Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Samuel Sevian - ein Wunderkind in Aktion“

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Beitrag von Kiffing

Der mittlerweile 13jährige Samuel Sevian ist schon seit geraumer Zeit als Wunderkind bekannt. Der gebürtige Armenier mit Staatsangehörigkeit USA war mit 12 Jahren und zehn Monaten der jüngste IM der Vereinigten Staaten aller Zeiten geworden. Momentan liegt er bei einer Elo von 2401 und führt damit die Weltrangliste seiner Altersgruppe an.Daß es ihm an Selbstbewußtsein keinesfalls mangelt, beweist dieses frühere Video von einem Blitzspiel gegen IM Greg Shahade (Elo 2476), das in der Schachschule von Los Angeles aufgenommen wurde. Ein für einen damals 10jährigen bemerkenswertes Selbstbewußtsein gegen einen anerkannten Schachmeister, und im übrigen ein Fall, der ganze Generationen an Schachtrainern Lügen straft, daß Hyperaktivität und Schach nicht zusammenpassen würden. :D[video=youtube;LMM2RV5-HVc]http://www.youtube.com/watch?v=LMM2RV5-HVc[/video]

Beitrag von zugzwang

Wunderkinder beim Schach ist ja ganz interessant.Aber den Maßstab legen immer noch "Sammy", Fischer (unrated 1956), Short, Judit Polgar, Peter Leko, Etienne Bacrot, Magnus Carlsen (fast schon ein Spätentwickler) und der heute unglückliche Kandidat Sergei Karjakin an.Im Vergleich zu Karjakin ist der kleine Sevian vermutlich über 100 Punkte im Rückstand im gleichen Alter.Die Inder und die Chinesen haben vermutlich gleich mehrere Wunderkinder ähnlicher Stärke und jüngeren Alters in ihren Trainingscamps.Wenn Sevian sich schachlich stärker entwickelt als das frühere US-Wunderkind Josh Waitzkin, dann wäre das schon ein Erfolg.Ich halte von US-Schachwunderkindern nicht mehr so viel, selbst wenn sie armenischer Abstammung sind und damit Schachgene im Blut haben.Wenn ein junger indischer oder chinesischer Spieler von sich reden macht , dann sollten die "Oldies" MC und Hou Yifan schon mal aufhorchen.Wird aber auch schon etwas inflationär:[url]http://www.dnaindia.com/india/report-6-year-old-chess-prodigy-bags-fide-rating-1811207[/url][url]http://www.newindianexpress.com/cities/bangalore/Meet-Shraddha-the-5-year-old-chess-prodigy/2013/09/12/article1779722.ece[/url][url]http://susanpolgar.blogspot.de/2013/09/5-year-old-indian-chess-prodigy.html[/url][url]http://www.hindustantimes.com/india-news/patna/3-years-old-chess-prodigy-form-bihar-stuns-nation/article1-1050316.aspx[/url]Und hier etwas älter, aber schon mit GM-Norm:[url]http://www.sportskeeda.com/chess/help-chess-prodigy-aravindh-chithambaram-become-grandmaster/?ModPagespeed=noscript[/url]Und Sevian hat auch Konkurrenz im "eigenen" Land:[url]http://chess-results.com/tnr126380.aspx?lan=1&art=9&fed=ARM&turdet=YES&flag=30&wi=984&snr=205[/url]Einer der Jungstars der gerade beeendeten EM.Wenn es schon keine Elo-Inflation gibt, dann ist die Inflation der Schach-Wunderkinder gerade in vollem Gang.

