Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Die französische Naturgewalt Alexandre Deschapelles“

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Beitrag von Kiffing

Die gute alte Zeit gibt es nicht, und sie wird es auch nie geben. Das fällt mir zu Alexandre Deschapelles ein, einer der zahlreichen exzellenten französischen Schachspieler, die es in Frankreichs ruhmreichen Schachgeschichte gegeben hat. Das Schicksal, das er als Jugendlicher erlitten hat, dürfte die Jugendlichen von heute schockieren, sind sie so etwas doch nicht mehr gewohnt. Alexandre Deschapelles jedenfalls, geboren 1780 bei Versailles, schlug als Sohn eines Marschalls früh eine Militärkarriere ein, wurde schon als Junge Mitglied der französischen Revolutionsarmee und verlor als 14jähriger in der Schlacht beim belgischen Ort Fleurus 1794 seine rechte Hand*. Das behinderte natürlich seine Militärkarriere, auch wenn er es noch zum General brachte, wobei sicherlich auch sein Vater daran etwas gedreht haben dürfte. Er verließ das Militär nach dem Sturz von Napoleon* und fand Zeit, sich auch anderen Dingen zuwenden. Der Sekretär des Londoner Schachclubs charakterisierte ihn einmal: „Deschapelles ist der größte Schachspieler Frankreichs, er ist ist der größe Billardspieler Frankreichs, er ist der größte Whistspieler Frankreichs, er ist der größte Kürbiszüchter Frankreichs, er ist der größte Lügner Frankreichs.“* In diesem Kontext ist vielleicht seine Aussage einzuordnen, er habe das Schachspiel in nur vier Tagen erlernt. Was aber stimmen mag ist, daß Deschapelles erst als Erwachsener mit dem Schach in Berührung gekommen ist, was für Spieler mit seiner Klasse wirklich selten ist.Vom Typ her war er kühn, draufgängerisch, aber ebenso unbeherrscht und prahlerisch*. Und so spielte er auch, mit viel Mut zum Risiko, mit gewagten Angriffen, heroischen Opfern und großer Leidenschaft*. Seine Partien waren immer ein Vergnügen und Erlebnis zugleich. Im Cafe de la Regence soll er fast jeden geschlagen haben, obwohl er grundsätzlich nur mit Vorgabe von Zug und Bauer gespielt haben soll. Zu Deschapelles paßt auch, daß er mit einer Niederlage dahingehend umzugehen wußte, daß er seinem Bezwinger eine Revanchepartie anbot, in radikaler Umkehr zu den Gepflogenheiten aber den Einsatz und seine eigene [URL="http://de.wikipedia.org/wiki/Alexandre_Deschapelles"]Vorgabe erhöhen[/URL] wollte. Darauf ließ sich nicht jeder ein. Deschapelles hat im Gegensatz zu Philidor oder Saint-Amant nie ein Schachbuch gelesen oder selber verfaßt*. Er war ein Naturspieler, der am besten aus der Praxis lernen konnte.Ein wundervolles Beispiel seiner kombinatorischen Spielkunst möchte ich euch im Spiel gegen den großen Franzosen Louis de la Bourdonnais, der allerdings mit seinen 26 Jahren noch nicht auf seinem Zenit angekommen war (es ist erst eine Errungenschaft der modernen Zeit, daß die Meister immer jünger werden) mit auf den Weg geben. Die Stellung* ist als Rätsel gegeben, Weiß am Zug steht vor dem Untergang, aber mit einer verblüffenden Pointe rettet Deschapelles noch die Partie. Findet ihr die Lösung auch? :cool:[FEN=21]1r4k1/1b2K1pp/7b/2pp3P/6NB/2Q2pp1/4p3/5r2 w - - 0 1[/FEN]Erst als sich Louis de la Bourdonnais als stärker als Deschapelles erwies, zog sich Deschapelles vom Schach zurück, denn verlieren konnte der so stolze Mann nicht.* Er wurde Landwirt und versuchte sich in Anlehnung an Philidor als Komponist von Musikwerken, allerdings wesentlich weniger erfolgreich.* 1832 wurde er wegen seines Wirkens gegen den „Bürgerkönig“ Louis Philippe verhaftet, kam aber bald wieder in Freiheit.* Als er noch einmal auf die Schachbühne zurückkam, konnte er immerhin den französischen Schachstern Pierre Saint-Amant mit 3:2 bezwingen.**Informationen aus Die Säulen des Schachs – Paris, von Ripperger, Wieteck und Ziegler

Beitrag von SiegerFCN

Sehr interessant sein Lebenslauf,hab auch noch bisschen in Wikipedia weitergelesen.Einer,der im Militär war und Schach spielte. Man sagt ja,das Schachspiel sollte man als Militärischen Krieg sehen. Bekam dann vermutlich auch noch ein + dank seines strategischen Denkens.Hier meine Lösung zur Aufgabe,sehr schön und auch einigermaßen bekannt das Motiv: [SPOILER]1.Sxh6+ gxh6 2.Dh8+!! Kxh8 3.Kf7!! mit nebst Lf6#[/SPOILER]

Beitrag von Kiffing

Perfekt! Eine wunderschöne Aufgabe, wie ich finde. :top:

Beitrag von Kiffing

Auch Chessbase hat nun über Deschapelles berichtet: [url]http://de.chessbase.com/post/alexandre-deschappelles-soldat-und-schachmeister[/url]