klischee der „schlecht angezogenen und übel riechenden“ Schachspieler, bleibt ein Klischee, und ich denke nicht, daß man irgendwie beweisen kann, daß sich der Schachspieler da von der Masse abhebt.[/quote]Es ist ganz egal, ob es zutrifft oder nicht.Um mehr Investoren und Interessenten zu gewinnen, muss es ausgebügelt werden.[quote]Es ist ja nur das Schachspiel, das ihn von anderen unterscheidet, nichts anderes sonst[/quote]Das mag in der Realität so sein, aber im Klischee trifft es eben nicht zu.Subjektiv empfinde ich auch, dass das Klischee teilweise zutrifft.Das kann aber auch daran liegen, dass mein sonstiger Umgang nicht repräsentativ ist.[quote] [...] paßt nicht in diesen Kontext, weil ich Schachspiel mit Vergnügen assoziiere, Arbeit dagegen mit Verpflichtung. [/quote]Oh, es passt sogar wunderbar in den Kontext, und was du assoziierst, ist auch erst mal nebensächlich: Es geht nämlich nicht um den Hobbyspieler, sondern um den Profi.Und ein Profi hat mit dem Schachspiel eben nicht nur Freude zu assoziieren, sondern auch sein Geld zu verdienen.Ein Profifußballer zieht aus sein Trikot an, ohne das irgendwelche Graswurzelsepps herummosern.[quote]Da sollte auch die Atmosphäre schon dergestalt sein, daß die Akteure sich wohl fühlen und in der Freiheit ihre Inspirationsquellen finden.[/quote]Es ist nicht zu viel verlangt und garantiert auch nicht inspirationsabschwächend, wenn die Leute sich vernünftig anziehen.[quote]Aber ich lehne auch jeden Kompromiß ab, weil es wie gesagt nicht das Hoheitsgebiet der FIDE ist, wie die Spieler herumlaufen.[/quote]Das ist ja schön, aber du bist doch überhaupt nicht betroffen.Oder hegst du etwa Profiambitionen? :O[quote]Denn wenn ich privat das Haus verlasse, dann kann ich mich kleiden, wie ich will, ich muß nur die von Dir schon erwähnten ungeschriebenen Gesetze beachten wie eben nicht im Schlafanzug in der Öffentlichkeit zugegen sein u. ä.[/quote]Wenn das nur jeder so handhaben würde, wäre das ja völlig in Ordnung.Einige Menschen haben damit aber offenbar ihre Problemchen, und dem soll jetzt abhilfe geschaffen werden.[quote] Ich sollte nicht im Schlafanzug aus dem Haus, aber ich kann mich nach meinem Geschmack kleiden, diese Freiheit ist für den Schachspieler bedroht.[/quote]Überhaupt kein Problem: Solange der Schachspieler auch nur einen Hauch von Geschmack hat, kann er sich weiterhin nach diesem kleiden.[quote]Argumente, die das Interesse von Sponsoren betonen, denen sich der Schachspieler unterordnen müsse, lasse ich nicht gelten, weil ich jede Prostitution vor Sponsoren kategorisch ablehne.[/quote]Dass du das so siehst, ist zwar nett, aber ziemlich irrelevant: Du bist kein Stakeholder an diesem Prozess.Diejenigen nämlich, die es betreffen würde, also die Profispieler, müssen sich in gewisser Weise dem Sponsor unterordnen, schließlich leben sie von ihm. Du wärest also weder von der Regelung betroffen, noch müsstest du dich prostituieren.

Beitrag von ToBeFree

[QUOTE=Maschendrahtzaun;2352]Überhaupt kein Problem: Solange der Schachspieler auch nur einen Hauch von Geschmack hat, kann er sich weiterhin nach diesem kleiden.[/QUOTE]Das kommt darauf an, wie streng die Vorschrift wird. ;)Eine Art "Blacklist" für alles, was man nicht anziehen darf, ist da wohl besser geeignet als eine "Whitelist", die genau vorschreibt, was erlaubt ist, und dass alles andere nicht angezogen werden darf.Angenommen, es wird eine Blacklist - was würdest du denn zum Beispiel darauf setzen? Welche Kleidung ist deiner Meinung nach "unpassend" für (Profi-)Schachspieler?