Beitrag von Kiffing

Ja, eine Wunderkind-Inflation mag es geben. Liegt wahrscheinlich an der Öffnung und Demokratisierung der schachlichen Informationen durch Internet, Datenbanken und Engines, und daß ein Wunderkind heute theoretisch rund um die Uhr einen Spielpartner für die Praxis haben kann. So können die sich schneller entwickeln.[QUOTE=zugzwang]Aber den Maßstab legen immer noch "Sammy", Fischer (unrated 1956), Short, Judit Polgar, Peter Leko, Etienne Bacrot, Magnus Carlsen (fast schon ein Spätentwickler) und der heute unglückliche Kandidat Sergei Karjakin an.[/QUOTE]Ob Judit Polgar ein Wunderkind war, mag dahingestellt sein, schließlich wurde sie von klein auf dazu erzogen, einmal im Schach großartiges zu leisten. Ihr Vater verstieg sich sogar dazu zu behaupten, er habe den Beweis erbracht, daß durch das geeignete Training jeder solche Leistungen wie seine Judit schaffen könne. Das mag sicherlich übertrieben sein, da es neben Umfeld auch den Faktor Anlage gibt, und auch die Polgar-Sisters entwickelten sich unterschiedlich. Ein wahrer Kern mag aber drin sein.Was Samuel Reshevsky angeht, so wollte ausgerechnet der kritische Tarrasch nicht in den Zug der Bewunderer einfallen. Sein Urteil fiel fast schon [URL="http://www.ballo.de/wunderkinder_des_schach.htm"]vernichtend[/URL] aus. Tarrasch in den Neuesten Münchner Nachrichten, Nr. 73, 1920:[QUOTE]Das achtjährige Schachwunderkind S. Reszewski erregt gegenwärtig in Berlin großes Aufsehen, wie wir bereits an anderer Stelle mitgeteilt haben. An sich betrachtet, also ohne Berücksichtigung seines Alters, sind seine Leistungen keineswegs hervorragend, wie aus der folgenden Partie hervorgeht, die er ohne Ansicht von Brett und Figuren gegen den bekannten Meister C. v. Bardeleben gespielt hat. Eine wirkliche Talentprobe dagegen hat der Kleine in einer Partie gegen einen der besten Berliner Amateure, Herrn Sämisch, gegeben. Die ganze Partie hat der Kleine nicht gut gespielt, aber das Damenopfer ist hübsch und überraschend und verrät Talent. - Auch der Versuch des Wunderkindes, sich im Massenspiel gegen 20 oder 22 Gegner zu produzieren, muß als gescheitert betrachtet werden. Nach fünfstündigem Spiel waren nur sechs Partien beendet, die übrigen Partien mußten abgeschätzt werden. Damit war die Vorstellung mißlungen, obwohl der Kleine die sechs beendeten Partien gewonnen hat und in der Mehrzahl der anderen besser stand. Beim Simultanspiel kommt es eben darauf an, rasch zu spielen. Eine Vorstellung von 20 Partien muß in 3 - 4 Stunden beendet sein.An sich also sind die Leistungen des achtjährigen Wunderkindes nicht hervorragend. Vor vier Jahren übrigens, bei seinem ersten Auftreten in Warschau, zählte es sechs Jahre; Wunderkinder altern langsam. Bleibt also nur die Jugend zu bewundern. Ein kleines Kind spielt Schach; es stümpert nicht, sondern spielt wirklich Schach wie ein Erwachsener und mit Erwachsenen; da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich! Nach meiner Ansicht ist es nicht schwer, ein gut begabtes Kind im Alter von 5-6 Jahren, wenn man es auf alles andere verzichten läßt, im Schach so auszubilden, daß es dieses schwierige Spiel versteht und mittelmäßig spielen kann. Und nun ist der Kleine offenbar in den letzten Jahren äußerst fleißig trainiert worden, was man an seinen Eröffnungen merkt. Bei der ganzen Sache finde ich nichts Wunderbares. Es hat einmal ein Schachwunderkind gegeben, das im Alter von 12 Jahren schon meisterhaft spielte; das war der berühmte Paul Morphy, der später alles niederwarf, was sich ihm entgegenstellte. Von ihm will ich in der nächsten Nummer eine Partie bringen, die er im Alter von 12 Jahren blindlings spielte. Welch eine Fülle von Ideen, welche Genialität der Spielführung schon damals! Davon ist bei dem neuen Wunderkind vorläufig nicht viel zu merken. Aber vielleicht entwickelt es sich noch! Einseitiges Training vermag Wunder zu wirken."