Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Techniken für das Variantenberechnen“

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Beitrag von Kiffing

Mark Dworetzki ist ein Trainer, der viel Wert darauf legt, optimale Zugfindungstechniken zu beherrschen, durch die man in der Lage ist, möglichst in jeder Stellung die geeigneten Züge zu finden. Zusammengefaßt konzentriert sich seine Methodik sozusagen auf „Zehn Gebote“:1. Konzentriere Dich auf die "Kandidatenzüge": So kannst Du die Züge, die auf dem ersten Blick ohnehin irrelevant sind, herausselektieren. Das spart Zeit. Ich denke, wir haben alle so viel Schachgefühl, daß wir uns das Selektieren durchaus zutrauen können.2. Bemühe Dich, die einzelnen Pfade nicht zu oft zu begehen. Denn das kostet Zeit und geistige Kapazitäten, die später zu Ermüdungserscheinungen führen können.3. Überprüfe vor Deinem Zug noch einmal Deinen Gedankengang auf Fehler. Dies gilt im Besonderen für komplexe und damit für schwierige Stellungstypen.4. Mache in kritischen Stellungen mal eine Pause, schalte ab und wirf einen neuen Blick auf die Stellung. Bemühe Dich dabei, aus der Sicht eines "Kibitz" auf die Stellung zu schauen. Das führt manchmal zu frischeren und unvoreingenommenen Entscheidungen.5. Denke nicht nur aus der Angriffssicht von Dir selbst, sondern auch aus der Sicht des Gegners. Frage Dich, was will er mit diesem Zug bezwecken. So kannst Du seine Pläne antizipieren und diese prophylaktisch eindämmen oder die gegnerischen Pläne für eigenes dynamisches Vorgehen berücksichtigen. Beherzigst Du diesen Schritt nicht, kann es Dir sonst unangenehme Überraschungen bereiten.6. Wenn Du einen Angriffsplan hast, so versuche auch einmal mit den schwierigsten und unothodox erscheinenden Zügen anzufangen und diese bei Bedarf gewissenhaft durchzurechnen. Mit dieser Methode kannst Du manchmal auch sehr komplizierte und schwierig zu findende brilliante Kombinationsmöglichkeiten aufspüren, was Dich zu einem Helden macht. Schalte also sozusagen einen erweiteren Suchmodus für den Kandidatenkreis ein. 7. Ziehe bei annähernd gleichwertigen Varianten einen Vergleich und entscheide Dich dann für den stärkeren Zug.8. Verzettele Dich nicht. Bedenke, es gibt eine gewisse natürliche Grenze. Es geht einfach nicht, eine Variante bis zum 15. Zug in einer komplizierten Stellung zu berechnen. Das ist eine Aufgabe von Computern, nicht aber von Menschen. Nicht einmal Kasparov kann das. Berechne diese Stellungen also nur so weit es geht, also so weit, wie es Deine eigene derzeitige Kapazität zuläßt und verlasse Dich dann auf Dein Stellungsgefühl, auf Deine Intuition. Ist die Stellung optisch gut bzw. verheißungsvoll, dann spiele Dich in diesen vorher berechneten Stellungstypen hinein. Die Chancen dürften größer sein als die Risiken.9. Behalte Dir bei der Varientenberechnung eine gewisse "innere Disziplin" vor. Es nutzt gar nichts und kostet nur Kraft und Zeit, in Deinen Berechnungen von einer Variante auf die nächste zu springen. Berechne also ruhig die jeweilige Variante zu Ende und kümmere Dich dann um die nächste. So kannst Du Ordnung in das Chaos bringen, oder Struktur. 10. Bemühe Dich in einer strategisch verlorenen Stellung, das Spiel zu verschärfen, selbst wenn dies den Gesetzen der Logik mitunter zuwiderläuft. Nur das gibt noch praktische Chancen.

Beitrag von zugzwang

Die Stellungen in einer Schachpartie unterliegen ja einer Entwicklung Halbzug für Halbzug. Die Strukturen entstehen anders als bei einer Schach-Aufgabe nicht aus dem Nichts. Je planvoller und verständiger die Spieler vorher zumindest ihre Seite der stellung aufgebaut haben, desto leichter sollten es ihnen fallen, die Konsequenzen und Veränderungen der Stellung durch den letzten gegnerischen Zug zu analysieren und zu bewerten. Aus diesem Vorgang sollten sich bereits die Kandidatenzüge ergeben, die eine genauere Berechnung erfordern. Ebenso sollte sich aus dieser einschätzung das Gefühl ergeben, an welchen Stellen umfangreicher und intensiver gerechnet werden sollte. Die Ökonomie der Zeiteinteilung und des (Denk)krafteinsatzes muß zu einer richtigen Dosierung führen.Was bringt es, wenn jemand bis zum 20. Zug zig, zum Teil wenig forcierte Varianten berechnet und weitreichende strategische Überlegungen anstellt, aber anschließend in einer nach wie vor komplizierten Stellung mit 10 minuten Restbedenkzeit und müdem Kopf dasitzt. Wer fit und schachlich gut trainiert ist, darf und soll natürlich mehr Energien hineinstecken, doch sollte man seine Möglichkeiten und Grenzen gut einschätzen können.Aktuell scheint mir nur ein Großmeister in der Lage zu sein, trotz äußerlich unökonomisch wirkendem Krafteinsatz auch in der Zeitnotphase einen geringen Niveauabfall zu haben. Bei vielen anderen Spitzenspielern gehen die Vorteile, die sie mit Mühe und unter hohem Krafteinsatz errungen haben, in der "crunch time" ganz schnell wieder verloren und darüber hinaus - zumindest wenn sie gegen ihresgleichen spielen. Bei Amateuren sieht es ähnlich, nur dürften ihre Fehler dann noch größer sein und auch für Gegner ähnlicher Leistungsstärke leicht und entscheidend auszubeuten sein.Bei der Rechenarbeit während einer Partie sollte eingewisser Pragmatismus mitspielen, der das eigene Leistungsvermögen, die Form, den Trainingszustand und den Wissensstand nicht gäzlich außer Acht läßt.Wer zu Hause nicht vielfach geübt hat, komplizierte aktionen mit mehren Kandidatenzügen und Varianten durchzurechnen und zu bewerten, der wird daran auch in einer praktischen Partie scheitern, es sei denn, man ist zufällig ein seltenes Schachgenie.Ich selbst habe mir angewöhnt, bei gegnerischen Bauernzügen oder eigenen Bauernzugkandidaten intensiver an der Stellung und ihren Entwicklungsmöglichkeiten zu arbeiten. Die Erfahrungen zeigten mir, daß sowohl ich als auch meine Gegner gerade bei Bauernzügen einiges übersehen, unzureichend einschätzen oder nicht konkret genug berechnen. Hier versuche ich also Akzente zu setzen und tiefer in die Möglichkeiten einzudringen.Bei taktisch zugespitzteren Situationen habe ich drei "Z" für mich im Hinterkopf:Zwischenzug, Zugumstellung und Zweitmotiv.Zweitmotiv soll heißen, daß man seine Berechnungen auch mal nicht konkret nach Halbzügen durchführt, sondern Ausschau hält, ob sich innerhalb der Berechnungen Situationen ergeben, die ein neues, bisher nicht vorhandenes taktisches Motiv darstellen. Dieses Erfassen erst zukünftig entstehender Motive ist anspruchsvoll, weil man dazu neigt, zu sehr in Zugfolgen zu denken und die eintretenden Ergebnisse nicht klar genug zu sehen oder zu formulieren. Vielleicht hefen kleine, natürlich unhörbare Selbstgespräche, in denen man die Wirkungen der berechneten Halbzüge verbal beschreibt, um klarer neue Motive zu erkennen. Schach ist durchaus ein Gleichgewichtsspiel und die allermeisten Manöver drehen sich um kleinere Aktionen, die man sicher beherrschen und einschätzen muß. Die großen Aktionen finden sich deutlich seltener und auch nicht in jeder Partie.Entsprechend ist die Kraft- und Zeiteinteilung zu dosieren. Lieber mal eine "große" Aktion nicht erkennen oder auszurechnen versuchen, anstatt zu häufig in großen Dimensionen zu denken und anschließend entkräftet bei den kleinen Aktionen zu scheitern.

