Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Der Chinese - Ding Liren“

schachburg.de

Beitrag von Kiffing

Der Chinese Ding Liren hat als 19jähriger schon zum 3. Mal die chinesische Landesmeisterschaft gewonnen. Den ersten Titel holte er sich mit 16 Jahren. Derzeit hat er eine Elo von 2660. Was meint ihr, kann aus ihm noch ein absoluter Weltstar vom Stile eines Topalovs werden? Werden die Chinesen auch im Schach kommen? Und wie schätzt ihr den Stil von Ding Liren ein? Pflegt er einen eigenen Stil wie einst Anatoli Karpov oder Jose Raul Capablanca und ist er schon alleine deswegen eine bemerkenswerte Bereicherung für die Schachwelt?[IMG][Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://i.imgur.com/Fq8aywq.jpg". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://i.imgur.com/Fq8aywq.jpg" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.][/IMG]

Beitrag von Dragon

keine ahung da ich ihn nicht kenne könnte ich ihn auch nicht ein schätzen wäre supper wenn du eine Partie posten könntest dann könnte man ihn besser einschätzen

Beitrag von Kiffing

Hier ein Sieg mit Schwarz gegen Gata Kamsky beim Aeroflot Open in Moskau 2011. Aber um sich ein Bild von dem Jungstar zu machen, müßte mal wohl mehr Partien von ihm studieren, die ja im Netz zu finden sind. Vielleicht hat ja der ein oder andere in der Frage schon ein gewisses Vorwissen. [Event "Aeroflot Open"][Site "Moscow RUS"][Date "2011.02.13"][EventDate "2011.02.08"][Round "6"][Result "0-1"][White "Gata Kamsky"][Black "Ding Liren"][ECO "C11"][WhiteElo "2730"][BlackElo "2628"][PlyCount "80"]1. e4 e6 2. d4 d5 3. Nc3 Nf6 4. e5 Nfd7 5. f4 c5 6. Nf3 Nc67. Ne2 Be7 8. c3 O-O 9. Be3 f6 10. g3 Qb6 11. Qd2 fxe512. dxe5 Rd8 13. Bh3 d4 14. Bf2 d3 15. Nc1 Nf8 16. b3 Qa617. a4 b5 18. O-O Bb7 19. Ra2 b4 20. c4 Na5 21. Be3 Nxc422. bxc4 Qxc4 23. f5 exf5 24. Bxf5 Qd5 25. Bxd3 c4 26. Bb1 Qc627. Qe1 Ng6 28. Raf2 Nxe5 29. Ne2 Rd3 30. Ned4 Qd5 31. Bxd3Nxd3 32. Qd2 Nxf2 33. Rxf2 Rf8 34. h4 c3 35. Qd3 Bc5 36. Bf4Rd8 37. Be5 Re8 38. Bf4 Re1+ 39. Rf1 Qxf3 40. Qxf3 Bxd4+ 0-1

Beitrag von SeeFree

So wie es sich anhört spielt er gut :top:

Beitrag von Dragon

Oo sogar Kamsky wurde besiegt von Ding Liren besiegt :top:tja hätte Kamsky wohl doch bei seinen guten Londoner system bleiben sollen ;)

Beitrag von Kiffing

Man sieht, schon zu Anfangszeiten der Schachburg war Ding Liren im Gespräch. Nun hat sich der damals 19-Jährige also im World-Cup durch seinen Finalsieg gegen Wesley So für das WM-Kandidatenturnier in Berlin 2018 qualifiziert. Wie würdet ihr seinen Stil und seine Stärken und Schwächen beschreiben? Ich habe eine Partie aus diesem Jahr, die er gegen seinen Landsmann Yu Yanghi in Shenzhen gespielt hat. In dieser Partie zeigt er sich als guter Vertreter der Chinesischen Schachschule. Vor allem gute Technik von Beginn an und eine ganzheitliche Ausrichtung, durch die er jeden Bestandteil am Schachbrett in seinen Planungen berücksichtigt und jederzeit zu Flügelschwenks bereit ist, sind in dieser Partie zu sehen. Diese Vorzüge hatte bereits Liu Wenzhe in seiner "Chinese School of Chess" herausgearbeitet. Ding Liren zeigt wie schon Mir Sultan Khan aus Indien Manövrierkunst mit einem Höchstmaß an Geduld. In puncto Lanzeitorientierung rangiert China übrigens noch vor Indien nach den vergleichenden Kulturstudien von Geert Hofstede auf Rang eins aller untersuchten Länder. Die Vergleichsliste ist von 2001, weil Hofstede diesen Faktor in seinem Kulturvergleich erst sehr viel später untersuchte als die vorherigen Kategorien. Deutschland kam in puncto Langzeitorientierung auf Rang 13 von 23 Nationen. Mit 31 Punkten sieht der Unterschied gegenüber Indien (61 Punkte) und vor allem China (118 Punkte) frappierend aus: [url]http://www.clearlycultural.com/geert-hofstede-cultural-dimensions/long-term-orientation/[/url]. Natürlich hat das Auswirkungen aufs Schachspiel, das in seiner Geschichte schon immer ein Gradmesser der jeweiligen Kulturen gewesen war. [Event "Shenzhen Masters"][Site "Shenzhen CHN"][Date "2017.03.29"][EventDate "2017.03.23"][Round "6.3"][Result "1-0"][White "Ding Liren"][Black "Yu Yangyi"][ECO "A06"][WhiteElo "2759"][BlackElo "2750"][PlyCount "101"]1. Nf3 d5 2. g3 Bg4 3. Bg2 c6 4. O-O Nd7 5. h3 Bxf3 6. Bxf3Ngf6 7. d3 e5 8. e4 dxe4 9. dxe4 Bc5 10. Nd2 O-O 11. a4 a512. Qe2 Qe7 13. Rd1 Rfd8 14. Nc4 b6 15. Kg2 h6 16. Rd3 Qe617. b3 Bd4 18. c3 Bc5 19. Qd1 Be7 20. Be3 Nc5 21. Rxd8+ Rxd822. Qc2 Bf8 23. Rb1 Rb8 24. Rd1 Ncd7 25. Be2 Nc5 26. f3 Ncd727. Bf2 g6 28. Be1 h5 29. h4 Ra8 30. b4 axb4 31. cxb4 b532. Na5 bxa4 33. Bc4 Qe8 34. Nxc6 a3 35. b5 Nb6 36. Ba2 Nfd737. Ba5 Bc5 38. Rd3 Kg7 39. Bc3 Kh7 40. Qd2 Bf8 41. Ba5 Kg742. g4 Be7 43. gxh5 Bxh4 44. hxg6 fxg6 45. Rd6 Bf6 46. Re6 Qf847. Bb4 Qh8 48. Nxe5 Nxe5 49. Rxf6 Qh5 50. Bc3 Ra7 51. Qf4 1-0

