Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Wann wurde am stärksten Schach gespielt?“

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Beitrag von Kiffing

Gemäß dem Fortschrittsglauben verläuft jede Entwicklung langfristig gesehen positiv. So betrachtet, müßte es auch im Schach so sein, daß jede Generation stärker als die vorherige wird. Denn die Meister von heute haben aus den Partien der Meister von gestern gelernt und deren Erfahrungen produktiv verwertet. Vor allem in der Eröffnungstheorie nimmt das Wissen zu, aber auch in End- und Mittelspiel wachsen die Erkenntnisse.Mir persönlich scheint es dagegen zu sein, daß der vorläufige Zenit der Schachkunst, zumindest was die absolute Spitze betrifft, um 1990 herum lag. Ich bin der Meinung, daß das, was sich Garri Kasparov und Anatoli Karpov gegenseitig geboten haben, ein Niveau aufgewiesen hat, an das auch heute noch niemand herangekommen ist. Ich selbst habe die Partien der WM 1990 zwischen den beiden gesehen, und es war schon damals ein geflügeltes Wort: die beiden spielen Schach wie vom anderen Stern.Wenn meine Theorie stimmt, dann könnten die Gründe dafür folgende sein:1. Karpov und vor allem Kasparov waren Jahrhunderttalente, die nur sehr selten geboren werden2. Die mittlerweile entschärfte Bedenkzeitverkürzung der FIDE seit dem neuen Jahrtausend hat das Niveau der Partien verflachen lassen3. Die moderne Technik wie Engines und Datenbanken ist nicht nur Segen, sondern auch Fluch, behindert sie doch das eigenständige Auseinandersetzen mit Eröffnungen und StellungenWie denkt ihr darüber?

Beitrag von Maschendrahtzaun

Besonders der dritte Punkt deiner Beobachtung teile ich. Allerdings ist es dann für mich verwunderlich, warum der Computer sich dann dennoch so übergreifend durchsetzt. Wenn es tatsächlich zu einer höheren Spielstärke führen kann, ohne ihn zu arbeiten, wieso tun die Top-GMs es dann?Müssten sich dann nicht diejenigen durchsetzen, die genau das nicht tun?Vielleicht liegt diese Beobachtung aber auch daran, dass es in der Weltspitze enger geworden ist und es nicht mehr diese herausstechenden Charaktere gibt wie die genannten Kasparov oder Karpov, die das Schachspiel jeweils einige Zeit lang dominiert haben?

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=Maschendrahtzaun;15743]Besonders der dritte Punkt deiner Beobachtung teile ich. Allerdings ist es dann für mich verwunderlich, warum der Computer sich dann dennoch so übergreifend durchsetzt. Wenn es tatsächlich zu einer höheren Spielstärke führen kann, ohne ihn zu arbeiten, wieso tun die Top-GMs es dann?Müssten sich dann nicht diejenigen durchsetzen, die genau das nicht tun?[/QUOTE]Dieser Gedankengang klingt logisch und ist ohne weiteres nachvollziehbar. Allerdings gibt es in der Psychologie eben das Moment der Versuchung. Wenn es diese Möglichkeit gibt, sich solcher einfachen Mittel zu bedienen, dann werden diese natürlich auch benutzt, wenn man nicht gerade ideologisch ein eingefleischter Hasser von jeglichen technischen Hilfsmitteln im Schach ist (es soll einen GM geben, der konsequenter Engine-Verweigerer ist, den Namen hab ich vergessen). Der Prozeß der von vielen befürchteten Denkfaulheit schleicht sich dann ganz unauffällig ein und wird zur Gewohnheit. [QUOTE=Maschendrahtzaun]Vielleicht liegt diese Beobachtung aber auch daran, dass es in der Weltspitze enger geworden ist und es nicht mehr diese herausstechenden Charaktere gibt wie die genannten Kasparov oder Karpov, die das Schachspiel jeweils einige Zeit lang dominiert haben?[/QUOTE]Diese Überlegung habe ich mir auch durch den Kopf gehen lassen. Allerdings sprechen wir ja von der Zeit um 1990, und da gab es schon eine große Anzahl an Spitzenspielern, und die Sowjetische Schachschule funktionierte noch, die immer wieder neue Massen an spielstarken GMs in die Schachwelt spülte. Das, wovon Du sprichst, würde ich eher in die Zeit um die vorherige Jahrhundertwende taxieren. Daß aber noch 1990 zwei Spieler so absolut herausragten, würde ich von daher eher ihren herausragenden Fähigkeiten zuschreiben als der mangelnden Qualität in der erweiterten Weltspitze. Ich sehe z. B. auch heute keinen, der in puncto Eröffnungsbehandlung an Garri Kasparov herankommt, und Kasparov hat ab dem beginnenden Mittelspiel ja wirklich nicht nachgelassen.

