Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Wenn der Gegner mal länger braucht“

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Beitrag von hako

Ein grundsätzliches Problem von Turnierpartien. Irgendwann ist die Geduld erschöpft. Man hat alles durchgerechnet. Man weiß auf welche Züge des Gegners man wie antwortet. Man warten sehnsüchtig darauf, dass der Gegner endlich mal zieht. Sicherlich war jeder von uns schon in der Situation. Man wartet und wartet und entweder kommt der Gegner gerade erst von der Nachbarpartie oder er überlegt bereits eine halbe Ewigkeit.Irgendwann hat jeder keine Geduld mehr, aber man kann nichts machen. Es ist ja das Recht des Gegners zu überlegen. Man kann ihn nicht dazu zwingen endlich zu ziehen. Also muss man ausharren.Was macht man in solchen Situationen?Man kann was essen, trinken, schlafen, lesen ist verboten, Musik ist auch schlecht. Man kann auf mal einen Blick auf andere Partien werfen. Bei Mannschaftskämpfen kann man sich ausrechnen, wie der Kampf ausgehen wird. Es ist jedoch meiner Meinung nach nicht ratsam, das so intensiv zu betreiben. Es strengt an und fordert die Konzentration, die bei der eigenen Partie sinnvoller einzusetzen ist. Ein kurzer Blick schadet dennoch nicht.Ich persönlich bevorzuge etwas hin- und hergehen vorm Verein, um frische Luft zu schnappen. Ich versuche dabei möglichst abzuschalten und für einen Moment die Partie zu vergessen. Danach kann ich mit freien Kopf mich wieder meiner Partie widmen und eventuell auch Neues dabei feststellen.Eine weitere Möglichkeit ist natürlich auch sitzen bleiben und nachdenken. Aber nach einer gewissen Zeit geht das einfach nicht mehr.Entspannungsübungen sind mir spontan eingefallen. Ich hab es zwar noch nie gesehen, aber denkbar wäre es.

Beitrag von Kiffing

Ich kann schon verstehen, was hako meint. Mich würde das auch anstrengen, mich wirklich in andere Partien hineinzuversetzen, während ich selber spiele. Da kommt von mir meist nur ein oberflächlicher Blick, und höchstens, wenn gerade eine entscheidende Situation am Brett kommt, versuche ich, mich wirklich auf die Partie einzulassen. Kollidiert natürlich mit meiner Funktion als Mannschaftskampfberichterstatter meiner Vereinshomepage. :DGenerell ist es bei mir so, daß ich, vorausgesetzt ich bin richtig drin in meiner eigenen Partie, auf Ablenkungen fast allergisch reagiere. Gut, jeder, der mich kennt, weiß, daß ich auf Ansprache natürlich höflich bleibe. Aber im Prinzip stört mich jedes Reden und jede Ablenkung von der Partie nur. Bin dann drin in meiner Gedankenwelt um die Partie und möchte dann auch da bleiben können, um das Maximum an Konzentration für meine eigene laufende Partie herauszuholen. Ablenkung zieht hier nur Konzentration von der eigenen Partie ab. Ansonsten arrangiere ich mich mit der besonderen Situation beim Schach spielen. Oft kommen mir beim Spielen, abgesehen ich bin gerade in einer wichtigen Konzentrationsphase, meist andere themenfremde Gedanken, denen ich dann ungestört nachgehen kann. Im Prinzip mag ich die Atmosphäre bei Turnierpartien. Aber ich mag auch die Zeit danach, wo alles vorbei ist und ich mir endlich mein Bier trinken darf. Vorausgesetzt, ich war erfolgreich. :D

Beitrag von MagnusFTW

Ich geh raus an die frische Luft, kurz den Kopf freimachen. Kiebitzen bei befreundeten Schachspielern mache ich auch, komischerweise haben die meistens interessantere Stellungen :DIch brauche das auch, eine kurze Pause, das tut meiner Konzentration dann nachher nur gut

Beitrag von Fast_IM

Etwas Bewegung ist sicherlich sinnvoll, das mache ich auch. :DWer schon unbedingt am Brett bleiben möchte, sollte einem Ratschlag von John Nunn folgen: Nimm Abstand vom Ausrechnen der forcierten Varianten, während dein Gegner am Zug ist. Stelle stattdessen lieber allgemeine Überlegungen an. Wer hat die bessere Bauernstruktur? Wäre ein Leichtfigurenendspiel besser für mich oder für meinen Gegner? Was ist meine schlechteste Figur? Usw.

