Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Wie soll Weiß den Angriff fortsetzen?“

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Beitrag von Kiffing

In diese Aufgabe, Partiefragment aus Najdorf gegen Kotow 1957 und beliebtes Lehrbeispiel in Schachbüchern, muß man sich richtig hineinknien. Viele gute Möglichkeiten stehen hier zur Verfügung, doch nur eine ist richtig. Versucht mal, euch in die Stellung hineinzudenken und nach Varianten Ausschau zu halten. Vielleicht findet ihr dann die Lösung. Das ist eine Stellung, die nicht unbedingt mit herkömmlichen Mustern zu knacken ist. Später erzähle ich mehr dazu. Weiß am Zug:[FEN=2]2rqr1k1/1p2bppp/p3pn2/3bN1B1/P2P3Q/1B5R/1P3PPP/R5K1 w - - 0 1[/FEN]

Beitrag von zugzwang

1. Kandidat: Frontalangriff gegen h7 mit 1. Lxf6 nach Lxf6, 2. Dxh7 Kf8 scheint der sK aber nicht weiter zu bedrängen zu sein, Schwarz hat für den gegebenen Bauern das L-Paar in offener Stellung (okay, die weißen verschwinden dann bald vom Brett, aber der Lf6 bleibt trotz gut postiertem Se5 stark) und die weiße Bauernstruktur a4, b2, d4 sieht nicht zu sicher aus. Schwarz dringt evtl. über die c-Line ein.Starker Verdacht: Der direkte Angriff wird verpuffen.2. Kandidat: 1. Sg4 - auch ziemlich direkt - blicke da nicht durch ...3. Kandidat: 1. Lc2 - vllt. gibts da nen Trick nach Txc2, 2. Lxf6 Lxf6 (wohl ?), 3. Dxh7+ nebst Dxc2. Aber was ist nach z.B. 2. ... h6 anstatt Lxf6?!Nächster Verdacht: Ich werde heute (oder überhaupt) keine weitere Angriffsidee finden und schon gar nicht durchrechnen können...:heul:

Beitrag von Kiffing

Schön, daß Du Dich an diese doch recht kniffligen Stellung herangewagt hast. :top: Diese Stellung habe ich von einem Dworetzki-Buch, nämlich Angriff und Verteidigung, noch aus der Zeit, als ich auf diesen russischen Startrainer gesetzt habe. Mittlerweile denke ich anders darüber und habe meine neue These auch [URL="http://www.schachburg.de/threads/132-F%C3%BCr-wen-sind-die-Dworetzki-Werke-geeignet"]zur Diskussion[/URL] gestellt.Zur Aufgabe: [SPOILER]Herzlichen Glückwunsch, Du hast alle drei Kandidaten, die auch Dworetzki aufs Tapez gebracht hat, herausgefunden! Daß 1. Lxf6 Lxf6 2. Dxh7+ Kf8 nicht weiterhilft, weil zu plump, hast Du schön erkannt. Und auch 1. Sg4 scheitert an der Verteidigungsressource 1. ...Kf8! Dworetzki merkt hierzu an:[QUOTE]Den Bauern h7 kann man jetzt auf verschiedene Weise erobern, aber vollständige Klarheit herrscht nicht. Beispielsweise wirkt sich nach 22. Sxf6 Lxf6 23. Lxf6 Dxf6 24. Dxf6 gxf6 25. Lxd5 exd5 26. Txh7 Kg8 die Aktivität der schwarzen Türme auf den offenen Linien „c“ und „e“ ausgesprochen störend aus[/QUOTE]1. Lc2!! ist hier tatsächlich der richtige Zug und führt auch nach der von Dir erkannten Verteidigungsressource 2. ...h6 schnell zum Sieg, ja zum Matt. Dworetzki gibt hier folgende Variante an: 1. Lc2!! Txc2 (1. ...h6 2. Lxh6!) 2. Lxf6 h6 3. Dh5! Lxf6 (3. ...Tf8 4. Lxg7!) 4. Dxf7+ Kh7 (4. ...Kh8 5. Txh6+! gxh6 6. Sg6#) 5. Txh6+! Kxh6 6. Dg6#Wir wir ja alle gemerkt haben, ist diese Stellung mehr als eine Taktikaufgabe, denn das ganze Arsenal der richtigen Zugfindungsmethoden kommt hier zur Anwendung. Laut Dworetzki besteht hier die Schwierigkeit darin, daß sich aus dieser druckvollen Stellung gut spielen läßt, so daß wir dazu neigen, vorschnell die offensichtlichen Angriffszüge 1. Lxf6 und 1. Sg4 zu spielen. Wir sollten hier aber (wie immer) auch die gegnerischen Kandidatenzüge versuchen zu erkennen, um so die schwarzen Verteidigungsressourcen nach den beiden offensichtlichen Angriffszügen zu finden. Im übrigen zeichnet es einen starken Spieler aus, daß er „streng wissenschaftlich“ versucht, [URL="http://www.schachburg.de/threads/112-Starke-Schachspieler-denken-wie-Wissenschaftler"]sich selbst zu widerlegen[/URL]. Und wenn wir nicht weiterkommen, dann müssen wir eben versuchen, auch andere Angriffsressourcen aufzuspüren, die erstmal nicht so offensichtlich sind. So hast Du sicherlich auch 1. Lc2!! gefunden, auch wenn Du Dich von 2. ...h6 leider vom rechten Wege hast abhalten lassen. [/SPOILER]

Beitrag von zugzwang

Danke für die Ausführungen Kiffing.Meine Kandidatenzüge waren vom Schwachpunkt h7 geleitet.Der Kandidat Lc2 entstand aus meiner These, daß man auch mal Zugumstellungen ausprobieren soll. Systematischer wäre aber folgende Fragebearbeitung gewesen:[SPOILER]Die weißen Angriffskräfte reichen noch nicht aus. Kann man weitere Kräfte heranführen und wie? Eine Zugumstellung ergibt dann einen möglichen Kandidatenzug mehr, der natürlich noch sauber zu berechnen ist.[/SPOILER]