Beitrag von Birliban

[QUOTE=Kiffing;28141]Man sieht, schon zu Anfangszeiten der Schachburg war Ding Liren im Gespräch. Nun hat sich der damals 19-Jährige also im World-Cup durch seinen Finalsieg gegen Wesley So für das WM-Kandidatenturnier in Berlin 2018 qualifiziert. Wie würdet ihr seinen Stil und seine Stärken und Schwächen beschreiben? Ich habe eine Partie aus diesem Jahr, die er gegen seinen Landsmann Yu Yanghi in Shenzhen gespielt hat. In dieser Partie zeigt er sich als guter Vertreter der Chinesischen Schachschule. Vor allem gute Technik von Beginn an und eine ganzheitliche Ausrichtung, durch die er jeden Bestandteil am Schachbrett in seinen Planungen berücksichtigt und jederzeit zu Flügelschwenks bereit ist, sind in dieser Partie zu sehen. Diese Vorzüge hatte bereits Liu Wenzhe in seiner "Chinese School of Chess" herausgearbeitet. Ding Liren zeigt wie schon Mir Sultan Khan aus Indien Manövrierkunst mit einem Höchstmaß an Geduld.[/QUOTE]Die Stärken von Ding Liren sind damit eigentlich schon und schön beschrieben. Seine Schwächen sind beim World-Cup-Finale gg. Aronjan deutlich geworden: Konditionell konnte er gegen Aronjan nicht mithalten. Zwar war auch Aronjan nach dem Halbfinale ziemlich erschöpft, konnte aber ein paar letzte Reserven, sowohl in physischer wie in psychischer Hinsicht, mehr mobilisieren. Reserven, die Dink Liren, wohl aufgrund seiner schmächtigen körperlichen Konstitution, im Finale einfach nicht mehr hatte. Ein Manko war auch ein Defizit an Reife und Erfahrung gegenüber Aronjan. Aber das kann man Ding Liren schwerlich als Schwäche ankreiden, denn im Alter von 24 Jahren, steht der Höhepunkt der Persönlichkeitsentwicklung eigentlich noch bevor.Mich beeindruckt die Genauigkeit und Unbedingtheit im Stil von Ding Liren. Sein Positionsspiel und seine Aggressivität sind zu gleichen Teilen ausgeprägt und derart vereint, daß es für mich schwer auszumachen ist: Spielt er nun positionell oder aggressiv? Die Antwort ist einfach: Er spielt auch aggressiv, wenn er positionell spielt! Es ist also die Aggressivität und Kraft in seinen positionellen Zügen, die mir am Stil von Ding Liren gefallen.Abschließend noch ein Interview von ChessBase. Mit gefällt die Bescheidenheit und Zurückhaltung von Ding Liren und der Hang zur Einfachheit. Auch bei Wei Yi sind diese Eigenschaften sehr ausgeprägt. Und Freunde sind sie auch. Und genau wie Wei Yi handhabt es auch Ding Liren: Preisgelder gibt er seiner Mutter.[url]http://de.chessbase.com/post/wer-ist-ding-liren-ein-interview[/url]

Beitrag von Kiffing

Interessantes Interview. :top: Der Chinese gibt sich trotz verbindlicher Umgangsformen recht bedeckt, so dass ich ihn mir gut als jemand vorstellen könnte, der auch auf dem Schachbrett die Kunst der Camouflage beherrscht. Er wirkt sehr fokussiert und ist bestimmt für jeden Spieler höchst unangenehm zu spielen. Jedenfalls danke dafür, dass du klargestellt hast, dass er danach noch im Finale ran musste. Ich hatte überall gelesen, dass Ding Liren sich durch den Wold Cup für das WM-Kandidatenturnier qualifiziert hatte und war automatisch davon ausgegangen, dass er damit das Turnier gewonnen habe.