Beitrag von Maschendrahtzaun

[QUOTE=Kiffing;15748] [...]und die Sowjetische Schachschule funktionierte noch, die immer wieder neue Massen an spielstarken GMs in die Schachwelt spülte.[/QUOTE]Vielleicht ist das ja sogar der Hauptgrund?Solange der Kalte Krieg noch im Gange war, wurde der Schachsport noch als Kampf der Systeme betrachtet und insbesondere von sowjetischer Seite her stark gefördert.Seitdem sich diese Situation geändert hat, ist auch die Förderung des Schachsports zurückgegangen.

Beitrag von Kleinmeister

Der andauernde WM-Zweikampf Kasparov-Karpov war klasse und eine tolle Bereicherung für das Schachspiel an sich! Sicherlich einer der besten 5 WM-Kämpfe aller Zeit!Lag auch daran, dass es 1. viele Partien waren die gespielt wurden, 2. die Spieler auf fast gleichem Level aggierten, 3. die Kontrahenten den Gegenüber fast besser kannten als sich selbst und diese Rivaltität einfach unglaublich fruchtbar war.Aber zu behaupten das Schachspiel der Weltspitze wäre danach stehen geblieben oder hätte sich gar verschlechtert erscheint mir in vielerlei Hinsicht grotesk.1. In WM-Kämpfen findet, wenn man von der völlig berechtigten Abschaffung der Hängepartien absieht, keine wirklich Bedenkzeitverkürzung statt. Zeitbonifikationsmodi erscheinen mir als großer Vortschritt im Schach, da Partien gerecht enden und Seeschlangen von über 100 Zügen relativ "normal" zu Ende gebracht werden können.2. Durch den Computer ist der Pool an Eröffnungsideen exponential angewachsen. In Sachen Kreativität ist das das beste was dem Schach überhaupt passieren konnte. In Sachen Rechenfaulheit neige ich aber dazu eure Ansicht zumindest nicht abzulehnen, auch wenn ich glaube, dass heutige Spitzenspieler auf diesem Gebiet zumindest nicht schlechter sind als ihre Vorfahren. Aber der Computer mag schon eine Tendenz in Richtung Rechenfaulheit gelegt haben (auch bei Amateuren!)3. Bezüglich der sowjetischen Schachschule gibt es sehr kontroverse Aussagen und Meinungen. Dass da eine riesige unersätt- und unersätzliche Talentschmiede vom Erdboden verschwunden ist scheint aber eine ziemlich absurd wirkende Legende zu sein. Haben sich die Schachlehrer, Schüler und Organisatoren in Luft aufgelöst?4. Kasparov? Wer ist das? Blöde Frage, aber in Sachen Eröffnungsentwicklung, Trendsetting etc. ist das beileibe nicht der prägende Mann der Gegenwart! In Sachen Eröffnungsanaylse, in Sachen Modebeeinflussung wurde ihm schon in den 90ern(!) der Rang abgelaufen und zwar von Kramnik. Anand hat das erst etwas anders formuliert in einem Interview gesagt: Im Bereich der geschlossenen Spiele ist Kramniks Arbeit das A und O und alles dazwischen! Und dazu möchte ich noch sagen: Russisch, Berliner Mauer, Sveschnikov...Für mich die beste Demonstration in Sachen WM-Kämpfe, auch wenns nicht spannend war und wenn es nur ein kurzes Match war: London 2000. Das war nah dran am perfekten Schach, auch wenn es weniger Dynamisch weil auch relativ einseitig war. Aber v.a. auch Elista 2006, Mexiko 2007 und Bonn 2008 haben gezeigt, WIE hochklassig Schach ist und um wieviel weiter "wir" sind im Vergleich zu 1990.

