Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Altindisch“

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Beitrag von Kiffing

Was haltet ihr eigentlich von der Altindischen Verteidigung, kurz Altindisch (1. d4 Sf6 2. c4 d6)? Meiner Meinung nach ist dieses System eine Alternative für diejenigen, die sich nach 1. d4 auf indische Verteidigungssysteme spezialisiert haben und demzufolge eine ernsthafte Option neben Königsindisch, Damenindisch oder Grünfeldindisch.Die Eröffnung wird dadurch gekennzeichnet, daß Schwarz seinen Lf8 nicht wie beim Königsindisch fianchettiert, sondern ihn nach e7 überführt. Schwarz spielt frühes ...c6 und überführt seinen Sb8 nach d7, womit der Vorstoß ...e5 vorbereitet wird. Diese Eröffnung scheint mir attraktiv zu sein für jene Spielertypen, die gerne auf engem Raum operieren (der Schwede Ulf Andersson war bekannt für diese Fähigkeiten), wo die dichtgedrängten Figuren eine ungeheure innewohnende Kraft besitzen, die sich im geeigneten Moment in eruptiven Ausbrüchen entladen kann. Der Charakter des Spiel kehrt sich buchstäblich wie ein Blitz aus heiterem Himmel um. Siehe etwa die berühmte Altindisch-Partie von Kotov gegen Awerbach, gespielt beim Turnier in Zürich 1953:[Event "Zurich Candidates"][Site "Zurich SWI"][Date "1953.09.23"][EventDate "1953.08.30"][Round "14"][Result "0-1"][White "Yuri Averbakh"][Black "Alexander Kotov"][ECO "A55"][WhiteElo "?"][BlackElo "?"][PlyCount "98"]1.d4 Nf6 2.c4 d6 3.Nf3 Nbd7 4.Nc3 e5 5.e4 Be7 6.Be2 O-O 7.O-Oc6 8.Qc2 Re8 9.Rd1 Bf8 10.Rb1 a5 11.d5 Nc5 12.Be3 Qc7 13.h3Bd7 14.Rbc1 g6 15.Nd2 Rab8 16.Nb3 Nxb3 17.Qxb3 c5 18.Kh2 Kh819.Qc2 Ng8 20.Bg4 Nh6 21.Bxd7 Qxd7 22.Qd2 Ng8 23.g4 f5 24.f3Be7 25.Rg1 Rf8 26.Rcf1 Rf7 27.gxf5 gxf5 28.Rg2 f4 29.Bf2 Rf630.Ne2 Qxh3+ 31.Kxh3 Rh6+ 32.Kg4 Nf6+ 33.Kf5 Nd7 34.Rg5 Rf8+35.Kg4 Nf6+ 36.Kf5 Ng8+ 37.Kg4 Nf6+ 38.Kf5 Nxd5+ 39.Kg4 Nf6+40.Kf5 Ng8+ 41.Kg4 Bxg5 42.Kxg5 Rf7 43.Bh4 Rg6+ 44.Kh5 Rfg745.Bg5 Rxg5+ 46.Kh4 Nf6 47.Ng3 Rxg3 48.Qxd6 R3g6 49.Qb8+ Rg80-1

Beitrag von Mattmonster

[url]http://www.schach-seminare.eu/shop/product/view/4/182[/url]Hallo schachfreunde wer kent das buch? und was denkt ihr über solsche systen Eröffnungen guss dat Wuppertaler mattmonster

Beitrag von Kiffing

Insgesamt denke ich positiv über System-Eröffnungen wie etwa Altindisch. Der Vorteil besteht nämlich darin, daß der Spieler sich in seinem System, mit all den Feinheiten und Strategien, mit all den taktischen und positionellen Ideen besser auskennt als der Gegner. Dann steht allgemeines Wissen gegen spezialisiertes Wissen. Vor allem, wenn Systemeröffnungen über eine gewisse Schärfe und Kompliziertheit verfügen, kann der Systemspieler viele schöne Siege feiern. Ein Beispiel wäre das Blackmar-Diemer-Gambit, das zwar als nicht 100% korrekt gilt, aber das so scharf ist, daß der wohl präparierte BDG-Spieler reihenweise seine Gegner umlegt. Vor allem auf Amateurebene kann man sich als Spieler noch gewisse Freiheiten jenseits der objektiven Gesetze erlauben und sollte es auch tun. Ich denke sogar, auf Amateurebene sind für die Spieler ganz andere Eröffnungen gut als auf Meisterniveau. Viele sagen z. B. Najdorf sei nichts für Amateure. Ich sage, die Berliner Verteidigung ist tendenziell nichts für Amateure. Altindisch hat in den indischen Systemen natürlich eine gewisse Sonderrolle durch die Tatsache, daß Schwarz nicht seinen e-, sondern seinen d-Bauern ein Feld nach vorn setzt. Das ist ein Bruch aller gängigen Konventionen. Auf mich wirkt der Zug sogar disharmonisch, ungefähr so wie die Klassiker die hypermodernen Ideen empfanden. Die frühe Freisetzung des Lf8 ist Grundlage für die rasche und harmonische Entwicklung der schwarzen Figuren in indischen Systemen. So ist es kein Wunder, daß Schwarz in Altinisch meist eingeengt steht. Insofern denke ich, daß Altindisch eher für Spieler gut ist, die einen eher taktisch-mathematischen Zugang zum Schach haben als einen intuitiv-harmonischen.

Beitrag von codeamateur

Altindisch galt im 20. Jahrhundert als eine gute Möglichkeit, der Sämisch-Variante der Königsindischen Verteidigung auszuweichen. Heutzutage ist die Sämischvariante nicht mehr so angsteinflößend, da es viele neue Ideen für Schwarz gibt, zum Beispiel die moderne Bauernopfervariante 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 c5!?. Aber auch 6...Sc6 hat an Aktualität nicht verloren. Ich bin sicher, wenn sich der Schwarze heutzutage nicht auf Klassisch, Averbach, Ungarischer Angriff einlassen möchte, ist Altindisch eine passable Alternative mit gewissem Überraschungseffekt. Man kann es genauso wie Kotov gegen Averbakh spielen.