[/QUOTE]Das Urteil mag sehr streng ausfallen. Allerdings fiel einem anderen Meister bei Reshevsky bereits "mangelndes Schöpfertum" auf. Als Reshevsky nach erreichter Hochschulqualifikation wieder die Bühne des Schachs betrat, sprach Alexander Aljechin ihm zwar nicht wie Tarrasch dessen besonderes Talent ab, reagierte aber trotzdem oder gerade deswegen fast schon entsetzt:[QUOTE]Und jetzt, nach so langer Zeit - letztes Jahr in Pasadena - habe ich Reshevsky als einen meiner Turniergegner kennengelernt. Zuerst möchte ich sagen, daß der Eindruck, den ich von dem Menschen Reshevsky hatte, höchst vorteilhaft war. [...] Aber gleichzeitig hatte ich von dem Schachspieler Reshevsky einen sehr merkwürdigen Eindruck. Nicht, daß dieser Student aus Chikago, der kein Berufsspieler war, schlecht spielte; nein, er gewann sogar einen Preis in diesem Turnier, und seine Spielstärke war durchaus mit der eines durchschnittlichen amerikanischen Meisters vergleichbar. Aber sein Stil strömt eine solche Erzlangeweile und einen solchen Mangel an schöpferischer Kraft aus, da0 ich - wenn wir es nicht mit einem anfänglich so begabten Wesen zu tun hätten - sogar von fehlendem Talent sprechen würde. Alle anderen Teilnehmer konnten kaum ihren Augen trauen...[/QUOTE]Garri Kasparov, Meine großen Vorkämpfer, Band 6, Edition Olms 2007, S. 17Und auch der Schachistoriker Harold C. Schonberg verwies darauf, daß der eher gedrungene und geschlossene Strukturen anstrebende Reshevsky in der Reihe der Wunderkinder, die sonst einen klaren klassischen Stil hätten, eine Ausnahmeerscheinung sei. Freilich hatte Reshevsky andere Qualitäten, wie dieser [URL="http://www.chessgames.com/perl/chessgame?gid=1224079"]Sieg[/URL] gegen Capablanca beweist:[Event "Margate"][Site "Margate ENG"][Date "1935.04.27"][EventDate "1935.04.24"][Round "4"][Result "1-0"][White "Samuel Reshevsky"][Black "Jose Raul Capablanca"][ECO "D51"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "111"]1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nc3 d5 4. Bg5 Nbd7 5. cxd5 exd5 6. e3Be7 7. Bd3 O-O 8. Qc2 c5 9. Nf3 c4 10. Bf5 Re8 11. O-O g612. Bh3 Nf8 13. Bxc8 Rxc8 14. Bxf6 Bxf6 15. b3 Qa5 16. b4 Qd817. Qa4 a6 18. b5 Re6 19. Rab1 Rb8 20. Rb2 Be7 21. bxa6 Rxa622. Qc2 Ne6 23. Rfb1 Ra7 24. a4 Nc7 25. Ne5 Qe8 26. f4 f627. Ng4 Qd7 28. h3 Kg7 29. Nf2 Ba3 30. Ra2 Bd6 31. Nfd1 f532. Nb5 Ra5 33. Nxc7 Bxc7 34. Nc3 Qd6 35. Qf2 b6 36. Qf3 Rd837. Rab2 Qe7 38. Rb4 Rd7 39. Kh1 Bd8 40. g4 fxg4 41. hxg4 Qd642. Kg1 Bc7 43. Kf2 Rf7 44. g5 Bd8 45. Ke2 Bxg5 46. Rxb6 Qa347. Kd2 Be7 48. Rb7 Rxa4 49. Qxd5 Ra5 50. Qxc4 Rh5 51. Kd3 Qa852. Qe6 Qa3 53. Rd7 Rhf5 54. Rb3 Qa1 55. Rxe7 Qf1+ 56. Kd2 1-0Trotzdem ist der Mangel an Inspiration eine Komponente, und hier schneidet Samuel Sevian nach übereinstimmender Meinung derer, die seine Partien näher kennen, günstiger ab als sein Namensvetter aus vergangenen Generationen. Er sei mehr Kasparov als Carlsen, meinte einer, und der Hauch von kreativem Angriffsschach verbunden mit einer entsprechenden Einstellung/Mentalität schimmert ja auch in diesem Video durch.