Beitrag von Kiffing

Kasparov hat oft Neuerungen erst im 20. Zug gefunden. Er hatte ein Computergedächtnis, das sich alle Fakten merken konnte, und war in der Eröffnungstheorie ungeheuer innovativ. Weiß nicht, ob Kramnik da schon an ihn heranreicht, auch wenn ihm mit der Berliner Verteidigung 2000 ein toller Erfolg gegen Kasparov gelang. Man sollte bedenken, daß Kramnik mit Schwarz fast nie gewinnt. Ein Kasparov dagegen hat auch mit Schwarz versucht zu gewinnen und es oft geschafft.Natürlich hat sich nach dem Zerfall der Sowjetunion nicht die ganze sowjetische Schachschule in Luft aufgelöst. Rußland und die Nachfolgestaaten der UdSSR zehren immer noch von ihren Strukturen und auch heute noch wird dort, wo Schach meistens Volkssport ist, gut Schach trainiert. Aber diese Länder sind nicht mehr so uneingeschränkt führend wie die UdSSR damals gewesen ist. Von der Nachkriegszeit bis zum Zerfall der UdSSR gab es mit Robert Fischer ja nur einen Nichtsowjet, der Weltmeister geworden ist und die Sowjets machten i. d. R. untereinander die Finalkämpfe zur WM aus. Heute dagegen machen den Nachfolgestaaten der UdSSR mehrere Spieler die Hegemonie streitig wie z. B. Topalov, Carlsen, Nakamura oder Anand. Das wäre früher undenkbar gewesen. Das Schach in den Nachfolgestaaten der UdSSR hat seit dem Zerfall der Sowjetunion spürbar an Substanz verloren, das ist zumindest mein Eindruck, den ich aus den Ereignissen im Weltschach in den letzten beiden Jahrzehnten gewonnen habe.Ob die WM-Kämpfe seit der Wiedervereinigung von PCA (und Nachfolgeorganisationen) und FIDE besser geworden sind, ist eine spannende Frage. Bei Karpov gegen Kasparov wurden natürlich auch Fehler gemacht. Aber es wurde ungeheuer dynamisch gespielt, so daß der Schwierigkeitsgrad in den einzelnen Partien ungeheuer hoch war. Solche komplexen und dynamischen Strukturen hat auch Veselin Topalov angestrebt, aber auch er war alles andere als frei von Fehlern. Er erscheint mir unsicherer als sowohl Kasparov als auch Karpov gewesen zu sein. Und Kramnik spielt zu sehr auf Sicherheit. Dagegen war ein Karpov noch ein Aggressionsbolzen gegen.

Beitrag von Zapp Brannigan

[QUOTE]Man sollte bedenken, daß Kramnik mit Schwarz fast nie gewinnt. Ein Kasparov dagegen hat auch mit Schwarz versucht zu gewinnen und es oft geschafft.[/QUOTE]Man sollte bedenken, daß Kramnik mit Schwarz fast nie verliert. Ein Kasparov dagegen hat auch mit Schwarz versucht zu gewinnen und oft verloren.Den grund, warum während der UdSSR nur Sovjets für die WM spielte kann man evtl auch bei der absprache unter den sovjet-spielern suchen. Keres und andere mussten des öftern mal "auf einmal" gegen Botvinnik und andere verlieren um sicherzustellen dass Reshevky ja nicht ins finale kommt. dymaischer ist nicht gleich besser! Wenn kramnik merkt dass er in "soliden positionen" stärker ist wäre es ja saudumm wenn er versucht "dynamische positionen" zu spielen. verallgemeinern darf man das sowieso nicht. ich persönlich finde ein berliner endspiel unglaublich komplex.die ganz dynamischen abspiele wie diese Be3-f3-Qd2-schablone gegen alle sizilianer (auch englischer angriff genannt) wurden eigentlich erst in den 90ern beliebt und kamen in den Kasparov-Karpov-matschs gar nie vor.