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=ToBeFree;2355]Das kommt darauf an, wie streng die Vorschrift wird. ;)Eine Art "Blacklist" für alles, was man nicht anziehen darf, ist da wohl besser geeignet als eine "Whitelist", die genau vorschreibt, was erlaubt ist, und dass alles andere nicht angezogen werden darf.Angenommen, es wird eine Blacklist - was würdest du denn zum Beispiel darauf setzen? Welche Kleidung ist deiner Meinung nach "unpassend" für (Profi-)Schachspieler?[/QUOTE]Die Idee finde ich ziemlich gut, diese Regelung wäre nicht so stringent, erfüllt aber trotzdem seinen Zweck.Nicht so einfach zu beantworten ist natürlich die Frage, was auf diese Liste gehört.Man könnte natürlich einen Katalog aufstellen, Badelatschen zum Beispiel nicht oder Sandalen mit Socken und so weiter.Aber es ist schwer, das auf einzelne Bestandteile der Kleidung herunterzubrechen - irgendwie kommt es ja doch immer aufs Gesamtbild an.Außerdem sind wir ja nicht bei einer Modenschau...:lol:

Beitrag von Maschendrahtzaun

Wie wäre es denn mit diesem Dresscode?[url]http://www.welt.de/lifestyle/article3958663/Warum-sehen-Juristen-eigentlich-alle-gleich-aus.html[/url]

Beitrag von yury

Ich finde auch, dass in diesem Fall jeder selbst entscheiden können sollte, was er anzieht. Wenn man schon regulieren will, halte ich die Idee einer "Blacklist" allerdings für nicht besonders geeignet. Schließlich müssten dort sehr viele Sachen stehen, die unerwünscht sind. Außerdem unterstellen solche Verbotslisten, dass Spieler "im Schlafanzug" kommen würden, würde man es ihnen nicht verbieten.Das Thema ist allerdings meiner Meinung nach einfach unwichtig (und daher finde ich die Aufregung auch etwas überzogen). Wenn die Fide unbedingt einen Dresscode will, soll sie ihn haben - so what? Auch davon geht das Abendland nicht unter. ;)Ich glaube auch nicht, dass diese Regel irgendetwas ändern würde. Das "Ansehen des Schachsports" ist zwar ein vielbemühter Bergiff, aber mal im Ernst: Glaubt irgendjemand hier wirklich, dass viele Leute Schach unattraktiv finden, weil die Leute keine Anzüge tragen? Ich für meinen Teil wage es zu bezweifeln.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=Maschendrahtzaun] Interessant zu beobachten ist, dass du, wenn du keine direkten Argumente gegen den Vorschreiber erkennen kannst, einfach ohne genauer auf den Vorposter einzugehen dasselbe noch mal schreibst. Deswegen jetzt pointierter:[/QUOTE]Du machst wieder Deine Diskussionspartner schlechter als sie sind. Ich bin sehr wohl auf Dein Geschriebenes eingegangen, etwa, indem ich Dir Deine abermals hinkenden Vergleiche auseinandernahm. :PGrundsätzlich sehe ich das Problem bei der Diskussion darin, daß hier offenbar zwei Ebenen vertauscht werden. Du sprichst von „schlecht angezogenen, übelriechenden Schachspielern“. Allerdings ist mangelnde Körperhygiene oder abgestandene Kleidung etwas, was in keinen Regelrahmen gegossen werden kann. Daß man sauber am Brett zu sitzen hat, darüber sind wir uns sicherlich einig.Aber in der möglichen neuen FIDE-Regelung soll etwas ganz anderes sanktioniert werden, nämlich der Geschmack der Spieler. So soll es vermutlich gewisse Kleidung geben, die nicht mehr erwünscht ist, das geht evtl. bis zum Anzugszwang. Und genau damit kann ich mich nicht einverstanden erklären. Denn mit der Kleidung drückt man seine Persönlichkeit aus, und wie man am Brett gekleidet ist, erscheint jeder selber. Wer im Sporthemd am Brett erscheinen möchte und damit eine gewisse lockere sportliche Natur ausdrücken möchte, der hat das selbstverständliche Recht das zu tun, unabhängig davon, wie mögliche Sponsoren und Investoren das finden. Das ist einfach der Respekt vor der Individualität, vor der eigenen Persönlichkeit, die ich bei Dir vermisse. Dann ein weiteres Mißverständnis, womöglich kulturell bedingt. Du betonst recht oft, daß ich mich doch gar nicht in diesen Fall engagieren bräuchte. Schließlich werde ich vermutlich nicht selbst davon betroffen sein. Das mag aus Deiner Warte ein plausibles Argument sein. Schließlich bist Du Realist. Ich aber als Idealist brauche überhaupt nicht selber davon betroffen sein, um mich für etwas zu engagieren. Ich sehe einfach die Folgen der möglichen neuen Regelung und kann abschätzen, daß diese nicht gut sind. Und ja, irgendwie betroffen bin ich dann irgendwie doch. Denn ich liebe das Schach und möchte nicht, daß das Schach durch solche Regelungen kaputtgemacht wird.Dein Vergleich mit dem Fußballer ist für mich irrelevant, denn jede Sportart hat ihre eigenen Gesetze und Bedürfnisse. Was für den Fußballsport gut ist, muß für das Schach noch lange nicht gut sein. Anders ausgedrückt: im Fußball ist eine Einheitskleidung im Interesse der Zuschauer und des Spielflusses notwendig, im Schach gibt es diese Notwendigkeit nicht.

