Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Neuzugang“

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Beitrag von SchwarzerRitter

Hallo,was soll ich sagen. Ich bin Schachspieler. Ich spiele zur Zeit wieder öfter am PC und möchte bald wieder im Verein spielen, wenn ich den Führerschein fertig habe.Momentan interessiere ich mich sehr für Eröffnungen, weil ich gegen den Computer merke, dass es mir hilft, wenn ich Tarraschs Schachspiel daneben lege und im Eröffnungsteil spicke. Langfristig will ich das Spicken einstellen, aber vor allem auch mal schauen, ob ich ein ein aktuelleres Eröffnungsbuch zu lege, dass einen ersten möglichst breiten Überblick gibt. Tarrasch soll gerade dort veraltet und nicht mehr nützlich sein, liest man im Netz überall.Ich habe auch manchmal das Bedürfnis über Züge zu diskutieren und Meinungen einzuholen, wie man weiterspielen sollte.LG

Beitrag von Kiffing

Willkommen im Forum und viel Spaß hier! :wink:Tarraschs Schachspiel ist natürlich ein Klassiker, und Du kannst Dich glücklich schätzen, daß Du ihn hast, schon alleine aus schachhistorischen Verständnisgründen. Was den praktischen Nutzen seines Buches angeht, so besteht das Problem darin, daß dieser Nutzen ausgerechnet in der Eröffnungsphase, also da, wo Du momentan am meisten an Dir arbeiten möchtest, nahezu gegen Null tendiert, weil die Eröffnungstheorie sich rasant weiterentwickelt, so daß viele der Empfehlungen und Bewertungen Tarraschs widerlegt sind oder zumindest in der von Tarrasch gebotenen Form nicht mehr stimmen. Um ein Beispiel zu geben, so sagt man heute, daß Botwinnik, also ein Spieler schon recht weit nach Nimzowitsch, durch Neuerungen im 10. Zug gewonnen habe, während noch später Kasparov dies bereits durch Neuerungen im 20. Zug tat. Was Eröffnungen angeht, empfiehlt sich also tatsächlich wesentlich modernere Lektüre.Was die Mittelspiel- und Endspielideen dagegen angehen, so sind diese bei weitem nicht diesem rasanten Tempo unterworfen wie die schnelllebige Eröffnungstheorie, und viele der Empfehlungen mancher Klassiker gelten noch immer als zeitlos. Hier kannst Du aus Tarraschs Ideen also einiges mitnehmen. Allerdings empfiehlt sich hier mindestens eine Gegenüberstellung von Tarrasch mit Nimzowitsch, der Tarraschs moderne und „dogmatische“ Ratschläge aus hypermoderner Sicht scharf angegriffen und durch wichtige hypermoderne Lehren ergänzt hatte (vor allem sind hier seine Ideen rund um den Kampf gegen das Zentrum bedeutsam). Aaron Nimzowitsch schuf mit Mein System einen heute noch bekannteren Klassiker, der für manche Schachspieler heute immer noch als eine Art Bibel des Schachspiels betrachtet wird. Dieser Meinungskampf zwischen Modernen und Hypermodernen wird heute natürlich nicht mehr (wenn überhaupt) in der damals radikalen Form geführt, denn längst verstehen es die Schachspieler, je nach Bedarf die Ideen der Modernen und der Hypermodernen anzuwenden. Aber als Ergänzung zu Tarraschs Schachspiel ist Mein System unverzichtbar. Und, um eine weitere Empfehlung abzugeben, so spiegelt sich der Wert von Nimzowitschs Mein System auch dadurch wieder, daß erst das Jahr 1998 folgen mußte, bis sich mit John Watson ein Großmeister fand, der in seinem Werk Geheimnisse der modernen Schachstrategie die Ideen von Nimzowitsch in Relation zu den seitdem gemachten Erfahrungen einer kritischen Überprüfung unterzog. Ansonsten bietet sich für Deinen Wunsch nach Stellungsdiskussionen das Unterforum [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/forums/38-Stellungen-zum-Analysieren". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/forums/38-Ste ... nalysieren" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.] an, während Du im Partienbereich auch Deine eigenen Partien zur Diskussion stellen kannst.

