Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Tiefe Züge“

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Beitrag von Kiffing

In der vorliegenden Stellung ist für Weiß ein überfallartiger Angriff nicht in Sicht. Also müssen die feinen Strategen ran, um den geeigneten Schlachtplan für den weiteren Partieverlauf auszuarbeiten. :cool:[FEN=1]3k2rr/1bqn1pp1/p2b4/2pPpPP1/1pP1P1B1/4B3/P2N1K2/2RQ3R w - - 0 42[/FEN]

Beitrag von hako

Mir gefällt der Zug Qf3 in dieser Stellung. Er bereitet f5-f6 vor, was unseren Weißfeldrigen Läufer aktiviert und den schwarzen Springer lahm legt. Außerdem gewinnt Weiß jetzt den Kampf auf der h-Linien, da nach Rh1xh8, Rg8xh8 der Zug Rc1-h1 folgt. Weiß dringt am Königsflügel in die gegnerische Stellung und sollte die Bauern dort gewinnen können.

Beitrag von Kiffing

Eine sehr schöne Lösung, hako, der mein Fritz 13 Recht gibt. Tatsächlich dürfte Deine Strategie zum Erfolg führen, denn nach 1. Df3! f6 (um das von Dir angesprochene 2. f6 zu verhindern) 2. Txh8+! Txh8 3. Th1 Txh1 4. Dxh1 ist der weiße Vorteil offensichtlich. Super Strategie! :top:Anatoli Karpov fand hier mit 1. Dg1! eine andere Strategie, welche die schwarze Schwäche auf c5 in ihre Überlegung einbezieht. Zu dem Zug seiner Partie gegen Gligoric, San Antonio 1972 merkt der junge Karpov an:[QUOTE]Solche Züge sind äußerst schwer zu finden. Weiß besitzt erkennbaren Raumvorteil. Um die positionelle Überlegenheit zu vergrößern, muß er unbedingt einen klaren Plan für die Umgruppierung seiner Figuren finden. Hier sind die Grundgedanken zu dieser Stellung:1) Schwarz hat eine einzige deutliche Schwäche - den Bauern c5. Der Angriff auf ihn sollte schnell organisiert werden, das behindert die Manövrierfähigkeit der gegnerischen Figuren2) Der beste Platz für den weißen König ist auf f3. Hier bekommt er keine Schachs, schützt ein weiteres Mal den Lg4 und öffnet die Diagonale g1-a7 für die Batterie L+D sowie die zweite Reihe für Turmmanöver3) Weiß muß um die Beherrschung der h-Linie und die Entwicklung der Initiative am Königsflügel kämpfen. In einem günstigen Augenblick kann er den ganzen Schwerpunkt des Kampfes auf die andere Flanke verlagern, indem er die große Beweglichkeit seiner Streitkräfte ausnutzt. Allen diesen Gegebenheiten trägt der letzte Zug von Weiß Rechnung[/QUOTE]Garri Kasparov, Meine großen Vorkämpfer, Band 7, Edition Olms 2007, S. 236Da Du ja mit Karpovs und Mazukewitschs Werk Stellungsbeurteilung und Plan vertraut bist, dürfte Dir Karpovs schematische Denken bekannt vorkommen, in dem sich seine große strategisch-positionelle Meisterschaft verbirgt. In der Partie sieht man jetzt, wie Karpov seinen Gesamtplan Schritt für Schritt verwirklicht und somit zum Erfolg kommt. Bemerkenswert finde ich auch das schnelle Flügelspiel Karpovs, der beide Flügel in seine Betrachtungen einbezog:[Event "San Antonio"][Site "San Antonio USA"][Date "1972.11.29"][EventDate "1972.11.19"][Round "8"][Result "1-0"][White "Anatoly Karpov"][Black "Svetozar Gligoric"][ECO "C94"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "103"]1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Be7 6. Re1 b57. Bb3 d6 8. c3 O-O 9. h3 Nb8 10. d3 Nbd7 11. Nbd2 Bb7 12. Nf1Nc5 13. Bc2 Re8 14. Ng3 Bf8 15. b4 Ncd7 16. d4 h6 17. Bd2 Nb618. Bd3 Rc8 19. Qc2 Qd7 20. Rad1 Qc6 21. Be3 Na4 22. Rc1 Nb623. Qb1 Qd7 24. Nd2 c5 25. bxc5 dxc5 26. d5 Na4 27. c4 b428. Rf1 Qc7 29. f4 Nd7 30. Qc2 Nc3 31. f5 Nf6 32. Ne2 Nxe2+33. Bxe2 Bd6 34. g4 Kf8 35. h4 Ke7 36. g5 hxg5 37. hxg5 Nd738. Bg4 Rg8 39. Kf2 Rh8 40. Rh1 Rcg8 41. Qd1 Kd8 42. Qg1 Nb643. Rh2 Qe7 44. Nb3 Kc7 45. Kf3 Nd7 46. a3 bxa3 47. Ra2 Rh448. Rxa3 Rgh8 49. Rb1 Rb8 50. Qe1 Rxg4 51. Kxg4 Bc8 52. Qa5+1-0

Beitrag von hako

Hmm, interessant :) auf die Schwäche c5 hab ich nicht geachtet :genervt: ;)Irgendwie beeindruckend diese strategischen Doppelangriffe. Etwas, was ich zwar nachvollziehen kann, wenn ich es sehe, aber nie selber umgesetzt bekomme.