Beitrag von broccoliboy

Früher dachte ich da ähnlich wie Kiffing, wollte nicht an das Klischee vom schlecht angezognenen, übelriechenden Schachspieler glauben und nichts von irgndeiner "Uniform" wissen.Mittlerweile ist mir aber klar geworden, dass es bei jedem mittelgroßen Turnier dieses Klischee eben mindestens 1-2 mal gibt. Und gerade unter dem Aspekt, dass ich Schach in meiner Freizeit spiele, zu meinem Vergnügen, möchte ich nicht 5 Stunden auf unter dem Feinripp-Unterhemd hervorquellende Brusthaare gucken; außerdem ist ständige Atmung durch den Mund nicht gut für die oberen Atemwege und führt zur Pharyngitis.Natürlich muss es bei Amateuren kein Anzug sein; legere Kleidung - Casual- wäre völlig ausreichend und es ist schlimm genug, dass man das überhaupt fordern muss, aber so ist es nunmal.

Beitrag von Kleinmeister

Ich finde den "Anzugszwang" gut, solang er nicht von der FiDE ausgeht. Nicht weil mich die FiDE als Organisation stören würde, sondern einfach, weil fast jede generelle Regel eine zu große Zahl an Schachspielern treffen würde. Schon eine hypothetische Vorschrift einer nicht-beinfreien Hose fände ich auch Schachturniere in tropischen Gefilden alles andere als sinnvoll! Noch dazu der große schon angesprochene Unterschied zwischen Berufsspieler und Amateur! Generell sollte man es also dem Turnierveranstalter überlassen welche Kleidungsvorschrift er jetzt von den engagierten Schachprofis erwartet, denn immerhin ist ja auch er es, der abzuschätzen hat, inwieweit ihm eine solche Vorschrift vermarktungstechnische Vorteile verschafft.Für Amateurturniere gilt lustigerweise das gleiche, nur das der Markt hier nicht von Medien/Sponsoren, sondern von den startgeldüberweisenden Turnierteilnehmern selbst geschaffen wird. Ich könnte mir schon gut vorstellen an einem Turnier mit gemäßigten Kleidervorschriften teilzunehmen - immerhin sitze ich dann eben auch nicht broccoliboys "Berggorilla" gegenüber. Zu strenge Vorschriften würden dagegen mich selbst wohl wieder eher abschrecken. Alles in allem wäre es also eine Überlegung Wert dem Turnierveranstalter hier einen großen und sinnvollen Spielraum einzuräumen, vielleicht lässt sich so auch der ein oder andere verirrte "Berggorilla" wieder rekultivieren;)?