Beitrag von Kiffing

Das Elementarprinzip im Schach bei der Variantenberechnung, bezogen auf mögliche taktische Möglichkeiten, soll übrigens sein, was ich mir hab sagen lassen, Berechnung von Schachgeboten, Drohzügen und Schlagzügen. Dein System ist natürlich komplexer und sehr gut für Fortschrittliche zu gebrauchen, was natürlich ebenso wie Dworetzkis System eine Heidenarbeit bei der eigenen Umstellung von Denkmethoden darstellen dürfte. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, aber auch da gibt es immer wieder genügend Exemplare, die auch bereit sind, hart an sich zu arbeiten im Sinne von positiven Zielen.

Beitrag von sorim

Widersprechen sich Punkt 2 und 3 nicht?2. Bemühe Dich, die einzelnen Pfade nicht zu oft zu begehen. Denn das kostet Zeit und geistige Kapazitäten, die später zu Ermüdungserscheinungen führen können. 3. Überprüfe vor Deinem Zug noch einmal Deinen Gedankengang auf Fehler. Dies gilt im Besonderen für komplexe und damit für schwierige Stellungstypen.

Beitrag von Kiffing

Das würde ich nicht so sehen. Nicht zu oft begehen und noch einmal überprüfen, schließen sich ja nicht aus, sofern man es mit dem Überprüfen nicht übertreibt. Aber ich denke, das hängt auch stark damit zusammen, wie sicher man im Variantenberechnen ist. Nach meiner Überzeugung ist das beim Schach wahrscheinlich die Disziplin, die am meisten Talent erfordert. Was nicht heißt, daß man sich da nicht noch weiter entwickeln kann, aber die Voraussetzungen sind da natürlich bei jedem Schachspieler anders.

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;17371]Das Elementarprinzip im Schach bei der Variantenberechnung, bezogen auf mögliche taktische Möglichkeiten, soll übrigens sein, was ich mir hab sagen lassen, Berechnung von Schachgeboten, Drohzügen und Schlagzügen...[/QUOTE]Das stimmt und sollte durchaus immer wieder mal betont werden.Bei routinierteren Spielern schleicht hier häufig Schludrigkeit ein, weil sie meinen die aus der Spielentwicklung bekannten Spannungen und Nuancen der Stellung im Griff zu haben. Mit dem Zug des Gegners wird dann rasch überprüft, ob er Auswirkungen auf die gespeicherten und schon einmal im bisherigen Partieverlauf bewerteten Spannungsmerkmale der Stellung hat. Manchmal gibt es dann ein Alarmsignal. Bestimmte Schlagfolgen, Schachgebote oder Drohzüge, die vorher auch in der Stellung enthalten waren und als unergiebig abgespeichert waren, erlangen plötzlich Bedeutung,weil sich mit dem letzten Halbzug eine wichtige Veränderung ergeben hat.Neue Drohzüge, Schlagfolgen und ggf. Schachgebote, die sich aus dem letzten Halbzug ergeben, werden intensiver untersucht und bewertet. Alte, bisher schon vorhandene Möglichkeiten werden dagegen manchmal nur kursorisch durchlaufen und der entscheidende Unterschied wird nicht bemerkt.Wenn man die letzten 2-3 Züge immer wieder bestimmte Spannungen der Stellung mit Schlagfolgen, Schachs usw. durchgerechnet hat und keinen Nutzen ermittelte, dann besteht die zunehmende Gefahr, sich mehr auf neue Aspekte zu konzentrieren und Veränderungen bei den alten Berechnungen und Einschätzungen nicht wahrzunehmen.Wer dagegen alle Prüfmechanismen starr und unvoreingenommen (also mit immer neuen Blick!) durchläuft, wird Fehler vermeiden.Gerade Spielern mit weniger Erfahrung ist zu raten, mit kursorischen Berechnungen und Überlegungen vorsichtig zu sein und lieber brav und vollständig, etwas starr nach system zu rechnen und zu prüfen. Das kostet Bedenkzeit und Energie, doch muß man diese eben investieren, wenn man eben bei Schachwissen, Schacherfahrung, Schachgefühl noch Rückstände hat.Andererseits wird man manchen Spieler "fangen", der hier "geizte" und mit seiner kursorischen Einschätzung danebenlag.Ein kleines Beispiel aus einem Taktiktrainigsbuch von Maxim Blokh.Die folgende Aufgaben werden von Blokh mit Schwierigkeitsgrad 2 (Weiß am Zug) und 3 (Schwarz am Zug) angegeben (die Grade gehen von 1-12!). Blokh verwendet in seinen Übungsaufgaben sehr gern Beispiele (aus tatsächlichen Partien ggf. passend verändert), die für beide Seiten am Zug eine taktische Möglichkeit eröffnen. Ich finde diese Methode sehr rationell, intelligent und auch praxisnah. Sie zwingt, sich mit den Möglichkeiten beider Seiten zu befassen und fördert das schnellere Erkennen von Notwendigkeiten.In etlichen Aufgaben erkenne ich mögliche Motive recht gut und dann beginnen die Bauarbeiten um die richtigen Zugfolgen und die Bewertungen der einzelnen Abspiele.Die von mir erwähnten 3 "Z" sind Erfahrungswerte aus von mir schlecht oder gar nicht gelösten Kombinationsstellungen, sprich Zugumstellungsmöglichkeiten wurden von mir nicht richtig erkannt, Zwischenzüge außer Acht gelassen und spätere Zweitmotive nicht gesehen.Wenn mir eine Stellung kein Motiv zuflüstert, dann bin ich ziemlich hilflos. Mühsam wird danach gesucht,wo dieses Motiv sein könnte, wo ich etwas übersehen habe. Zugfolgen ohne Idee oder Motiv berechne ich eigentlich nie, obwohl die "Bruteforce"-Methode teilweise gar nicht so schlecht ist, wenn man keinen Einstieg findet.An der nachfolgenden Stellung habe ich aus schwarzer Sicht trotz des sehr niedrigen Schwierigkeitsgrads von 3 sehr lange gegrübelt - kein Einstieg, kein Zugang, kein abgespeichertes Motiv flog zu oder erwachte in einer Ecke. Ohne den Weihnachtsmannhinweis "Aufgabe, hier gibts was!" und den zusätzlichen Hinweis Stufe 3 (also ziemlich leicht), wäre ich in einer praktischen Partie wohl zu Defensivüberlegungen (gibt es eine Verteidigung gegen die weißen Drohungen) übergegangen.Mit der von Kiffing genannten Methode der Überprüfung von Schlagfällen, Schachgeboten und Drohzügen sollte eine Lösung dagegen in Windeseile möglich sein.[Event "Taktikkompositionen Blokh"][White "#453 Blokh Kombinationsmotive"][Black "Wer am Zug gewinnt"][Result "*"][Annotator "Maxim Blokh"][FEN "1n2kr2/1Np1p1b1/4B3/4p1pp/R3P2q/2QNn2P/2P3PK/8 b - - 0 1"]1... Qg3+ 2. Kxg3 Nf1# [QUOTE=Kiffing;17371]...Dein System ist natürlich komplexer und sehr gut für Fortschrittliche zu gebrauchen, was natürlich ebenso wie Dworetzkis System eine Heidenarbeit bei der eigenen Umstellung von Denkmethoden darstellen dürfte. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, aber auch da gibt es immer wieder genügend Exemplare, die auch bereit sind, hart an sich zu arbeiten im Sinne von positiven Zielen.[/QUOTE]Ich glaube bei mir nicht an System:rolleyes: - theoretisch sollte ich eine Menge wissen, praktisch wäre es von Vorteil, wenn ich mal 2-3 Essentials rechtzeitig abrufe:troet:.Wie schon angedeutet sollte jeder ein persönliches System entwickeln. Eigene Fähigkeiten und Schwächen nüchtern analysieren, schauen, welche Schwächen sich mit Training, Wissensaneignung oder Erfahrung/Praxis verbessern lassen, welche Mittel und Methoden anderer Spieler bezüglich dieser Schwächen heilsam sind/sein könnten.[QUOTE=sorim;17373]Widersprechen sich Punkt 2 und 3 nicht?...[/QUOTE]In gewisser Weise - beim Schach gibt es aber viel weiche Erkenntnisse und sehr wenig absolute Ergebnisse. Deshalb viele Hinweise als Ideen und vorsichtige Richtlinien ansehen und akzeptieren, daß es mehrere Systeme und unendlich viele Positionen gibt, für diese Regeln mal besser und mal schlechter passen.Wer flexibel ist, kennt mehrere Denksysteme und wendet sie nach Gefühl und Erfahrung an.Wer unsicher ist, arbeitet besser mit einem System und weitet es vorsichtig und behutsam aus.

