Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Schachzüge berechnen“

schachburg.de

Beitrag von Riebmeister

Hallo ich bin schachanfänger. Ich will gut Schach spielen können. Und brauche eine gute Methode wie ich Schachzüge berechnen kann. Ich habe auch schon von der Varianten Berechnung gehört. Allerdings habe ich immer noch nicht verstanden, wie die funktioniert. Könnte mir jemand das erklären? Oder eine andere methode? Bitte keine Videos, denn mein Internet ist total langsam. Danke im voraus

Beitrag von Kiffing

Wegen der Variantenberechnung, so ist damit eine systematische Methode gemeint, in den jeweiligen Positionen den Überblick zu behalten und die besten Pläne und daraus abgeleitete Züge zu finden. Der erste Schritt ist erst einmal das Suchen nach Kandidatenzügen, das heißt nach Zügen, die in Frage kommen. Hast Du die Kandidatenzüge miteinander verglichen, was natürlich eine gewisse Berechnung erfordert, mußt Du eine Entscheidung zugunsten des Deiner Ansicht nach besten oder auch meinethalben psychologisch besten Zug treffen. Mit psychologisch besten Zug meine ich einen Zug, der nicht unbedingt objektiv der beste Zug sein muß, aber der den Gegner vor die größten Schwierigkeiten stellt. Dies ist eine eher spekulative Herangehensweise an das Spiel, und ob Dir diese liegt, ist eine Frage des Stils. Der entgegengesetzte Spielertyp ist der, der immer auf der Suche nach der Wahrheit ist, der Forschertyp. Der spielt i. d. R. den objektiv besten Zug.Dann noch ein Hinweis zur Berechnung der Kandidatenzüge. Du solltest erst einmal soweit berechnen wie Du kannst. Bist Du irgendwann an Deine Grenze gekommen, solltest Du die Endstellung abschätzen und mit den Endstellungen der anderen Kandidatenzüge vergleichen. Nach dem Ergebnis spielst Du dann den Zug, der für Dich am vielversprechendsten ist. Die Ausschlußmethode, d. h. das Nichtberechnen von ohnehin absurden Zügen, hilft Dir dabei, Kraft und Zeit ökonomisch einzusetzen und Dich in Deinen Berechnungen auf das Wesentliche zu konzentrieren. Solltest Du nach Auffinden der Kandidatenzüge zu keinem befriedigenden Ergebnis kommen, so empfiehlt Mark Dworetski in Angriff und Verteidigung den Suchmodus zu erweitern und damit auch Zügen eine Chance zu geben, die auf dem ersten Blick eher irrational wirken. Oft findet sich so noch eine versteckte Ressource. Mark Dworetzki macht dies anhand der vorliegenden Stellung aus Najdorf gegen Kotov, Mar del Plata 1957, vor dem 21. Zug deutlich:[FEN=1]2rqr1k1/1p2bppp/p3pn2/3bN1B1/P2P3Q/1B5R/1P3PPP/R5K1 w - - 0 21[/FEN]Hier sind die eher normalen Züge allesamt nicht kräftig genug, um aus dieser eigentlich klar besseren Stellung für Weiß etwas auch dementsprechend Klares herauszuholen. Aber die Stellung ist nicht ohne Grund klar besser, denn hier führt die überraschende Verstärkung des Angriffs mittels 21. Lc2!! (von Najdorf übrigens nicht gefunden) zu einer angemessen Vorteilsverwertung. Die Idee ist, daß der Lc2 nicht geschlagen werden kann, weil nach 21. ...Txc2 22. Lxf6 Lxf6 23. Dxh7+ der Tc2 hängt. Ansonsten ist ein obligatorischer Check nach Schlag-, Schach- und Drohzügen mit anschließender Berechnung sinnvoll, damit man nicht taktische Chancen an sich vorbeiziehen läßt. Gerade, was taktische Ideen angeht, läßt sich dies durch Taktikbücher gut trainieren, an dieser Stelle aber schon einmal der Hinweis, ist eine Figur des Gegners ungedeckt, dann schaue, ob Du das taktisch ausnutzen kannst. Genauso wichtig wie die Taktik ist das Positionsspiel, wobei es hier weniger um dynamische als vielmehr um statische Faktoren geht. Deswegen hier ein Überblick zu taktischen und zu positionellen Motiven:[Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://de.wikipedia.org/wiki/Taktik_(Schach)". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://de.wikipedia.org/wiki/Taktik_%28Schach%29" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.][url]http://www.schach-starter.de/schachstrategie.html[/url]Taktik und Positionsspiel sollten dabei nicht getrennt voneinander, sondern als Einheit aufgefaßt werden. Denn im Schach gehen beide Bereiche oft fließend ineinander über. Z. B. bietet sich nach gutem Positionsspiel gerne eine Kombination als Belohnung an, die dann allerdings auch gefunden werden sollte, damit der Vorteil, nach Wilhelm Steinitz, nicht wieder verfliegt. Und auch sind taktische Elemente für einen strategischen Plan oft eine Bedingung, damit dieser durchgesetzt werden kann. Daß Du bei den Zügen des Gegners erst einmal schauen solltest, was er überhaupt will, versteht sich natürlich von selbst. Wichtiger ist von daher der Hinweis, dem Gegner nicht blind zu glauben, sondern Deine eigenen Ideen den gegnerischen Ideen gegenüberzustellen, und bist Du davon überzeugt, Dein Plan ist besser, dann lasse den Gegner ruhig seine Idee ausführen. Gerade im Schach kommt man mit vorsichtigem Spiel nicht weiter. Wenn man im Schach dauerhaft Erfolg haben will, muß man Ambivalenzen zulassen. Da Dein Gegner in seinem Zug auch einen Fehler gemacht haben könnte, lohnt es sich natürlich, auch danach zu schauen, ob Du seinen Zug widerlegen kannst.

