Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Die Sternstunde des Mark Taimanov“

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Beitrag von Kiffing

Liebe Schachfreunde,heute möchte ich euch eine der schönsten und bedeutendsten Partien vorstellen, die es jemals gegeben hat. Es war eine Partie zwischen dem damals als nahezu unbesiegbar geltenden Weltmeister Anatoli Karpov und Mark Taimanov, der Karpov, und dann auch noch mit den schwarzen Steinen, 1977 beim Jubiläumsturnier in Leningrad eine vernichtende Niederlage zufügte. In der vorliegenden Partie sehen wir, wie Taimanov bereits mit Schwarz eine vorzügliche Strategie fuhr. So fesselte er mit seinem Lf8 erst den Sc3, was Karpov zu Reaktionen zwang, um den Läufer dann mittels ...d6 und ...b6 auf c5 zu movieren, der hier nur durch Abtausch beseitigt werden konnte, was Schwarz aber eine fabelhafte Bauernstruktur im Zentrum gab, die sogenannte Botwinnik-Struktur. Die Botwinnik-Struktur ist an Sicherheit und Stabilität kaum zu überbieten. Der Schwarze steht im Zentrum sehr massiv, und die einzige Lücke, das Feld d5, ist hervorragend abgesichert. Außerdem öffnete Schwarz durch sein Manöver die b-Linie, auf der er fortan sein Spiel aufbauen konnte. Spätestens mit dem 18. Zuge riß er die Initiative an sich. Im 25. Zuge folgte bereits eine unwiderstehliche Kombination rund um ein Bauernopfer. Der Bauer ist wegen der Variante 27. bxc4 Txa5 28. Lxa5 Dc5 perdu. Schwarz erobert das starke Feld c5 und erhält für den geopferten Bauern eine Stellung mit hoher Figurenaktivität. Weitsichtig erkennt Schwarz, daß die h-Linie für ihn noch von Bedeutung sein könne und öffnet diese im 31. Zug. Als es im 38. Zug dann bei Karpov einschlägt, ist eine der schönsten und berühmtesten Kombinationen in der Schachgeschichte entstanden. Im Rückblick bezeichnete Taimanov diese Partie als beste Partie seines Schaffens. Sie war für ihn eine persönliche Sternstunde und auch eine Sternstunde für das gesamte Schach. Mark Taimanov war vielseitig begabt. Wie sein Kollege Wassily Smyslow war auch er ein großer Musiker. Der Zusammenhang zwischen musikalischem Können und schachlichem Können wäre in diesem Sinne bestimmt eine interessante Diskussion. [Event "01, Leningrad"][Site "01, Leningrad"][Date "1977.??.??"][Round "?"][White "Anatoli Karpov"][Black "Mark Taimanov"][Result "0-1"][ECO "B32"][PlyCount "78"][EventDate "1977.??.??"]1. e4 c5 2. Nf3 Nc6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 a6 5. c4 e5 6. Nb3 Nf6 7. Nc3 Bb4 8. f3O-O 9. Be3 d6 10. Rc1 b6 11. Bd3 Bc5 12. Qd2 Be6 13. Nxc5 bxc5 14. O-O Nd4 15.Nd5 Nd7 16. f4 Rb8 17. f5 Bxd5 18. cxd5 Qb6 19. Rf2 f6 20. Rc4 a5 21. Ra4 Ra822. Qe1 Ra7 23. b3 Rfa8 24. Rb2 Qc7 25. Bd2 Nb6 26. Rxa5 c4 27. Bf1 Rxa5 28.Bxa5 Qc5 29. Bxb6 Qxb6 30. Kh1 cxb3 31. axb3 g6 32. fxg6 hxg6 33. b4 Kg7 34. b5f5 35. exf5 Nxf5 36. Rb3 Qd4 37. b6 Ra1 38. Rb1 Ng3+ 39. hxg3 Ra8 0-1