Beitrag von SchwarzerRitter

Hallo,ich habe jetzt darüber nachgedacht Mein System und Geheimnisse der modernen Schachstrategie zu bestellen, aber bei Geheimnisse der modernen Schachstrategie ist mir aufgefallen, dass es einmal Neuerungen seit Nimzowitsch gibt und dann noch Band 1 bis 3. Was ist denn da was? Kann mich da mal jemand aufklären, was die Unterschiede sind oder ob das aufeinander aufbaut? Und ja, ob Geheimnisse der modernen Schachstrategie im Grunde genommen mein System überflüssig macht oder ob ihr das nicht so sehen würdet?LG

Beitrag von Sanpelg

Gerade Watsons Buch richtet sich vor allem an erfahrene Spieler, da würde ich erst mal Z.B. "Meister gegen Amateur" von Euwe vorziehen.Ansonsten natürlich auch: herzlich willkommen!

Beitrag von Kiffing

@Schwarzer Ritter: Watsons Geheimnisse der modernen Schachstrategie ist eine Antwort auf Nimzowitschs Mein System und baut dem zufolge auf Nimzowitschs Ideengebäude auf. Von daher sollten bei der Bearbeitung von Watson schon Kenntnisse von Nimzowitschs Spielphilosophie vorhanden sein, damit man weiß, auf welche Kenntnisse sich Watson genau bezieht. Und weil Nimzowitsch seine Ideen in Mein System vollständig ausgebreitet hat (es ist sozusagen sein Manifest), bietet sich Mein System dafür natürlich am ehesten an. Strenggenommen kann man zwar den Watson auch lesen, ohne Mein System zu kennen, aber es macht dann bei weitem nicht denselben Spaß, und es fehlt auch der Aha-Effekt, der sich eben dann nicht einstellen kann, wenn man das Objekt Watsons Untersuchungen nur aus dessen eigenen Bewertungen kennt. In der Wissenschaft gibt es eine goldene Regel: keine Sekundärquelle kann eine Primärquelle ersetzen. Das gilt auch für den vorliegenden Fall. Ansonsten beziehe ich mich bei Watsons Geheimnisse der modernen Schachstrategie tatsächlich auf die Fortschritte seit Nimzowitsch. Watsons Regelrelativismus ist in der von ihm gebotenen Radikalität allerdings mit Vorsicht zu genießen.

Beitrag von SchwarzerRitter

Mein System aus dem Rudolph-Verlag ist angekommen. Praxis meines Systems verzögert sich.Ich bin jetzt noch am Anfang und verstehe dort einen Kommentar nicht.Zur Verdeutlichung der Wichtigkeit der Bauern im Zentrum stellt er die erste Partie vor.Da steht jetzt im Kopf:[HR][/HR]Weiß: Nimzowitsch ----------- Weiß ohne Turm a1.Schwarz: Amateuer --- Weißer Bauer steht auf a3.[HR][/HR]Das rot geschriebene verwundert mich. Weiß jemand was damit gemeint ist? Spielt Nimzowitzsch mit Handicap und der angedeuteten Veränderung? Oder kann es sein, dass im Original das Diagramm falsch abgedruckt war und der Verweis das bedeuten soll? Es sind in meiner Ausgabe zwei Diagramme. (Aber es sollen ja zusätzliche Digramme hinzugefügt worden sein.) Im ersten ist ganz normal das Spiel gezeigt bis zu einem bestimmten Zug. Turm und Bauer stehen dort wo sie hingehören, wenn man aus der Grundstellung nachspielt. Was ich gemacht habe. Beim zweiten Digramm als Schwarz kurz vor der Aufgabe steht wurden genau die beiden Merkmale in der Stellung bearbeitet. Der weiße Turm auf a1 entfernt und der Zug Bauernzug a2-a3 eingefügt ohne dass er je gezogen wurden laut Notation.Eigentlich ist es egal, weil es an dem Problem das gezeigt wird nichts ändert, aber es würde mich interessieren, was damit gemeint ist.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=SchwarzerRitter;25064]Da steht jetzt im Kopf:[HR][/HR]Weiß: Nimzowitsch ----------- Weiß ohne Turm a1.Schwarz: Amateuer --- Weißer Bauer steht auf a3.[HR][/HR]Das rot geschriebene verwundert mich. Weiß jemand was damit gemeint ist? Spielt Nimzowitzsch mit Handicap und der angedeuteten Veränderung? [/QUOTE]Ja, Deine erste Vermutung ist die richtige. Nimzowitsch spielt in dieser Partie mit Handycap Turm gegen Tempo (a3). Die Handycappartien waren zu Nimzowitschs Zeiten zwar bereits im Abklingen begriffen, wurden aber immer noch gespielt. Daß sie mittlerweile jede Beliebtheit verloren haben, ist sicherlich dem Zeitgeist geschuldet (man sagt ja heute auch kein Schach oder keinen Angriff auf die Dame ["Gardez"] mehr an) mit all den damit wechselnden Konventionen. Nach meiner Überzeugung jedenfalls hat das Aussterben der Handycappartien der Schachentwicklung nur gutgetan. Denn didaktisch läßt sich aus Handycappartien wegen der Unmöglichkeit, sie für Eröffnungstraining zu gebrauchen, weitaus weniger herausholen als bei normalen Partien, ein tragisches Beispiel dafür ist, wie verschlossen uns das Erbe Philidors weitgehend ist, denn Philidor hat praktisch seine ganze Karriere über nur Handycappartien gespielt...Ansonsten viel Spaß mit Mein System. Ich hoffe, Du hast auch Deinen Spaß an so manchen urigen Formulierungen Nimzowitschs, die es teilweise zu Klassikern gebracht haben. :top:

Beitrag von SchwarzerRitter

Ich dachte auch schon,. dass es eigentlich schade ist, wenn es Handicap ist.Habe heute erst einen neu gelernten Trick für die Italienische Partie online angewandt. Ich habe dann trotzdem scheinbar eine Mattkombination für den Gegner aufs Brett gebracht.Das stört mich einerseits sehr, andererseits finde ich das in Ordnung für meine Spielstärke. Ein 8-zügiges Matt kann man schon mal übersehen. Ärgerlich daran ist allerdings, dass ich die Chance geboten habe, wenn ich sie nur nicht wahrgenommen hätte, wäre ich zufriedener.nach c3 kann die Dame auf Db3 den Läufer verdoppeln.Allerdings hat der Gegner mich verschont. Nur die Vorstellung, dass das Spiel tatsächlich so hätte enden können. Ich stand so gut.Insgesamt gefällt mir die Sprache bis jetzt. Ich finde es auch eher unterhaltsam als anstrengend geschrieben. Naja, darüber können wohl die Meinungen auseinander gehen wie die Rezensionen zeigen.So 100%ig weiß ich dann aber doch nicht, was er mit liquidieren meint. Ich denke, dass man in komplizierten Stellungen in der Eröffnungsphase einfach einmal darüber nachdenken sollte, ob ein Abtausch eventuell die Schwierigkeiten beseitigt. Einfach mal im Kopf durchgehen, was nach dem Abtausch auf dem Brett steht und dann entscheiden.Eventuell stelle ich heute oder die Tage die Partie noch rein. Ich muss mir nur selber noch mal die Mattkombi angucken, die der Engine entdeckt haben will, aber mir wegen mangelden Upgrades nicht verrät. Ist aber eigentlich eh besser wenn ich das nachvollziehe und in Fritz müsste es sonst so oder so gelöst werden können.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=SchwarzerRitter;25077]So 100%ig weiß ich dann aber doch nicht, was er mit liquidieren meint. Ich denke, dass man in komplizierten Stellungen in der Eröffnungsphase einfach einmal darüber nachdenken sollte, ob ein Abtausch eventuell die Schwierigkeiten beseitigt. Einfach mal im Kopf durchgehen, was nach dem Abtausch auf dem Brett steht und dann entscheiden. [/QUOTE]Liquidieren ist ein ganz böses Wort aus dem Stalinismus. Wenn in offiziellen Verlautbarungen in der UdSSR unter Josef Stalin von Liquidieren von Personen die Rede war, dann war mit diesem eher technisch konnotierten Begriff die Vernichtung von Personen gemeint, das geschah millionenfach. Wenn bei Nimzowitsch also mit seiner bedeutungserhöhenden Wortwahl von liquidieren die Rede ist, dann meint er nichts anderes als das Beseitigen einer Figur. Um seiner Sprache eine gewisse Lebendigkeit einzuhauchen, hat er gerne die Figuren auf dem Schachbegriff beseelt. So äußerte er sich in einer bekannten Sentenz über den Freibauern dahingehend, dieser sei "ein Verbrecher, der hinter Schloß und Riegel gehöre" (S. 89). :D

Beitrag von SchwarzerRitter

Okay, ich dachte, dass damit ein neuer Schachlicher Fachbegriff geschaffen werden sollte.