Beitrag von Riebmeister

gibt es da nicht eine mathematische Berechnungsmethode?

Beitrag von Kiffing

Leider nein, denn "Schach läßt sich nicht in mathematische Formeln pressen" (Wilhelm Leibniz).

Beitrag von Riebmeister

wie berechnen ist dann Computer?

Beitrag von Kiffing

Eher nach der Brute-Force-Methode, d. h. es werden alle möglichen Züge sehr tief berechnet, was sich ein moderner Schachcomputer aber auch leisten kann, da er heute Millionen von Zügen in einer Sekunde berechnen kann. Michail Botwinnik hatte einmal versucht, einen Schachcomputer zu entwickeln, der "menschlich" spielt, d. h. der dadurch sehr viel Energie sparen und für sinnvolle Rechenarbeiten verwenden kann. Seine Idee setzte sich aber nicht durch, weil er sie nicht verwirklichen konnte. Und ob der [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/1994-Zur-aktuellen-Debatte-um-den-selbstlernenden-Schachcomputer-namens-Giraffe?p=24753#post24753". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "neueste Schrei" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.], ein als "menschlich denkend" angepriesener Schachcomputer namens Giraffe etwas taugt, muß sich erst noch zeigen.

Beitrag von Pantau

Da ich selber ein paar Jahre lang Software entwickelt habe, kann ich sagen, dass es zwar mathematische Methoden gibt, mit welchen man solche Algorithmen erzeugen kann, dass diese jedoch für den Menschen nicht taugen. Einem 100m-Läufer nutzen die Methoden, mit denen man Autos schnell macht, auch nichts. Es existieren auch für die Integralrechnung Computermodelle, - der Mensch lernt es in der Uni jedoch völlig anders, da das Gehirn nun mal kein Computer ist und völlig anders funktioniert als dieser.Ich empfehle daher zuerst die Lektüre eines Buches zur Elementartaktik, da das menschliche Gehirn hervorragend darin ist, Muster zu erkennen. Wie schon Kiffing richtig sagte, sollte man sinnlose Züge ausschließen, daher ist es hilfreich, die Stellung nach solchen elementartaktischen Mustern zu untersuchen bzw. nach Möglichkeiten, diese herzustellen. Hierzu sollte man jedoch wenigstens die wichtigsten kennen.Für die Kandidatenzüge empfehlen viele Schachautoren, eine bestimmte Hierarchie einzuhalten, also z.B. zuerst die möglichen Schachs zu suchen (für beide Seiten), dann die möglichen Schlagzüge, dann Drohungen. Michael Richter empfiehlt jedoch, die Kandidaten jeweils zunächst nur kurz anzurechnen, da einer der Hauptfehler darin bestünde, zu früh zu tief zu rechnen. Erst, wenn man alle Kandidaten anrechnete, solle man bei den Vielversprechendsten dann die Sache vertiefen. Von ihm gibt es übrigens eine eigene DVD („Geheimnisse der Variantenberechnung“), die ich sehr gut finde. Von meinen beiden Töchtern weiß ich jedoch, dass ein Hauptproblem gerade am Anfang darin besteht, sich Stellungen nach zwei/drei Zügen überhaupt vorstellen zu können. Das ist eine Sache, wo nur üben hilft, ich kenne hierzu kein anderes Mittel.

