Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Stärkster Spieler aller Zeiten“

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Beitrag von Kiffing

Bevor wir diese Frage diskutieren, sollten wir uns auf allgemeine Kriterien einigen, mit denen man messen kann, wer der stärkste Schachspieler aller Zeiten war. Ich würde als Kriterium als erstes festlegen, daß dieser Schachmeister an seiner jeweiligen Epoche gemessen wird. Das heißt, seine Leistung muß in Beziehung zu dem damaligen Entwicklungsstand gesetzt werden. Daß ein Garry Kasparov einen Emanuel Lasker schlagen würde, sollte klar sein, soll aber nicht das Kriterium sein. Dann bieten sich meiner Ansicht nach weitere Kriterien ein:- Dominanz (Länge und Art der Dominanz)- Originalität (hat eigene Aspekte ins Schach eingeführt)In diesem Sinne würde ich Paul Morphy vorschlagen. Schon als junger Mann im Alter von 21 und 22 Jahren, wo man sich noch nicht so stark wie heute mit dem Schach beschäftigen konnte, war er der stärkste Spieler auf der Welt und hat sie alle vernichtend geschlagen, die Größen seiner Zeit. Auch hat er neue Aspekte ins Schach eingeführt, seine Art, Schach zu spielen, war wegweisend und bahnbrechend und ist es bis heute geblieben. Noch heute werden uns gerne die Partien von Morphy vorgeführt, wenn wir etwa etwas über den Wert der Geschwindigkeit, der Eröffnungsherangehensweise, dem logischen und folgerichtigen Spiel, die Harmonie oder über Taktik lernen wollen. Vor allem war Morphy seiner Zeit weit voraus. Im damaligen romantischen Zeitalter wurde drauflos gestürmt, was das Zeug hielt. Erst Morphy hat erkannt, daß ein Angriff auch auf einer gewissen positionellen Grundlage stehen sollte, um sicher erfolgreich zu sein. Er spielte gewissermaßen sehr modern. Wenn würdet ihr vorschlagen?

Beitrag von zugzwang

Morphy Schach ist sicherlich beeindruckend - nicht nur im Kontext seiner Epoche.Doch um als stärkster Spieler aller Zeiten angesehen zu werden, war das Schach zu seiner Zeit und damit auch sein Schach noch zu wenig entwickelt und für meine Begriffe nicht weitgefächert genug (Eröffnungswahl, Nuancen der Mittelspielstrategie, Endspielbehandlung, Endspielwissen).Schade, daß Morphy sein Schachverständnis nicht zu späterer Zeit, gegen andere Gegner und mit anderer Aus- und Vorbildung zeigen.Nicht auszuschließen, daß er Hastings 1895, St. Petersburg 1914, New York 1924 bzw. 1927 hätte gewinnen können.So erscheint das Datenmaterial aber zu dünn, um Morphy als größten Spieler anzusehen.Der Abstand zwischen ihm und dem Rest war zwar augenfällig, doch konnte man nicht erleben, was passiert, wenn sie sich auf ihn einstellen.Anderssen trat gegen ihn übrigens nach langer und beschwerlicher Anreise an und hatte wohl weniger Informationen über Morphy als der über ihn. Morphy hat angeblich die damals verfügbare (europäische) Schachklassik aufmerksam studiert und war vielleicht besser informiert über das damals noch kleinere Schachwissen, als man es bei einem Spieler aus der "neuen Welt vermuten konnte.Fischer wäre tatsächlich ein Kandidat, weil er sich seine Schachstärke weitestgehend selbst durch fleißiges Studium und kritischer Bearbeitung des Schachmaterials angeeignet hat. Kaum Helfer oder Zuarbeiter und schon gar nicht im Umfang der sowjetischen Schachmaschinerie.Dies hat er, verkörpert durch Spassky, allerdings nicht nur durch eigne Schachkraft besiegt, weil er bewußt oder unbewußt alle psychologischen Umstände des Finalkampfs für sich nutzte. Objektiv sogar unfair und mit Affronts, doch muß man bei Fischer ja Fragezeichen dahinter setzen, ob er sich dessen wirklich immer bewußt und dies absichtlich einsetzte.Anscheinend lebte dieser Mann in einer eigenen Welt, mit eigenen Gesetzen, Gefühlen usw.Spassky beschreibt sehr glaubhaft, die Umstände und Vorgänge zur 3. Matchpartie, die zur ersten Gewinnpartie Fischers gegen ihn überhaupt wurde.Die psychologische Situation insgesamt (Druck vom System, Eskapaden Fischers, Hype um Fischer) waren für Spassky äußerst ungünstig, beeinflußten ihn spielerisch und trotzdem brachte er Fischer in mehr unangenehme Situationen (4. Partie vllt. der Schlüssel überhaupt), als es das reine Ergebnis aussagt.Fischers Ära war (selbst verschuldet) zu zerstückelt und kurz, um berechtigt als stärkster Spieler aller Zeiten zu gelten und den stärksten Konkurrenten ist er in der Folgezeit erfolgreich ausgewichen. Nach oder mit ihm begann die Zeit der sehr jungen Super-Talente mit den späteren WM Karpov uns Kasparov.Einzigartig bleiben seine unerreichte Siegesserie, seine Einzelkämpferqualitäten in Analyse und Vorbereitung, die Präzision/Fehlerlosigkeit seines Spiels in großen Teilen.Was Kreativität und andere Wege angeht, steht er aber hinter Kasparov zurück - auch in der Vor-Chessbase-Zeit.Und damit sind wir bei meinem Favoriten: Garri Kasparov.Er erfüllt eigentlich alle Kriterien:Dominanz zu seiner Zeit (Herrscher ohne und mit Datenbanken und Computerunterstützung), mal deutlicher mal etwas weniger deutlich, Weltklasse praktisch von der Jugend mit 15 bis zu seinem Rücktritt), herausragende Turniersiege in Serie, Glanzpartien und Musterpartien en masse gegen stärkste Gegner, Eröffnungsneuerungen und Trendsetter (Grünfeld!) für 1. e4 und 1. d4 und als Nachziehender dagegen, Meisters des Sizilianers, Eleganz und Kreativität im Endspiel und damenlosen Mittelspiel, Künstler und Kämpfer.Trotz der unglücklich verlaufenen Spaltung im Weltschach setzte sich Kasparov nicht nur durch seine Turnierteilnahmen und Wettkämpfe, sondern auch als Organisator, Ideengeber für die Schachentwicklung ein.Sein älteres Buch "Von der Zeit geprüft" hält mit Analysen und den enthaltenen Partien locker mit den memorable 60 von Fischer mit.Und bei ihm ist es nicht nur bei einem Buch geblieben neben etlichen Analysen und Beiträgen für Schachzeitschriften und später in der Internetwelt.Garri Kasparov ist wenn nicht der stärkste Spieler, dann der prägendste und produktivste auf und neben dem Schachbrett der Schachwelt.

Beitrag von MagnusFTW

Der für mich (noch :D denn Carlsen ist schon auf dem Vormarsch :D) beste Spieler ist Kasparov, dicht gefolgt von Fischer.Kasparov, weil er jahrzehntelang das Schach dominiert hat, zig Eröffnungsneuerungen, wunderschöne Kombinationen, die höchste Elo aller Zeiten etc etcWenn Carlsen allerdings so weiter macht, dann werden einige von Garrys Rekorde ziemlich bald wackeln :D

Beitrag von zugzwang

Am ehesten hat Carlsen bei der Elo die Chance, an Garri vorbeizuziehen.Weltmeister muß er erst noch werden. Kasparov hatte es 22 Jahren und 8 Monaten geschafft.Bei den bemerkenswerten Kombinationen hat Carlsen im Altersvergleich nach meinem Gefühl jetzt schon Rückstand.Auch was denkwürdige Partien in diesem Alter angeht.Der Vergleich ist aber etwas schief; denn die Zeiten sind für Glanzstücke a la Kasparov noch härter geworden. Es kann noch viel Zeit vergehen, bis jemand tatsächlich an Kasparov erinnert - und Carlsen ist ein anderer Spielertyp.Ein Aljechin fand sich trotz Tal auch erst spät in Kasparov wieder.