Beitrag von Kiffing

Für "neue Schachbegriffe" empfehle ich Kmochs "Kunst der Bauernführung". :D

Beitrag von SchwarzerRitter

Tut jetzt nicht nötig. Ich habe erstmal genug.Beiße mir jetzt seit fast 3 Stunden die Zähne am 10 zügigen Matt aus. In Euwes Urteil und Plan. Ich hatte den mitbestellt zu "Mein System", weil die Beschreibung so klang als wäre das ungefähr das, was ich suche.Ich habe das jetzt auch im Zug und den Pausen überflogen und macht einen ausgezeichneten Eindruck. Auch sehr verständlich geschrieben.Nur muss ich jetzt erstmal die vorhandenen Bücher gewissenhaft durcharbeiten, sonst kriege ich ein schlechtes Gewissen.Ich denke mal das Matt braucht noch etwa eine halbe Stunde und wenn ich dann ausgeschlafen und ausgeruht bin, macht das auch wieder mehr Sinn weiterzurechnen. Aber für die Partie ist das durchrechnen solcher komplizierten Matts eindeutig Unfug. 3 Stunden da wäre ich schon über die Zeit und dazu kommt, dass ich mir Notizen gemacht habe, was ich auch definitiv brauche. Einerseits sieht man dann, was abgehakt ist und andererseits hat man einen Anker, wenn man die Visualisierung verloren hat und geht die Züge einfach noch mal durch.Aber man muss nur überlegen wie viele frühere Matts durch Fehler beim Gegner ich gefunden habe und dass ich zwar noch materiell ungefähr gleich stehe, aber ich genau so gut diese Tatsache ändern könnte. Nur dann eben nicht forciert in 10 Zügen sondern vielleicht mit deutlichen Übergewicht in 20 Zügen.

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=SchwarzerRitter;25095]Ich denke mal das Matt braucht noch etwa eine halbe Stunde und wenn ich dann ausgeschlafen und ausgeruht bin, macht das auch wieder mehr Sinn weiterzurechnen. Aber für die Partie ist das durchrechnen solcher komplizierten Matts eindeutig Unfug. [/QUOTE]Ich nehme einmal an, bei dem 10zügigen Matt handelt es sich um eine Studie. Gegen die Einbindung von Studien ins Training springt natürlich zuerst der fehlende Praxisbezug der Studien ins Auge. Dafür besitzen Studien fürs Schachtraining aber andere Vorteile. [URL="http://www.chesscoach.de/studien.html"]Chesscoach[/URL] zählt vier Vorteile auf:[QUOTE]Er erfreut sich an der Schönheit und Orginalität des Schachs.Er lernt etwas über Kreativität im Schach.Er trainiert seine Rechenfähigkeiten.Er hat Spaß an der Herausforderung.[/QUOTE]Der Schachtrainer Arthur Jussupov arbeitet deswegen in seinen Tigersprung-Werken sehr stark mit Studien, die der Leser zu lösen hat. Und um den Nachteil des fehlenden Praxisbezuges auszugleichen, kann man sich ja auch mit praxisähnlichen Studien auseinandersetzen. Trotzdem löse auch ich persönlich lieber Taktikaufgaben als Studien. Es gibt aber auch Schachspieler, die aus künstlerisch-ästhetischen Gründen die Studien lieben. Für sie sind sie die Sinfonien des Schachs, sozusagen fleischgewordene Manifestationen für die Schönheit des Schachs.

Beitrag von SchwarzerRitter

Also ich habe damit bezug auf den Satz im Buch genommen: "Obschon es an sich nicht so wichtig ist, ob Schwarz matt wird oder in großen materiellen Nachteil gerät, ist es für die Pflege kombinatorischer Fähigkeiten ganz entschieden von Belang diese zwei Formen von entscheidendem Vorteil - Matt oder großes materielles Übergewicht - scharf zu scheiden." (Euwe in Urteil und Plan).Ob es eine Studie ist, weiß ich nicht. Es gibt schon eine Partie und man sieht wie es zur Stellung gekommen ist. Euwe sagt, dass er sie "aus Büchern über Eröffnungstheorien" hat.[FEN=r4k1r/ppp4p/3nR1p1/7q/3N4/BQ6/P4PPP/6K1 w - - 0 0]r4k1r/ppp4p/3nR1p1/7q/3N4/BQ6/P4PPP/6K1 w - - 0 0[/FEN]21. ... Dxh5Weiß setzt matt in 10 Zügen!