Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Cheron“

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Beitrag von chessiscruel

Lohnt es sich noch den durchzuarbeiten ,oder ist sein Endspielbuch in 4 Bänden hoffnungslos veraltert?

Beitrag von Zapp Brannigan

Das schöne an endspieltheorie (im gegensatz zu eröffnungstheorie) ist, dass sich da eigentlich nichts mehr ändert. Die Phillidor-stellung wird auch in 200 jahren noch remis ergeben. Das einzige, was geändert hat, sind irgendwelche endspiele ohne bauern wo table-bases auf einmal matt in 250 zügen und solche lustige sachen gefunden haben.Die frage hingegen ist, wie sinnvoll es ist, 4 Bände endspiele zu büffeln. Ich kenn z.bsp. in Turmendspielen nur gerade das brückenbauen, die phillidor-verteidigung und den grundsatz, den tum immer auf die seite zu stellen wo er mehr platz hat. Ich kann mich auch nicht errinnern, je ein endpsiel zu verloren resp. nicht gewonnen zu haben, weil mir eine theorie-stellung unbekannt war, höchstens ein paar bauernendspiele wo ich mich verrechnet habe, aber das hat mit theoriekenntnissen auch nichts zu tun, ausser mit der einsicht, dass bauernendspiele viel komplizierter sind als man allgemein meint...Nicht dass ich dich davon abhalten will, endspiele zu üben, ich denke das ist ein sehr sinnvolles training, aber ich würd mich eher auf die praktische aspekte der endspiele konzentrieren, (z.bsp. das lösen von übungen wie in Bernd Rosens buch) und nicht versuchen, endspiel-theorie auswendig zu lernen.

Beitrag von Kiffing

Ihr werdet lachen, aber ich hatte mir vor kurzem Thomas Manns Zauberberg durchgelesen, und da kam mir die Lebensgeschichte von Cheron sehr bekannt vor, der ja 20 (!) Jahre als Lungenkranker in einem Sanatorium gelebt und dort sein Lebenswerk über sämtliche Aspekte des Endspiels verfaßt hat. Im Zauberberg kamen der Hauptfigur Hans Castorp in der abgeschiedenen und weltabgewandten Atmosphäre des Sanatoriums, in dem dieser allerdings „nur“ sieben Jahre verweilte, die besten Ideen. Insofern scheint es psychologisch so zu sein, daß eine solche Atmosphäre geistig sehr fruchtbar sein kann. Ohne Cherons Bücher gelesen zu haben (was Endspiele angeht, las ich bisher Rosen und Müller/Lamprecht), würde ich diesen ungewöhnlichen persönlichen Umstand also als Proargument für dieses Buch werten. Ganz profan ausgedrückt, der Autor hatte alle Zeit der Welt und war befreit von Nöten, Sorgen und Pflichten. So konnte er all seine Energie auf dieses Werk konzentrieren und literarisch befreit aufspielen.