Beitrag von Kleinmeister

Kramniks Stil ist, wenn man ihn genauer unter die Lupe nimmt dem Kasparovs ähnlicher als dem Karpovs, daher finde ich deine "Bolzenaussage":pfeif: etwas irritierend Kiffing! Er hat Eröffnungen aufs Turniertableau gebracht die komplexer und spannungsreicher sind als Kasparovs Sizilianer oder Grünfeldinder. Namentlich z.B. die (Re?)vitalisierung des Schweschnikovs, Moskauer-Variante im Halbslawen, Bajonett-Angriff im Königsinder. Diese Eröffnungen wie auch die zugegeben nicht ganz so dynamische, aber hochinterssante Berliner-Mauer wurden gewissermaßen Jahrelang(!) von allen(!) Top-GMs (gut, Bajonett kommt nicht oft vor, aber das liegt daran, dass sich kaum noch ein Schwarzspieler an den Königsinder herantraut). Kein Wunder, dass es heißt das wären alles langweilige Remiswaffen, denn mit der Zeit nützt sich wohl jede Schacheröffnung ein bisschen dazu ab, da durch zuwachsendes Wissen immer weniger Fehler gemacht werden!Erst zum WM-Kampf gegen Kasparov hat er als Schwarzer angefangen wirklich nur um Ausgleich zu Kämpfen. Das war für den WM-Kampf die richtige Wahl, danach fand er aber wohl leider nicht mehr den Weg zurück. Sein Bemühen erkennt man vielleicht am Besten in den eher als gescheitert zu betrachtenden Pirc-Modern-Versuchen Ende der 2000er-Jahre. Kein Mensch ist eben universell und ich denke Kasparov zu schlagen und Weltmeister zu werden wiegt immer noch um Welten höher als so mancher weitere Turniersieg den er mit mutigeren Schwarzpartien vielleicht(!) geholt hätte.Kasparov hatte viele giftige Neuerungen ja. Aber er hat nur ganz selten ganze Eröffnungssysteme wieder ausgegraben und neue Trends gesetzt. Wenn man nur die ersten 10-15 Züge betrachtet ist Kasparov schon fast zu vernachlässigen möchte ich sagen, bzw. zumindest nicht innovativer als die meisten seiner Weltmeistervorgänger.Ich weiß nicht ob die Internationalität in der Weltspitze damit zusammenhängt, dass eine sowjetische Schachschule nicht mehr exisitiert, oder damit, dass Informationen mittlerweile viel leichter und freier verfügbar sind und der "Rest" der Welt einfach unglaublich aufgeholt hat!? Wenn man nur die Elo-Zahlen berücksichtigt spricht es nicht für einen Sowjetkollaps, sondern für letzteres, aber ja, die leidige Diskussion ob deren Inflation ist natürlich ein anderes Thema ;)!

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=Lestat]Man sollte bedenken, daß Kramnik mit Schwarz fast nie verliert. Ein Kasparov dagegen hat auch mit Schwarz versucht zu gewinnen und oft verloren.[/QUOTE]Du weißt genauso gut wie ich, daß man Kasparovs Niederlagen fast an einer Hand abzählen kann. :P Seine Quote mit Schwarz dürfte jedenfalls deutlich besser sein als die von Kramnik.[QUOTE=Lestat]Den grund, warum während der UdSSR nur Sovjets für die WM spielte kann man evtl auch bei der absprache unter den sovjet-spielern suchen. Keres und andere mussten des öftern mal "auf einmal" gegen Botvinnik und andere verlieren um sicherzustellen dass Reshevky ja nicht ins finale kommt.[/QUOTE]Interessanter Vorwurf. Ich selbst habe mich schon mal intensiv mit der WM 1951 auseinandergesetzt, wo ja auch gelegentlich kolportiert wird, Bronstein habe gegen Botwinnik verlieren müssen. Aber auch da habe ich nur widersprüchliche Angaben und noch keinen richtigen Beweis für gefunden. Bronstein selber sagt, er habe das Gefühl gehabt, es sei besser für sein Leben in der UdSSR, wenn er gegen Botwinnik nicht gewönne. Aber hast Du irgendwelche Belege für diesen anderen Vorwurf zur Hand?[QUOTE=Lestat]dymaischer ist nicht gleich besser! Wenn kramnik merkt dass er in "soliden positionen" stärker ist wäre es ja saudumm wenn er versucht "dynamische positionen" zu spielen. verallgemeinern darf man das sowieso nicht. ich persönlich finde ein berliner endspiel unglaublich komplex.[/QUOTE]Das mag sein, und Kramnik ist sicherlich ein außergewöhnlicher Spieler. Aber reicht er schon an Kasparov heran?@Kleinmeister: interessanter Ansatz. Der Kramnik vor 2000 sei ein anderer gewesen als der nach 2000. Habe das auch irgendwo mal gehört, aber leider nicht weiterverfolgt. Hatte bei meiner Aussage nur den Kramnik nach 2000 im Kopf. ;)