Beitrag von zugzwang

Zu Sevian sprechen wir uns in 3-4 Jahren wieder. Dann ist die Entwicklung erfolgt und man kann absehen, welchen Berufsweg er einschlägt.Man kannnatürlich auch ein (Schach)wunderkind sein, wenn man frühzeitig erkennt, daß es mehr als Schach gibt und es an den Nagel hängt.Was zeichnet ein Wunderkind aus?Drill und viel investierte Arbeit sehen nicht nach Wunder, sondern nach Hebung vorhandener Ressourcen aus. Andererseits kann nicht jeder durch viel und harte Arbeit an die bei anderen gehobenen Ressourcen heranreichen.Die Abgrenzung nach diesem Kriterium ist doch etwas willkürlich.Ein paar Beispiele:1. War Steffi Graf ein Tenniswunderkind oder eine hart gedrillte Kindertennismaschine?Den Rückhandtopspin hat sie kaum gespielt (obwohl sie ihn doch beherrschte,wie sieselten zeigte.Ist das ein Anzeichen von fehlendem Tennisschöpfertum, fehlender Tenniskreativität und damit ein Makel, der Wunderkindstatus ausschließt?War ihre Rückhand-Slice nun eine besondere Begabung oder das Ergebnisharten Trainings? Ist eine durch hartesTraining erworbene Fähigkeit nicht letzten Endesdoch eine Begabung, die die allermeisten in gleicher oder mehr Zeit eben nicht schaffen?2. Die älteren Schwestern Zsuzsa und Zsofie wurden von Istvan Polgar einem ähnlichen Drill unterworfen und die Ergebnisse sind bekannt. Vielleicht ist es sogar ungerecht, sie nicht nicht auch als Wunderkinder zu bezeichnen, nur weil ihre jüngere Schwester in der Elo-Talentmessung letztlich 150 Punkte besser wurde und früher die höhere Spielstärke erreichte.War das System Polgar bei Judit ausgeklügelter, profitierte sie von den Beispielen der älteren Schwestern? Wahrscheinlich bzw. sicher!Ist das ein Ausschlußgrund für die Bezeichnung Wunderkind?Sehe ich nicht so, im Gegenteil.Die Schachspielleistungen von Sammy im Kleinkindalter usw. ohne große Ausbildung und Training sind vergelichbar mit Capa.Beides schachliche Wunderkinder. Wo ist da der Zweifel?Zu Aljechin:Ich meine mich zu erinnern, daß Aljechin gerne andere Meister fehlende Kreativität und geringere schöpferische Kraft unterstellte. Dabei war dann auch der nicht ausgesprochene Vergleich zu ihm hergestellt, für jeden Schachleser aber überdeutlich. Das dürfte seinem Ego gefallen haben, zumal kaum jemand bestreiten konnte, welche energische schöpferische Kraft in Aljechin steckte.Den anderen Meistern gegenüber wird dies nicht gerecht.Warum sollte denn nur das Spiel Aljechins der Maßstab aller Dinge und für alle Zeiten im Schach sein?War das Schach Aljechins dem von Sammy wirklich überlegen?