Beitrag von chessiscruel

@Lestat Ich bin da Anderer Meinung und finde,daß man im Schach versuchen sollte seine Schwächen auszumerzen und das sind bei mir eben Endspiele.Bernd Rosens Buch ist zwar recht nett,ich besitze es schon seit geraumer Zeit,aber ich finde man sollte damit anfangen sein Wissen über theoretische Endspiele aufzufrischen,da es gewisse Übergänge in einer praktischen Schachpartie immer wieder und recht häufig gibt.Ich kann ja schließlich keine Variantein in einem komplizierten Endspiel rechnen ohne zu wissen ob das Endergebnis remis gewonnen oder verloren ist .Oder ein Beispiel aus meiner eigenen Praxis.Ich hab eine Schnellschachpartie mit König und Turm gegen König Turm und Läufer nur deshalb verloren,weil ich damals die Verteidigungsmethode nicht gekannt habe,welche eigentlich sehr sehr simpel ist.Der Turm muß einfach die 7.Reihe/Linie decken,wenn der König bereits auf der 8 abgeschnitten ist (Crochane Position)@Kiffing:Ja du hast recht,ich hab gestern einige Kapiteln überflogen und man merkt ,daß das Werk mit einer gewissen Leidenschaft geschrieben wurde.Ich kann jetzt schon sagen,daß es mir fast besser gefällt,als Dworetzkis Endspieluniversität..Es ist zumindest nicht so kompliziert,Das Wichtigste steht drinnen und es wird so einfach erklärt,daß es sogar ich ,der mit Endspielen schon immer auf Kriegsfuß war,versteht.Zumindest wird man sich nach der Lektüre des Cheron mit dem Dvoretzki viel leichter tun,falls ich den danach überhaupt noch lesen möchte.Interessant ist,daß Cheron nicht wie die meisten Endspielbücher mit Bauern sondern mit Turmendspielen beginnt.Angeblich soll er ja bis in die 60er jahre des vorigen Jahrhunderts als der "Turmendspielguru" gegolten haben.Jedenfalls hab ich große Lust seine 4 Bücher die ich vor längerer Zeit antiquarisch erworben habe,jetzt auch zu lesen.Auch mein Trainer hat mich beruhigt und gemeint,daß Endspielbücher bis auf ein paar Ausnahmen,welche Tablebases in unserem Computerzeitalter neu eingeschätzt haben,niemals veralternL.G.Michael

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=chessiscruel;21571]@Lestat Ich bin da Anderer Meinung und finde,daß man im Schach versuchen sollte seine Schwächen auszumerzen und das sind bei mir eben Endspiele.Bernd Rosens Buch ist zwar recht nett,ich besitze es schon seit geraumer Zeit,aber ich finde man sollte damit anfangen sein Wissen über theoretische Endspiele aufzufrischen,da es gewisse Übergänge in einer praktischen Schachpartie immer wieder und recht häufig gibt...[/QUOTE]Dein "Endspielspielansatz" ist sehr vernünftig, nur bezweifle ich genau wie Lestat, daß "der Cheron" hierfür ein geeignetes Werk ist.Jedenfalls ist er für sehr viele Spieler abschreckend, weil nur die allerwenigsten Spaß daran finden und Energie reinstecken ein Nachschlagewerk durchzuarbeiten.Der "Cheron" ist ein bewunderungswürdiges Werk, aber eher ein Nachschlagewerk und keine nach Schwierigkeit und Häufigkeit gewichtete und didaktisch aufbereitete Anleitung.Rosen, Howell, de la Villa (100 Endspiele, die ... - you must know), Röder (Endspiele leicht gemacht) aber auch die alten Keres (Praktische Endspiele) und Euwe (Endspieltheorie und -praxis) dürften unter zeitlichen und praktischen Gesichtspunkten einen schnelleres und bleibendes "Endspielwissen" verschaffen.Und auch der Keres könnte die eine oder andere ausführlichere verbale Erläuterung vertragen.Aber eins stimmt:Besser als die Bücher zu besitzen und manchmal in ihnen und anderen zu blättern (Silman, Löwenfisch/Smyslov, Pachman, Dworetzky, Schereschewsky), ist es, wenigstens eines durchzuarbeiten und zu verstehen. Ich schlage zunächst de la Villa vor. Der Howell ist kaum noch erhältlich.[QUOTE=chessiscruel;21571]...Oder ein Beispiel aus meiner eigenen Praxis.Ich hab eine Schnellschachpartie mit König und Turm gegen König Turm und Läufer nur deshalb verloren,weil ich damals die Verteidigungsmethode nicht gekannt habe,welche eigentlich sehr sehr simpel ist.Der Turm muß einfach die 7.Reihe/Linie decken,wenn der König bereits auf der 8 abgeschnitten ist (Crochane Position)...[/QUOTE]Ich behaupte aus meiner Erinnerung mal, daß diese Beschreibung der Cochrane-Verteidigung nicht vollständig und zutreffend ist bzw. den entscheidenden Verteidigungsansatz nicht beschreibt.(Ich habe mal schnell bei de la Villa nachgeschaut: Du meinst evtl die 2. Reihe-Verteidigung, beschreibst diese aber auch nicht einwandfrei! Cochrane geht anders - mit Fesselung des Angriffsläufers)