Schachburg-Archiv: Benutzerthema „10. ...Db6 in der Hauptvariante von Caro-Kann“

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Beitrag von Kiffing

Ich bin in meinem praktischen Spiel auf eine interessante Replik in der Hauptvariante von Caro-Kann gestoßen: 1. e4 c6 2. d4 d5 3. Sc3 dxe4 4. Sxe4 Lf5 5. Sg3 Lg6 6. Sf3 Sd7 7. h4 h6 8. h5 Lh7 9. Ld3 Lxd3 10. Dxd3 Db6?! Der Textzug 10. ...Db6 ist offensichtlich mindestens zweischneidig, weil er die Entwicklung des Damenflügels blockiert. In der Theorie haben sich so die Antworten 10. ...Dc7, 10. ...e6 und 10. ...Sgf6 durchgesetzt. Mit 10. ...Db6 will Schwarz offenbar den natürlichen Läuferzug Le3 oder Lf4 verhindern. Der Lc1 soll an den Bb2 gebunden sein. Ich würde in diesem Falle nicht zwingend nach einer sofortigen Widerlegung suchen, sondern mich ruhig mit 11. b3 und 12. Lb2 entwickeln. Doch es gibt auch eine schärfere Variante, den Schwarzen zu einem typischen Bauernraub mit der Dame zu provozieren. Nach 11. Lf4!? Dxb2 ist ein typisches Theorem entstanden, wo Schwarz sich mit seiner Dame an einen abgelegenen Bauern vergreift und dafür Entwicklungsnachteile in Kauf nimmt. Früher wurde solch ein Bauernraub von den Schachtheoretikern grundsätzlich verurteilt, heute sehen viele Schachspieler so etwas pragmatischer. Watson verwies etwa darauf, daß durch einen Zug wie 11. ...Dxb2 der innere Verteidigungsring des Weißen zerstört werde.Nach 12. 0-0 Db5! (Schwarz muß bereits sehr genau spielen, nach 12. ...Db6? 13. Tab1 ist der weiße Vorteil offensichtlich, und 12. ...Db4?? 13. Tfb1 Da4 14. Txb7 +- sollte schnell verlieren) 13. Dxb5 cxb5 14. Tfb1 a6 hat Weiß deutliche Kompensation für den Bauern. Er riskiert natürlich, daß Schwarz sich irgendwann am Königsflügel entwickeln kann und dann einfach mit einem Bauern mehr spielt. Der Tausch der Damen kommt deswegen offensichtlich ihm zugute. Ich denke, daß die Wahl der weißen Fortsetzung viel von Stil und Vorlieben des betreffenden Spielers abhängt. Aber Schach ist neben Stilfragen auch ein sehr konkretes Spiel. Welche Strategie würdet ihr hier als Weißer von den beiden genannten wählen? Oder habt ihr sogar eine Alternative anzubieten?

Beitrag von Babylonia

Mit der Karo-Kann Verteidigung will ich mich jetzt auch beschäftigen, weil unser Schachlehrer im VHS-Kurs diese Eröffnung thematisiert hat und dabei gesagt hat, dass die französische und die Karo-Kann Verteidigung miteinander zusammen hängen sollten. Hängt das Eine vom Anderen ab? Das macht es gerade so schwierig für mich, wenn alles miteinander verflochten ist. Babylonia

Beitrag von Kiffing

Von einem miteinander Zusammenhängen würde ich hier nicht sprechen, denn auch wenn es zwischen der Grundidee von Caro-Kann und der Französischen Verteidigung eine Gemeinsamkeit gibt, sind beides unterschiedliche Eröffnungen und sollten so m. E. getrennt behandelt werden. Vergleiche sind aber von ihrer Natur keine Gleichsetzungen. Die Gemeinsamkeit zwischen Caro-Kann und der Französischen Verteidigung besteht hier in der Grundidee, den Zug 1. ...e5 zurückzuhalten, weil dieser auf f5 und d5 Schwächen verursacht (aus diesem Grund lehnten die Hypermodernen den Gegenzug 1. ...e5 gegen 1. e4 ab). Stattdessen wird der Vorposten auf d5 behauptet, im Franzosen durch 2. ...e6 und in Caro-Kann auf 2. ...c6. Dieser Unterschied führt aber zu unterschiedlichen Stellungstypen, so ist nach 2. ...e6 der Lc8 schwach, und meistens versucht Schwarz, den schwachgewordenen Läufer gegen seinen weißen Widerpart abzutauschen. Dafür blockiert Schwarz mit 2. ...c6 dem Sb8 sein natürliches Feld. Im Endeffekt ist Französisch etwas bissiger und auch zweischneidiger, wo Schwarz durchaus zu starkem eigenen Spiel kommen kann. Caro-Kann ist dagegen sicherer und solider, die Partien werden meistens nicht wirklich wild.

Beitrag von Babylonia

Danke, Kiffing. Ich muss jetzt erst den zweiten Schritt gehen und auch die Caro-Kann Verteidigung mal studieren, dann wird mir hoffentlich auch etwas auffallen. Ich benutze das Buch "Schach das königliche Spiel" von Theo Schuster, das enthält ganz gute Diagramme der ersten Eröffnungszüge. Dieses mache ich jetzt sozusagen als "selbstgegebene Hausaufgabe" für meinen Schachkurs. Babylonia