Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Wie setzt sich Weiß durch?“

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Beitrag von Kiffing

Hier etwas Schwereres. Schach ist so komplex, daß sich in vielen Stellungen gute Ideen durchsetzen können. Man muß sie aufspüren können und ein Gefühl dafür entwickeln, wo was gehen kann, worauf man auch hinarbeiten kann. Hier gewinnt Weiß am Zug. Wie?[FEN=1]2b4r/r3kppp/p1B1pb2/1pq5/3N4/8/PPP1QPPP/1K1R3R w - - 0 0[/FEN]

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;22244]Hier etwas Schwereres. ...[/QUOTE]Das ist eine Aufgabe mittleren Schwierigkeitsgrads.:PZumindest wird sie von den Autoren Grabinski/Wolokotin zwischen die "FM"- und "GM"-Aufgaben gepackt in der ersten Einheit der Einfühlaufgaben auf dem Wege zur Perfektion.[QUOTE=Kiffing;22244]...Man muß sie aufspüren können und ein Gefühl dafür entwickeln, wo was gehen kann, worauf man auch hinarbeiten kann. Hier gewinnt Weiß am Zug. Wie?...[/QUOTE]Als "Fühlaufgabe" im Sinne von Grabinski/Wolokitin finde ich die Aufgabe etwas "gezwungen".Vielleicht liegt es auch daran, daß ich selbst bei dieser Aufgabe nur einen drohenden Figurenverlust als Weißer spürte und mich nach "forcing moves" zur Rettung dieses Dilemmas umsah.Im Sinne der Aufgabensteller habe ich diese Aufgabe also nicht gelöst, weil ich den Zug nicht erfühlt, sondern erarbeitet habe.Lösungsvorschlag:[SPOILER]1. De3 (Imo, der einzige Zug, der Figurenverlust vermeidet. W verbindet das LPDO-Erstmotiv der ungedeckten Dc5 mit dem im Zentrum unsicher stehenden sK. Auch der Ta7 steht wackelig, wenn die Dc5 weichen muß- hier z.B. wegen der Drohung Sf5+ Dxf5, Dxa7. Hauptvariante könnte sein:1. De3 Lxd4, 2. Txd4 und jetzt gibt es Abzugsschachdrohungen gegen die Dc5, weil der Ke keinen sicheren Platz findet Dxc6, 3. Dg5+ f6, 4. Dxg7 mit Gewinn.So jedenfalls meine Berechnungen und nicht Gefühle, als ich diese Aufgabe vor ein paar Wochen versuchte.[/SPOILER]Das Buch von Grabinski/Wolokitin ist gut und mir gefällt auch ihre Konzeption.Sie ist allerdings nicht grundlegend, sondern eine Erweitertung oder Gliederung zu dem, was Hort/Jansa bereits im Buch "Der beste Zug" vorgelegt haben.Die Autoren nehmen im Vorwort auch Bezug auf dieses Meisterwerk praktischer und praxisnaher Übungen.Ein Buch das auch in diese Richtung geht und mit beiden wohl mithalten kann, ist das später erschienene "Critical Moments in Chess" von Paata Gaprindashvili (Batsford 2010).Alle 3 Bücher sind Arbeitsbücher, die hohe Zeitinvestition erfordern, inbesondere wenn man sich der großen Gruppe der Mini-Meister/Fast-Vormeister - also einem Lehrling im 2. Ausbildungsjahr - schachlich zurechnet.Der Weißspieler hat die Lösung des Stellungsproblems sicherlich bereits vorhergesehen, bevor er sich auf die wackelige Postion von Lc6 und Sd4 einließ.Sein taktisch geprägtes Schach war in der Bundesliga für die Schachfreunde Berlin mit Höhen und Tiefen letztlich erfolgreich im Einsatz.Als Beipiele seien seine (Achterbahn)Partien gegen Griesheim und Bayern München aus den "Berliner Heimrunden" genannt. Aufregung und Spannung ist bei Alexander Mista für die Live-Zuschauer garantiert.

