Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Prophylaxe“

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Beitrag von Kiffing

Ohne mich jetzt in allerlei z. B. historischen Tiefendefinitionen zu verirren, so meint Prophylaxe die Verhinderung möglicher Angriffe der Gegner. Dazu notwendig ist es also, mögliche Angriffsideen des Gegners schon im Vorfeld zu erkennen und dann auszuschalten. Wie dies praktisch geschehen kann, dazu habe ich zwei interessante klassische Beispiele herausgesucht, wo sowohl der ehemalige Spitzenweltmeister Jose Raul Capablanca als auch der große hypermoderne Theoretiker Aaron Nimzowitsch mit dieser Methode lehrbuchmäßig zum Erfolg kamen.In der ersten Partie sichert Capablanca erst seinen Damenflügel ab, um dann am Königsflügel ungestört angreifen zu können. Schauen wir uns doch die Stellung vor dem 19. schwarzen Zug einmal an. Weiß droht g4, um dann die Türme über die g-Linie zu aktivieren und seinen weißfeldrigen Läufer über c2 zu aktivieren. In nur wenigen Zügen macht Capablanca alle weißen Angriffsmöglichkeiten zunichte. Sein darauffolgender Angriff am Königsflügel entfacht daraufhin einen Schwung, der selbst einem Alexander Aljechin zur Ehre gereicht hätte. In der zweiten Partie findet sich ein ähnliches Bild. Betrachten wir die Stellung vor dem 12. Zug. Eine potentielle Angriffsmöglichkeit des Gegners besteht in ...f7-f5-f4 (nachdem der Sf6 weggezogen ist), wonach die „subjektive Majorität“ (Watson) brandgefährlich wird. Auch hier schaltet Nimzowitsch diese potentielle Angriffsmöglichkeit in nur wenigen starken Zügen aus, um dann selbst am Damenflügel angreifen zu können, was er mit ebensolcher Wucht tut wie im Vorgängerbeispiel Capablanca. Sehenswert, wie nach 15. h4!! der schwarze Königsflügel paralysiert ist. Bei dem darauffolgenden Damenflügelangriff möchte ich besonders die Kombination im 30. Zug hervorheben. Die ist wirklich gut.