Beitrag von zugzwang

Fehlerquellen der Variantenberechnung:Folge 1: Es wird (evtl.) keine Variante berechnet oder angerechnet, sondern nach einem vorher gefaßten, etwas älteren Plan fortgefahren oder einfach gezogen, um der Zeitkontrolle einen Halbzug näherzukommen.Die Zugfindungstechniken mit ihren "Bauanleitungen" dienen auch dazu auf dürftig ausgeleuchteten und schlecht abgesperrten Schachbaustellen in keine Baugrube zu fallen oder von einer Abrißbirne voll erwischt zu werden (Festung dann gleich Bruchbude!).Die schachlichen Lichtverhältnisse und Absperrungen resultieren aus der vorhandenen Bedenkzeit (gut ausgeleuchtete Minuten oder funzelige Sekunden für die Züge) sowie Kräfteverbrauch im bisherigen Turnier und in der Partiebaustelle.Gerade in brenzligen, unübersichtlichen Situationen mit wenig Zeit und Restenergie müssen die komplizierten schachlichen Baupläne und ihre statischen Berechnungen über ein Notstromaggregat am Laufen gehalten werden. Aus einer umfangreichen Bauplanung mit zig Bauschritten wird dann eine grundsolide Maurer- bzw. Polierarbeit ohne viel Schnickschnack, mehr an den Fundamenten der Schachbaukunst orientiert.Welche Arbeitsschritte sollte oder könnte diese schachliche (Grund)Bausicherung beinhalten?Aus den bisherigen Beiträgen möchte ich 2 Aspekte anführen:1.[QUOTE=Kiffing;17371]Das Elementarprinzip im Schach bei der Variantenberechnung...: Berechnung von Schachgeboten, Drohzügen und Schlagzügen. ...[/QUOTE]2.[QUOTE=zugzwang;17356]...angewöhnt, bei gegnerischen Bauernzügen oder eigenen Bauernzugkandidaten intensiver an der Stellung und ihren Entwicklungsmöglichkeiten zu arbeiten. Die Erfahrungen zeigten mir, daß sowohl ich als auch meine Gegner gerade bei Bauernzügen einiges übersehen, unzureichend einschätzen oder nicht konkret genug berechnen. ...[/QUOTE]und einen 3. Punkt hinzusetzen:LPDO -John Nunn: Loose Pieces Drop Off = ungedeckte Figuren gehen verloren.Punkt 2 und 3 sind der Auslöser, wann eine Berechnung starten sollte/könnte.Punkt 1 ist der Vorschlag, welche Zugideen zuerst ermittelt und berechnet werden sollten/könnten.Allein mit diesem Minimalprogramm lassen sich auch bei geringer Bedenkzeit noch ein paar halbe/ganze Punkte retten bzw. erobern.Dazu ein Beispiel aus dem WM-Viertelfinale der Damen.Nadeshda Kosintseva und Anna Ushenina haben ein kräfteraubendes Turnier im Kopf und auch ihre heutige Partie war kein lockerer Gedankenaustausch im schachlichen Small-Talk. Im scharfen Sizilianer mußten etliche Baustellen aufgerissen und wieder zugeschüttet und manch ein hölzerner Bauingenieur und Bauarbeiter wurde zur Erholung bis zur nächsten Runde am Rand der Baugrube abgestellt.Die verbleibende Arbeit verrichteten zwei dezimierte Bauteams auf dem Brett mit 2 angespannten und sicher etwas müden Architektinnen im Hintergrund. Für einen Bauarbeiter weniger hat das schwarze Bauteam zwei fixe Poliere als Kompensation.Nach einem gerade erfolgten Schlagabtausch sind der weiße Bauarbeiter auf g5 und der schwarze auf f7 unzureichend gesichert - siehe Stellungsbild:[Event "WCC"][Site "Khanty-Mansisk"][Date "2012.11.20"][Round "Quarter Final Leg 1"][White "Kosintseva, Nadeshda"][Black "Ushenina, Anna"][Result "1/2-1/2"][FEN "1r5r/4bpk1/2bp2p1/6P1/2B1PR2/PN6/1KP5/3R4 b - - 0 35"]35... f6 36. Ka2 Welche Veränderungen bei diesen Zügen ergeben sich, wenn man noch etwas Zeit und Energie hat, um das oben vorgeschlagene "Notprogramm" ablaufen zu lassen?Ein anderes Beispiel, aus einer noch stressigeren Rapidpartie der vorigen Runde und einigen psychologischen Aufs und Abs in den 2 klassischen Partien:[Event "WCC rapid Khanty-Mansisk"][Date "2012.11.19"][Round "3"][White "Qian Huang"][Black "Krush, Irina"][Result "1-0"][SetUp "1"][FEN "6k1/2b2p1p/2P3p1/pB6/P6P/5QP1/7K/2q5 b - - 0 42"]42... Qd2+ 43. Kh3 h5 {Achtung Bauernzug!}Zugegeben, der Bauernzug ist für den Statikfehler nicht verantwortlich, er läßt aber das Gebäude einstürzen.Nach dem Muster "Bauernzug!-Achtung!-genauer hinschauen!" und der Abarbeitung der "Todo-Liste" Schlagfälle (schnell erledigt), Schachgebote (genauso schnell) und Drohzüge (ebenso bei einer offensichtlichen Schwäche) kann Weiß zur Tat schreiten,nachdem, sicherheitshalber, wenn die Sekunden reichen,noch schnell die gleiche Liste für schwarze Antworten geprüft und kein Konter gefunden wurde. Ob die Drohung noch abzuwehren ist, läßt sich auch schnell ermitteln.Anmerkung: In einer angespannten Situation mit nur Sekunden Restbedenkzeit müssen die Prüfroutinen quasi als Reflexe unterbewußt ablaufen.Für Irina Krush endete es tragisch, der einzige wirkliche Fehler nach 42 Zügen war nicht mehr reparabel.Wie die eigenen Prüflisten ausschauen, muß jeder Schachspieler selbst entwickeln. Aber ein, zwei Prüflisten für bestimmte Partie-Situationen sollte er/sie haben, anwenden und immer mal vergegenwärtigen.

Beitrag von Kiffing

Die erste ist leicht:[SPOILER]36. gxf6+ Lxf6 37. Txf6 Kxf6 38. Txd6+ nebst 39. Txc6 +-[/SPOILER]Zu 2: [SPOILER]44. Lc4 und der schwache Punkt f7 ist nicht mehr zu decken[/SPOILER]

Beitrag von zugzwang

Laß die anderen doch auch mal!:POkay, Ernst - alles richtig!LPDO im 1. Beispiel ist [SPOILER]der Läufer c6[/SPOILER].Zu 1 ist aber noch zu erwähnen, daß man am Ende der forcierten Zugfolge noch abschätzen muß (konkret berechnen, wenn noch Zeit), ob Schwarz irgendwelche Gegenchancen erhält (Freibauer g5).Nur so als letzte Prüfroutine einer individuellen Liste...Du warst jedenfalls ausgeruhter und wacher als GM Kosintseva und IM Ushenina an dieser Stelle.Für Ushenina wäre damit wahrscheinlich eine längere Serie ohne Niederlage in klassischen Partien zu Ende gegangen. Nadeshda Kosintseva muß jetzt zeigen, ob sie ein derartiges Auslassen verkraftet.Irina Krush ist damit so tragisch ausgeschieden, wie es Pia Cramling gegen ihr erging.Einmal nicht wach genug, einmal die Situation oder Chance nicht erkannt...

Beitrag von zugzwang

By the way, Kiffing, welchen Zug schlägst Du anstatt 35. ... f6 für Schwarz vor.Bitte nur 1-2 Minuten nachdenken. Anna Ushenina überlegte mit 1:01 min 30 sec an dieser Stelle.