Beitrag von yury

Ich bin auch so jemand, der ständig durch die Gegend läuft, wenn er gerade nicht am Zug ist. Auch noch nachzudenken, während der Gegner am Zug ist, wäre mir viel zu anstrengend. ;) Dann kiebitze ich lieber bei anderen Leuten oder rechne das Ergebnis (meistens falsch, weil zu pessimistisch - wie halten die diese Stellungen immer Remis? :D) aus.

Beitrag von hako

[QUOTE=DerSiedler;1631]Deswegen: Immer auf Sieg spielen und Remis erst machen, wenn die Stellung tot ist oder wenn es 4-3 steht.[/QUOTE]Ja, in dem Fall ist es vom Vorteil pessimistisch zu denken :froh: so schlimm es sich auch anhört

Beitrag von FraKoWu

Tja, für mich stellt sich diese Frage gar nicht so sehr, da ich in der Regel immer mehr Zeit verbrauche als mein Gegner und meistens die Bedenkzeit voll ausschöpfe. Wenn ich aber nicht am Zug bin, stehe ich auch zwischendurch mal auf und schaue auf die anderen Partien, selbst wenn ich mich nicht so in die Spiele reindenke, so überschlage ich zumindest das Material :-)....als Mannschaftsführer interessiert mich natürlich immer besonders, wie der Kampf wohl ausgeht. zwischendurch geht man auch als Nichtraucher mal kurz raus, um frische Luft zu schnappen. Aber meine Partie nimmt mich schon immer so sehr in Anspruch, daß ich ein längeres Nachdenken meines Gegners als angenehme Pause empfinde.

Beitrag von ToBeFree

"Schlafen". ;)[übrigens fehlen in diesem Forum noch ein "lol"- und ein grinsender Smiley...]Ich "schlafe" nicht wirklich und habe dabei auch die Augen offen. Wenn der Gegner zieht, bemerke ich das und spiele weiter. Ich finde es oft einfach unnötig, aufzustehen oder aus dem Fenster zu sehen - in manchen Situationen (mir fällt jetzt leider kein Beispiel ein) kommt mir das sogar etwas unhöflich vor. Also "schlafe" ich. Ich denke dann an irgendetwas, was mir gerade in den Sinn kommt, nur nicht an Schach. Vielleicht ist das sogar ganz hilfreich; dann kann ich mich in meinem Zug voll auf die Partie konzentrieren und andere Gedanken auf die Pause nach dem Zug verschieben.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=ToBeFree;1650]"Schlafen". ;)[übrigens fehlen in diesem Forum noch ein "lol"- und ein grinsender Smiley...][/QUOTE]lol=:lach:grinsender Smiley=:D[QUOTE=TobiFree]Ich "schlafe" nicht wirklich und habe dabei auch die Augen offen. Wenn der Gegner zieht, bemerke ich das und spiele weiter. Ich finde es oft einfach unnötig, aufzustehen oder aus dem Fenster zu sehen - in manchen Situationen (mir fällt jetzt leider kein Beispiel ein) kommt mir das sogar etwas unhöflich vor. [/QUOTE]Mit Unhöflichkeit hat das nichts zu tun, weil es sich einfach so eingebürgert hat, daß die meisten während der Partie aufstehen, wenn sie nicht am Zug sind. Es kann ja sein, daß Du das Bedürfnis nicht hast. Aber manche brauchen das, um sich die Beine zu vertreten, weil man selbst vom vielen Sitzen schon ganz eingerostet ist, oder einfach um frische Luft zu schnappen. Ich kann auch nicht stundenlang auf meinem Platz sitzen. Dann werde ich schnell unruhig und muß aufstehen. ;)

Beitrag von HeRdErChEsS

Ich persönlich rechne bis es nicht mehr geht und dann schaue ich meinen Gegner an.:froh:

Beitrag von hako

Ich persönlich scheue mich davor, bis zum "Umfallen" zu rechnen. Beim Ausdauerlauf darf man ja uch nicht direkt alles geben.

Beitrag von Kiffing

Kommt wohl darauf an, was die Situation verlangt. Wenn es eine sogenannte Schlüsselstellung ist, dann darf man mit Rechnen nicht geizen. Ebenso in komplizierten, taktischen Stellungstypen, wo ein Fehlgriff schon entscheidend sein kann.