[url]http://www.chessgames.com/perl/chess.pl?yearcomp=exactly&year=&playercomp=either&pid=&player=reshevsky&pid2=&player2=alekhine&movescomp=exactly&moves=&opening=&eco=&result=[/url]Der von Dir zitierte Artikel stammt aus Hochphase Aljechins, während Sammy gerade wieder ins Schachgeschehen eingriff und in Pasadena gegen Aljechin eben verlor.Aljechin äußerte sich, vermute ich, auch anders, wenn er eine Partie verlor.Es konnte doch nicht sein, daß er gegen einen wenig inspirierten Schacharbeiter verlor?Das hätte doch seinem von ihm gepflegten und aufgebauten Image etwas geschadet, nicht wahr?Wie betrunken (siehe kommentare bei chessgames.com) war Aljechi, als er diese Partie in einem der stärksten Turniere aller Zeiten verlor?Lag es nur daran oder an etwas anderem?Vielleicht kann man es im von Aljechin verfaßten Turnierbuch nachlesen?![Event "Nottingham"][Site "Nottingham ENG"][Date "1936.08.17"][EventDate "1936.08.10"][Round "7"][Result "0-1"][White "Alexander Alekhine"][Black "Samuel Reshevsky"][ECO "D04"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "122"]1. Nf3 d5 2. d4 Nf6 3. e3 c5 4. c3 Nbd7 5. Nbd2 Qc7 6. Qa4 g67. c4 Bg7 8. cxd5 Nxd5 9. Qb3 N5b6 10. a4 cxd4 11. exd4 a512. Bb5 O-O 13. O-O Nf6 14. Re1 Bf5 15. Nf1 Qd6 16. Qa3 Qxa317. Rxa3 Nfd5 18. Ng3 Bd7 19. Rb3 Rfd8 20. Bd2 Nxa4 21. Ra1Nab6 22. Rxa5 Bxb5 23. Rbxb5 e6 24. b3 Rd7 25. Ne4 Rxa526. Bxa5 Nc8 27. Ne5 Bxe5 28. dxe5 Nc7 29. Nf6+ Kg7 30. Nxd7Nxb5 31. Bd2 Ne7 32. Kf1 Nd4 33. b4 Nd5 34. Nc5 b5 35. Nd3 f636. Bc1 fxe5 37. Nxe5 Nc2 38. Bb2 Ncxb4 39. Ke2 Kg8 40. g3 Ne741. Nf3 Ned5 42. Ng5 Nc7 43. Ke3 Nc6 44. f4 h6 45. Nf3 Kf746. Kd3 Nd5 47. Bc1 Nf6 48. Bb2 Nd7 49. Ba3 e5 50. Ke3 Ke651. Bb2 Kd5 52. Nh4 Nb6 53. Bc1 Nc4+ 54. Kf2 Nb4 55. Ke2 Na256. Bd2 b4 57. fxe5 b3 58. Kd1 Nxe5 59. Ng2 Ke4 60. h4 Nd361. Ba5 Nb2+ 0-1Nach dem er sich 2 Fehler ankreidet (36. und 49. Zug), die durch bessere Züge ersetzt werden konnten - zum Remis genügend, hihi -, konstatiert Aljechin nach dem 49. Zug:Ab jetzt bis zum Ende ist das Spiel des Schwarzen von hoher Klasse.Zum Schach gehört nicht nur Schöpfertum und Kreativität (mit oder ohne Alkohol), sondern auch Wissen, Technik, Ausdauer, Nervenkraft, Geistesreflexe.1936 war Aljechin schon wieder auf dem Wege zur WM und dabei dem Alkohol zu entkommen.Das ehemalige Wunderkind Reshevsky mit der angeblich geringeren Schöpferkraft wurde geteilt mit WM Euwe und Fine 3.-5., einen halben Punkt hinter Botwinnik und Capa (!) und einen halben Punkt vor A.A.Die Beurteilungen von Schachmeistern zum Stil anderer Schachmeister sind interessant, aber sie sind wohl nur die ganz persönliche Sicht dieses Spielers und eben nicht die in Stein gemeißelte Wahrheit.