Beitrag von zugzwang

Variantenberechnung 2"Erst denken, dann ziehen!"Zu dieser Anweisung wurde kleinen und großen Schach-Eleven seit Jahrzehnten der Tipp mitgegeben, sogar auf auf den Händen zu sitzen, damit diese sich nicht selbständig machen und einen Zug ausführen, den der Kopf nicht will und den der Verstand als minderwertig berechnet und bewertet.Etwas überraschend kommt daher die neue Schachparole "Move first, think later" daher.Was ist im Schach(sport) los? Löst sich alles, aber auch alles im Wandel der neuen schachlichen Entwicklungen und Regelneukonstruktionen auf?Handelt es sich bei "Move first, think later" um einen Slogan im Kampf gegen E-Doping, der Spielern wie Spielerinnen eindeutig klarmacht, daß erst gezogen wird und frühestens nach Spielende gemeinsam mit Handheld, Tablet oder Schlepptop nachgedacht wird?Nun, es handelt sich hier um den etwas reißerischen Titel einer Neuerscheinung von Autor Willy Hendriks auf dem Schachbüchermarkt.Diesem "Markt" mangelt es meiner Meinung nach in diesem Jahrtausend an interessanten und lesenswerten Abhandlungen jenseits der "How to"-"Starting Out"-"Dangerous Weapons"-"...Explained"-"GM-Repertoire"-Eröffnungstheorieserien nicht.Kein Vergleich zu den ersten Jahrhunderten des modernen Schachs.Exemplarisch seien Autoren wie Avni, Rowson, Marin, Müller, Dworetsky, Timman, Watson, Nunn, Yermolinsky, Crouch und sogar Vielschreiber Aaagaard, Silman, Soltis genannt, die sich mit anderen Themen als dem Beginn einer Schachpartie intensiv auseinandersetzen. Daneben gibt es auch immer wieder Einzelwerke, die Appetit aufs Lesen und sogar schachlicher (Mit)arbeit machen.Beispielsweise: Kaufeld/Kern "Schachstrategie der Weltklasse", Browne "The Stress of Chess".Beim, Suba, Eingorn, Tukmakov, Moskalenko, Sokolov, Jansa, Grivas, Gulko, Beliavsky/Mikhalchischin, Grooten, Romero-Holmes, Dorfman, Kotronias, Jussupow sind weitere Autoren, die mit der Erläuertung schachlicher Einzelthemen aufwarten oder Trainingskonzepte bzw. Trainingsreihen anbieten.Viele dieser Autoren dürften vermutlich (ich habe sie nicht alle gelesen und manche nur angeblättert) ganz klassisch und sauber ihre Einsichten und Ansichten zur schachlichen Ausbildung und Entwicklung darlegen.Bei der Menge an Material und qualifizierten Autoren fällt es schwer, sich abzuheben und aufzufallen - trotz Chess Book of the Year usw.Ein provokanter Titel wie "Move first, think later" sticht da schon heraus und weckt vielleicht unterschwellig die Hoffnung, daß die Schachspielkunst doch nicht so schwierig, anstrengend und arbeitsintensiv ist, wenn man ein paar neue, andere Methoden anwendet oder sich von alten Zöpfen löst.Entsprechend schnell wird Begeisterung entfacht und weitergegeben. Stein des Weisen, heiliger Gral - gut ganz so weit geht die Begeisterung dann doch noch nicht. Der Autor von "Move first, think later" Willy Hendriks dämpft dies, indem er klar bekennt:Er wisse nicht, ob jedermann GM werden könne und das Lernen beim Schach bestehe in der Arbeit mit konkreten Positionen. Ja, Schach ist konkreter geworden. Die "Engines" haben dazu beigetragen, daß vieles ganz konkret hinterfragt und manches "Alte" widerlegt wird/ist.Die Arbeit mit konkreten Positionen bezieht sich aber nicht nur auf die heimische Vorbereitung und das heimische Training, sondern gerade auf die konkreten Positionen einer Turnierpartie.Wie soll dieses Arbeiten ablaufen, ohne nachzudenken - und zwar vor den Zügen?Der aufmerksame Leser wird berechtigt vermuten, daß ich zumindest dem Titel und seiner Parole skeptisch gegenüberstehe.Ich will deshalb mit meinen Vorurteilen - ganz bewußt - und meinen Gedanken zum Titel samt möglichen Lernerfolg beginnen. Vom Buch selbst habe ich bisher nur das Vorwort überflogen.Erst ziehen und dann später denken. Einfach und prima, wie hoch ist die Erfolgschance bei welcher Disziplin des Schachs? Handelt es sich um eine Anleitung für Bullet, Blitz, Rapid, die Blitzphasen einer Turnierpartie oder geht dieser Rat sogar darüber hinaus?An wen ist er gerichtet? An den Anfänger, den Hobbyspieler, den starken und engagierten Amateurspieler oder an den Meisterspieler oder gar Weltklassespieler?Oder anders herum gefragt: Ab welcher Ausbildungsstufe, mit welchem Wissensstand und Erfahrungsschatz ist man in bestimmten Situationen in der Lage, ohne zu denken gefühlsmäßig zu ziehen?Aus anderen Prüfungssituationen ist mir bekannt, daß es Empfehlungen aufgrund statistischer Auswertungen gab, daß man bei Rechtscheib-, Interpunktions- und Vokabelzweifeln lieber auf den ersten Gedanken zurückgreifen soll und besser nicht die korrigierte Fassung stehenläßt, wenn noch mindestens 50:50-Zweifel bestehen. Auch für Mathematik und juristische Fallgestaltungen gab es wohl diesen Ansatz.Doch wie verläßlich ist der erste Gedanke, die erste Idee im Schach? Welche Bedeutung hat es, daß man im Schach bei 9x richtiger Bauchentscheidung und einer Fehlentscheidung häufig 0 Punkte oder etwas glücklicher 50% der Punkte erzielt, während man in anderen "Disziplinen" bei dieser Quote fast mit auszeichnung besteht?Die schachliche Tradition mit ihren ursprünglich langen Bedenkzeiten wird dem Umstand gerecht, daß jeder Zug gut überlegt sein will. Erst der Verbrauch der Bedenkzeit oder die neumodischen Formate, immer weniger Bedenkzeit zuzugestehen, führen dazu, daß geschulte Reflexe (=Zug) immer mehr vor dem Denken kommen (müssen)."Erst denken, dann ziehen" geht wegen ablaufender Uhr (ohne Ticken zumeist) gar nicht oder nur blitzartig.Dem Autor dürfte es vorrangig nicht um derartige Situationen gehen, weil man für diese Erkenntnis allenfalls 1-2 Kapitel eines Buches benötigt.Wahrscheinlich geht es um Spielsituationen, zu denen Bobby Fischer in etwa meinte, daß bei mehr als 20 Minuten Bedenkzeit ohnehin nur Unsinn herauskommt.Einzelne Untersuchungen dieser These zeigten, daß tatsächlich selbst bei sehr starken Spielern die Qualität ihrer Züge nicht mit der verbrauchten Bedenkzeit anstieg. Nicht selten wurde geäußert und festgestellt, daß der erste Gedanke der bessere (vielleicht nicht der beste!) gewesen sei. Ein Argument dafür, erst zu ziehen und später zu denken? Für mich nicht.Längeres Nachdenken hat tatsächlich auch negative Komponenten. So sammeln sich zahlreiche Schachbilder an, deren Konturen nicht immer klar getrennt werden. Manches Nebensächliche überlagert Wichtiges, manches wird auch vergessen oder taucht als Fata Morgana eines Restbildes an unpassender Stelle auf. Neben dem Energieverbrauch spielen auch Emotionen während des Überlegens eine Rolle. Es kann zu Ängsten, Furcht, Leichtsinn oder Übermut kommen, um mal die kritischen, negativen Emotionen zu nennen. Umgekehrt evtl. der "Flow"o der einfacher die Erleichterung, die Situation vor ein paar Halbzügen in ihrer Entwicklung richtig eingeschätzt zu haben.Diese Einflüsse kennt ein reiner Gefühlsspieler erst dann, wenn er zum Nachdenken kommt. Ein Vorteil? Vielleicht in einigen Situationen, aber nicht generell.Anatoli Karpov war in spätjugendlichen Weltmeisterzeiten in Turnierpartien eher ein Schnellspieler, kein Anand oder Fischer, aber selten von hoher Zeitnot geplagt.Erst mit den Wettkämpfen gegen Kasparov ging die Leichtigkeit und Schnelligkeit seines Spiels deutlich verloren und die Entschlußkraft wurde mehr durch die Schachuhr als durch eigenen Willen bestimmt. Hohe und höchste Zeitnot wurde auch bei ihm immer mehr zur Gewohnheit - eine Annäherung an seinen vormaligen Widersacher Viktor Korchnoi.Sind aber nicht die Duelle von Weltklassespielern oder anderen Großmeistern in Zeitnot, ein deutlicher Hinweis wie gut "Move first, think later" funktioniert?.Nun, 5x alles auf Rot gesetzt und gewonnen und dann kommt beim 6. Einsatz Schwarz. "Erst ziehen, dann denken" gilt nur in schachlichen Ausnahmesituationen und keinesfalls für die größere Menge an schachlichen Entscheidungen (=Halbzügen).Situationen, in denen das schachliche Gefühl bereits den richtigen Zug vorhersagt, ohne nachdenken oder rechnen zu müssen, entstehen auch nicht aus dem Nichts. Die Basis wurde zumeist in den vorangegangenen Zügen und den dazugehörigen Gedanken gelegt. Nur so konnte ein Gefühl für die Stellung und ihre Möglichkeiten anhand abgespeicherter Muster und gespeicherten Wissens überhaupt erlangt werden.Mein Fazit: "Move first, think later" ist ein Rat, der in Ausnahmefällen richtig ist, aber in der Mehrzahl der Fälle versagt.Bekannt werden die Fälle, wo trotz (längeren) Nachdenkens Fehlentscheidungen getroffen werden. Die zahlreichen Fälle, wo gerade das Nachdenken über die Zugauswahl zu den richtigen Entscheidungen führt, fallen dagegen nicht so auf - sie sind aber der Normalfall unter den x Zügen einer Schachpartie.Den Situationen, in denen das "Gefühlsziehen" erfolgreich ist, ist der zumeist vermeidbare Fehler gegenüberzustellen, in denen mit dem erfühlten Zug die Partie zum Verlust eingestellt wird."Move first, think later" erspart ja strengenommen jegliche Variantenberechnung.Wer mit diesem "Geiz" Erfolg hat, ist tatsächlich eine gewisses Talent und kann eine bestimmte Spielstärke erreichen. Auf Dauer wird sich derjenige durchsetzen, der an den konkreten Stellungen mit Nachdenken arbeitet, Varianten berechnet und wohldosiert sein schachliches Gefühl einsetzt.Eine Gefühlsentscheidung kann auch nach dem Nachdenken erfolgen.Dann ist sie auch besser begründet und hinterfragt, als wenn man sie an den Anfang mit mehr Bauch als Verstand stellt. Es gibt einige bekannte Beispiele, wo "Move first, think later" prima gewirkt hätten.Ich werde sie mal heraussuchen und ihnen Beispiel gegnüberstellen, wo "Move first, think later" ziemlich sicher versagt oder versagt hat.

