Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Persönlichkeitsentwicklung durch Schach“

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Beitrag von Kiffing

Wir leben in einer Zeit, in der immer mehr Kinder und Jugendliche in die Schachvereine strömen. Das Interesse an Schach ist bei den Jüngeren gewachsen. Dies liegt auch an den Eltern, die immer mehr den Wert erkennen, den Schach für die Persönlichkeitsentwicklung besitzt. Schach kann dabei einen ähnlichen Stellenwert auf die kindliche Entwicklung ausüben wie etwa das Spielen mit dem Klavier. Doch was sind eigentlich die Fähigkeiten, die durch das Schach vermittelt werden? Laßt uns darüber diskutieren.Da sind zum einen Kreativität und Phantasie zu nennen, die durch das Schach gefördert werden. Denn im Schach muß man in unbekannten Stellungen Wege finden, wie man den Gegner vor Probleme stellen kann. So wird gleichzeitig auch das strategische und logische Denken geschult. Ebenso wird das räumliche Vorstellungsvermögen durch das Schach weiter entwickelt, denn vor allem beim Variantenrechnen muß man in der Lage sein, Positionen im Geiste weiterzuspielen, die noch nicht auf dem Brett stehen. Schach ist vor allem in der Eröffnungstheorie ein streng wissenschaftliches Spiel. Es gibt Myriaden an Eröffnungsbüchern, und derjenige, der im Schach gut sein will, muß sehr viele Varianten auswendig lernen. Dies schult das Gedächtnis. Während wir spielend zahlreiche Varianten in ihren Gedanken erzeugen, erforschen wir neue Ideen, versuchen ihre Ergebnisse vorauszusagen und die überraschenden Ereignisse zu interpretieren. Wir entscheiden uns für eine Hypothese und dann machen wir unseren Zug und testen das Ganze. Neben den kognitiven Fähigkeiten werden auch wichtige Persönlichkeitsmerkmale durch das Schach trainiert. So lehrt Schach unabhängiges Denken, weil man selbständig Entscheidungen am Brett zu fällen hat, für die man am Ende geradezustehen hat. Es lehrt wissenschaftliches Denken und den sportlichen Wettkampf, es lehrt Ausdauer und Zielstrebigkeit, wie einen einmal gefassten Plan auch bis zum Ende zu führen. Und es lehrt die Fähigkeit, mit Misserfolgen umzugehen und diese produktiv dazu zu nutzen, aus den Fehlern die richtigen Schlüsse zu ziehen und sich so weiterzuentwickeln. Wer es im Schach zu etwas bringen will, der braucht einen scharfen Verstand, klares Unterscheidungsvermögen und die Fähigkeit, sich auf die wesentlichen Dinge auszurichten. All das wird durch die Auseinandersetzung mit der Materie Schach gefördert. In Pilotprojekten etwa, in denen Grundschüler mit dem Schach als eigenes Schulfach in Berührung kamen, wurden dadurch verblüffende Resultate erzielt. So stiegen die Leistungen der Schüler in allen anderen Fächern signifikant an. [url]http://www.welt.de/wissenschaft/article3525685/Schach-als-Schulfach-hilft-beim-Lesen.html[/url][url]http://www.abendblatt.de/hamburg/article519127/Schach-ist-viel-besser-als-Mathe.html[/url][url]http://schulschach-trier.de/?seite=Grundschule.html[/url]Was fällt euch so ein zu dem Thema?