Beitrag von Kiffing

Ich bin überrascht. Ich habe bislang gerade einmal zwei Aufgaben aus diesem Buch gepostet, und schon kannst Du mir/uns präzise das dahinterstehende Buch benennen. Respekt! :D:top:Zu dem Buch wollte ich noch eine Rezension posten, aber erst, wenn ich das Buch zuende bearbeitet habe. Ich bin gerade bei Aufgabe 50 im Intuitions-Teil und damit noch relativ am Anfang. Mir selbst gefällt es wirklich gut, Deinen Tip mit dem Werk von Gaprindashvili greife ich aber gerne für spätere Zeiten auf. Gerne nenne ich noch meine Lösung, die wirklich sehr typisch für mich ist:[SPOILER]Bei meiner Lösung 1. Sf5+ hatte ich sogar Dein LPDO im Kopf, und so fiel mir gleich der Ta7 auf, der nach einem späteren De3 nur nach c7 kann. Nach der Ablenkung 1. Sf5+ müßte so auch tatsächlich 1. ...Dxf5 2. De3 Tc7 3. Db6 nicht zuletzt wegen des schwarzen in der Mitte festgehaltenen Königs gewinnen. Aber die gute Idee hat ein Loch, weil Schwarz einfach 1. ...Kf8 ziehen kann. Deine Lösung verhindert diese einzige schwarze Rettungsmöglichkeit.[/SPOILER]

Beitrag von zugzwang

Respekt verdient der Zufall.Das Buch habe ich vor ein paar Wochen für etwas Heim-Training zur Hand genommen.Die Aufgaben versuche ich ungeordnet. Soll heißen, wenn ich nicht weiterkomme, dann sprige ich zur nächsten .. Seite. Bei diesem Buch springe ich daher ganz schön hin und her, weil ich die ausgelassenen Aufgaben später und in aufmerksamerer Verfassung nochmal versuche.Die von Dir vorgestellte Aufgabe ist eine der wenigen im >FM-Bereich des Gefühlkapitels, die ich meinte, gelöst zu haben. Das hilft bei der Erinnerung."Ekelhaft" fand ich #55 Short-Xu Jun Peking. da habe ich nach mehreren Anläufen Kapituliert und mir mal lieber die Lösung angesehen...Zu diesem Buch werde ich auch noch eine Meinung abgeben, wenn ich es intensiver bearbeitet habe - also in 1-2 Jahren.:schlaf::wink:

Beitrag von Kiffing

Hier die angesprochene Aufgabe aus Short gegen Xu Jun, Peking 2000:[FEN=4]2Nrnbk1/1pr3pp/3p4/3P2P1/3p3P/8/P3B3/2R1KR2 w - - 0 0[/FEN]Ich bin auch nicht auf die Lösung gekommen, aber diese Aufgabe hat ästhetisch tatsächlich einen großen Eindruck auf mich gemacht. Die Lösung beweist, wie sehr Schach eine Kunstform ist, und auch Stellungen aus dem praktischen Spiel nicht hinter Kompositionen hinterherhinken brauchen. Mich ziehen sowieso praktische Stellungen mehr an als Studien, aber das ist natürlich Geschmackssache.Auch bei mir lag der Grund für den Erwerb in einer erhofften Verbesserung der Spielstärke. Ich verstehe zwar viel mehr vom Schach als noch vor ein paar Jahren, kann dies aber noch nicht von der Leistung her umsetzen. Meine Partien werden zwar qualitativ immer besser, aber während früher der Generalplan schon nicht stimmte, sind es jetzt die temporären Aussetzer, vor allem gegen Stärkere in Gewinnstellungen, die zu ähnlichen Ergebnissen in meinen Partien wie vor ein paar Jahren führen. Ich denke aber, jetzt vor einem schachlichen Durchbruch zu stehen, und mit diesem Buch, was wirklich ein sehr gutes Arbeitsbuch für Ambitionierte ist, möchte ich den erwarteten Effekt beschleunigen und verstärken.

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;22251]...aber während früher der Generalplan schon nicht stimmte, sind es jetzt die temporären Aussetzer, vor allem gegen Stärkere in Gewinnstellungen, die zu ähnlichen Ergebnissen in meinen Partien wie vor ein paar Jahren führen. Ich denke aber, jetzt vor einem schachlichen Durchbruch zu stehen, und mit diesem Buch, was wirklich ein sehr gutes Arbeitsbuch für Ambitionierte ist, möchte ich den erwarteten Effekt beschleunigen und verstärken.[/QUOTE]Werter Kiffing,anhand der von Dir gezeigten Partiefragmente bist Du ein Paradebeispiel dafür, daß im Schach 2 gute Ideen oder 2 exzellente Züge eine Partie zwar interessant machen, aber eben nicht gewinnen, weil ein einziger schludrig-schusseliger Zug alles verhunzt.Wenn Du im Schach einen wirklichen Sprung in Punkten und DWZ machen willst, dann rate ich Dir, einen nicht unwesentlichen Teil Deines Trainings in die Beseitigung von Unaufmerksamkeiten und Schusseligkeiten (Ungeduld) zu investieren.Wenn Du nicht zweigleisig agierst und auch an den Basiskompetenzen feilst, dann könnte die Arbeit mit Wolokitin/Grabinski Dich zwar schachlich bereichern, aber in den praktischen Ergebnissen sogar zurückwerfen!