Beitrag von MagnusFTW

[QUOTE=Everio;837]Ich muss sagen ich halte von Carlsen nicht viel. [/QUOTE]Mit 19 die Nummer 1 in der Welt, die zweithöchste Elo aller Zeiten mit 20, Nanjing 2009, hat die letze Zeit alle Superturniere gewonnen, in denen er mitgespielt hat soweit ich weiß (Ausnahme Tata dieses Jahr, Amber ok, in den Blindpartien hat ers halt versemmelt, im Schnellschach hat er die Weltelite nass gemacht :D ) etc etcIch persönlich finde das alles in allem einfach nur saustark, ein Vergleich mit Kasparov (so unterschiedliche Spielertypen sie auch sein mögen) erscheint mir persönlich mehr als angebracht

Beitrag von Fast_IM

[QUOTE=Everio;837]Ich muss sagen ich halte von Carlsen nicht viel. Er ist zwar einer der dominierenden Personen, aber in 10 Jahren wird er sich meiner Meinung nach immer noch bei 2820 aufhalten, da er ja das WM Sytem ändern will.Kasparow ist immer noch der Schachspieler, den ich bis heute für den besten halte.[/QUOTE]Was hat denn das WM-System mit der eigenen Elo-Zahl zu tun? :DCarlsen kann sich in Sachen Eröffnungsvorbereitung noch deutlich verbessern. Gegenüber Anand liegt er da noch weit zurück. Oder sogar Kramnik. Vergiss Kramnik nicht. Der lässt seinen Rechner immer durchlaufen. Hat anscheinend auch einen guten Rechner. :D

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Everio;860]Ich denke man muss sehen wie er sich entwickeln wird, weil wenn er in 10 Jahren immernoch auf der Zahl steht wie jetzt dann wird keiner mehr von ihm sprechen. Vielleicht spricht man von Ilja Nyzhnyk... Wer weiß...[/QUOTE]Also von Carlsen wird die Schachwelt immer sprechen. Der ist schon ein Phänomen, noch dazu ohne die riesengroße schachliche Infrastruktur im Rücken. In 10 Jahren immer noch über 2800 das ist trotz "Inflation" bestimmt noch Weltklasse, wenn nicht sogar Spitze.Wenn er aber nicht mit Tarrasch, Rubinstein und Keres (teilweise Opfer der äußeren Umstände) in einer Reihe stehen will, dann sollte er sich nicht darauf verlassen, daß der WM-Titel und die damit verbundene Anerkennung ein logischer Verlauf ist.Tatsächlich können ganz schnell andereTalente auftauchen, sind schon da (Karjakin, Giri, Vachier-Lagrave, Caruana, einer von 4 Chinesen oder Chinesinnen, vllt. sogar Naka) oder haben noch nicht zugeschlagen (Aronjan!).Ich denke, die Altstars werden tatsächlich in den nächsten 4-5 Jahren in der Rangliste etwas tiefer angesiedelt sein.Aber mal sehen, gelernt ist gelernt.Worauf Carlsen auch dringend verzichten sollte, ist das, was man auf diesem Video deutlich sieht (ca. 7:30 min):[url]http://www.youtube.com/watch?v=WeyXKTVYenA[/url]Berührt, geführt nicht eingehalten und dann noch beleidigt ohne handshake abgehauen.So etwas geht nun mal gar nicht und wenn man an der Spitze steht, ist es oberpeinlich und kostet viel Sympathien!

Beitrag von Fast_IM

[QUOTE=zugzwang;895]Worauf Carlsen auch dringend verzichten sollte, ist das, was man auf diesem Video deutlich sieht (ca. 7:30 min):[url]http://www.youtube.com/watch?v=WeyXKTVYenA[/url]Berührt, geführt nicht eingehalten und dann noch beleidigt ohne handshake abgehauen.So etwas geht nun mal gar nicht und wenn man an der Spitze steht, ist es oberpeinlich und kostet viel Sympathien![/QUOTE]Macht der gute Gary Kasparov doch auch nicht viel anders. Oder wie war das damals bei Judit Polgar? :DIch persönlich kann die besondere Behandlung von Frauen während der Partie ja schon irgendwie nachvollziehen. Frauen haben ja leider keine Ahnung von Schach. Es tut mir wirklich leid, das sagen zu müssen, aber so ist es nun mal. Eine der wenigen Ausnahmen bei den Frauen ist Lieschen Pähtz, bei ihr benehmen sich alle. :zufrieden:

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=zugzwang;895]Also von Carlsen wird die Schachwelt immer sprechen. Der ist schon ein Phänomen, noch dazu ohne die riesengroße schachliche Infrastruktur im Rücken. [/QUOTE]Ja, das stimmt schon. Zudem kommt Magnus aus einem Kulturkreis, wo es nicht üblich ist, Kinder einseitig für etwas zu trimmen wie bspw. in Rußland und China. Auch Magnus´ Eltern haben ihn ja zu nichts gezwungen. Mit 5 das Interesse aufgegeben und dann erst mit 9 wieder richtig damit angefangen, kann man Magnus sogar in Relation zu seinen GM-Kollegen als Spätzünder betrachten.

Beitrag von Kiffing

Wenn ich Garri Kasparov, von dem hier viel die Rede war, etwa mit seinem jahrzehntelangen Rivalen Anatoli Karpov vergleiche, dann muß ich sagen, habe ich mir die Partien von Karpov immer viel lieber angeschaut. Diese Aussage ist jetzt nicht gegen Kasparov gerichtet. Im Gegenteil, sie ist ein Qualitätssiegel für ihn. Denn Kasparov, der einen erstaunlich konkreten Zugang zum Schach hat und sich um traditionelle Regeln wenig schert, spielte oft so kompliziert, daß ich Schwierigkeiten habe, seinen Partien zu folgen, was mir auch nicht immer gelang. Karpov dagegen mit seinen logischen Zügen, seiner kristallklaren Strategie und seinem feinen Positionsspiel fiel mir als Konsument immer leichter, genauso wie übrigens Paul Morphy.

Beitrag von Mattmonster

Fischer!!!

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Kiffing;1005]... Karpov dagegen mit seinen logischen Zügen, seiner kristallklaren Strategie und seinem feinen Positionsspiel fiel mir als Konsument immer leichter, genauso wie übrigens Paul Morphy.[/QUOTE]Das kann ich, Kiffing, so nicht nachvollziehen.Karpov war zu meiner Jugendzeit auch mein Schachidol, weil er der junge, spielende Weltmeister war und eines meiner ersten Schachbücher nach den Anfängerbüchern eben der Rororo-Band "Schach mit Karpov" mit seiner Biografie und einigen wenigen Partien war.Neben seinen nachvollziehbareren Partien gibt es auch viele Partien - geradezu ein Kennzeichen von ihm -, in denen weder sein Gegner noch die Kommentatoren genau angeben konnten, warum und wo karpov eigentlich gewann. Und Karpov selbst hat mit seinen spärlichen Erläuterungen zur Zeit, als er Weltmeister war, auch nicht zur Erhellung groß beigetragen.Eine Lieblingspartie Karpovs, sein Sieg im Aljechin-Gedenkturnier 1971 in Moskau gegen Hort, ist wohl nur für Meister verständlich. von der begeisterung Karpovs in der Erläuterung seiner Turmmanöver habe ich bis heute nur Bahnhof verstanden.Okay:denknach:, ich werde mir die Partie mal wieder anschauen, in der Hoffnung sie ähnlich kristallklar verständlich zu empfinden, wie es Dir bei Karpovpartien anscheinend gelingt.:v:

Beitrag von Kiffing

Ist ja nur mein subjektiver Eindruck, daß mir Karpovpartien leichter fallen als Kasparov-Partien. Hängt wahrscheinlich nicht nur mit der Spielstärke, sondern auch mit dem Stil zusammen.

Beitrag von MagnusFTW

Karpov ist halt mehr die Würgeschlange, die den Gegner langsam erwürgt :D Kasparov mehr der Tiger, der die Beute gleich zerfleischt :DDas man Karpovs Partien eher verstehen kann/soll wie Kasparovs, finde ich generell eher weniger

Beitrag von zugzwang

Kasparovs Partien kann mman mit vielen, komplizierten Varianten "greifen".Etliche Karpov-Partien entziehen sich der Variantenbewertung und auch mit Strategiegrundsätzen fällt es schwer, zu erkennen welche Fortschritte in den Lavierphasen erreicht wurden und warum die Gegner letztlich erwürgt zusammenbrachen.Vielleicht ist es wirklich so, daß Karpov sie einfach müde spielte, indem er klitzkleine Vorteile sammelte, Problemchen stellte und die Partie am Leben hielt.Es gibt natürlich auch andere, ganz glasklare und äußerst kraftvolle Karpovpartien. Er ist aber der große Meister der Ausnutzung gegnerischer schachlicher und außerschachlicher Schwächen, während Kasparov mit seiner kraftvollen Partieführung die Gegner zu Fehlern zwang und hoffentlich bald mal wieder zwingt!