Beitrag von Kiffing

Ich versuche das Phänomen Judith Polgar mathematisch zu lösen, indem ich den Anteil an Training und Leistung in ein Verhältnis zu bringen versuche und erkenne, daß Judit Polgar trotz systematischen, ausdauernden und die neuzeitlichen professionellen Trainingskonzepte berücksichtigenden Schachtrainings vom jüngsten Alter an (ihr Vater ließ sie z. B. im Alter von 2 Jahren mit Schachfiguren als mit Puppen u. ä. spielen) nie an den Weltmeisterthron und die Plazierung als Nummer eins in der Weltrangliste herankam. Und insofern spreche ich ihr gerne eine außergewöhnliche Begabung zu, aber keinen Wunderkind-Status, da ihre Leistung auch zahlreiche Super-GMs erbringen, die bei weitem nicht diese schachliche Förderung erhalten haben, aber trotzdem keinen Wunderkind-Status aufweisen. Bei Reshevsky ist das anders, da er ja schon als 6jähriger alle Welt in Verblüffung versetzte. Daß er es nicht zum Weltmeister gebracht hat, könnte also an seiner langen Auszeit gerade in der so wichtigen schachlichen Entwicklungsphase liegen, aber auch an dem "Fluch des Wunderkindes", da einem alles zufalle, ernsthafte Arbeit irgendwann einmal nicht mehr notwendig sei. Aljechin sprach einmal davon, daß diese außergewöhnliche Begabung in diesem Sinne zu einem Versiegen von Schöpfertum und Inspiration führen, zu einem Versiegen, neue Wege zu suchen und zu bestreiten, und einer ungesunden Routine Platz machen könne. Natürlich meinte er damit seinen großen Rivalen Capablanca.Wegen Aljechin: mangelndes Schöpfertum sehe ich nicht als Stilfrage, sondern eben als Mangel und damit fehlende Leistung an. Es wird ja heute immer wieder betont, daß es z. B. für einseitig taktisch begabte und einseitig positionell begabte Schachspieler notwendig sei, ihre Fertigkeiten auch auf dem anderen Gebiete zu entwickeln. Alexei Suetin sprach in diesem Zusammenhang davon, daß Taktik und Strategie zusammengehören.

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;21909]...Wegen Aljechin: mangelndes Schöpfertum sehe ich nicht als Stilfrage, sondern eben als Mangel und damit fehlende Leistung an. Es wird ja heute immer wieder betont, daß es z. B. für einseitig taktisch begabte und einseitig positionell begabte Schachspieler notwendig sei, ihre Fertigkeiten auch auf dem anderen Gebiete zu entwickeln. Alexei Suetin sprach in diesem Zusammenhang davon, daß Taktik und Strategie zusammengehören.[/QUOTE]Definiere mal Schöpfertum im Schach. Daraus ergibt noch nicht zwingend die Definition von mangelndem Schöpfertum. Also auch für den Mangel eine Definition.Können Aljechin und Tal den absoluten Maßstab bilden und muß man deshalb fast allen anderen außer Kaspi schon einen Mangel attestieren?Wie hoch muß die Schöpferquote bei soundso gespielten Partien sein?Ich denke, der Begriff "schöpferisch" wurde und wird für Darstellungen im Schach gerne mißbraucht.Wahrscheinlich ist zumindest der Amateur ziemlich überrascht, wenn ihm anonyme Partien gezeigt werden und später dann aufgelöst, welcher als dröge und technisch geltender Meister solche Kunstwerke geschaffen hat.Daneben wird der Amateur auch kaum erkennen, welche Kunstfertigkeit und welches Schöpfertum im subtilen Ringen steckt.Die kleinen, feinen Züge erfordernvielleicht sogar mehr Phantasien und Ideen als die großen bunten Angriffe.Ich traue mir hier kein fundiertes Urteil zu, bin aber immer skeptisch, wenn von großer Schöpfung gesprochen wird, wenn etwas spektakulär aussieht.Spekulation, Spektakel und Schöpfung. Dabin ich schneller erschöpft als ein feuchter oder trockener Aljechin, soviel ist mal ganz klar. Weiterhin ist die Wahrscheinlichkeit fast 1, daß uns beide, Kiffing, die Erörterung der Frage, wer Wunderkind war und ist, sowie was schöpferisch im Schach ist, bei der Entwicklung der eigenen Spielstärke und sogar der eigenen Schöpferkraft keinen Deut weiterbringen wird.Es zeigt nur, daß wir uns schachlich gerne auf Nebenschauplätzen tummeln.Pläsierchen eben...:jaja:

