Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Handyverbot bei Schachturnieren?“

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Beitrag von Kiffing

Nach dem erneuten Betrugszwischenfall in Dortmund wird von Schachfreunden vielfach gefordert, zur Sicherheit der überwältigenden Mehrheit der ehrlichen Spieler ein generelles Handyverbot bei Schachturnieren zu verhängen. Diese Lösung hätte natürlich aber auch ihre Nachteile. Dieser Thread soll zur Diskussion dienen und ein Meinungsbild abbilden, wie die davon betroffenen Schachspieler das selber sehen.Egal, ob die Spieler Georg Natsidis, Falko Bindrich oder Jens Kotainy hießen. Auch wenn die drei Spieler nicht miteinander in den Topf geworfen werden sollten, weil noch einmal betont werden muß, daß Falko Bindrich bis heute nicht des Betrugs überführt worden ist, so war in allen Fällen doch das Handy der Stein des Anstoßes. Ein Handy ist für fast alle Menschen heute ein unverzichtbarer Bestandteil von Alltags- und Berufsleben geworden. Wie so viele Dinge, kann es aber auch mißbraucht werden. In diesem Falle kann das Handy etwa genutzt werden, um sich in geschützten Bereichen wie den sanitären Anlagen via Anruf oder Schachprogramm/Internet mit Informationen zu versorgen. Ganz findige Personen können es auch soweit manipulieren, daß es nahezu geräuschlos Signale versendet wie etwa Morsezeichen. In diesem Falle bin ich auch der Meinung, daß ein allgemeines Handyverbot den Spielern deutlich mehr Sicherheit bietet als momentan, aber auch die Möglichkeit erschwert, anderen Spielern Betrug vorzuwerfen, was in jedem Fall die Stimmung vergiftet und rufschädigend ist. Das Handyverbot greift allerdings auch in die Freiheitsrechte der Spieler ein. Das sollte bei der Überlegung, ein Handyverbot einzuführen, auch bedacht werden. Allerdings scheint mir in diesem Fall das allgemeine Ziel, nämlich Sportbetrug einzudämmen, ein sehr ehrenwertes und sinnvolles Ziel zu sein. Deswegen würde ich das nicht Gängelung nennen wie bei den neuen Schachregeln rund um Kleiderordnung oder Karenzzeitkürzung, wo das allgemeine Ziel, weswegen diese Regeln erlassen wurden, in keiner Weise ehrenwert oder sinnvoll ist, weswegen ich nach wie vor diese beiden neuen Regelungen strikt ablehne. Sollte ein Handyverbot erlassen werden, sollten aber noch einige Ausnahmeregelungen geltend gemacht werden und weitere begleitende Maßnahmen beschlossen werden. So sollte das Handy vor dem eigenen Spiel eingeschlossen oder beim Turnierleiter abgegeben werden können, um die Schachspieler nicht dazu zu nötigen, ggf. ihr Handy gar nicht erst mitzunehmen. Dazu hat sich das Handy heute bereits zu sehr als ständiger Begleiter durchgesetzt. Außerdem sollten Ausnahmeregelungen möglich werden für Personen, die dringend auf das Handy angewiesen sind, und zwar für Personen, die während ihres Spiels Bereitschaftsdienst haben, als Arzt etwa oder als Feuerwehrmann. Das kann ja dann mit den Turnierorganisatoren vorher besprochen werden. So kann sicher gemacht werden, daß niemand ausgeschlossen wird, was dem integrierenden Charakter dieser traditionsreichen Kultursportart gegenüber schädlich wäre. Sollte ein Handyverbot also beschlossen werden, wäre es in diesem Sinne denkbar, diese Maßnahme erst in etwa einem Jahr oder zwei Jahren wirksam werden zu lassen, damit Veranstalter von Schachturnieren die nötige Zeit haben, die Infrastruktur ihrer Turnierareale auf diese Regelung einzustellen. Wie denkt ihr über ein allgemeines Handyverbot bei Schachturnieren?

Beitrag von AIL

Ich fänds sinniger, dass man die Dinger einfach ausgeschaltet auf den Tisch zu legen und während der Partie nicht zu berühren hat. Bei Sonderfällen wie in deinem Beispiel halt auch eingeschaltet und nur im Notfall berühren.Zwischen den Partien können die Leute ja damit wieder machen was sie wollen.Es gibt übrigens auch Schachuhr-Apps. Wenn man die Handys dafür benutzt, dann ist ebenfalls sichergestellt, dass man damit nicht betrügt.Ich fürchte allerdings, dass richtig findige Betrüger weit ausgeklügeltere Methoden haben als "während der Partie auf dem Klo ins Handy schauen".Soweit ich weiß hat ja immernoch keiner bewiesen ob und wenn ja, wie genau Borislav Ivanov "es" gemacht hat. Die abenteuerlichsten Theorien gehen sogar soweit irgendwelche Mechanismen zu vermuten, die er mit den Füßen bedient, um die Züge einzugeben.