Beitrag von Maschendrahtzaun

Ich hatte es schon ein paar mal, dass ich mich "festgerechnet" habe, nur damit der Gegner dann eine Viertelstunde später einen ganz anderen Zug macht und ich wieder von vorne anfangen kann.Deshalb lass ich das mit dem Rechnen lieber, wenn der Gegner dran ist.Macht sowieso keinen Spaß. :v:

Beitrag von hako

Ob man rechnet, während der Gegner am Zug ist, hängt in der Tat von der Zeit ab. Ich rechne bei Schnellschach und Co einfach durch und lege von Zeit zu Zeit ein "Full-Stop" (quasi mein "reset"-Kopf) ein (funktioniert leider nie vollständig).Bei Partien, die 4 Stunden dauern können, teile ich mir meine Konzentration ein und rechne erst dann durch, wenn eine komplizierte Stellung (Matt, Materialgewinn) aufkommt.

Beitrag von Maschendrahtzaun

Ein "Full-Stop"?Interessant...wie machst du das?

Beitrag von Aimbot

Meistens gehe ich raus an die frische Luft und entspanne mich da ein bisschen. Dann unterhalte ich mich auch oft mit meinen Freunden was es so alles neues gibt oder mit dem der gerade draußen steht. Ansonsten essen, trinken und wenns kompliziert wird und meine Zeit knapp wird rechnen.Hab auch schonmal vor der Tür Fußball gespielt, während mein Gegner nachgedacht hat. Mein Trainer war dann aber ziemlich sauer ^^. Es war aber nur Einzelmeisterschafts-Vorrunde und mein Gegner war ziemlich schlecht, der hat dann nachdem er in 10 Minuten 20 Züge gemacht hat und dabei eine Figur mehr oder weniger eingestellt hat angefangen auf einmal die ganze restliche Zeit aufzubrauchen, als die Stellung wirklich total hoffnungslos verloren war. Na ja, fand ich eher von dem unhöflich ;)

Beitrag von Kiffing

Vielleicht wollte er sich bei Dir für diese "Mißachtung" rächen. :D

Beitrag von Aimbot

Ne, das hab ich ja erst gemacht, nachdem er solange überlegt hat

Beitrag von hako

[QUOTE=Maschendrahtzaun;1747]Ein "Full-Stop"?Interessant...wie machst du das?[/QUOTE] Augen schließen, mehrmals tief durchatmen, bis mal das Gefühl hat den Kopf etwas mehr frei zu haben. :hexe:Funktioniert leider nicht sonderlich gut, weil das zu lang dauern würde. Es hilft aber, wenn man sich komplett "festgerechnet" hat, und nur noch einen Zug sieht.

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Fast_IM;885]...Wer schon unbedingt am Brett bleiben möchte, sollte einem Ratschlag von John Nunn folgen: Nimm Abstand vom Ausrechnen der forcierten Varianten, während dein Gegner am Zug ist. Stelle stattdessen lieber allgemeine Überlegungen an. Wer hat die bessere Bauernstruktur? Wäre ein Leichtfigurenendspiel besser für mich oder für meinen Gegner? Was ist meine schlechteste Figur? Usw.[/QUOTE]Das möchte ich nochmal hervorholen.Eine Schachturnierpartie ist ein doppelter Marathonlauf. Die allerwenigsten Spieler können hier von Anfang bis Ende volles Tempo gehen und auch viele spitzenspieler sind Wandervögel und bleiben nicht stur die ganze Zeit am Brett sitzen.Etwas Entspannung und dezente Ablenkunghilft genauso wie frische Luft gegen überheizte, stickige Räume.In Mannschaftskämpfen gehört ein Blick auf die anderen Bretter dazu - als info über den Wettkampfstand. Es gibt aber Situationen, wo dies auch mal unterbleiben kann bzw. sollte.Zurück zum Rat von Nunn/Fast-IM: Wer seine Nervosität beherrscht, den Blasendruck gut steuert und auch bei geringerem O2-Anteil im Spielsaal ordentlich denken kann, der ist gut beraten genau nach dem Nunn-Schema vorzugehen und die gegnerische Bedenkzeit für "Strukturstudien" zu verwenden.Daneben gibt es auch angespannte schachliche Situationen, wo auch ganz konkret gerechnet werden sollte, gerade bei geringem eigenen Zeitkontingent.