Beitrag von Kiffing

Ich verstehe schon, was Du meinst, wenn Du darauf verweist, daß die Leistung anderer anerkannten Schachmeister ebenfalls schöpferische Qualitäten aufweise, die sich teilweise eben anders – z. B. subtil - äußern als bei Aljechin, einem der größten schöpferischen Spieler aller Zeiten, der, und da bin ich mit Kasparov einer Meinung, für die Entwicklung des Schachs mehr geleistet habe als Capablanca. So wie es richtig sein mag, daß sich Schöpfertum im Schach, d. h. die Fähigkeit, über besondere Ideen zu verfügen und diese jenseits aller Schablone zu finden, verschiedenartig äußern kann, dürfte Aljechin hierin fast allen Spielern überlegen gewesen sein. Das ist zumindest mein Eindruck. Und insofern möchte ich noch einmal festhalten, daß ein Mangel an Schöpfertum keine Stil-, sondern eine Leistungsfrage darstellt. Der Satz mag für Dich etwas komisch, vielleicht sogar unlogisch erklingen. Aber zum einen möchte ich das Gedankenexperiment anstimmen, wenn alle bekannten Meisterspieler, etwa auch Capablanca oder Reshevsky, über die schöpferischen Qualitäten eines Aljechins verfügt hätten, die sie ihrem Stil gemäß hätten ausleben können. Und zum anderen gebe ich zu bedenken, daß es bspw. im unteren Amateurbereich oft vorkommt, daß Spieler, die keine zwei Züge berechnen können und immer wieder auf Springergabeln hineinfallen, sich damit rechtfertigen, sie seien Positionsspieler, währenddem umgekehrt Spieler, die keine eigenen Pläne entwickeln und keine gegnerischen Pläne erkennen können, sich gerne damit rechtfertigen, sie seien Kombinationsspieler. Es gibt im Schach nun einmal ein breites Reservoir an Qualifikationen, und eine dieser Qualifikationen ist das Schöpfertum, man kann es auch Kreativität oder Phantasie nennen. Welchen Schachstil man mit seinen ganzen Fertigkeiten hat, ist wiederum eine andere Frage, aber der Mangel bzw. die unterentwickelten Möglichkeit in einer dieser schachlichen Qualifikationen sollte damit als Leistungsvermögen und nicht als Stilfrage bewertet oder gar gerechtfertigt werden. Schach ist eine ewige Baustelle. Aljechin, Tal und Kasparov hatten dafür andere Schwächen. Was nicht Wunder nimmt, mochten sie es gar nicht, sich zu verteidigen und agierten in der Verteidigung deutlich schwächer als im Angriff. Zum Beispiel neigten sie dazu, auch inkorrekte Verwicklungen zu suchen, um schnell dieser „Ödnis“ zu entgehen und das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen. Und ja, in der Verteidigung war ein Reshevsky allen dreien überlegen.