Beitrag von Mattmonster

[QUOTE=MagnusFTW;1030]Karpov ist halt mehr die Würgeschlange, die den Gegner langsam erwürgt :D Kasparov mehr der Tiger, der die Beute gleich zerfleischt :DDas man Karpovs Partien eher verstehen kann/soll wie Kasparovs, finde ich generell eher weniger[/QUOTE]bis die würgeschlange mit würgen fertig ist wäre ich verhunger!!:P:P:P:P

Beitrag von Kiffing

Schach ist ja auch ein Geduldsspiel. :kaffeetrink:

Beitrag von Moremover

... bei monatlicher oder jährlicher Betrachtung könnte man meinen es war FISCHER:app: : [url]http://chessmetrics.com/cm/CM2/MonthlyLists.asp?Params=1840AASSSSS1S000000000000111000000000000010100[/url][url]http://chessmetrics.com/cm/CM2/PeakList.asp?Params=1840AASSSSS1S000000000000111000000000000010100[/url]... bei 2-,3-,4-,5-,10-,15- oder 20-jähriger Betrachtung könnte man meinen es war KASPAROV:app: :[url]http://chessmetrics.com/cm/CM2/PeakList.asp?Params=1840AASSSSS2S000000000000111000000000000010100[/url]... wenn man zusätzlich die Qualität der SchachKOMPOSITIONEN:lach: mit einbezieht könnte man meinen es war BOTVINNIK:app:... und wenn man die Partien mit Hilfe von generierten Datenbanken auf die Anzahl von schwächeren Zügen analysiert und dabei die jeweilige Zeit berücksichtigt könnte man meinen es war MORPHY:app:...hier bin ich ratlos :ratlos: und kann mich für keinen der obigen 4 entscheiden...aber warum auch ? Sie waren ALLE 4:app: "in ihrem Bereich und auf ihre Art" die Besten.Grüße vom Moremover

Beitrag von Mattmonster

[QUOTE=Moremover;8329]... bei monatlicher oder jährlicher Betrachtung könnte man meinen es war FISCHER:app: : [url]http://chessmetrics.com/cm/CM2/MonthlyLists.asp?Params=1840AASSSSS1S000000000000111000000000000010100[/url][url]http://chessmetrics.com/cm/CM2/PeakList.asp?Params=1840AASSSSS1S000000000000111000000000000010100[/url]... bei 2-,3-,4-,5-,10-,15- oder 20-jähriger Betrachtung könnte man meinen es war KASPAROV:app: :[url]http://chessmetrics.com/cm/CM2/PeakList.asp?Params=1840AASSSSS2S000000000000111000000000000010100[/url]... wenn man zusätzlich die Qualität der SchachKOMPOSITIONEN:lach: mit einbezieht könnte man meinen es war BOTVINNIK:app:... und wenn man die Partien mit Hilfe von generierten Datenbanken auf die Anzahl von schwächeren Zügen analysiert und dabei die jeweilige Zeit berücksichtigt könnte man meinen es war MORPHY:app:...hier bin ich ratlos :ratlos: und kann mich für keinen der obigen 4 entscheiden...aber warum auch ? Sie waren ALLE 4:app: "in ihrem Bereich und auf ihre Art" die Besten.Grüße vom Moremover[/QUOTE]:app:top antwort :app: ich denke also bin ich und sage fischer ist 0,1% besser als die anderen warum weil ich das denke!!:verschmitzt:

Beitrag von Kiffing

Die historischen Elo-Zahlen sind schon eine tolle Sache. Danke an Moremover für die detaillierten Statistiken! :top:Gegen Michail Botwinnik spricht vielleicht, daß er - gemessen am WM-Niveau, versteht sich - Schwächen im intuitiven Bereich hatte und in seinen zahlreichen WM-Duellen gegen seine Gegner stets die erste Partie verlor. Dann erst konnte er sich auf seine Gegner einstellen, das aber verblüffend gut. Am begabtesten waren vermutlich Morphy und Capablanca.

Beitrag von zugzwang

Hier ist ein Video aus guten alten Schachzeiten - quasi schwarz-weiß und noch mit bewährter Garde-Uhr.Der stärkste Spieler aller Zeiten "rutscht" bei 2:27 min auf die Bühne und stürzt fast. Das war anscheinend ein schlechtes Omen für die Partie, die er trotz optimal gespielter Kiffing-Allwetter-Schwarz-Weiß-Universal-Eröffnung gegen das damals rank und schlanke englische Ex-Wunderkind noch verlor, weil er in der Schnellpartie einen kleinen Trick übersah.[video=youtube;jvjcrfs-Uk8]http://www.youtube.com/watch?v=jvjcrfs-Uk8[/video]Zum Schluß wird auch wieder typischerweise die abgelegte Armbanduhr übergestreift.ansonsten sind auch ganz nett die Emotionen zu beobachten, als Kasparov sah, was er nicht mehr vermeiden konnte.Die Partie wird hier besprochen:[url]http://www.chessgames.com/perl/chessgame?gid=1070266[/url][Event "Rapid Match"][Site "London"][Date "1987.??.??"][Round "6"][White "Nigel Short"][Black "Garry Kasparov"][Result "1-0"][ECO "B90"]1. e4 c5 2. Nf3 d6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 a6 6. Be3 e6 7. f3 Nbd7 8. g4h6 9. h4 Ne5 10. Rg1 Qb6 11. Qc1 d5 12. Be2 dxe4 13. Nxe4 Nxe4 14. fxe4 Be7 15.Rh1 Bd7 16. c3 Qc7 17. Bf2 b5 18. Qc2 Nc4 19. Bxc4 Qxc4 20. b3 Qc7 21. O-O-O O-O 22. Kb1 a5 23. g5 h5 24. Rhg1 a4 25. b4 Rac8 26. Rd3 g6 27. Bg3 Qb7 28. Qe2 Rc4 29. Be5 Rfc8 30. Qe3 Bc6 31. Re1 a3 32. Qf4 Be8 33. Nb3 Qc6 34. Na5 Rxb4+ 35. Ka1 Qc5 36. cxb4 Qxb4 37. Qd2 Rc2 38. Qxb4 Bxb4 39. Rd8 f6 40. Rf1 fxe5 41. Rxe8+ Kg7 42. Nb3 Bc3+ 43. Kb1 Rb2+ 44. Kc1 Rxb3 45. Kc2 1-0 Für Leute mit viel (frei)Zeit: [url]http://www.youtube.com/watch?v=FVcpelqT_Dw[/url]

Beitrag von Daniel72

Für mich ist Anatoly Karpov der beste Spieler aller Zeiten.Ok, ich bin befangen als Karpov-Fan :) aber es sprechen auch sehr viele Fakten dafür. Z.B.:Er hat so an die 170 bedeutende Turniere mit dem 1. Platz abgeschlossen. Da kommt selbst Garri nicht heran.Karpov gewann als Weltmeister u.a. 9 (!!) Turniere hintereinander. Er siegte außerdem in 28 von 34 Major Turnieren von 1975-1984.Karpov hat in der "Neuzeit" mit seinem Sieg in Linares 1994 (11 aus 13) einen Performancerekord von über Elo 3000 aufgestellt.Er deklassierte dabei Kasparov, Anand, Shirov, Bareev, Kramnik, Lautier, Kamsky, Topalov, Ivanchuk, Gelfand, Illescas, Judit Polgar und BeljavskyGegen den ungefähr gleichstarken Kasparov hatte er einige Male etwas Pech, so ging eine letzte Partie in einem Wettkampf verloren, in der Anatoly nur ein Remis mit Weiß brauchte, und Garri kam noch einmal mit einem 12:12 davon. Vorher hatte Karpov auch schon 5:0 in ihrem ersten Wettkampf geführt, der später abgebrochen wurde. Auch die anderen Wettkämpfe waren alle sehr knapp.Mit den neuzeitlichen WM-Siegen gegen Timman, Kamsky und Anand war Anatoly Karpov sagenhafte 6 mal Weltmeister !