Beitrag von Kiffing

Danke für diesen sehr ausführlichen Beitrag über diese reißerisch aufgemachte Irrlehre! Zusammengefaßt stellt sich also das Problem, daß langes Nachdenken zwar tatsächlich zu einigen Nachteilen führen kann, daß diese hier aber unter Umgehung der höchstwahrscheinlich weitaus schwerwiegenderen Vorteile unzulässig verabsolutiert wurden. Und an den Problemen beim langen Nachdenken wie Trugbilder oder sich anschleichende Nervosität kann man ja arbeiten.

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;17489]...diese reißerisch aufgemachte Irrlehre!...[/QUOTE]Vielleicht zu hart, aber ein Titel hat eben besonderes Gewicht - gerade auch bei einem Trainer. (Den Titel ließe ich durchgehen, wenn er durch das Schachspielern geläufige !? oder ?! ergänzt wäre.)Und da ist "Move first, think later" fürs Schach ein an nur wenigen Stellen brauchbarer Gedanke.Beim Schach spielst Du im Prinzip Roulette mit vollem, stehengelassenen Einsatz, wenn Du "Move first" (zu häufig) anwendest.Wenn Dein Gegner Dir nicht hilft, dann reichen 80% Gewinnquote nicht aus, um einen vollen oder halben Punkt zu erlangen. Zig gute, brauchbare Entscheidungen werden von einer einzigen schlechten ausgelöscht, wenn der Gegner aufpaßt. Man kann im Schach auch nicht mehr aus eigener Kraft aufholen und den Matchball des Gegners wie beim Tennis usw. einfach durch fehlerloses Süpiel nicht zu verlieren. Geht so nicht.Man kann es dem Gegner schwierig machen, das schon, aber eine eigene optimale Leistung reicht nicht mehr allein, wenn man beim Schach erst einmal verloren steht.Hendriks setzt sich auch dafür ein, daß jede Stellung konkret zu beurteilen ist.Dies spricht doch aber gerade dafür, erst zu denken und danach zu ziehen!Der Titel ist daher für mich eine Fehlanzeige gerade für ein Trainingsbuch, das es ist.Und vermutlich ist es ein interessantes Trainingsbuch mit interessanten Stellungen. Der Titel ist aus meiner Sicht waghalsig und tatsächlich reißerisch.Man findet sicher Material für 1-2 Kapitel, wo "Move first" mal geboten ist und eine echte Alternative zu bisherigen Gewohnheiten darstellt (Zeitnotphasen, Rapidpartien, Chaotenstellung, Gegnerverunsicherung, Verluststellung), aber ein komplettes Trainings- oder sonstiges Schachbuch kann wie die Turnierpartie selbst nie unter dem Aspekt stehen, erst zu ziehen und dann zu sehen, was es (nicht) bringt.Hendriks erwähnt auch, daß mit Watsons "Moderne Schachstrategie" ein paar alte Zöpfe der Stellungsbeurteilung und möglicher Denkrichtungen abgeschnitten wurden.Das ist richtig. Der Aspekt (=Vorrang) des "konkreten" Spiels wurde aber auch schon früher beschrieben und erkannt. Ich werde mal ein paar Passagen aus Suetins "Typische Fehler" (ca. 1980) herauszuchen. Ich meine, da steht bereits etwas drin, was dann später wieder neu entdeckt wurde.Es ist für das Schach gut, wenn neue Ansätze und Ideen auftauchen. Wenn aber jemand schachliche Naturgesetze aushebeln und für irrig erklären will, dann wird es interessant, wie stichhaltig Argumentation und Beweisführung sind.Bei der Frauen-WM wurde die 1. Stichkampfpartie Stefanova-Sebag höchst dynamisch und komplex geführt. Zu schwierig, um bei der kurzen Rapid-Bedenkzeit die Stellungsprobleme zu beherrschen. Unter Hinzuziehung der Engine-bewertungen wirkt die Partie für Schachamateure wie "Try & Error" bzw. "Move first" wegen Fallbeil Plättchen. Auch Meisterspieler werden wegen des Aufs und Abs in dieser partie erstaunt sein. Kein Vorwurf an die Spielerinnen, nur zeigt die konkrete Enginebewertung, wie fehlerhaft die vom Schachgefühl und der Zeitnot bestimmten Züge tatsächlich waren. Kann bei "Move first" also etwas besseres herauskommen.Ich denke nicht.[QUOTE=Kiffing;17489]... Zusammengefaßt stellt sich also das Problem, daß langes Nachdenken zwar tatsächlich zu einigen Problemen führen kann, daß diese hier aber unter Umgehung der höchstwahrscheinlich weitaus schwerwiegenderen Vorteile unzuverlässig verabsolutiert wurden. Und an den Problemen beim langen Nachdenken wie Trugbilder oder sich anschleichende Nervisität kann man ja arbeiten.[/QUOTE]Man wird immer Vor- und auch Nachteile haben, aber hier ist eine Stelle, an der Bobby Fischer ein ausgezeichnetes Vorbild ist und bleibt. Jeder Spieler ist aufgefordert hier sein optimales Tuning zu finden. Wer nicht schnell ermüdet und rechenstark ist, der soll seine Zeit ausnutzen und nicht als Restbedenkzeit verwalten.Wer zuviel Bedenkzeit verbraucht, der muß sehen, ob sich dies auf dem Brett objektiv in der Stellung wiederfindet und in der Restzeit auch noch verwertbar ist. Eine Minute für 10 Züge ist nahezu 10x hintereinander "Move first".Nachtrag:Hier mal die angesprochene Partie mit dem Bedenkzeitverbrauch für einen Eindruck:[Event "WWCC 2012"][Site "Khanty-Mansiysk"][Date "2012.11.22"][Round "43.1"][White "Stefanova, Antoaneta"][Black "Sebag, Marie"][Result "1-0"][ECO "A06"]1. Nf3 (clk 0:25:18) 1... d5 (clk 0:25:20) 2. c4 (clk 0:25:26) 2... c6(clk 0:25:29) 3. g3 (clk 0:25:34)3... Nf6 (clk 0:25:21) 4. Bg2 (clk 0:25:42) 4... dxc4 (clk 0:24:18) 5. O-O (clk 0:25:45) 5... Nbd7 (clk 0:21:05) 6. Qc2 (clk 0:23:59) 6... Nb6 (clk 0:20:37) 7. a4 (clk 0:23:18) 7... a5 (clk 0:18:36)8. Na3 (clk 0:23:20) 8... Be6 (clk 0:18:26) 9. Ng5 (clk 0:22:22) 9... Bg4 (clk 0:17:04) 10. Nxc4 (clk 0:15:56) 10... Bxe2 (clk 0:17:09) 11. Ne5 (clk 0:16:04) 11... Bh5(clk 0:17:17) 12. b4 (clk 0:03:25) 12... e6 (clk 0:13:22) 13. b5 (clk 0:03:20) 13... Bd6 (clk 0:13:15) 14. Bb2 (clk 0:03:26) 14... O-O (clk 0:11:09) 15. bxc6 (clk 0:03:34) 15... Rc8 (clk 0:09:34) 16. Qb1 (clk 0:02:06) 16... Bxe5 (clk 0:08:54) 17. cxb7 (clk 0:02:14) 17... Rc5(clk 0:09:03) 18. d4 (clk 0:02:04) 18... Bg6 (clk 0:06:53) 19. Ne4 (clk 0:01:40) 19... Rc4 (clk 0:05:33) 20. Rd1 (clk 0:01:34) 20... Bc7 (clk 0:04:51) 21. Ba3 (clk 0:01:38) 21... Re8 (clk 0:04:43) 22. Nxf6+ (clk 0:01:46) 22... gxf6 (clk 0:02:13) 23. Qb5 (clk 0:01:55) 23... Bc2(clk 0:01:57) 24. Re1 (clk 0:00:40) 24... Bxa4 (clk 0:02:01) 25. Qh5 (clk 0:00:47) 25... Bc6 (clk 0:01:14) 26. Qg4+ (clk 0:00:23) 26... Kh8(clk 0:01:31) 27. Bxc6 (clk 0:00:28) 27... Rxc6 (clk 0:01:27) 28. Rab1(clk 0:00:32) 28... Qd5 (clk 0:01:19) 29. Qe2 (clk 0:00:21) 29... Nc4(clk 0:01:10) 30. Bc5 (clk 0:00:30) 30... Bd6 (clk 0:00:27) 31. Rec1(clk 0:00:25) 31... Bxc5 (clk 0:00:15) 32. b8=Q (clk 0:00:30) 32...Rxb8 33. Rxb8+ (clk 0:00:39) 33... Kg7 (clk 0:00:32) 34. Qxc4 (clk 0:00:32) 34... Bxd4 (clk 0:00:20) 35. Qxc6 (clk 0:00:36) 35... Qa2(clk 0:00:29) 36. Qf3 (clk 0:00:39) 36... f5 (clk 0:00:39) 37. Rbc8 (clk 0:00:46) 37... a4 (clk 0:00:46) 38. R8c2 (clk 0:00:54) 38... Qb3 (clk 0:00:49) 39. Qxb3 (clk 0:01:02) 1-0 in Arbeit - Klammern umschreiben... erledigt, hoffentlich.