Beitrag von Dr.Zej

[QUOTE]Wann wurde am stärksten Schach gespielt? [/QUOTE]Heute, wenn heute vorbei ist dann morgen, wenn morgen vorbei ist dann übermorgen..Es ist tatsächlich so, dass sich das Schachspiel kontinuirlich verbessert, bzw die Züge immer stärker werden.Die obere Schachspitzte kommt der "Hand Gottes" bzw "dem göttlichen Zug" immer näher, falls es das überhaupt gibt.Aber es ist keine Frage, das Meister von heute Meister von damals schlagen würden.Die andere Sache ist die, ich nenn es mal "Moralität des Schachspiels".Ist es die richtige Art und weise, wie man zur "Perfekten Partie" gelangt, oder doch irgendwie moralisch fragwürdig? Man arbeitet nicht mehr selbst, man lässt andere arbeiten (engine). Verflacht dadurch das selbstständige denken?Ich denke die Mischung machts. R.J. Fischer hat schon damals extra Russisch gelernt um den zugang zu guten Schachbüchern zu haben, die es nicht übersetzt gab. Fischer hat sich der alten russischen Schule bedient, aber er hat sich damit auseinander gesetzt. Seine eigene Arbeit mit dem Material machte es erst wertvoll. Man muss sich mit der Materie eben nur kritischer auseinandersetzen. Vorallem man muss sich mit ihr auseinandersetzen! Das Alles (Datenbanken- Partienflut, anzahl der Bücher, Meinung der unzähligen Schachmeister die durch das sozial-media und web 2.0 so schnell verbreitet wurden wie noch nie) aufzusaugen wie eine Marionette ohne zu reflektieren bringt meiner Meinung (und nicht nur meiner Meinung) nach nichts. Mit der "Moralität des Schachspiels" beschreibe ich auch einen Zustand des verlustes der Romantik am Schach. Es gibt heute nur noch gute Züge und schlechte Züge, da die Meinung der breiten Schachgesellschaft sich heute auf eben die nicht reflektierte wiedergabe des "Allen" besonders der Engine wiederspiegelt. Ob ein Zug gut ode schlecht ist entscheidet die Maschine, nicht der Mensch. Das die Maschinen in 20 Jahren die heutigen vermutlich auslachen werden (vorausgesetzt die emotionale wiedergabe von Eingabegeräten ist bis dahin erschaffen (vergleiche "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams; orig.:"The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy") ist den meisten Menschen nicht bewusst und falls doch, dann ist es ihnen egal, denn schließlich ist das heute das Beste was sie aus der Situation machen können (so denken sie).Das man aber einen Zug spielt, der viele andere Aspekte im Schach berügsitigt (der von einer Variantenrechnenden Maschine aber nicht erkannt wird) wie den "Fluss der Steine", "Psychologische Motive", "Verfassung des Gegners", "persönlichlich vorlieben " - oder eben nicht von beiden Seiten und damit z.B. einen Zug der in vertrautere Gebiete auf seiten des einen führt und vieles mehr scheint heutzutage keinen Wert mehr zu besitzen, "interessante Opfer, die vlt nicht 100% korrekt sind (vlt nur nicht korrekt sind weil es eine unzählig lange Variante gibt, die für Menschen nicht zu sehen ist, alle anderen gewinnen sofort der computer aber -+ auswirft) werden nicht mehr geschätzt obwohl es wichtige Faktoren im königlichen Spiel sind.Damit kommen wir gleich zu den drei punkten aus dem Ausgangspost.:[QUOTE]1. Karpov und vor allem Kasparov waren