Beitrag von Kiffing

[QUOTE=Daniel72;20962]Gegen den ungefähr gleichstarken Kasparov hatte er einige Male etwas Pech, so ging eine letzte Partie in einem Wettkampf verloren, in der Anatoly nur ein Remis mit Weiß brauchte, und Garri kam noch einmal mit einem 12:12 davon. Vorher hatte Karpov auch schon 5:0 in ihrem ersten Wettkampf geführt, der später angebrochen wurde. Auch die anderen Wettkämpfe waren alle sehr knapp. [/QUOTE]Das stimmt, und weil er in so vielen Begegnungen mit Kasparov oft so unglücklich verlor, haftet ihm für ewig das Image an, von Kasparov 1985 dauerhaft überholt worden zu sein. Allerdings geschahen diese Niederlagen nicht zufällig. Kasparov hat mehrmals darauf hingewiesen, daß er Nervenschwäche für eine der zentraken Schwächen Karpovs halte, hier war er Kasparov unterlegen, der wirklich Nerven aus Stahl hatte.Symptomatisch hierfür auch Karpovs [URL="http://www.schachburg.de/threads/793-Karpovs-Drama-von-Rotterdam?highlight=Drama+Karpovs"]Drama von Rotterdam[/URL] im World Cup 1988/89. Der damalige World Cup, eine Veranstaltung von Kasparovs GMA, besaß dabei keinerlei Qualifikationswirkung wie heute, sondern fungierte als eigenständige Turnierserie, war allerdings ungeheuer prestigeträchtig.

Beitrag von zugzwang

Karpov war auch der Weltmeister meiner "Anfänge"und ich habe damals nicht verstanden, weshalb einige Leute an seinem Stil herummäkelten.Es gab, bis Kasparov kam, keinen Spieler, der eine ähnliche Anzahl hochklassiger Partie"inhalte" und Turnierergebnisse vorzuweisen hatte.Bobby Fischer spielte ja nicht mehr und war für die Schachneulinge nur noch ein Geist, während Karpov präsent war.Ein paar Anmerkungen: [QUOTE=Daniel72;20962]...Karpov hat in der "Neuzeit" mit seinem Sieg in Linares 1994 (11 aus 13) einen Performancerekord von über Elo 3000 aufgestellt.Er deklassierte dabei Kasparov, Anand, Shirov, Bareev, Kramnik, Lautier, Kamsky, Topalov, Ivanchuk, Gelfand, Illescas, Judit Polgar und Beljavsky...[/QUOTE]Ähnlich wie Fischers Gewinnserie 1970/71 überdecken die reinen Zahlen die Inhalte.Fischers Serie enthielt einige Partien, in denen seine Gegner erstaunliche Fehler begingen (Geller IZT, Taimanov CM) bzw. durch den Wettkampfstand "gezwungen" wurden (Larsen).Karpovs Performancerekord wird begleitet z.B. von Bareevs "Selbstmatt" in der Anfangsphase des Turniers und ich glaube es gab noch eine andere Hilfestellung der einfacheren Art.Derartige Serien oder Superergebnisse gehen also häufiger mit ungewöhnlichen Vorkommnissen einher.Vielleicht ist Topalovs 6,5 aus 7 mit verpaßtem Gewinn gegen Vishy aus dem WM-Turnier 2005 "schachinhaltlich" die bisher beeindruckendste Serie gegen stärkste Gegnerschaft!?[QUOTE=Daniel72;20962]...Gegen den ungefähr gleichstarken Kasparov hatte er einige Male etwas Pech, so ging eine letzte Partie in einem Wettkampf verloren, in der Anatoly nur ein Remis mit Weiß brauchte, und Garri kam noch einmal mit einem 12:12 davon. Vorher hatte Karpov auch schon 5:0 in ihrem ersten Wettkampf geführt, der später abgebrochen wurde. Auch die anderen Wettkämpfe waren alle sehr knapp...[/QUOTE]In der 24. Partie von Sevilla 1987 spielte Tolya mit Schwarz und konnte in Zeitnot die Remischance, die ein Fehler Kasparovs ihm ermöglichte, nicht ergreifen.Die Wettkämpfe waren knapp, aber ingesamt muß ich eingestehen, daß Kasparov gegenüber Karpov eben doch += ist und für immer bleibt.@Kiffing: Die "Nervenschwäche" von Karpov ist sehr relativ und auf höchstem Niveau.Eigentlich konnten nur Kasparov und fast Korchnoi diese ausnutzen. Die Niederlage gegen Short war eher eine einmalige Formkrise.Gegenüber allen anderen Weltklassespielern schien mir Karpov gerade nervlich Oberwasser zu besitzen.

Beitrag von Qf3

Auf die Frage nach dem stärksten Spieler gibt es für mich nur eine Antwort: FischerFischer war zu seiner Zeit der stärkste Spieler und absolut dominant.Im KandidatenTurnier schlug er den Taimanow und danach Bent Larsen mit jeweils 6-0.Er hatte eine Serie von 20 Siegen in Folge. Also nicht wie heute oft gezählt wird: soundsoviel Spiele nicht verloren, sondern Siege.Wie Fischer schon selbst sagte: Spieler, die gegen ihn verloren haben, hatten immer irgendwelche Ausreden.Solche Serien sollten nun auch nicht überbewertet werden, aber es gab keinen Spieler, der (in einem über mehrere Partien dauerndem Match) gegen Fischer hätte gewinnen können.Fischer war auch nicht nur absolut dominant, er war sich seiner Stärke auch bewusst und verkörperte die Dominanz.Vor dem WM-Match gegen Spasski hat Fischer in 5 vorausgegangenen Partien noch keinen Sieg erlangt. Trotzdem hat er sich hingestellt und gesagt, dass er Welmeister werde und Spasski keine Chance hätte. Das ist umso höher zu bewerten, als dass Fischer zu dem Zeitpunkt noch keine Erfahrung als Weltmeister hatte.Unvorstellbar, dass Carlsen vor seinem WM-Match gegen Anand gesagt hätte: Anand? Seine Zeit ist abgelaufen.Egal ob Carlsen oder irgendjemand sonst, heute heißt es immer: ja, extrem starker Gegner, wird ein hartes Match etc. Das übliche Geschwafel. Die Pressekonferenzen sind i.d.R. sowas von langweilig, weil man die Phrasen vorher schon kennt.Fischer hat sich halt hingestellt und gesagt, dass er gewinnt. Und hat es dann auch noch. Selbst heute noch inspiriert Fischer Menschen. Undzwar gar nicht mal mehr so vom konkreten Spielstil, sondern im Bezug auf schachliches Selbstvertrauen, Siegeswillen. Immer wieder gibt es Bezug zu Fischer; lassen sich Leute von Fischers Geist anstecken.Seine Fischer-Bedenkzeit (also Zeitgutschrift für jeden Zug) wird heute auf fast jedem besser organisiertemTurnier (elektr. Uhren) angewandt.Ich bin absolut kein Freund von Fischer-Random (960) Schach. Trotzdem eine weitere Erfindung Fischers, die noch heute Auswirkungen hat und als Notausgang für den Fall zu großer Remis-Breite angesehen wird. Seine Stärke kam auch außerhalb des Schachbretts zur Geltung. Er hat sich den Vorgaben der FIDE nicht gebeugt, sondern selbst eigene Forderungen durchgesetzt. Unbestreitbar, dass heute noch Schachspieler von seinem Vorpreschen profitieren.Trotz seiner auch finanziellen Forderungen war Geld nie seine einzige Motivation. Lukrative Werbeangebote hat er abgelehnt, weil er nicht für Produkte werben wollte, die er nicht kannte oder die er als Schrott angesehen hat.Letztlich ist es immer persönliche Ansichtssache. Aber für mich ragt Fischer über alle anderen Schachspieler heraus.