Beitrag von zugzwang

Das konkrete Spiel.Petrosjan zu seinem Trainer Suetin nach einem eröffnungstheoreitschen Arbeitstag in Vorbereitung auf den WM-Kampf 1969:"Weißt du, der Wettkampf wird letztlich nicht durch unsere theoretische Vorbereitung und auch nicht durch den Wettstreit, die Psyche des Gegners tiefer zu ergründen, entschieden - obwohl das alles wichtig ist!-, sondern durch unsere Reflexe im praktischen Kampf und wie sie trainiert sind. Ausschlaggebend wird sein, wer in der Kunst der Berechnung mehr leistet."Hendriks will mit seinem Titel "Move first, think later" keineswegs dazu aufrufen, vorwiegend der Intuition zu folgen und zu ziehen.Er will, daß der Spieler konkret berechnet, sogar sehr viel berechnet. Er will, daß der Spieler seine Berechnungen nicht mit allgemeinen Überlegungen vermischt und den Berechnungsablauf damit bewußt/unbewußt hemmt oder in andere Ideenrichtungen ablenkt. Er will, daß der Spieler konkret an einem vom Stellungsgefühl vorgeschlagenen Zug arbeitet (Move first -und zwar im Kopf und nicht auf dem Brett) und danach in konkreten Varianten darüber nachdenkt (...think later).Vermutlich ist folgendes (endloses) Selbstgespräch eines Spielers am Zug für ihn die Horrorvision:Interessant sieht jetzt Sf3-h4 aus. Ich will das geschwächte Feld f5 besetzen, der Dame den Weg nach f3 oder auch g4 oder gar h5 freimachen und Druck auf dem Königsflügel ausüben. Doch was ist, wenn der Springer auf f5 angekommen, vom Ld7 einfach abgetauscht wird. Gut, ich habe dann zwar das Läuferpaar "erobert", doch ist die Stellung ziemlich geschlossen und nach einem Wiedernehmen auf f5 mit dem e-Bauern verliere ich die Kontrolle über d5. Schwarz könnte zu einem starken Bauernzentrum im Zentrum gelangen, weil ich nicht sehe, wie ich sein d6-d5 aufhalten und damit auch das freigewordene Feld e4 nicht mehr gut als Figurensprungbrett nutzen kann.Habe ich eigentlich schon den Druck meines Gegners am Damenflügel richtig gewürdigt? Wie bekämpfe ich seine bald mögliche Vorpostenstellung Sc4? Ist das überhaupt nötig, wenn ich die Initiative am Königsflügel habe? Wer kommt zuerst? Nein, das kann man nicht ausrechnen, das muß man erfühlen. Der Gegner hat am Damenflügel einige Zeit mit Bauernzügen verbraucht. Andererseits konnte ich am Königsflügel noch keinen schwächenden Bauernzug seiner Rochadestellung herauskitzeln.Okay, mal was ganz anderes: Die schwarze Bauernstruktur a6-b5 kann man auch lehrbuchmäßig mit a2-a4 anknacken. Spielt er b5-b4, könnte man diesen vielleicht mit a4-a5 vereinzeln und belagern. Allerdings greift er damit meinen Sc3 an, der nicht nach e2, wohl aber nach d5 oder b1 ziehen kann. Über b1 kann er die Route d2-b3 bzw. d2-c4 anstreben. Auf b3 könnte er den Bauernvorstoß a4-a5 absichern und das Zentrumsfeld d4 kontrollieren. Nach c4 gelangt er nicht ohne Abtausch, macht dem Gegner aber dieses Feld etwas streitig. Grundsätzlich muß ich den Bauern c2 im Auge behalten, der auf einer halboffenen Linie rückständig wird. Gehe ich mit dem Springer nach d5, so wird dieser abgetauscht. Auf b1 steht er zunächst passiv, doch kann ich evtl. mit c2-c3 den Bauern b4 befragen. Nach b4xc3 folgt Sxc3 und der Springer kommt wunderbar wieder zurück ins Spiel. Allerdings habe ich dann ein ziemliches Loch auf b3 und mein Bauer b2 ist rückständig. Dafür sollte ich doch aber Kompensation auf dem Königsflügel finden. Kostet doch Zeit, wenn Schwarz sich jetzt auf b2, b3 orientiert. Oder nicht? Was ist eigentlich, wenn Schwarz wie folgt reagiert: a2-a4 b5-b4, Sb1 a6-a5? Mit c2-c3 reagieren, ggf. auf b4 abtauschen und damit die Chance auf einen a-Freibauern erhalten. Interessant, aber man könnte natürlich auch Sb1-d2-b3 andenken, um seinen Bauern a5 anzuvisieren.Ich kann dieses aber auch vermeiden, indem ich mit a2-a3 sein b5-b4 hinauszögere, zumindest sichere ich damit den Platz des Sc3 und wahre damit meinen Einfluß auf die Zentrumsfelder d5 und e4 und mein a-Turm bekommt nach Abtausch a3-b4 Wirkung auf der a-Linie. Wenn er auf a2-a3 den Vorstoß b5-b4 mit a6-a5 vorbereitet, dann muß er erst den Bauern b5 decken. Ich habe also etwas Zeit für den Königsflügel. Oder das Zentrum.Steht da mein König wirklich sicher? Soll ich noch ein Tempo opfern und ihn nach h1 beordern. Fürs Mittelspiel nicht schlechtaußer bei einem Grundreihenmotiv. Im Endspiel hätte er aber einen längeren Weg zurück. A propos Endspiel: Was bedeuten die derzeitigen Strukturen bei einem Übergang. Kann ich dort Initiative entfalten, gibt es Einbruchsfelder, wenn wir die und die Figur abtauschen?Dieser Gedankenwust ist eine Mischung aus ein paar konkreten Zugansätzen vermischt mit Benennung von Positionsmerkmalen, die evtl. eine Bewertung der Stellung ermöglichen sollen oder zukünftige Pläne anregen. Es wird deutlich, daß der Spieler zwischen Ideen hin- und herschwankt, bestimmte Strukturen vielleicht schon mal gesehen, aber wahrscheinlich noch nicht durchspielt hat (nebulöse Vorstellungen, was zu tun ist und wie dies einzuschätzen ist).Die Überlegungen werden nicht wirklich konkret - weder in Zügen noch in der Stellungsbewertung nach 1, 2 oder 3 Halbzügen.Hier soll Hendriks Plädoyer "Move first" - Kopf, ohne jadoube - dazu führen, eine Zugidee konkret durchzuspielen und nicht in könnte, sollte, müßte, dürfte zu denken und permanent mit Jadoube zwischen Zugideen zu wechseln.Was führt nun dazu, daß ein derartiger Gedankenwust wie im Beispiel entsteht?Sind es bestimmte Lehren von der Positonsabschätzung, sind es strategische Leitgedanken? Oder sind es eine Vielfalt von bereits gesehenen Stellungsbildern und Strukturen, die zur besseren Erinnerung mit einem Begriff ("Felderschwache") und nicht mit einer bestimmten Zugfolge (Sh2-g4-f6, Sc3-d5) abgespeichert sind?Ist es einfacher und besser, bestimmte Situationen verbal zu beschreiben und sich mit diesem Begriff zu merken, um daraus dann die entsprechende Zugfolgen ermitteln zu können oder ist besser zu Strukturen ganz konkrete Zugfolgen in verschiedenen Abläufen abgespeichert zu haben?Ist der obige gedankenwust tatsächlich schädlich oder braucht er nur eine bessere Kanalisierung? Entstand er auf einem falschen Fundament, einer falschen Spielphilosophie? Oder fehlt ihm nur der Feinschliff?Weitere Gedanken folgen - später.

