Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Schachspielerinnen?“

schachburg.de

Beitrag von cherry

Man liest hauptsächlich von Männern, die berühmte Schachpartien gespielt haben oder irgendwelche Turniere oder Titel gewinnen? Gibt es auch berühmte Schachspielerinnen? Welche?:grübel:

Beitrag von Kiffing

Ja, die gibt es. Vera Menchik war bis zum Zweiten Weltkrieg die stärkste Frau und eine schillernde Persönlichkeit. Sie starb leider bei einem deutschen Luftangriff auf England. Viel fürs Frauenschach getan hat dann in der Zeit danach Georgien und immer sehr starke Schachspielerinnen hervorgebracht. Am bekanntesten in der modernen Zeit ist natürlich Judith Polgar, die es phasenweise mit den stärksten Männern aufnehmen konnte. Ihr Werdegang ist allerdings weniger natürlich, sondern das Resultat eines umstrittenen Experiments ihres Vaters. [URL="http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ich-lehre-euch-den-ubermenschen"]Wunderbarer Artikel[/URL] dazu.

Beitrag von Hans_van_Ille

Ich mag die Kosintsevas und Alexandra Kosteniuk.:pfeif:

Beitrag von whiteshark

Berühmt im Sinne von öffentlicher Wahrnehmung ist natürlich sehr subjektiv. Schach hat dabei höchstens den Rang eines Randsports. Aber je nach eigenem "Nerdheitsgrad" wirst Du einige Namen auf der Liste von erfolgreicheren Spielerinnen wiederfinden: [URL="http://www.chessgames.com/perl/chesscollection?cid=1011967"]http://www.chessgames.com/perl/chesscollection?cid=1011967[/URL] :gent:

Beitrag von zugzwang

Ein paar Namen aus deutschen Landen:Sonja Graf - unterlag Vera Menchik in den 30-er-Jahren um die Damen-WM deutlich, fügte ihr aber die erste und einzige (?!) Niederlage im Kampf um den Frauentitel zu.Edith Keller-Herrmann - WM-Kandidatin der 50er Jahre, belegte in 3 Damen-Kandidatenturnieren vordere Plätze (4.-5.) und war ein harter Brocken für die sowjetischen WM-Herausforderinnen, gehörte zur Jugendtrainingsauswahl um Klaus Junge, Wolfgang Unzicker.Jutta Hempel - "Schachwunderkind" der 60er Jahre - spielte als Teenager simultan gegen Erwachsene, verschwand aus der Schachszene so schnell, wie sie sehr früh aufgetaucht war.Schachbund: Flensburger Schachwunderkind und Tochter des ehemaligen Stadtmeisters Hermann Hempel. Brachte als Fünfjährige 1966 den Deutschen Meister Hecht bei einer Simultanveranstaltung in große Bedrängnis. Landesmeisterin Schleswig-Holstein 1976. Barbara Hund und Gisela Fischdick - Annett Wagner-Michel, Brigitte Burchardt und Petra Feustel - internationale Klasse der 70er-80er Jahre.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=zugzwang;19030]Sonja Graf - unterlag Vera Menchik in den 30-er-Jahren um die Damen-WM deutlich, fügte ihr aber die erste und einzige (?!) Niederlage im Kampf um den Frauentitel zu.[/QUOTE]Ja, von der Sonja Graf hatte ich vor einiger Zeit gehört. Sie trat als Deutsche während der [URL="http://www.schachburg.de/threads/780-Hintergr%C3%BCnde-zur-Schacholympiade-1939-in-Buenos-Aires"]Schacholympiade 1939[/URL] (der Zweite Weltkrieg brach während des Turniers aus!) bei der in Buenos Aires parallel dazu stattfindenden Frauen-Weltmeisterschaft unter der Flagge des Phantasiestaats "Liebe" an und kehrte danach nicht mehr nach Deutschland zurück. Frank Mayer verfaßte zu dieser jungen Frau einen [URL="http://www.schachbund.de/intern/archiv/mayer/graf/"]bemerkenswerten Artikel[/URL]. Ich begann sie platonisch zu lieben, diese wunderbare, leidgeprüfte Frau!