Beitrag von ruf012

Je einfacher die Aufgaben, desto leichter werden brauchbare Züge gefunden.Durch öftere Wiederholung festigen sie das Spielverständis für weniger einfache Aufgaben.Dann kommt das Aufspüren der Möglichkeiten auf Grund der vorher geübten Situationenwie von selbst.Das alles braucht Zeit, innere und äussere Ruhe, Bereitschaft zu langsamen Wachstum.Eine Überlastung durch Komplexität und Zeitdruck wird wenig Freude bringen.Ein Vergleich zum Rechnen.Zuerst mit ganz kleinen Zahlen probieren und nach und nach in Ruhe und Gelassenheit steigern.Ein Vergleich zum Obstbaum.Zuerst kräftige Wurzeln entwickeln und bei günstigem Wetter die Äste stärken.Und dann erst vielleicht Früchte reifen lassen.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=ruf012]Das alles braucht Zeit, innere und äussere Ruhe, Bereitschaft zu langsamen Wachstum.Eine Überlastung durch Komplexität und Zeitdruck wird wenig Freude bringen. [/QUOTE]Ich möchte das, was Du sagst, auch gar nicht in Abrede stellen, und auch Deine Allegorien haben durchaus einen Veranschaulichungswert. Das Rezept, vom Einfachen zum Komplexen, hat sich bewährt und ist logisch, weil Fachwissen aufeinander aufbauend ist, so daß man erst A und B wissen muß, um C verstehen zu können.Auf der anderen Seite aber heißt es: „ist das Training hart, fällt die Schlacht leicht“. Dieses Prinzip läßt sich gut in Gebieten wie dem Taktiktraining anwenden, wo ein aufeinander aufbauendes Prinzip zur Lösung der gegebenen Aufgaben nicht notwendige Bedingung ist. Die Idee, die dahintersteckt ist diejenige, daß durch langanhaltende fordernde Auseinandersetzung mit den relativ schwierigen Aufgaben leichtere Aufgaben dann auch wirklich leicht fallen. Das sieht man z. B. im Matheunterricht, wenn der Lehrer kurz vor der Klausur Aufgaben aufgibt, die deutlich schwerer sind als die Klausuraufgaben. Fordernde Aufgaben helfen einem dabei, schnell auf seine natürlichen Grenzen zu stoßen, um diese dann nach und nach erweitern zu können. Natürliche Grenzen sind zum Glück nicht statisch, aber diese zu erweitern, erfordert Anstrengung.

Beitrag von hako

[QUOTE=Riebmeister;24761]Ich will gut Schach spielen können. Und brauche eine gute Methode wie ich Schachzüge berechnen kann. Ich habe auch schon von der Varianten Berechnung gehört. Allerdings habe ich immer noch nicht verstanden, wie die funktioniert. Könnte mir jemand das erklären? Oder eine andere methode?[/QUOTE]Wenn du gut Schach spielen willlst und lernen willst Schachzüge zu berechnen, musst du das anhand von Aufgaben üben und Erfahrung sammeln. Für Einsteiger empfiehlt sich immer Taktiktraining. Damit lernt man zunächst wie man Material gewinnt und Matt setzt, bzw wir man vermeidet, dass der Gegner das macht. Taktikaufgaben findet man sehr viele im netz. Das geht auch mit nicht so guten Internetzugang. An Büchern kann ich die "1001 Schachaufgaben" von John Emms und "1001 tötliche Schachmatts" von John Nunn empfehlen. Wenn du das systematisch lernen willst, kann ich dir die Stappenmethode ans Herz legen. Da wird Taktik sehr detailiert an zahlreichen Beispielen eingeübt.Du fragtest nach ner Methode Varianten zu berechnen. Schach ist sehr motivlastig. Daher muss man Motive lernen, sich einprägen und erkennen. So basiert Taktiktraining darauf sich die taktischen Motiven wie Gabel, Fesslung, Spieß, Ablenkung, HInlenkung, usw.... einzuprägen. Wenn du einen Stellung vor die hast und dann erkennst "hey, das kommt mir bekannt vor! Da kann ich doch bestimmt ne Gabel machen und so den Turm gewinnen!", dann suchst du nach einem Zug, der das möglich macht. Dann suchst du nach einen Zug, den dein Gegner darauf vermutlich machen wird, dann suchst du nach dem Zug, den du darauf hin machen wirst (z.B. den Turm schlagen ;)), und so weiter... Das ist Varianten berechen!

Beitrag von ruf012

Zunächst Motive suchen.In der Ausgangsstellung etwa die Brennpunkte im eigenen Zentrum, Xd4 Xe4.Zum ausgewählten Motiv passende Züge suchen. Eine geeignete Reihenfolge der passenden Züge suchen. Bei Xe4 können das sein: e2-e4, dannach d2-d3, f2-f3, Sb1-c3, Sb1-d2, Dd1-e2, g2-g3 und Lf1-g2, f2-f3 und Sg1-h3-f2, 0-0 und Tf1-e1.Welche Folgemotive sind erkennbar.Ein Wunsch des Gegenüberren.Oder bei Xe4 können das sein: Xd4, Xf4.Wielange wird das ausgewählte Motiv versorgt, mit geistiger Kraft und mit Zügen, wann wird ein Folgemotiv ausgewählt.Fragen, deren Beantwortung die Arbeit während der Partie sind.