Beitrag von yury

[QUOTE=Kleinmeister;2431]Alles in allem wäre es also eine Überlegung Wert dem Turnierveranstalter hier einen großen und sinnvollen Spielraum einzuräumen, vielleicht lässt sich so auch der ein oder andere verirrte "Berggorilla" wieder rekultivieren;)?[/QUOTE]Wieso muss man dem Turnierveranstalter dafür zusätzlichen Spielraum einräumen? Der Turnierveranstalter bestimmt doch auch heute schon die Regeln für sein Turnier. Und entweder ist bisher noch niemand auf die Idee gekommen oder die Veranstalter schätzen den Bedarf für eine Kleiderregelung nicht als besonders hoch ein, sonst gäbe es ja wohl längst solche Turniere. ;)

Beitrag von Kleinmeister

Yury, ich bin überfragt, ob jedem Turnierveranstalter wirklich zusteht so eine Kleiderordnung aufzustellen und umzusetzen. Es gibt ja den flappsigen Paragraph in den FiDE-Regeln, nachdem alles untersagt ist, was dem Ansehen des Schachsports schaden könnte, aber ich glaube hieraus eine Kleidervorschrift abzuleiten geht einfach zu weit. Gibt es einen anderen Paragraph im Regelwerk den man heranziehen könnte? Ich glaube nicht. Warum nicht explizit so einen schaffen, vielleicht sind sich nämlich manche Turnierveranstalter so unsicher wie ich ;)?

Beitrag von hako

Ich kenne etwas Ähnliches vom Tischtennis. Da tragen wir alle in einer Mannschaft die gleichen Klamotten, was aber nicht weiter tragisch ist, da wir die Dinger vom Verein bekommen und wir sowieso ein Sport-T-Shirt tragen würden - unabhängig vom Gemeinschaftstriko. Im Strickpulli zu spielen dürfte sich als schwierig herausstellen :lach:Aber beim Schach gibt es nunmal kein Sportzeug. Man kommt in Alltagskleidung.Ich habe zwar ein wenig Verständnis für die Meinung übrig, nicht wie der letzte Hempel aufzutreten, aber letzten Endes kann das dem toleranten Schachspieler doch egal sein. Wir müssen doch aufs Brett gucken und weniger auf den Gegner ;)Von Ablenkung oder gar Belästigung kann daher nicht die Rede sein. Wo ist also bitteschön der Grund für eine solche Maßnahme?Auf "feineren" Turnieren kleidet man sich schon dem bsonderen Anlass entsprechend. Wenn dort so etwas wie eine "Abendgarderobe" herrscht, ist das halt so.Aber wenn ich Sonntag morgens zu einem normalen Mannschaftskampf mit normalen Leuten ohne besonderen Anlass im Anzug antanzen muss, hört meine Verständlichkeit auf. Das ist ein normales Schachturnier ohne Kameras und Schachprofis gleich Promis und da darf man doch wohl auch normal kommen.Bei anderen Sportarten, wo man sowieso sich umziehen muss, oder wenn der Verein ein Gemeinschaftstriko hat, hab ich ja nichts gegen und mache auch mit, aber eine Anzugpflicht und generell eine Kleiderordnung ist mehr als grundlos und mehr als angemessen; zumindest auf Vereinniveau!

Beitrag von Maschendrahtzaun

[quote]Bei anderen Sportarten, wo man sowieso sich umziehen muss, oder wenn der Verein ein Gemeinschaftstriko hat, hab ich ja nichts gegen und mache auch mit, aber eine Anzugpflicht und generell eine Kleiderordnung ist mehr als grundlos und mehr als angemessen; zumindest auf Vereinniveau![/QUOTE]Ich verstehe deinen Standpunkt nicht so ganz.Bist du jetzt für oder gegen eine Kleiderordnung?Du findest sie "grundlos", aber "angemessen".Das ganze ist irgendwie diffus.