Beitrag von Babylonia

Emanuel LaskerVor allem schon durch meine fast 20-jährige Schachpause bin ich weniger qualifiziert, hier einen Spieler vorzuschlagen. Während dieser Schachpause habe ich gar nichts über Schach gelesen. Ohne nähere Kenntnisse über den Spielstil von Emanuel Lasker zu haben, würde ich sagen, dass es mir sehr imponiert, dass er sich 27 ganze Jahre als Schachweltmeister halten konnte. Außerdem war er eine Persönlichkeit, die man auf Englisch als "polymath" bezeichnen würde, er brachte in verschiedenen Bereichen über das Schach hinaus außergewöhnliche Leistungen. Babylonia

Beitrag von Kiffing

@Qf3: Was den Siegeswillen angeht, so hat Fischer diesen sicher nicht für sich gepachtet, und bereits vor Fischer gab es Spieler wie Aljechin oder Boguljubov, die dieser unbedingte Siegeswillen auszeichnete. Fischers Siegesserie bei seinem Sturm auf Reykjavik ist sicherlich legendär. Was allerdings gegen Fischer spricht, ist die Tatsache, daß er nach seinem Triumph in Reykjavik diese Leistung nicht mehr unter Beweis gestellt hat, wie sein Nachfolger Karpov 1975 kommentierte: ein Spieler, der nicht mehr spielt, kann auch nicht mehr verlieren, Fischers Nimbus also blieb. Garri Kasparov ist der Auffassung, daß Fischer eben aus der Angst heraus zu verlieren seine Schachkarriere an den Nagel gehangen hat. Er sagt, Fischer habe kurz vor und kurz nach dem Beginn der WM diese fast platzen lassen aus dem gleichen Grund heraus, schließlich war Spasski bis dato sein Angstgegner gewesen, der ihn dreimal zuvor bezwungen hatte, während ihm selbst kein einziger Sieg gegen Spasski gelungen war. Es habe erst massiver Überredungskunst bedurft, um den in Reykjavik überaus nervösen Fischer zum Weiterspielen zu bewegen. Für mich ist deshalb die Bewunderung für Spieler größer, die solche Leistungen, wie sie Fischer in einem kurzen Zeitraum gezeigt hatte, über viele Jahre hinweg zeigten.@Babylonia: Lasker ist in vielerlei Hinsicht eine bewunderungswürdige Person. Seine Eröffnungsbehandlung war allerdings in Relation zu seiner Spielstärke eine Katastrophe. Lasker ging davon aus, wer das Wesen des Schachs verstünde, der finde auch durch eigenes Überlegen am Anfang der Partie die richtigen Züge. Aus heutiger Sicht ist diese Einschätzung natürlich sehr gewagt. Start- und Zielsiege vergleichbarer Spitzenspieler muß man bei Lasker mit der Lupe suchen, er hatte andere Stärken.

Beitrag von Qf3

[QUOTE=Kiffing;26565]@Qf3: Was den Siegeswillen angeht, so hat Fischer diesen sicher nicht für sich gepachtet, und bereits vor Fischer gab es Spieler wie Aljechin oder Boguljubov, die dieser unbedingte Siegeswillen auszeichnete.[/QUOTE]So gesehen hat natürlich kein Schachspieler irgendein Alleinstellungsmerkmal. Egal ob es um Kombinationsgabe, Verteidigungskünste, neue Errungenschaften oder sonstwas geht. Es gibt immer auch andere Schachspieler, die in dem betreffenden Bereich ebenfalls stark sind oder waren. Fischer ragte in Bezug auf Siegeswillen und auch in anderen Bereichen m.E. aber heraus.[QUOTE=Kiffing;26565]Für mich ist deshalb die Bewunderung für Spieler größer, die solche Leistungen, wie sie Fischer in einem kurzen Zeitraum gezeigt hatte, über viele Jahre hinweg zeigten.[/QUOTE]So kurz war seine Zeit gar nicht. Bereits 1956 gewinnt er mit 13 Jahren gegen Donald Byrne in einer Partie, die als Partie des Jahrhunderts bekannt werden sollte. 1958 gewinnt er erstmals die offene US-Meisterschaft und wird dadurch mit 14 Jahren der jüngste US-Meister der Geschichte. Mit 15 Jahren wird er der bis dahin jüngste Großmeister. Danach folgen internationale Erfolge in der bis dato komplett russisch dominierten Schachwelt, bis zum WM-Sieg 1972. In dieser Zeit hat Fischer das Schach mehr geprägt und Menschen beeinflusst als irgendein anderer Spieler. Meiner Meinung nach.[QUOTE=Kiffing;26565]Garri Kasparov ist der Auffassung, daß Fischer eben aus der Angst heraus zu verlieren seine Schachkarriere an den Nagel gehangen hat. Er sagt, Fischer habe kurz vor und kurz nach dem Beginn der WM diese fast platzen lassen aus dem gleichen Grund heraus, schließlich war Spasski bis dato sein Angstgegner gewesen, der ihn dreimal zuvor bezwungen hatte, während ihm selbst kein einziger Sieg gegen Spasski gelungen war.[/QUOTE]Gegen Spasski konnte er vor dem WM-Match keine der 5 Partien gewinnen. Aber gerade das zeichnet Fischer ja aus, dass er eben nicht verängstigt in den WM-Kampf reinging, sondern trotz negativem Score von sich überzeugt war. In Fischers Aussagen ist nichts von Angstgegner zu hören und wenn man seine Partien anguckt, ist da auch nichts von ängstlicher Spielweise zu erkennen. Ganz im Gegenteil. Fischer selbst sagte vor dem WM-Kampf in Bezug auf Spassky:"I have a minus score. I lost 3 and drew 2. I was better than him when I lost those games. I pressed for the win. My overall tournament record is much better than his. Im not afraid of him, hes afraid of me."Das Ergebnis des WM-Matches gab Fischer Recht.Ob er den WM-Kampf von 1972 aus Angst vor einer Niederlage platzen lassen wollte, darf daher bezweifelt werden.Bereits 1967 hat er beispielsweise das Interzonenturnier in Sousse abgebrochen. 1969/70 weigerte er sich an der US-Meisterschaft teilzunehmen. Aber sicherlich nicht aus Angst. Die US-Meisterschaft hat er bis dahin bei jeder seiner Teilnahmen insgesamt 8 mal gewonnen. In Sousse ging es wohl um Streitigkeiten bezüglich des Zeitplans und der Weigerung Fischers eine Erklärung zu unterschreiben und bei der US-Meisterschaft beharrte Fischer auf seiner Forderung nach Doppelrunden, der nicht stattgegeben wurde. Beim WM-Kampf 1972 als auch später für den WM-Kampf 1975 hat er in alter Manier eben wieder seine Forderungen gestellt. 1972 wurden sie noch akzeptiert, 1975 dann abgelehnt.Jeder hat seine eigenen Präferenzen und kann halt seinen eigenen Favouriten wählen. Für mich bleibt es unbestritten Fischer.