Beitrag von zugzwang

Der weibliche Anteil am Vereins- und Wettkampfschach ist ja ohnehin recht gering und in D-Land durchaus überschaubar. Geographisch weiter in Richtung Osten finden sich schon mehr Schachspielerinnen.Eine Frau, die sich mit Problemschach einschließlich Studien beschäftigt, ist mir allerdings nicht bekannt.Kann es tatsächlich sein, daß der Bereich Problemschach ausschließlich männlich besetzt ist?:eek::zerknirscht:

Beitrag von Kiffing

[IMG][Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://secure.akbild.ac.at/sciencefashion.akbild.ac.at/blog/topics/uploads/feminist_b.jpg/image_preview". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://secure.akbild.ac.at/sciencefash ... ge_preview" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.][/IMG]Eine Frau, die sich mit dem Problemschach intensiv beschäftigte, war Edith Helen Baird, die schließlich ein Buch mit 700 Schach-Kompositionen veröffentlichen sollte. Im Laufe ihres Lebens schuf sie gar um die 2000 Schach-Probleme. Sie hatte Zugang zum Schach, als das Schach noch eine reine Männer-Domäne war und es in der Gesellschaft noch wirkliche Restriktionen gegenüber schachspielenden Frauen gegeben hatte. Edith Helen Baird entschloß sich dennoch dazu, diese Herausforderungen anzunehmen. Allen Anfeindungen und Restriktionen zum Trotz, ließ sie sich nicht aus dem Schachleben vertreiben, sie war ein kluger politisch denkender Kopf, welche die Suffragetten-Bewegung in England antizipierte. Frank Mayer hat dieser bemerkenswerten Persönlichkeit eine [URL="http://schach-und-kultur.de/?p=6898"]Hommage[/URL] gewidmet.Für alle zur Mahnung: Am 18. November 1910 ging die englische Polizei mit unbeschreiblicher Brutalität gegen demonstrierende Suffragetten in London vor, die ins ausschließlich männerdominierte Parlament eindringen wollten, um dort das Frauenwahlrecht zu fordern. Vier Frauen starben, viele wurden verletzt und 150 verhaftet. Die englische Polizei wurde von paramilitärischen Banden unterstützt. Das Ereignis läßt sich mit dem Petersburger Blutsonntag, dem Haymarket Riot oder den Eskalationen um den Besuch des Schahs in Persien von Westberlin 1967 vergleichen und ging als Schwarzer Freitag in die Geschichte ein.Weitere Frauen, die sich um das Problemschach verdient gemacht haben: Odette Vollenweider, Suleicha Eiwasowa, Nadeshda Leontewa. [URL="http://home.versanet.de/~zirkwitz/Selected%20Articles/leontewa_1.html"]Hier[/URL] geht es mehr zum Thema.

Beitrag von zugzwang

Danke, Kiffing.Wenn ich hier drüberlese[url]http://de.wikipedia.org/wiki/Schachkomposition[/url],dann finde ich nur Männernamen.Gibt es weibliche Studienkomponisten und weitere Problemverfasser außer Mrs. Baird und (!) ihrer Tochter?

Beitrag von Marsman

Die Schachweltmeisterschaft der Frauen die seit 1927 unter Schirmherrschaft des Weltschachverbands FIDE ausgetragen wird. Die erste Weltmeisterin war von 1927 bis zu ihrem Tod 1944 Vera Menchik, derzeit ist die Ukrainerin Anna Uschenina Titelträgerin. Liste der Schachweltmeisterinnen Vera Menchik 1927–1944 Tschechoslowakei keine Weltmeisterin 1944–1950 Ljudmila Rudenko 1950–1953 Sowjetunion Jelisaweta Bykowa 1953–1956 Sowjetunion Olga Rubzowa 1956–1958 Sowjetunion Jelisaweta Bykowa 1958–1962 Sowjetunion Nona Gaprindaschwili 1962–1978 Sowjetunion Maia Tschiburdanidse 1978–1991 Sowjetunion Xie Jun 1991–1996 China Zsuzsa Polgár 1996–1999 Ungarn Xie Jun 1999–2001 China Zhu Chen 2001–2004 China Antoaneta Stefanowa 2004–2006 Bulgarien Xu Yuhua 2006–2008 China Alexandra Kostenjuk 2008–2010 Russland Hou Yifan 2010-2012 China Anna Uschenina seit 2012 Ukraine