Beitrag von Dragon

Kiffing wie stellst du dir das vor? Sollen alle Spieler vor der Partie ihr Handy abgeben? okay bei einem kleinen Turnier mit 15-25 Spielern vielleicht aber z.B. Dortmund; willst du alle 200 Spieler ihre Handy wegnehmen und was ist mit Spieler die sagen ich habe kein Handy mit, sollen die dann die Spieler durchsuchen? Ich wüsste einfach nicht wie man das vernünftig umsetzen soll. Man kann natürlich einfach sagen jeder muss sein Handy ausgeschaltet auf dem Tisch liegen haben aber auch das basiert noch auf die fairness der Spieler!

Beitrag von Kiffing

@Dragon: wie gesagt, würde ich diese Regelung, die m. E. früher oder später sowieso auf uns zukommt, erst dann unterstützen, wenn die dafür erforderlichen Maßnahmen eingeleitet worden wären. Große Turniere, die Du ansprichst, verfügen ja auch über entsprechende Räumlichkeiten, und in denen könnte man sehr gut Spinde hinstellen oder einen Abstellraum, der von einem freiwilligen Helfer überwacht wird. Oder man gibt die Handys einfach beim Schiedsrichter ab. Dabei ist es unerheblich, daß es für findige bzw. skrupellose Geister immer noch Möglichkeiten gibt zu betrügen. Das ist ja auch überall in der Realität so. Eine perfekte Lösung kann es nie geben. Aber mit solchen Maßnahmen kann man solchen Sportbetrug zumindest eindämmen. Und wer mit einem Handy erwischt wird, verliert eben die Partie wie schon heute, wenn es klingelt. Übrigens darf der Schiedsrichter schon jetzt bei begründetem Verdacht das Handy des Spielers untersuchen. Die momentanen Regelmodifizierungen des DSBs, um dem relativ neuartigen Phänomen des e-Dopings gerechtzuwerden, laufen ja auch darauf hinaus, daß der Spieler, der sich der begründeten Untersuchung verweigert, wie im normalen Sportdoping mit einem ertappten Betrüger gleichgesetzt wird.

Beitrag von Bauerndiplom

Wenn man ohne Handy nicht überleben kann , dann muss es schon jederzeit sichtbar sein . Entweder legt es man auf den Tisch ( Diebstahlsgefahr ) oder legt es sich um den Hals/Gürtel :[ATTACH=CONFIG]1446[/ATTACH]Reine Sache der Spieler , wo sie mit ihrem Handy bleiben , das kann man im Normalfall nicht der Turnierleitung aufbürden .Ausnahmen sollte es auch nicht geben , ich will eine Partie spielen , wie unfair ist es , wenn Feuerwehrmänner / Ärtze / Hausmeister einen Anruf bekommen und einfach ihre Partie abbrechen .

Beitrag von Kiffing

@Bauerndiplom: so ein Handyverbot quasi ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen, wäre eine zu einseitige Orientierung gegenüber der Sicherheit auf Kosten der Freiheit. Viele Spieler, die zu einem Turnier anreisen, sind vielleicht auf das Handy angewiesen, weil sie ihren Freunden, Eltern oder wem auch immer, von ihrem Spiel erzählen wollen, oder um sich zu verabreden. Gründe zu telefonieren, gibt es viele. Und da sich das Handy mittlerweile komplett durchgesetzt hat (100 Prozent aller 18jährigen besitzen schon min. ein Handy), ist es heutzutage längst nicht mehr der Fall, daß man als Kompensation darauf bauen kann, in der Nähe funktionsfähige Telefonzellen zu benutzen.Wenn also ein solch rigoroses Verbot, ohne die Interessen der Spieler zu berücksichtigen, durchgesetzt wird, wird dies dazu führen, daß das Schachspiel als Ganzes an Attraktivität verliert. Das geht uns alle etwas ein, sei es als persönlich davon Betroffene oder sei es, weil die Anmeldezahlen für Schachturniere sinken werden. Mit der Holzhammermethode kann man allenfalls kurzfristige Effekte erzielen. Nachhaltiger sind gut durchdachte Lösungen unter Berücksichtigung der Interessen aller Seiten.

Beitrag von Bauerndiplom

Während der Partie kann man das Handy nicht benutzen , da ausgeschaltet . Ich sehe schon die Problematik des totalen Handyverbots , eine allzeit Sichtbarkeit ist imo kein Problem . Wenn man es schon zum Turniersaal mitschleppen muss , um später zu telefonieren , sollen sie es jederzeit öffentlich sichtbar vorzeigen , entweder auf dem Tisch , oder in einer durchsichtigen Tasche am Gürtel , um den Hals etc . Ausgeschaltet während der Partie natürlich , ich sehe da überhaupt kein Problem , gegenüber der etwas gehobenen Bequemlichkeit in der Hosentasche ( Cheatingpotenzial verhundertfacht ) .

Beitrag von Dragon

Mit einer Kette das handy am Hals tragen, mit der begründung >Damit es Diebstahl sicher ist[/QUOTE] Das halte ich für eher Fragwürdig, es sind immer noch locker 120 Handys. Sobald ch mein Handy wieder haben will dauert das bloß unnötig Zeit, obwohl es da vielleicht eine Lösung zu finden wäre, aber ich würde ungerne mein Handy abgeben.