Beitrag von blunder1

Ich schließe mich Kiffings Wahl der Kriterien an, die er in dem Thema angibt: • Dominanz (wobei auch die Länge derselben eine große Rolle spielt) • Originalitätund möchte Euch meine Top-9 in aufsteigender Reihenfolge vorstellen, wobei ich auch Handicaps (in meinen Augen) aufzählen will.9. Platz: José Raúl CapablancaDer dritte Schachweltmeister (1921-27) gehört zu den talentiertesten Spielern aller Zeiten: ein Schachwunderkind, dem das Spiel unglaublich leicht viel, das Schach „fühlte“ und nur sehr schwer zu schlagen war.Handicap: Er hat nichts originelles eingeführt, sondern in seinen besten Partien das damals praktizierte Schach wunderbar „zelebriert“.Seine größte Schwäche war, dass er zu wenig aus seinen Fähigkeiten gemacht hat. Er verließ sich von 1921 bis 1927 nur auf sein gewaltiges Talent, spielte zu wenig und wurde immer nachlässiger, ja regelrecht faul, in der Variantenberechnung und Chancenverwertung. Seine Niederlage in dem WM-Wettkampf 1927 gegen Aljechin halte ich für die dümmste und vermeidbarste der Schachgeschichte. Capablanca hat alles falsch gemacht: Selbstüberschätzung, null Vorbereitung, unprofessionelle Herangehensweise, katastrophale Chancenverwertung (er spielte deutlich mehr Gewinnstellungen heraus, doch ließ er seinen Gegner immer wieder entschlüpfen).Zwar kann man Capablanca zugute halten, dass er seine Lehren aus dieser Niederlage zog und anfing, Schach ernster zu nehmen, und man kann ihm nur bedingt vorwerfen, dass ihm Aljechin systematisch ausweichen konnte („bedingt“, weil Capablanca selber mit dem Londoner Abkommen 1922 die erste große Hürde für Herausforderer aufgebaut hatte), doch wenn er mehr aus seinem Talent gemacht hätte, würde er in meiner Rangliste deutlich weiter oben stehen.8. Platz: Paul MorphyEr spielte alles in Grund und Boden (Dominanz) und führte ein neues, stark verbessertes Positionsspiel (Originalität) ein. Ich glaube nicht, dass er Anderssen taktisch überlegen war (wer war das schon?), doch antwortete dieser nach seiner hohen Niederlage in dem Wettkampf 1858 (+2, =2, -7) auf die Frage, warum er denn nicht kombiniert hätte: „Morphy lässt mich nicht.“Handicap: Morphys Siegeszug währte nur 2 Jahre, dann verschwand er für immer aus der Schachwelt.7. Platz: Wilhelm SteinitzEr galt von 1866 bis 1894 als der stärkste Spieler der Welt und wurde 1886 der erste offizielle Schachweltmeister. Vor allem in Wettkämpfen war er eine Naturgewalt, z. B. in seinem Match 1876 gegen Blackburne, der damals als der zweitstärkste Spieler der Welt angesehen wurde und von Steinitz mit +0, =0, -7 vom Brett gefegt wurde. Dieser Wettkampf ist Teil eines Rekords, der seitdem nicht überboten worden ist: 25 Siege in Folge, ohne ein einziges Remis.Originalität: Seine revolutionäre Positionslehre stellte einen Quantensprung für das Schach dar. Ich halte Steinitz für den wichtigsten und einflussreichsten Denker der Schachgeschichte und sein Erbe ist immer noch allgegenwärtig.Handicap: Er war ein Pionier und – wie alle Pioniere – hatte er Tendenz, seine Ideen zu sehr „beweisen“ zu wollen. In Turnieren wäre er noch erfolgreicher gewesen, wenn er nicht unbedingt die Korrektheit des sehr zweifelhaften Steinitz-Gambits hätte demonstrieren wollen, was zu schweren Niederlagen führte. Seine Prinzipienfestigkeit (Sturheit?) hat ihn zahlreiche Punkte gekostet. Außerdem spielte er recht wenig, wobei man allerdings seine gesundheitlichen Probleme berücksichtigen muss.6. Platz: Mikhail BotwinnikBotwinnik war in seinen besten Schachjahren (Ende der 30er, 40er) mit Abstand der beste Spieler der Welt, hatte allerdings das Pech, dass der 2. Weltkrieg in diese Epoche fällt. Danach wurde es zwar vom Alter (*1911) her schwieriger und er dominierte nicht mehr, doch gehörte er noch bis zu seinem Karriereende 1970 zu den stärksten Spielern der Welt, obwohl er als Wissenschaftler nur Halbprofi war.Originalität: Er hat nicht nur die Kunst der Analyse vorangebracht, sondern auch die Eröffnungsvorbereitung revolutioniert, vor allem mit den schwarzen Steinen. Vor Botwinnik versuchte man mit Schwarz auszugleichen, er spielte als Nachziehender resolut auf Gewinn, strebte nach komplexeren Stellungen mit Ungleichgewichten und war dabei sehr erfolgreich.Handicap: Er glänzte im aktiven Positionsspiel und im Endspiel, doch hat er selber sein mangelndes kombinatorisches Sehvermögen kritisiert und zeigte eine gewisse, natürlich nur sehr relative, Einseitigkeit. Gegen Spieler, die ein „anderes“ Schach als er spielten, wie z.B. Reschewsky, Bronstein, Tal und Petrosjan, war er anfälliger.5. Platz: Robert James FischerSeine Dominanz 1970-72 gegenüber einer – verglichen mit Steinitz Epoche - deutlich breiter gewordenen Weltspitze war erdrückend.Originalität: Sein Spiel war in der Zeit fast makellos, doch es enthielt keine wirklich neuen Elemente; allerdings hat Fischer die Qualität der Eröffnungsvorbereitung weiter gesteigert. Warum heißen die Sosin-Variante und die Vergiftete-Bauern-Variante in der Sizilianischen Verteidigung eigentlich nicht „Fischer-Variante“?Handicap: Seine Dominanz war ähnlich kurz wie die von Morphy. Zwar gehörte er in den 60ern zu den stärksten Spielern der Welt, doch glaube ich, dass ihm Spassky bis 1970 überlegen war. Ich habe mich nie des Eindrucks erwehren können, dass Fischer dies wusste und dass dies der Grund war, weswegen sich Fischer 1967 bei dem Interzonenturnier in Sousse selber aus dem Rennen genommen hat; er war noch nicht soweit.1969 bestritt Fischer nur eine ernste Partie und muss sehr hart an seinem Schach gearbeitet haben, um dann 1970 stärker als je zuvor aus der Versenkung zu erscheinen. Zwar konnte Spassky seinen Ansturm auf der Schacholympiade 1970 in Siegen noch einmal bremsen, doch dann gab es kein Halten mehr. Allerdings beendete er seine Karriere bereits 1972 (ich zähle den Rückkampf 1992 nicht wirklich).3.-4. Platz: Anatoli Karpow und Magnus CarlsenWeltmeister, 10 Jahre Nummer 1 (in Carlsens Fall fast, aber er ist ja erst 28 und hat noch viel Luft nach oben), zahlreiche Turniersiege...ihre Stärke/Dominanz ist offensichtlich. Karpow musste dann Kasparow den Vortritt lassen, konnte diesen bei ihren WM-Wettkämpfen aber wirklich gefährden (vor allem Sevilla 1987) und war immer noch zu Höchstleistungen fähig (besonders Linares 1994).Originalität: Wirklich Neues haben die beiden nicht beigetragen, aber das ist im modernen Schach, das (u.a. wegen der EDV-Unterstützung) immer schwieriger zu „erneuern“/erweitern ist, auch immer unwahrscheinlicher.Karpow erinnert mich in seinen besten Partien an Capablanca, Carlsen erinnert sehr an... s. meine Nummer 1.Handicap: Karpow war nicht so gut/fleißig in der Eröffnungsvorbereitung wie Kasparow, was ihm besonders 1985 zum Verhängnis wurde, und er war nicht so gut in Sizilianischen Stellungen (1985 entscheidend); allerdings konnte er dies leicht umgehen, indem er dann fast ausschließlich 1.d4 spielte, was ihm besser lag.Bei Carlsen kann ich keine Schwäche erkennen und er klettert in meiner Rangliste immer weiter nach oben. Wenn man wirklich ein Haar in der Suppe finden will, dann die Tatsache, dass er Caruana 2018 in den Eröffnungen unterlegen war. Allerdings hat Carlsen seine Lehren aus dem Match gezogen und sein Schach verbessert, s. seine unglaubliche Bilanz seit dem Wettkampf. Er könnte meine Nummer 1 werden, doch das wird die Zukunft zeigen.2. Platz: Garri Kasparow15 Jahre Weltmeister, 20 Jahre Weltranglistenerster, überlegene Turniersiege en masse (er hat zwar insgesamt gesehen weniger Turniere als Karpow gewonnen, aber dafür mehr „Superturniere“), ein Schach, das alles enthielt... das „Biest von Baku“ war ein Phänomen.Originalität: Er hat ein neues Level bei der Eröffnungsvorbereitung erreicht.Handicap: Die Kritik, dass er nicht so stark gewesen sei, wenn er seine vorbereiteten Eröffnungen nicht anbringen konnte, halte ich zwar nicht für falsch (s. sein Wettkampf 2000 gegen Kramnik, vor allem die „Berliner Mauer“), doch wird es im modernen Schach für jeden Spieler schwierig, wenn er gegen einen gut vorbereiteten Gegner auf ungewohntes Terrain gelotst wird.Ich glaube, dass Kasparow nicht immer die richtige Eröffnungswahl getroffen hat: In den Wettkämpfen 1986, 1987 und 1990 gegen Karpow hat er zu sehr auf der Grünfeld-Verteidigung beharrt und damit – für seine Verhältnisse - sehr gelitten und schlecht abgeschnitten. Auch gegen Kramnik hat die erste Grünfeld (2. Partie) zu einer Niederlage geführt und ist dann von Kasparow in dem Match nicht mehr gespielt worden.1. Platz: Emanuel LaskerZwar spielte er nur wenig und legte immer wieder längere Pausen ein, doch war er dreißig Jahre lang der erfolgreichste Spieler der Welt, 27 Jahre lang Weltmeister (1894-1921) und über viele Jahre hinweg so überlegen, dass ihn potentielle Herausforderer wie z.B. Geza Maroczy nicht wirklich forderten (1906 gab es Verhandlungen, die aber zu nichts führten), weil er als unschlagbar galt.Der eine Grund, weswegen er meine Nummer 1 ist, ist die einmalige Langlebigkeit seiner Spielstärke. Lasker wurde am 24.12.1868 geboren, doch erzielte er mit seinem Turniersieg in New York 1924 (1. Lasker mit 16/20, 2. Capablanca mit 14,5/20, 3. Aljechin mit 12/20) ein Ergebnis, das meines Wissens kein anderer 55-jähriger je erreicht hat.In Moskau 1935 hätte er mit 66 Jahren fast das Turnier gewonnen (ungeschlagen Dritter mit einem halben Punkt Rückstand auf die beiden Sieger Botwinnik und Flohr, vierter wurde Capablanca). Dabei schlug er nicht nur Capablanca, sondern er vergab den Gewinn gegen Botwinnik. GM John Nunn hält diese Leistung für die sehr wahrscheinlich beste, die je ein Spieler in diesem Alter erzielt hätte.Der zweite Grund ist seine Originalität: Lasker war der erste universelle und moderne Spieler der Schachgeschichte und seiner Zeit so weit voraus, dass sein Spiel über viele Jahre hinweg nicht verstanden und falsch beschrieben wurde (vor allem seine „psychologische Kriegsführung im Schach“).Seit ca. 20 Jahren hat eine Computer-gestützte Neubewertung seines Schachs stattgefunden (s. mein Thema [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/2616-Modernes-Schach-ist-konkret-oder-wie-glaubwürdig-sind-Tarrasch-Reti-und-Euwe". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/threads/2616- ... i-und-Euwe" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]).Magnus Carlsen erinnert in seinem Spiel - so die GMs Nunn und Mihail Marin, die Laskers Schach genau untersucht haben – sehr an Lasker.Handicap: Seine Eröffnungen waren zwar in meinen Augen in den meisten Fällen nicht katastrophal, doch in der Tat auch nicht „gut“, weil er keinen Wert darauf legte und sich auf seine Stärke im Mittel- und Endspiel verließ.Er hatte Tendenz, in Gewinnstellungen nachzulassen, womit er sichere Siege mühseliger machen konnte.