Beitrag von zugzwang

Die Engines und ihr gnadenlos konkreter Bewertungsansatz haben dazu beigetragen, daß unter den menschlichen Schachspielern verstärkt diskutiert wird, wie konkret und rechenlastig das eigene Spiel gestaltet werden soll und kann.Welche Rolle spielen noch intuitive Zugideen ohne konkrete und weite Berechnung?Wie und mit welchem Aufwand kann man sein eigenes "konkretes Spiel" und die Rechenfähigkeiten verbessern?Anlaß zum Nachdenken geben mir auch Leistungen und Methoden eines anderen Sports: [url]http://de.wikipedia.org/wiki/Ged%C3%A4chtnissport[/url]Welche Steigerungen sind durch Training und neue verbesserte Methoden und Techniken (ohne Cheating selbstverstädlich:nono::grmpf:) möglich?Was beruht auf einem wo auch immer herkommenden Talent oder einer Spezialbegabung?Welche Folgerungen ergeben sich für Schachsportler, wenn bestimmte Leistungen auf Spezialbegabungen beruhen, deren Niveau auch durch konzentrierte Trainingsleistungen nicht erreicht werden kann?Für den Bereich der Variantenberechnung ergibt sich schlichtweg die Frage, ob die Energien und die Zeit, die in eine Steigerung der Rechenfähigkeit gesteckt werden, einen vernünftigen "Ertrag"/Fortschritt bringen oder ob diese Kräfte lieber anderen Arbeitsfeldern im Schach gewidmet werden sollten.Diese Fragen sollte jeder ambitionierte Schachspieler für sich selbst analysieren und beantworten.Ein paar Hinweise und Gedanken hierzu:Über Botwinnik meine ich irgendwo gelesen zu haben, daß er nicht gerade als herausragender Rechenkünstler galt. Auch wenn ich dieser Aussage mit gewisser Vorsicht hinsichtlich der angelegten Maßstäbe gegenüberstehe, weiß ich, daß sich Botwinnik anläßlich einer erlittenen Niederlage gegen Reshevsky mal so äußerte, daß er seine Rechenfähigkeit und Rechengenauigkeit im 1-2-Zug-Bereich verbessern müsse.Was für Botwinnik ein wichtiger Aspekt der Spielstärkeverbesserung war, dürfte auch für den ambitionierten Amateur interessant sein.Könnte es letztlich nicht "einträglicher" sein, die Erfolgsquote (=Erkennen und richtig Bewerten) im Kurzzügerbereich zu verbessern als mühsam und fehlerbehaftet den Variantenbaum komplizierter Stellungen einen Halbzug weiter hinaufzuklettern?Bringt es vielleicht bestimmten Spielertypen mehr, die Anzahl bekannter Muster und kurzzügiger Verfahren für Mittelspiel und Endspiel zu steigern, als die Fähigkeit komplexe Stellungen genauer und tiefer zu durchdringen?

Beitrag von zugzwang

Nach viel Theorie "etwas" Praxis[FEN=8]r1b2rk1/1p2qppp/p3p3/4B3/8/b1PB3P/5PP1/R2QR1K1 w - - 0 1[/FEN]In der Diagrammstellung ist Weiß am Zug.Für geübte und mit Motiven vertraute Schachspieler ist diese Stellung aus Chess Informant (CI) 56/c4 keine zu große Hürde, was die Werkzeuge und ihren Einsatz angeht. Schwieriger wird es allerdings, die gesamte Zugfolge sauber bis zu ihrem Ende durchzurechnen und damit richtig zu visualisieren. Obwohl es wenige und nicht besonders komplexe Nebenvarianten gibt, muß man darauf achten, daß die Figuren im Kopf eben nicht verrutschen und auf den richtigen Feldern landen, um den Weg bis zum sieg auszurechnen.In einer praktischen Partie hätte man noch nicht einmal die Gewißheit, daß am Ende der taktischen Überlegungen wirklich eine Lösung mit Happy-End (=Gewinn) steht.Die Aufgabe hat immerhin 15 Partiezüge, bis der Gewinn tatsächlich klargestellt ist (3 Züge bis zum endgültigen KO). Aus meiner Sicht eine gute Übung für eine weite Berechnung, die nicht GM-Fähigkeiten der weiteren Motiverkennung im Verlauf und in Varianten erfordert.