Beitrag von Bauerndiplom

[QUOTE=Dragon;20177]Mit einer Kette das handy am Hals tragen, mit der begründung >Damit es Diebstahl sicher istLocker 120 Spieler gleichzeitig auf dem Klo ? Gewagt .. Sicher ist das unbequem , aber noch eher machbar für 5 min. ein Handy zu bewachen und abzugeben am Schiri Tisch um aufs Klo zu gehen, als Schließfächer oder bewachte Räume zu organisieren .

Beitrag von hako

Ist schon traurig, dass mal über sowas nachdenken muss, oder? Na ja, der Westen dopt ja auch seit 45.Mit der Regel. dass im Turnierraum Handys verboten sind, könnte so eine Regel funktionieren (unter der Voraussetzung, dass der Turnierraum während der Partie nicht verlassen werden darf). Bedeutet, dass Spieler entweder ihr Handy gar nicht mitnehmen, bei einem Freund lassen, der dabei ist, oder bei der Turnierleitung abgeben müssen. Bei letzteren stimme ich Kiffing zu, hier müssen die Kapazitäten vorher geschaffen werden.Bei großen Schachturnieren ein Handyverbot einzuführen, mag in Ordnung sein, vllt auch notwendig, auch wenn ich kein Befürworter dieses Verbots bin. Bei kleineren Turnieren (Stadtmeisterschaften usw.) und Manschaftskämpfen außerhalb der Bundesliga halte ich das eindeutig für übertrieben.

Beitrag von ToBeFree

Ich denke auch, dass das mit den 0 Minuten Karenzzeit vergleichbar ist: bei größeren Turnieren könnte die Idee sinnvoll sein, obwohl ich sie selbst nicht befürworte - bei kleineren Turnieren und den Mannschaftskämpfen auf meiner Spielebene wäre so eine Regelung aber vollkommen übertrieben.

Beitrag von hako

Jo, stimmt :jaja:

Beitrag von Kiffing

Anläßlich des Falles Kotainy hat der DSB zwei Empfehlungen für private Turniere herausgegeben: Die eine Empfehlung ist das Verbot für die Teilnehmer, elektronische Geräte mitzubringen, die andere Empfehlung hat zwar mit dem Threadthema nichts zu tun, sei aber der Vollständigkeit halber erwähnt: die Unterwerfungserklärung der Teilnehmer unter den Regularien des DSBs: [url]http://www.schachbund.de/news/erklaerung-zum-fall-kotainy.html[/url]Zur Erklärung: der DSB kann nach derzeitiger Rechtslage Spieler wie Kotainy nicht sperren, wenn diese bei privaten Turnieren des Betruges überführt wurden oder sich sonst grob unsportlich verhalten haben. Dies kann er erst tun, wenn sich Teilnehmer eines privaten Schachturnieres vertraglich den Regularien des Deutschen Schachbundes unterwerfen.Edit: dem DSB-Präsidenten ist offenbar ein peinlicher Lapsus unterlaufen: er verwechselte das Helmut-Kohls-Turnier mit dem Open A bei den Dortmunder Schachtagen.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=ToBeFree;20229]Ich denke auch, dass das mit den 0 Minuten Karenzzeit vergleichbar ist: bei größeren Turnieren könnte die Idee sinnvoll sein, obwohl ich sie selbst nicht befürworte - bei kleineren Turnieren und den Mannschaftskämpfen auf meiner Spielebene wäre so eine Regelung aber vollkommen übertrieben.[/QUOTE]Ja, das hat die FIDE offenbar auch gedacht und die Regel für kleinere Turniere auf Amateurebene entschärft. Turniere dürfen nun die Regeln dergestalt aufweichen, daß den Teilnehmern erlaubt wird, ihre Handys mitzuführen. Der Schiedsrichter muß lediglich darüber informiert werden, und das Handy muß in einer Tasche verstaut sein, darf also während des eigenen Spiels nicht aus der Tasche genommen werden: [url]http://www.swisschess.ch/news-112/items/die-neue-handy-regel-wird-entschaerft.html[/url]

Beitrag von hako

Momentan gilt die Regelung, dass das Handy nicht am Körper getragen werden darf; egal ob an oder aus. Dabei ist es egal, ob das Handy sich in der Jackentasche oder dem Rucksack befindet. Lagert man es in der Jacke, darf man nicht mit der Jacke auf Klo gehen.Ic handhabe das so, dass ich mein Handy ausschalte, es neben die Spieluhr lege und meinen Gegner darauf hinweise. Bis jetzt hat sich darüber noch keiner bechwert.

Beitrag von Babylonia

Wenn ich mein Handy neben die Schachuhr legen würde, dann hätte ich Angst, dass mit das Handy geklaut wird, wenn ich auf die Toilette gehe. Ich laufe auch so privat normalerweise nicht mit einem Handy herum. Auf mein Weihnachtsturnier werde ich kein Handy mitnehmen. Babylonia

Beitrag von Sanpelg

Eigentlich müssten ja Schließfächer vorhanden sein, hat aber keiner...