Beitrag von blunder1

Hier muss ich eingestehen, dass ich meinen Beitrag zu schnell/unüberlegt geschrieben habe.Es geht um Kasparows Schwächen. Ich habe mir das noch einmal durch den Kopf gehen lassen und dann auch nachgeschlagen, wobei ich mich auf das Buch Von London bis Elista von GM Jewgeni Barejew und Ilja Lewitow beziehe, das auf drei WM-Wettkämpfe von Kramnik (London 2000 gegen Kasparow, als Kramnik Weltmeister wurde, über Brissago 2004 gegen Peter Leko bis Elista 2006 gegen Topalow) reicht. Barejew war in seinen besten Jahren nicht nur ein Top-10-Spieler, sondern bei den ersten beiden Wettkämpfen auch einer von Kramniks Sekundanten.Was das Buch besonders lesenswert macht, ist die Tatsache, dass nicht nur Kramnik, sondern auch Kasparow interviewt und zitiert werden.Wie sah die Situation vor dem Wettkampf 2000 aus? Kasparow hatte in den Jahren 1997/98 eine relative schachliche Krise durchlebt; er zog sich eine Weile zurück, arbeitete an seinem Schach und kehrte dann Anfang 1999 stärker als je zuvor zurück; er gewann - von Wijk aan Zee 1999 bis Astana 2001 - sieben Superturniere hintereinander und brach mit 2851 den Elo-Rekord. Er selber bezeichnet diese Phase als seine beste Schachzeit, er war in überragender Form.Warum hat er dann den Wettkampf 2000 gegen Kramnik verloren, ohne eine einzige Partie zu gewinnen? Kramniks Stärke war nicht der einzige Grund.Kasparow war ein phantastischer, sehr kompletter Spieler, doch der Hauptgrund für seine Überlegenheit war seine legendäre Eröffnungsvorbereitung.Kramnik hatte, von seiner Stärke abgesehen, zwei Vorteile: Kramniks Wahl der „Berliner Mauer“ gegen Kasparows bevorzugtes 1.e4 war perfekt. Nicht nur spielte er nicht seine davor bevorzugten Russisch-/Schweschnikow-Varianten, auf die sich Kasparow sehr gut vorbereitet hatte, die Berliner Verteidigung war damals für Engines, die bei der Vorbereitung Kasparows eine wichtige Rolle spielten, kaum durchschaubar; es ging um positionelle Feinheiten, nicht um spektakuläre Neuerungen wie z.B. in seiner 10. Partie gegen Anand 1995 im Offenen Spanier. Während der ersten Partie sagte Kasparow nach 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 zu Kramnik: „Du hast dich gut vorbereitet.“Aber auch mit Schwarz durchlebte Kasparow einen „Eröffnungsalbtraum“: Seine geplante Hauptwaffe gegen Kramniks erwartetes 1.d4 war die Grünfeld-Verteidigung, die sehr scharf und arbeitsintensiv ist; doch gleich in seiner ersten Weißpartie (2.Partie) spielte Kramnik eine Neuerung und gewann. Kasparow verlor den Glauben an seine Hauptwaffe und schaltete auf seine Zweitwaffe um, das Angenommene Damengambit. Da bekannt war, dass der führende Spezialist dieser Eröffnung, GM Kharlow, zu Kasparows Team gehörte, war Kramnik auch da sehr gut vorbereitet und hätte die 4. und 6. Partie gewinnen müssen; beide Parteien verdarb er zum Remis, doch hätte er eigentlich nach sechs Partien bereits mit +3 führen müssen.Kasparow musste dann während des Wettkampfs eine neue Verteidigung ausarbeiten. Er wählte Nimzowitsch-Indisch, doch mussten er und sein Team während des Matchs nicht nur sehr hart daran arbeiten (Ermüdung), er war damit auch nicht sattelfest: In der 8. Partie Partie erzielte Kasparow nach einer Neuerung klaren Vorteil (dennoch Remis), doch in der – entscheidenden – 10. Partie wählte Kramnik eine andere Variante und gewann eine Miniatur (25 Züge!).Dieser Wettkampf, mit dem Kasparow seinen Titel verloren hat, zeigt seine größte Schwäche auf: Wenn er aus seiner legendären Eröffnungsvorbereitung gedrängt wurde, war er viel verwundbarer, „menschlicher“.

Beitrag von blunder1

@KiffingDa das Thema zeitlos ist und oft angeklickt wird, wäre es meiner Ansicht nach sinnvoll, eine Umfrage einzubauen.

Beitrag von Kiffing

Super Idee, hab ich gern gemacht und auch schon meine Stimme abgegeben. :v:

Beitrag von blunder1

Kompliment! Das war sehr schnell.Ich habe auch schon abgestimmt und aufgrund meiner beiden Beiträge liegt wohl auf der Hand, wem ich meine Stimme gegeben habe.Kleiner Aufruf an alle User: Stimmt ab, bringt Euch ein!Ich bin wirklich gespannt, was diese Umfrage ergeben wird.

Beitrag von Zapp Brannigan

Das baut halt alles aufeinander auf. Spieler von heute kennen mehr Eröffnungstheorie, mehr Endspieltheorie, mehr strategische Motive (kürzlich gelernt, dass man das Priyomes nennt), haben mehr Partien zu studieren. Dazu kommt ein andere, wichtiger, und meiner Meinung nach Unterschätzer Faktor: Jeder moderne Schachspieler hat einen persönlichen 3200-elo-coach (engine)! Jeder seiner Partien, wie auch die seiner Gegner mit der Engine zu analysieren ist ein Riesen-Vorteil!Ich glaube auch nicht an eine Elo-Inflation, meiner Meinung nach gibt es bessere Argumente zu einer Deflation (was man auch auf verschiedenen online- Seiten erkennen kann), da die Erst-Elo eines Spielers im Normalfall tiefer ist als die Letzt-Elo, jeder Spieler nimmt dem System ein paar elo weg -> Deflation. Man schaue sich auch z.bsp. mal Partien von Tal gegen andere Grossmeister an, so "schlecht" wie seine Gegner würde heute kein Grossmeister mehr spielen.Carlsen hat die höchste elo die je ein Mensch erreichen konnte, er hat viel stärkere Gegner als seine Vorgänger und trotzdem einen historisch grossen elo-Abstand zur Nummer 2 (Nur Kasparov und Fischer hatten ähnlich grosse Abstände).