Beitrag von Endspielprofi

[SPOILER]Txa3 Dxa3 Lxh7 Kxh7 Dh5 Kg8 Lxg7 Kxg7 Te4!! Da1 Kh2 Db1 Th4 f6 Tg4 Kf7 Tg7 Ke8 Dh5 Kd8 Dc5 Ld7 Dxf8 Kc7 Dc5 Kd8 Tg8 Le8 Dd6 Kc8 Txe8#[/SPOILER]:irre2:

Beitrag von zugzwang

Eine ungewöhnlich lange Berechnung, von "EP" korrekt ausgeführt.Erleichtert wird die Variantenberechnung hier aber durch recht wenige, und wenn dann kurze und klare Nebenvarianten, es müssen im Laufe der Berechnung wenig neue Motive gefunden oder ergründet werden und der Einstieg in die Kombination ist von der Motivlage bereits Fortgeschrittenen geläufig.In einer praktischen Partie ist von Bedeutung, daß Weiß an 1-2 Stellen mit Dauerschach aussteigen kann, wenn er keine durchschlagende Fortsetzung findet.[SPOILER]1. Txa3 (Ablenkung der sD vom Königsflügel/Felder f6,g7), 2. Lxh7 Standardmotiv Zerstörung der Königsstellung, 4. Lxg7 (Lasker, Tarrasch - wer mehr zum doppelten Läuferopfer lesen möchte, kann eshier [url]http://webcache.googleusercontent.com/search?hl=de&biw=&bih=&q=cache:8DeO--UL8kYJ:http://www.schachfieber.de/feed/%2Bschachfieber+doppelte+laeuferopfer+lasker+miles+owen&gbv=1&ct=clnk[/url] versuchenIn bestimmten Situationen kann es nachhaltiger sein, den 2. Läufer "passiv" auf f6 zu opfern.1. Nebenvariante: schwarz verzichtet auf Kxg7, spielt f7-f6, ist aber nach dem bekannten Dg6 schnell erledigtIn der Partie wurde 5. Dg5 Kh8!, 6. Te4 gespieltUnd an dieser Stelle mußte Weiß das erste Mal etwas sehen und seine berechnung ausweiten: Schwarz gelingt es, mit Da1 nebst Db1 die Dame zur Verteidigung heranzuführen und kann sie auf h7 oder g6 aufopfernd dazwischenziehen.Jetzt galt es für Weiß vorauszuberechnen oder neu zu finden (mit Dauerschach in der Tasche), daß er auf der h-Linie Mattdrohungen aufstellen kann,die zu f7-f6 zwingen, wonach aber die Turm-Dame-Kombination Schwarz trieselig spielt - alles recht variantenfrei, aber eben im Kopf schon x Züge vom Anfang entfernt - Visualisierung muß noch stimmen! [/SPOILER]Gespielt zwischen Beljajev (ohne Elo) und Pavlov (2325) in Russland 1992

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=zugzwang;18529]Eine ungewöhnlich lange Berechnung, von "EP" korrekt ausgeführt...[/QUOTE]Kleine, aber wichtige Korrektur nach Überprüfung der "EP"-Variante:Enspielprofi:[SPOILER]Txa3 Dxa3 Lxh7 Kxh7 Dh5 Kg8 Lxg7 Kxg7 Te4!! Da1 Kh2 Db1 Th4 f6 Tg4 Kf7 Tg7 Ke8 Dh5 Kd8 Dc5 Ld7 Dxf8 Kc7 Dc5 Kd8 Tg8 Le8 Dd6 Kc8 Txe8#[/SPOILER]Wo ist der Fehler in dieser Variante, warum verliert er, wenn ich mich nicht irre, und wie ist die korekte Zugfolge?Vermutlich handelt es sich bei der "EP"-Variante um einen Schreibfehler oder vergessene züge.

Beitrag von zugzwang

Zum Thema Variantenberechnung zwei neue Stellungen:[FEN=zz24]1r1q1rk1/4nppp/p2pb3/2pB2BQ/1p6/6N1/PPP2PPP/4R1K1 w - - 0 1[/FEN]1. Weiß zieht, eine sehr komplexe Aufgabe, bei der ich selbst noch nicht einmal das Motiv gefunden habe, auf dem die folgenden, schwierigen Berechnungen beruhen.Der Weißspieler wußte dagegen sehr wohl, mit welchen Ideen er diese Stellung herbeigeführt hat. Dies hat ihn aber Energie und Zeit gekostet, in der Folge setzt er nicht optimal fort und verliert die Partie, während er in der Analyse bessere Wege findet.Das Ganze stammt noch aus der Vorengine-Zeit, so daß man besser erkennen kann, was ein Spieler während der Partie sah und später in der Analyse entdeckte. Gerade auch bei Fehlern in der enginefreien Analyse entdeckt man mögliche Gründe, warum die Berechnung in der Partie nicht glückte. Manche Fehler und manche begrenzte Sicht setzt sich ja in der Analyse fort.Bei heutigen engineunterstützten Analysen geht dagegen der Aspekt, woran es menschlich wirklich gescheitert ist, recht schnell verloren.[FEN=zz25]3r4/kp6/p7/8/4P1n1/2Q2RP1/6q1/R1K5 w - - 0 1[/FEN]2. Diese Aufgabe (Weiß zieht) ist hinsichtlich des zu berechnenden Motivs aus meiner Sicht deutlich einfacher. Bei der exakten Variantenberechnung schwirrten mir aber die wenigen Figuren ganz schön im Kopf rum und ich fragte mich immer wieder, ob ich diese oder jene Möglichkeit eigentlich schon berechnet habe ober diese Position nicht schon vorher einmal berechnete. Kurzum: Ob der Vielzahl an Zugmöglichketien verschwammen die Konturen, was man als Angreifer zulassen kann, was man an Flucht verhindern muß und wie die Koordination der eigenen Figuren am besten zu gestalten ist.Ich denke, das in einem anderen Forum angesprochene Schleifendenken/Schleifenrechnen beschreibt diesen Vorgang zutreffend.Wer die Aufgabe bearbeitet, dem schlage ich vor, 10-15 min Berechnungszeit zu investieren (ggf. verlängern, wenn man noch nicht sicher ist) und dann zu entscheiden, ob er/sie alles klar ausgerechnet hat.Danach Pause und einige Stunden später noch einmal Berechnung der Varianten, aber diesmal mit Aufschreiben.Warum diese Zweiteilung?Wenn man gleich aufschreibt, dann verwässert der Effekt, den ich oben beschrieben habe, weil man anhand der Aufzeichnungen eine Ordnung vorzuliegen hat, die man in einer Turnierpartie im Kopf und nicht auf Papier durchführen muß.Anschließend vergleicht man die aufgeschriebenen Varianten mit der Lösung (ggf. enginecheck) und wertet aus, ob man alles bzw. das Wesentliche richtig berechnet hat oder ob sich Fehler (Übersehen wichtiger Varianten, Falschbewertungen, Patzzüge) eingeschlichen haben.Im Ergebnis hat man eine Situationsaufnahme, wie gut und fit man in der Variantenberechnung ist oder wo es Verbesserungspotential gibt.

Beitrag von Endspielprofi

[SPOILER]Einige Züge vergessen einzutragen, nach Kg7 Dg5 Kh8 Te4 Da1 Kh2 Db1 Dh6 Kg8 Th4 f6 usw.[/SPOILER]

Beitrag von Endspielprofi

[SPOILER]Oben: Der Plan ist die Ausnutzung der gefesselten schwarzen Dame in Kombination mit dem schwarzen unsicheren König und dem vorpreschen des h Bauern. Z.B. Se4 h6 Sf6 gxf6 Lxf6 Sxd5 Lxd8 Tfxd8 Dxh6 Te8 Dg5 Kf8 h4, der Turm kann sich gegen den Le6 opfern, der Bauer kommt nach h7 und es entsteht ein Endspiel Dame vs Turm und Springer in dem die Dame aufgrund der Stellung überlegen ist, außerdem hat weiß zwei gegen einen Bauern am Königsflügel.Unten Txa6 Kg8 verliert nach Ta8 Kxa8 Da5 Kb8 Dxd8 Ka7 Ta3# also Kxa6 Da3 Kb5 Db3 Ka6 Da4 Kb6 Db4 eine Art Vierecksmanöver mit der Dame, damit der Turm frei wird. Kc6 Tc3 Kd7 Db5 Ke6 Df5 Kd6 Dd5 Ke7 Tc7 Td7 Dxd7 Kf6 Df5#[/SPOILER]