Beitrag von Kiffing

Wegen den Mannschaftskämpfen, so habe ich es schon oft gesehen, daß Mitspieler unbedingt mannschaftsdienlich spielen wollten, es damit aber nur schlimmer machten. So unterließen sie die Annahme eines Remisangebots in schwieriger Stellung gegen stärkere Gegner aus Rücksicht auf den heiklen Mannschaftsstand, verloren, und am Ende fehlte dem eigenen Team dann ausgerechnet dieser so wichtige halbe Punkt.Deswegen denke ich, ist es am sinnvollsten, wenn man im Mannschaftskampf möglichst wenig eigene Kapazitäten aufgrund der anderen Partien abzieht, sich erst gar nicht auf taktische Überlegungen einläßt, sondern versucht, das Beste aus der eigenen Partie herauszuholen und erst dann mannschaftsdienlich wird, wenn die Überlegungen im Hinblick auf das erwartete Endergebnis des ganzen Mannschaftskampfes am Ende eindeutig geworden sind (etwa es steht 3:3, mein Partner, der neben mir als einziger noch spielt, kämpft mit Minusturm auf verlorenem Posten, wird verlieren, also muß ich gewinnen). Vorher sollte man sich von solchen taktischen Überlegungen aber nicht verrückt machen lassen, weil das Schach ein solch vielseitiges Spiel ist, daß bis zum Ende im Prinzip jede Partie noch mehr oder weniger offen ist. Ein Mannschaftskampf im Schach ist ja nicht umsonst ein Ereignis, das sich aus der Summe von acht Einzelpartien zusammensetzt.

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;17319]...Deswegen denke ich, ist es am sinnvollsten, wenn man im Mannschaftskampf möglichst wenig eigene Kapazitäten aufgrund der anderen Partien abzieht, sich erst gar nicht auf taktische Überlegungen einläßt, sondern versucht, das Beste aus der eigenen Partie herauszuholen und erst dann mannschaftsdienlich wird, wenn die Überlegungen im Hinblick auf das erwartete Endergebnis des ganzen Mannschaftskampfes am Ende eindeutig geworden sind (etwa es steht 3:3, mein Partner, der neben mir als einziger noch spielt, kämpft mit Minusturm auf verlorenem Posten, wird verlieren, also muß ich gewinnen). Vorher sollte man sich von solchen taktischen Überlegungen aber nicht verrückt machen lassen, weil das Schach ein solch vielseitiges Spiel ist, daß bis zum Ende im Prinzip jede Partie noch mehr oder weniger offen ist. Ein Mannschaftskampf im Schach ist ja nicht umsonst ein Ereignis, das sich aus der Summe von acht Einzelpartien zusammensetzt.[/QUOTE]Es gibt Spielertypen, die sind mir ihrer eigenen Partie so gefordert,daß ihnen Ablenkungen und andere Informationen grundsätzlich schaden.Ich kann mich auch an Mannschaftkämpfe erinnern, wo mir der Blick über die anderen Unbehagen bereitete und mein eigenes Spiel negativ beeinflußte.Und ebenso wird es meinen Mannschaftskameraden an anderen Stellen gegangen sein, wenn sie meine Ruinen so betrachteten.Es gibt aber auch umgekehrte, wo die Stellungen der anderen auch wieder Mut machen oder die Last der Verantwortung mindern.Es ist eben das Besondere an Mannschaftkämpfen, daß es keine 8 isolierten, unsichtbaren Partien sind, die dann zu einem "überraschenden" Schlußergebnis zusammengezählt werden.Abhängig von der Spielklasse sind auch die "Schwankungen" in den Partien und im gesamten Mannschaftkampf mehr oder weniger krass.Ein Problem für mich sind Zeitnotspezialisten im Team, bei denen man neben dem Wert ihrer Position auch noch ihre (Über)Lebensfähigkeit in der hektischen Blitzphase einzuschätzen hat. Hier bin ich auch über jede Partie froh, deren Resultat dann feststeht und nicht mehr emotional aufreibt.In Mannschaftkämpfen sollte ein persönliches Maß angestrebt werden, was die Konzentration auf die eigene Partie und den Verlauf des Mannschaftkampfes angeht.Persönlich mag ich weniger mit Leuten in einer Mannschaft zusamenspielen, die nur Augen für ihre eigene Partie haben und die den Mannschaftskampfverlauf nicht auch mal bei ihrer Partieführung einbauen - egal wie spielstark sie sind.Mannschaftskampf ist mehr und anders als 8 Einzelpartien.