Beitrag von Kiffing

Er meint unangemessen. Glaub mir, ich kann zwischen den Zeilen lesen. ;)

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=Kiffing;2461]Er meint unangemessen. Glaub mir, ich kann zwischen den Zeilen lesen. ;)[/QUOTE]Naja, denn soll er dit auch sagen und begründen. ;)

Beitrag von hako

[QUOTE=Maschendrahtzaun;2462]Naja, denn soll er dit auch sagen und begründen. ;)[/QUOTE]Gerne! :)Ich finde, dass eine Anzugspflicht den Rahmen eindeutig sprengt. Eine Kleiderordnung, wie ein Vereinstriko, finde ich ehrlich gesagt auch übertrieben, aber das fände ich nicht annähernd so schlimm wie ein Jackett.Fazit: Ich bin gegen beides, fände nur die Kleiderordnung aber nicht so tragisch.[QUOTE=Maschendrahtzaun;2460]Ich verstehe deinen Standpunkt nicht so ganz.Bist du jetzt für oder gegen eine Kleiderordnung?Du findest sie "grundlos", aber "angemessen".Das ganze ist irgendwie diffus.[/QUOTE]Ja, da sollte "UNangemessen" stehen :D mein Fehler

Beitrag von Kiffing

Bei der Frauen-Europameisterschaft in der Türkei ist der neue Dresscode nun in Kraft getreten: [url]http://www.mainpost.de/sport/Rhoen-Grabfeld-Schach-ist-kein-Strandausflug;art797,6663245[/url]Die Offiziellen haben sich also auf eine black list geeinigt, die zwar weniger gravierend als eine white list ist, aber immer noch eine Einschränkung der Persönlichkeitsrechte darstellt. Der neue Dresscode verbietet u. a. das Tragen von zu lasziver Kleidung (kurze Röcke) und Hüten. Niedlich auch die Begründung, in jeder Sportart gebe es Kleidervorschriften. Da frage ich doch, was hat Schach mit "anderen Sportarten" zu tun? :rolleyes:

Beitrag von Maschendrahtzaun

Dem von dir geposteten Artikel zufolge scheint es sich bei der Kleiderordnung allerdings nicht um eine durch Regulierungswut verursachte Regel zu handeln, sondern viel mehr eine Anpassung an die regionalen Verhaeltnisse in der Tuerkei darzustellen:[quote]Viele Schachspielerinnen lieben superkurze Röcke. Sollte man in der Türkei, in der die Ehefrau des Ministerpräsidenten Kopftuch trägt, darauf verzichten? [/quote]Und[quote]Fatma Yildiz (Türkei, FIDE-Schiedsrichterin) hat nichts gegen kurze Röcke, aber: „Es gibt schon Menschen in der Türkei, denen das nicht gefällt. Ich gehöre nicht dazu, aber es gibt Personen, die finden das unangemessen, denn als Gast solle man sich den Gepflogenheiten des Landes anpassen.“[/quote]

Beitrag von Kiffing

Klar, die Gepflogenheiten in der muslimischen Türkei spielen sicher auch noch eine Rolle. Aber es wurde in dem Artikel klar gesagt, daß hier zum ersten Mal die "neue Schach-Kleiderordnung" der FIDE zur Geltung komme - das heißt, sie existiert bereits -, und daß uns bei den Herren ähnliches erwartet:[QUOTE]Das ist eine der Fragen, die während der Europameisterschaft der Frauen in Gaziantep auftauchte, denn dort trat zum ersten Mal die neue Schach-Kleiderordnung in Kraft.[/QUOTE][QUOTE]Die Generalsekretärin des Europäischen Schachverbands, Stoisavljevic, erwartet trotzdem keine ernsthaften Auseinandersetzungen mit den Frauen. Bei Männern sei die Situation etwas anders. Die Europameisterschaft für Männer werde demnächst beginnen und man werde sehen, was dort passiert.[/QUOTE]

Beitrag von Maschendrahtzaun

Wie auch immer, wenn jeder Schachspieler sich von sich aus anstaendig anziehen wuerde, waere offenbar kein Bedarf fuer eine solche Regel da. Augenscheinlich ist das bisher nicht der Fall, deswegen finde ich es jetzt interessant zu beobachten, wie auf diese Kleiderregeln reagiert wird.