Beitrag von Kiffing

Und nun ist er mit 13 Jahren und 10 Monaten jüngster amerikanischer GM aller Zeiten (einschließlich Robert Fischers) und momentan jüngster GM der Welt: [url]http://de.chessbase.com/post/samuel-sevian-juengster-us-gm-aller-zeiten[/url]Magnus Carlsen erhält einen weiteren potentiellen Verfolger. :D

Beitrag von Kiffing

GM Samuel Sevian schreitet unaufhaltsam Richtung absoluter Weltspitze zu. Nachdem Sevian bei den US-Meisterschaften mit Wesley So - und das sogar mit den schwarzen Steinen - einen aufstrebenden Top-Ten-Spieler bezwungen hat, wird ihm das weiter Auftrieb geben, weil er nun weiß, daß er es mittlerweile mit jedem Spieler aufnehmen kann. Der mit 14 Jahren aktuell jüngste Großmeister der Welt ließ sich auf eine spektakuläre Variante ein, der gefährliche Einschläge auf seiner Rochadeseite zuläßt, was gerade gegen einen Spieler wie Wesley So für Mut, Nervenstärke und eine gewisse Kaltblütigkeit steht. Der Gegenangriff war furchtbar, und als sich der gebürtige Philippino freikaufen konnte, war letztendlich der Materialverlust für seine Niederlage entscheidend. Die Partie lebte von Action und zahlreichen Showelementen. [Event "US Championships"][Site "Saint Louis USA"][Date "2015.04.03"][EventDate "2015.03.31"][Round "3"][Result "0-1"][White "Wesley So"][Black "Samuel Sevian"][ECO "D45"][WhiteElo "2788"][BlackElo "2531"][PlyCount "82"]1. Nf3 d5 2. d4 Nf6 3. c4 e6 4. Nc3 c6 5. e3 Nbd7 6. Qc2 Bd67. Bd3 O-O 8. O-O dxc4 9. Bxc4 b5 10. Bd3 Bb7 11. a3 Rc812. Ng5 c5 13. Bxh7+ Kh8 14. f4 g6 15. Bxg6 fxg6 16. Nxb5 Qe717. Qxg6 Bb8 18. dxc5 Rxc5 19. Nd4 Rg8 20. Qh6+ Nh7 21. e4Ndf6 22. b4 Rcxg5 23. fxg5 Be5 24. Bb2 Ng4 25. Qh5 Qxg526. Qh3 Qe3+ 27. Qxe3 Nxe3 28. Rf2 Ng5 29. Kh1 Nc4 30. Bc3Nxe4 31. Rf7 Nxc3 32. Rxb7 Bxd4 33. Rf1 Rg7 34. Rb8+ Kh735. g3 e5 36. Rff8 Ne3 37. h4 Ne4 38. Rh8+ Kg6 39. h5+ Kg540. h6 Rf7 41. h7 Rf1+ 0-1

Beitrag von zugzwang

Unter nachfolgendem Link gibt es eine Watchlist:[Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://chessnumbers.wordpress.com/prodigy-watch/current-prodigy-watchlist/". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://chessnumbers.wordpress.com/prod ... watchlist/" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]Keine Ahnung, welche Berechnungsmodalitäten zur Reihenfiolge führen, aber beachtenswerte und bekannte Namen wirft sie jedenfalls aus.Samuel Sevian hat jedenfalls Konkurrenz im eigenen verband vom jüngeren John Burke.Ein Name und ein Spieler, von dem ich bisher nichts hörte und nichts nachgespielt habe.Mit Elo 2601 ist er vermutlich der elo-stärkste FM der Welt und liegt auch in der U14-Kategorie der Fide vorne.Sein rasanter Elo-Anstieg ergibt sich aber auch aus dem neuen Beschleunigungsfaktor für jüngere Spieler.Es bleibt daher abzuwarten, ob die neuen Zahlen die Spielstärek und ihre Entwicklung wirklich realistisch darstellen.Kurze Information zu Burke findet sich hier:[url]http://www.thechessmind.net/blog/2015/9/2/john-burke-americas-newest-super-prodigy.html[/url]Kleiner Einblick in die neuen Ergebnis-Berechnungen:[Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://ratings.fide.com/individual_calculations.phtml?idnumber=2070901&rating_period=2015-08-01". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://ratings.fide.com/individual_cal ... 2015-08-01" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]