Beitrag von hako

[QUOTE=zugzwang;19047]Der weibliche Anteil am Vereins- und Wettkampfschach ist ja ohnehin recht gering und in D-Land durchaus überschaubar. Geographisch weiter in Richtung Osten finden sich schon mehr Schachspielerinnen.[/QUOTE]Ja, interessanter Weise ist Schach irgendwie ein Männersport :-/Der Schachbezirk Bergisch-Land hatte vor einigen Jahren daraufhin eine brilliante Idee, die auch in der Politik top aktuell (und ebenso bescheuert (das wollen wir hier aber nicht weiter erörtern ;))) ist: eine Frauenquote in der Jugend. Die Regel, dass jede Mannschaft immer mit mindestens einen Mädchen antreten muss, wurde Gott sei dank wieder abgeschafft.

Beitrag von zugzwang

Das Schachjahr 2013 ist so prallgefüllt wie noch nie in der Geschichte des Turnierschachs. Auch wenn es inzwischen guter und noch ausbaufähiger Brauch geworden ist, Männer und Frauen, Jungs und Mädchen gemeinsam in Turnieren und Veranstaltungen aufspielen zu lassen (siehe Rapid-Schach in Genf aktuell oder Aronjan-Handicap in Meißen), gibt es - auch aus guten Gründen - weiterhin reine Frauenturniere wie die Weltcup-Serie und WM.Im armenischen Dilijan (ohne Chinesin, was dem Modus der Serie geschuldet ist, aber trotzdem auffällt) setzten sich gerade die beiden Elo-Favoritinnen Humpy Koneru und die gebürtige Ukrainerin (ihre Schwester Marya gewann soeben die ukrainische Damenmeisterschaft) Anna Muzychuk (Slowenien) durch.Die amtierende Weltmeisterin (übrigens auch mit dem Team!) Anna Ushenina (ebenfalls Ukraine) hält sich etwas remislastig, aber schwer zu bezwingen, fit für die Damen-WM gegen Hou Yifan Ende des Jahres. Diese selbst wiederum zeigte, daß sie durchaus mit einem Supergroßmeister der 27o0er-Klasse, dem sympathischen Tschechen David Navara mithalten kann (Minimatch in Prag mit Armageddon-Siegerin Hou).Ein kleiner Bericht mit einem freundlichen Schach-Foto findet sich in der aktuellen Juli-Ausgabe von "Schach".Tatiana Kosintseva, die gemeinsam mit ihrer Schwester Nad(j)eschda der "Sbornaja" vorerst einen Korb gegeben hat, kam erst gegen Ende auf +1 in diesem Großmeister-Turnier (Kategorie 11), zeigte aber mit dem Schlußspurt und der geringsten Remisanzahl (2), daß in ihren Partien einiges los ist.Auch die Damen zollen den Turnierbelastungen mit ungewöhnlichen Platzierungen gewissen Tribut. Die große Siegerin des Fide-Grand-Prix von Genf im Mai, Neu-GM Bela Kotenashvili, landet diesmal auf dem letzten Platz. Sie wird das sicher bald korrigieren können.Außenseiterin "Tough" Batchimeg (Mongolei) schlägt sich weiterhin wie das Wortspiel mit ihrem Vornamen. In Genf Vorletzte, aber mit Ratingperformance 2397 bei bisheriger Elo von rund 2300 und jetzt eine Performance von 2490 bei einem Score von gerade einmal -1. Chapeau!Abschließen möchte ich mit dem Lächeln der Mona Lisa.Humpy gilt allgemein als etwas, sagen wir mal, konzentriert, was ihr Fotogesicht für die Bildberichterstatter angeht.Im aktuellen chessbase-Beitrag zum Turnier[url]http://chessbase.de/Home/TabId/176/PostId/4010319/humpy-koneru-gewinnt-frauen-grand-prix-280613.aspx[/url]meine ich jedenfalls deutlich das kleine, aber feine Lächeln einer Mona Lisa erkennen zu können.