Beitrag von Kiffing

Aber genau da sind wir wieder bei der persönlichen Freiheit. Wer will darüber richten, was "anständig" sei und was nicht? Für viele sind z. B. Jogginghose und Shirt anständig, weil man seinen lockeren Persönlichkeitstyp damit zum Ausdruck bringt, während andere dies als respektlos gegenüber dem Schachsport und den Sponsoren empfinden. Ich denke, die oberste Instanz in dieser Frage sollten immer noch die Spieler selbst sein und sich so kleiden wie sie wollen. Sie müssen sich ja in der Kleidung wohlfühlen, und ob irgendwelche Kleingeister daran Anstoß nehmen, interessiert mich nur soviel als wenn in China ein Sack Reis umfällt. Es gibt einfach bestimmte Freiheitsrechte, da hat niemand herumzupfuschen. Gleichschaltung finden wir auf der Welt genug, jetzt bitte nicht auch noch am Schachbrett.

Beitrag von Kampfkeks

Ich sehe das so wie Kiffing. Es gibt für eine Kleiderordnung meines Erachtens überhaupt keine Notwendigkeit. Dennoch halte ich es für eine gute Idee, wenn man dem Schiedsrichter/Turnierleiter eine gewisse Entscheidungsbefugnis einräumt: Wer ungewaschen und im Unterhemd zu einem wichtigen Turnier erscheint (womöglich sogar noch vor Publikum), den kann man meines Erachtens ruhig darauf hinweisen, daß die Kleiderwahl unangemessen ist und die Partie auf diese Weise nicht gespielt werden kann. Muß ja nicht gleich ein Anzug sein, geschweige denn ein festgelegter Schach-Dresscode. Sauberes T-Shirt und Sandalen wären von mir aus ok. Jeder so, wie er möchte. Aber bitte einigermaßen sauber und gepflegt!

Beitrag von hako

[QUOTE=Kampfkeks;16574] Wer ungewaschen und im Unterhemd zu einem wichtigen Turnier erscheint (womöglich sogar noch vor Publikum), den kann man meines Erachtens ruhig darauf hinweisen, daß die Kleiderwahl unangemessen ist und die Partie auf diese Weise nicht gespielt werden kann.[/QUOTE]Es geht doch viel einfacher :) wer es für unnötig hält sich bei einem größeren Turnier angemessen zu repräsentieren, wird einfach beim nächsten Mal nicht mehr eingeladen :cool:Jetzt mal ernsthaft: Bei Mannschaftskämpfen ist eine Kleiderordnung mehr als unnötig. Bei einem größeren Turnier - am besten noch eins mit Elo-Wertung - ist es einfach unhöflich unrasiert oder sogar ungewaschen zu kommen. Man kann ja gerne im T-Shirt kommen oder im Pullover kommen - selbst eine "Hemdenpflicht" halte ich für übertrieben - aber Körperpflege ist ja wohl immer angesagt....

Beitrag von Kiffing

Wir haben übrigens einen prominenten Rebellen gegen den auch bei dem aktuell laufenden Kandidatenturnier vorgeschriebenen Dresscode: Shakhriyar Mamedyarov. Seht selbst: [IMG][Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://i.imgur.com/M15dk2o.jpg". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://i.imgur.com/M15dk2o.jpg" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.][/IMG]:DBild aus: [url]http://de.chessbase.com/post/kandidatenturnier-drei-siege-in-runde-zwei[/url]