Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Arbeiterschach in Deutschland“

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Beitrag von Kiffing

Was hierzulande im Prinzip in Vergessenheit geraten ist, ist die Epoche der Arbeiterschachvereine in Deutschland, die 1912 bis 1933, also bis zur Zerschlagung durch die Nazis, im „Deutschen Arbeiter-Schachbund“ organisiert waren, der in seinen Glanzzeiten hinsichtlich seiner Größe (um die 10.000 Mitglieder) durchaus mit dem „bürgerlichen“ Deutschen Schachbund konkurrieren konnte.Gallionsfigur der Gründung, auf der es heiß herging, war Robert Oehlschläger. Er schlug vor, in den Statuten aufzunehmen, daß eine Mitgliedschaft nur Mitgliedern der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaften vorbehalten ist, sowie, daß „Kleinbürger“ und Kleingewerbebetreibende von der Mitgliedschaft in den Arbeiterschachvereinen ausgeschlossen würden. Gegenredner auf der Gründungsveranstaltung war Schachfreund Deininger, der darauf hinwies, daß ein großer Teil der SPD-Mitglieder bereits nicht gewerkschaftlich organisiert sei und der die Frage stellte, warum der Arbeiterschachbund engherziger organisiert sein müsse als die proletarischen Turn- und Gesangsvereine. Vor allem mißfiel ihm die Exklusion der Kleinbürger, die auch durchaus im proletarischen Lager selbst noch zu Proletariern bzw. Sympathisanten werden könnten. Die Versammlung einigte sich schließlich auf einen Kompromiß: Mitglied in einem Arbeiterschachverein könne der werden, der entweder Mitglied der SPD oder Mitglied der Gewerkschaften sei, während Vorstandsmitglieder beiden Organisationen angehören müßten. Die Exklusion von Personen kleinbürgerlicher Provenienz wurde durch den Passus ersetzt: „Von der Aufnahme ausgeschlossen sind Personen und Vereine, die Gegner der Ziele und Bestrebungen der modernen Arbeiterbewegung sind.“Ziele der Organisation waren, den Arbeiter vom Trinken und Glücksspiel abzulenken und ihm eine sinnvolle Tätigkeit anzubieten, die zum Nachdenken anregen sollte. Dies steht ganz in Tradition der damals gängigen Arbeitersportvereine generell, dem Arbeiter in seiner Freizeit eine Gegenwelt anzubieten, in der er sich weiterbildet, sein Bewußtsein und Klassenbewußtsein schärft und das Maß an Bildung, Sport und Kultur erhält, was ihm in der bürgerlichen kapitalistischen Gesellschaft im Gegensatz zu den Eliten versagt bleibt. Zu den Tugenden des Arbeiterschachbundes paßt gut dieses zeitgenössische Kunstwerk:[IMG][Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://i.imgur.com/2jZDCnw.jpg". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://i.imgur.com/2jZDCnw.jpg" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.][/IMG]Ein Höhepunkt in der Geschichte der Arbeiterschachvereine war sicherlich der Vergleichskampf in Berlin 1925 zwischen deutschen und sowjetischen Genossen. Denn selbstverständlich waren die Arbeiterschachvereine internationalistisch orientiert, deren Vorbild die noch junge Sowjetunion war, also dem ersten und damals einzigen Staat, wo, dem weit verbreiteten Glauben nach, die Arbeiter die Herrschaft an sich gerissen hätten. Hier ein authentisches Foto von der Arbeiterschacholympiade in Wien 1931:[IMG][Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://i.imgur.com/BO3Zstv.jpg". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://i.imgur.com/BO3Zstv.jpg" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.][/IMG]Als die Nazis nach ihrer „Machtergreifung“ den Deutschen Arbeiter-Schachbund schließlich verboten, fand ein trauriges Gemetzel statt. Denn jüdische und kommunistische Aktivisten in den Arbeiterschachvereinen wurden ermordet oder in die Konzentrationslager verschleppt. Wie wirken die Arbeiterschachvereine denn so auf euch? Könnt ihr deren Sinn und Ideale nachvollziehen oder wirkt das alles wie aus einer anderen Welt für euch? Quellen:[URL="http://www.scribd.com/Johnny.Controllatty/d/59965254-Arbeiterschach-neu"]Da habe ich das Kunstbild her[/URL][URL="http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Arbeiter-Schachbund"]Ein nicht sehr ausführlicher Wikipedia-Artikel[/URL][URL="http://www.vsp-vernetzt.de/soz/030619.htm"]Ein liebens- und lesenswerter Artikel von Sozialisten geschrieben[/URL][URL="http://www.vsp-vernetzt.de/soz/030619.htm"]Ein Artikel von Neues Deutschland, vom DSB übernommen[/URL]

Beitrag von hako

Diese Vereine wirken auf mich ganz sympathisch. Sie bilden einen Gegenpol zur damaligen Arbeit. Man kann es vermutlich mit der heutigen Arbeit (im Kombination mit Fastfoot) und den Fitness-Studios vergleichen. Heutzutage ist es (in unserer westlichen Welt wohlbemerkt) andersrum als damals.

Beitrag von zugzwang

Hinweis auf folgenden Link aus wikipedia:[url]http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Arbeiter-Schachbund[/url] Literatur:[url]http://www.a-willeke.de/Arbeiterschach_neu.pdf[/url]