Jahrhunderttalente, die nur sehr selten geboren werden2. Die mittlerweile entschärfte Bedenkzeitverkürzung der FIDE seit dem neuen Jahrtausend hat das Niveau der Partien verflachen lassen3. Die moderne Technik wie Engines und Datenbanken ist nicht nur Segen, sondern auch Fluch, behindert sie doch das eigenständige Auseinandersetzen mit Eröffnungen und Stellungen[/QUOTE]zu 1.Die Spieler sind ja noch nicht aus der Welt und beflügeln mit ihren Ideen und Kommentaren die Weltelite so das die Schachwelt auch heute noch von ihnen profitiert.zu 2. das ist sicherlich ein Problem und auch mit geht es gegen Strich und Faden. Das führt unweigerlich auch zu einer verschlechterung nicht nur der Partien sondern auch zu einer verfälschung der beurteilungen von Statistiken aus Datenbanken. Es ändert aber nichts daran, dass das "Schachkönnen" an sich steigt. Die Leute spielen stärker, egal mit welcher Bedenkzeit.zu 3.Hier wurde ja schon vieles zvon mir beschrieben (siehe Postanfang).Was mich persönlich ärgert ist, dass einem fast schon die Lust vergeht in einem Schachforum (ich spreche jetzt nicht zwangsläufig von der Burg) Spielstellungen zu posten und um Analyse zu bitten, da meistens nur von irgendwelchen Leuten unreflektierte Varianten einer Engine gepostet werden.Die kann ich mir auch selber rauswerfen lassen. So ähnlich verhält es sich auch mit Schachliteratur, bei der alles nochmal durch den Computer geworfen wird.Ich habe für meinen Teil jedoch eine Lösung gefunden wie ich mit dem Problem umgehe. Und zwar habe ich alte Schachbücher für mich wieder enddeckt. Schachbücher die aus einer Zeit stammen, wo es noch keine Computeranalyse gab, bzw eine mehr alsu unzureichende. In diesen Büchern herscht (so scheint es mir) viel mehr herzblut und man findet viele Kronjuwelen! Die Meister geben ihren Gedanken freien lauf ohne befürchten zu müssen, das jmd diese Gedanken als "falsch" einstufen da sie eine Engine rüberlaufen lassen. Somit beschäfftigen sie sich viel mehr selbst mit der Materie (meine Meinung nach, es wirkt aufjedenfall so und es spiegelt sich sichtlich in den Varianten wieder) als heutige Autoren, die gerne eigene gedanken von sich preisgeben aber lückenfüller mal eben mit engine postings füllen oder mit Weisheiten anderer Autoren.. Jemand könnte jetzt entgegensetzten, das dies doch "veraltetes" Schach sei, und viele Varianten nicht korrekt. Mag sein, aber das ist für mich nicht so schlimm, denn ich werde dieses Wissen nicht unreflektiert aufsaugen sondern mit Hilfe des Wissens der Neuzeit vergleichen und evtl überprüfen."Schach für Aufsteiger. 33 Lektionen von Nikolai Krogius und Dirk Poldauf (von 1993)" ist das Buch, womit ich mich im Momemt beschäftige.In Datenbanken ist auch oft zu finden das Varianten in Vergessenheit geraten die eigentlich besser sind als die neuen. Wissen geht somit auch verloren, und dabei geht es halt eben am besten Spiel festzuhalten und nicht am Modernsten. Durch das Sammeln von altem Wissen und Neuen Wissen, auseinandersetzen und Schlussfolgern führt zu einem immer besseren Schach und Schachverständnis. Somit ist die Epoche des Bestens Schachs immer die Zukünftige, und das ist es ja worum es in diesem Artikel geht. :)