Beitrag von Maschendrahtzaun

Schon gleich bei deinem Einleitungssatz habe ich so meine Zweifel: Dass immer mehr Kinder und Jugendliche in einen Schachverein eintreten halte ich für ein Gerücht (Quelle?), und "strömen" werden sie wohl schon gar nicht.Darüberhinaus glaube ich auch nicht so recht daran, dass Eltern ihre Kinder wirklich aufgrund der im Titel benannten "Persönlichkeitsentwicklung" zum Schach schicken. Sollten sie jedoch auf die abwegige Idee kommen, es aus dieser Motivation heraus zu tun, dann wird ihnen bald auffallen, auf welchem Holzweg sie da gelandet sind, so durchzogen mit sonderbaren und buchstäblich nicht besonders weit persönlichkeitsentwickelten Personen der Schachsport ist.Dass Schach die kognitiven Fähigkeiten schärfen kann, ist dagegen wohl die eigentliche Motivation von Eltern, ihre Kinder zum Schachspiel zu ermuntern, sofern sie das denn tun.Allerdings denke ich dahingehend, dass viele Eltern den Effekt des Schachspiels in dieser Hinsicht überschätzen, schließlich gelten Schachspieler bei einem großen Teil der eher schachfernen Bevölkerung automatisch als intelligente Wesen - mir sind aber durchaus auch schon viele weniger intelligente Schachspieler über den Weg gelaufen.Völlig wolkig ist dagegen die Aussage, dass Kinder, die in der Grundschule Schachunterricht bekommen, plötzlich in allen anderen Fächern signifikant bessere Leistungen erzielten.Zunächst einmal ist die Gruppe derjenigen Schüler, die bereits Schachunterricht in der Schule erhalten haben, viel zu gering, um repräsentativ zu sein.Dementsprechend kann hiervon noch nicht ausgegangen werden.Sollte sich dieser Trend in den nächsten Jahren aber bestätigen, dann ist das noch lange nicht auf die positive Wirkung des Schachspiels zurückzuführen.Viel eher denke ich, da die Angebote für den Schachunterricht ja auf freiwilliger Basis stattfinden, dass eher diejenigen daran teilnehmen, die ohnehin schon über eine relativ gesehen höhere kognitive Leistungsfähigkeit verfügen als diejenigen, die das Angebot nicht wahrnehmen.Damit wäre die unterschiedliche kognitive Leistungsfähigkeit weniger auf die fördernde Wirkung des Schachspiels, sondern viel mehr auf die adverse Selektion bei der Zusammensetzung der Gruppen zurückzuführen.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=Maschendrahtzaun] Schon gleich bei deinem Einleitungssatz habe ich so meine Zweifel: Dass immer mehr Kinder und Jugendliche in einen Schachverein eintreten halte ich für ein Gerücht (Quelle?), und "strömen" werden sie wohl schon gar nicht.[/QUOTE]Die Aussage wird belegt durch die Mitgliederstatistiken im Deutschen Schachbund. So ist die Mitgliederentwicklung insgesamt rückläufig, wird aber stark durch die höheren Mitgliederzahlen bei den jugendlichen Spielern aufgefangen. Und das merkt man ja auch an den Schachvereinen. So sind bei Großvereinen wie Dortmund Brackel oder Brackwede etwa die Hälfte der Mitglieder jugendlich, und bei Köln Porz sind es gar zwei Drittel.[QUOTE=Maschendrahtzaun] Sollten sie jedoch auf die abwegige Idee kommen, es aus dieser Motivation heraus zu tun, dann wird ihnen bald auffallen, auf welchem Holzweg sie da gelandet sind, so durchzogen mit sonderbaren und buchstäblich nicht besonders weit persönlichkeitsentwickelten Personen der Schachsport ist.[/QUOTE]Das ist doch nur ein Klischee. [QUOTE=Maschendrahtzaun] Allerdings denke ich dahingehend, dass viele Eltern den Effekt des Schachspiels in dieser Hinsicht überschätzen, schließlich gelten Schachspieler bei einem großen Teil der eher schachfernen Bevölkerung automatisch als intelligente Wesen - mir sind aber durchaus auch schon viele weniger intelligente Schachspieler über den Weg gelaufen.[/QUOTE]Die Korrelation von Schach und Intelligenz ist sicher nicht eins zu eins umsetzbar. Allerdings ist Schach durchaus ein logisches Strategiespiel, das viel mit Mathematik zu tun hat. Ich kann mich noch an meine Jugendzeit erinnern, wo ich gemerkt habe, daß die sehr starken Spieler großteils ausgezeichnete Schüler in Gymnasien waren und auch z. T. schon Klassen übersprungen hatten. Auch merke ich, wenn ich etwa die Jugendabteilung meines Schachvereins mit der in meinem Handballverein verglichen habe, daß der Umgangston bei den Schachjugendlichen weniger rau und deutlich zivilisierter war und damit für mich persönlich weitaus angenehmer. [QUOTE=Maschendrahtzaun] Völlig wolkig ist dagegen die Aussage, dass Kinder, die in der Grundschule Schachunterricht bekommen, plötzlich in allen anderen Fächern signifikant bessere Leistungen erzielten.Zunächst einmal ist die Gruppe derjenigen Schüler, die bereits Schachunterricht in der Schule erhalten haben, viel zu gering, um repräsentativ zu sein.Dementsprechend kann hiervon noch nicht ausgegangen werden.Sollte sich dieser Trend in den nächsten Jahren aber bestätigen, dann ist das noch lange nicht auf die positive Wirkung des Schachspiels zurückzuführen.Viel eher denke ich, da die Angebote für den Schachunterricht ja auf freiwilliger Basis stattfinden, dass eher diejenigen daran teilnehmen, die ohnehin schon über eine relativ gesehen höhere kognitive Leistungsfähigkeit verfügen als diejenigen, die das Angebot nicht wahrnehmen.Damit wäre die unterschiedliche kognitive Leistungsfähigkeit weniger auf die fördernde Wirkung des Schachspiels, sondern viel mehr auf die adverse Selektion bei der Zusammensetzung der Gruppen zurückzuführen.[/QUOTE]Das würde aber zumindest die These stützen, daß sich vor allem intelligente Menschen zu dem Schach hingezogen fühlen. Davon abgesehen geht aus den Artikeln nicht daraus hervor, daß die Angebote rein freiwillig waren. Stattdessen wurde dagegen explizit gesagt, daß auch die leistungsschwachen Schüler durch den Schachunterricht auch in anderen Fächern aufholen würden. Deine Analyse basiert also auf einem Fehlschluß.

Beitrag von yury

In den Studien, von denen ich gehört habe, wurde Schach als Pflichtfach eingeführt, was den Punkt mit der Freiwilligkeit widerlegt.Die vielbeschworene Korrelation von Schach und Intelligenz (vor allem, wie definiert man Intelligenz? Als Ergebnis von einem IQ-Test?!) wage ich allerdings ebenfalls zu bezweifeln. Ich glaube, Schach ist vor allem Training.

Beitrag von Maschendrahtzaun

Wärest du dann so freundlich, die "Studien", die du so geheimnisvoll wie unverblümt zitierst, zu nennen, bevor du großzügig widerlegst? :)

Beitrag von Kiffing

Diesen Part übernehme ich dann gerne: Aus: defekter Link entfernt, Kiffing[QUOTE] Im Rahmen des Qualitätsverbesserungsprogramms an Schulen in Rheinland-Pfalzhat die Grundschule Trier-Olewig in Zusammenarbeit mit der „DeutschenSchulschachstiftung“ seit 2003 eine Stunde Schachunterricht in den wöchentlichenStundenplan aller vier Klassenstufen aufgenommen und dafür eine StundeMathematik „geopfert“![/QUOTE]Schach war also verpflichtend. Wenn Yury was sagt, dann kannst Du auch davon ausgehen, daß es stimmt. ;)

Beitrag von Maschendrahtzaun

Ich hatte die Richtigkeit seiner Behauptung ja überhaupt nicht angezweifelt, mich hat nur interessiert, wo es verpflichtend sein soll, denn ich kannte es bisher nur als freiwilliges Fach.Dennoch ist die sogenannte "Studie", die du da jetzt hervorgetan hast, eher ein wenig aussagekräftiges Sammelsurium bunter Schriftarten, welches sich nur auf eine einzige Schule bezieht - daraus Schlüsse zu ziehen, ist statistisch nun wirklich nicht machbar.Interessant ist dagegen, wie die Schule ihr Modell als Erfolg verkaufen möchte ;).

Beitrag von yury

[QUOTE=Maschendrahtzaun;1483]Ich hatte die Richtigkeit seiner Behauptung ja überhaupt nicht angezweifelt, mich hat nur interessiert, wo es verpflichtend sein soll, denn ich kannte es bisher nur als freiwilliges Fach.[/quote]Die Frage hat sich ja dann jetzt wohl erledigt.[QUOTE=Maschendrahtzaun;1483]Dennoch ist die sogenannte "Studie", die du da jetzt hervorgetan hast, eher ein wenig aussagekräftiges Sammelsurium bunter Schriftarten[/quote]Hilfe, hilfe! Die Überschriften sind bunt! Wie unseriös! ;)[QUOTE=Maschendrahtzaun;1483]welches sich nur auf eine einzige Schule bezieht - daraus Schlüsse zu ziehen, ist statistisch nun wirklich nicht machbar.[/quote]Der Kritikpunkt ist schon eher relevant. Es gibt allerdings [URL="http://www.quadcitychess.com/benefits_of_chess.html"]viele weitere Studien[/URL] zu dem Thema. Ein Problem könnte dabei sein, dass die Autoren solcher Studien sicherlich kein Interesse daran haben, herauszufinden, dass kein (signifikanter) Unterschied besteht...

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=yury;1491]Hilfe, hilfe! Die Überschriften sind bunt! Wie unseriös! ;)[/quote]Bunte Überschriften stehen noch nicht alleine für mangelnde Seriosität, können aber auch ein Anzeichen dafür sein.Allerdings ist das, was danach kommt, auch nicht unbedingt besser, wenn auch von konstanter erheiternder Farbigkeit. ;)[quote]Der Kritikpunkt ist schon eher relevant. Es gibt allerdings [URL="http://www.quadcitychess.com/benefits_of_chess.html"]viele weitere Studien[/URL] zu dem Thema. Ein Problem könnte dabei sein, dass die Autoren solcher Studien sicherlich kein Interesse daran haben, herauszufinden, dass kein (signifikanter) Unterschied besteht...[/QUOTE]Hey, wow, wir üben kritisches Denken. Sehr gut! :)Dass eine Schachseite negativ über Schach berichtet, haben wir dann auch nicht ernsthaft erwartet.Interessanter sind da schon möglicherweise bald in größerer Form aus Hamburg kommende Daten, wo Schach an einigen Grundschulen als Fach eingeführt wurde.Allerdings - da sind wir wieder am Anfang der Geschichte - auf freiwilliger Basis.

Beitrag von yury

[QUOTE=Maschendrahtzaun;1501]Hey, wow, wir üben kritisches Denken. Sehr gut! :)[/quote]Danke, danke. Ich werde schon ganz rot vor lauter Lob...

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=yury;1562]Danke, danke. Ich werde schon ganz rot vor lauter Lob...[/QUOTE]Du wirst ganz rot? Das bist du doch schon...:P