Beitrag von blunder1

Mit deinem ersten Absatz bin ich einverstanden: Die heutigen Topspieler spielen ein besseres Schach als z.B. vor 100 Jahren, weil sie auf viel mehr Kenntnisse und EDV zurückgreifen können.[QUOTE=Zapp Brannigan;29496]Ich glaube auch nicht an eine Elo-Inflation,[/QUOTE]Meines Wissens gibt es schon eine Elo-Inflation ([Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://en.wikipedia.org/wiki/Elo_rating_system". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://en.wikipedia.org/wiki/Elo_rating_system" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]).[QUOTE=Zapp Brannigan;29496]Man schaue sich auch z.bsp. mal Partien von Tal gegen andere Grossmeister an, so "schlecht" wie seine Gegner würde heute kein Grossmeister mehr spielen.[/QUOTE]Wie Kiffing schon – zu Recht – in seinem Thema erwähnt hat, muss der jeweilige Entwicklungsstand des Schachs berücksichtigt werden, das sich unaufhörlich weiterentwickelt. Daher halte ich deine Formulierung „schlecht“ für unglücklich; in meinen Augen zeugt sie von mangelndem schachhistorischen Verständnis.[QUOTE=Zapp Brannigan;29496]Carlsen hat die höchste elo die je ein Mensch erreichen konnte, er hat viel stärkere Gegner als seine Vorgänger und trotzdem einen historisch grossen elo-Abstand zur Nummer 2 (Nur Kasparov und Fischer hatten ähnlich grosse Abstände).[/QUOTE]Bei „viel stärkere Gegner“ erwähne ich erneut schachhistorisches Verständnis; schließlich genießt auch Carlsen Trainingsmöglichkeiten, die z.B. für Morphy oder Lasker undenkbar gewesen wären. In meinen Augen besteht kein Zweifel, dass diese Spieler, wenn sie heute leben täten und moderne Trainingsmöglichkeiten hätten, ganz vorne mitspielen, vielleicht sogar die Nummer 1 sein könnten.Fischer: [url]http://fidelists.blogspot.com/2008/01/january-1972-fide-rating-list.html[/url]Kasparow: [url]http://fidelists.blogspot.com/2008/04/july-1999-fide-rating-list.html[/url] Seit Einführung des Elo hat es nie einen so großen Abstand zwischen der Nummer 1 und der Nummer 2 wie im Januar 1972 gegeben.Bei früheren Spielern, ohne zuverlässige Elozahlen? Was soll man z.B. von Steinitz Dominanz halten, der 1876 die damalige Nummer 2, Blackburne, in einem Wettkampf mit 7:0, ohne ein einziges Remis, geschlagen hat, auch wenn die damalige Weltspitze nicht so breit wie heute war?

Beitrag von karpov84

Hallo zusammen,ich würde mich gerne an der Diskussion beteiligen.[QUOTE=Kiffing;507][...]Daß ein Garry Kasparov einen Emanuel Lasker schlagen würde, sollte klar sein[...][/QUOTE]Dass die beiden schwer zu vergleichen sind sehe ich ein. Aber ich halte es für ganz und gar nicht ausgemacht, dass Kasparov ein Match gegen Lasker gewinnen würde.Überhaupt ist Lasker wohl einer der am meisten unterschätzten Weltmeister der Geschichte. Selbst falls seine langjährige Regentschaft durch Krieg und andere Faktoren (Pillsbury etc.) begünstigt wurde, halte ich es für höchst unklar ob er nicht höher einzuordnen wäre als z.B. Capablanca.Für mich in die engere Auswahl kommen:- Lasker- Capablanca- Fischer- Karpov- Kasparov- CarlsenCapablanca wäre der erste, den ich streichen würde. Vom Schachverständnis möglicherweise für Platz 2 berechtigt, aber an Kampfgeist und Pragmatismus - wichtige schachliche Tugenden - fehlte es ihm zu häufig.Der nächste, der gehen muss ist mein persönlicher Liebling: Kasparov. An Bedeutsamkeit für die Schachwelt wahrscheinlich Platz 1, zudem ein unübertroffener Kämpfer. Vielleicht tue ich ihm sogar Unrecht, aber jemand anderes hat es sehr schön gesagt: Kasparovs Partien kann man "begreifen". Der beste aller Zeiten spielt meines Erachtens ein anderes Schach.Dann müssen - leider - Lasker und Fischer gehen. Bei Lasker bin ich mir nicht einmal sicher, ob er nicht auch heute noch die Nr. 1 sein könnte, aber ich kann ihn leider nur an dem messen, was ich aus seiner Zeit kenne. Und da ihm "Gewinnen" oft vor "perfekt Spielen" ging (was meistens von Erfolg gekrönt war!) und ich glauben möchte, dass der beste aller Zeiten "Zocken" nicht nötig hat, fällt auch er heraus.Fischer könnte tatsächlich - anders als alle anderen aussortierten - ohne schachliche Gegenargumente meinen Platz 1 für sich beanspruchen. Aber wer darauf verzichtet seinen Titel zu verteidigen ist aus meiner Sicht nicht würdig. Der beste aller Zeiten sorgt sich auch um das Image des Schachs.In dieser Hinsicht wäre Karpov ein würdiger Platz 1. Er ist die Beherrschtheit und Bescheidenheit in Person, lehnte nie einen Kampf ab und spielt Schach für die Götter. Jedoch - es gab diese merkwürdige Episode mit Kasparov 1984 wo der Kampf - angeblich auf sein Wirken hin - abgebrochen wurde. Zudem hat er es in 4 Versuchen hintereinander nicht geschafft Kasparov in einem Match zu schlagen. Ich behaupte nicht, dass der 5-10 Jahre jüngere Karpov nicht das Zeug dazu gehabt hätte, aber so viele Niederlagen passen nicht zum besten aller Zeiten.Und viele Jahre war das im großen und ganzen das Feld in dem man nach einer "Entscheidung" suchen konnte. Für mich war nie 100 %-ig klar wer war denn jetzt wirklich der beste aller Zeiten? Tut man Capablanca vielleicht Unrecht indem man ihm vorwirft gegen hauptsächlich deutlich schwächere Spieler seine Lust am Kampf zu verlieren? Sollte man Fischer nicht zugute halten, dass er Zeit seiner Karriere hauptsächlich alleine gearbeitet hat? Und was ist mit den 27 Jahren Titelherrschaft von Lasker?Aber all diese Fragen erübrigen sich aus meiner Sicht - seit Carlsen.Er hat den Kampfgeist eines Kasparov, die Klarheit eines Fischer, das Gefühl eines Karpov und die Schlauheit eines Lasker. Wenn man Elo-Inflation unterstellt hat er möglicherweise (noch!) nicht einmal die höchste je gemessene Elo-Zahl. Aber wenn man sich seine Partien anschaut, sieht man, dass wir dieses Level im Schach vorher nicht kannten.Und das sage ich als ausgemachter Nicht-Carlsen-Fan!Ich fand den Kerl irgendwie immer unsympathisch. Als es das "Rennen" der Zukunftshoffnungen Karjakin und Carlsen gab drückte ich meine Daumen für Karjakin.Aber sein Schach... für mich ist er mit Abstand ungefährdet Platz 1.Allerdings könnte sich das auch verhältnismässig schnell ändern! Mit Alpha Zero haben wir neue Herangehensweisen kennen gelernt und vielleicht sitzt zurzeit ein 10-jähriger IM an seinem Laptop und verinnerlicht AZs Spielweise. Dann hätten wir in 10-15 Jahren vielleicht wieder jemanden, der das Niveau noch einmal heben kann.just my 2 centsDanke fürs Zuhören!GrußBobby

Beitrag von Babylonia

Super die Idee, zu diesem Einschätzungsthema eine Umfrage anzubieten! :top:Die Abstimmungsergebnisse werde ich sehr spannend finden. Dann stimmt alle mal fleißig ab! Babylonia

Beitrag von blunder1

[QUOTE=karpov84;29500]Bei Lasker bin ich mir nicht einmal sicher, ob er nicht auch heute noch die Nr. 1 sein könnte, aber ich kann ihn leider nur an dem messen, was ich aus seiner Zeit kenne. Und da ihm "Gewinnen" oft vor "perfekt Spielen" ging (was meistens von Erfolg gekrönt war!) und ich glauben möchte, dass der beste aller Zeiten "Zocken" nicht nötig hat, fällt auch er heraus.[/QUOTE]Wann soll Lasker denn "gezockt" haben? Dies klingt sehr nach Richard Retis Meinung in Meister des Schachbretts, der wirklich glaubte, dass Lasker mit Absicht schlechte Züge gespielt hätte.Wie bereits mehrfach erwähnt (z.B. in meinem Beitrag #32) hat seit ca. 20 Jahren eine Computer-gestützte Neubewertung von Laskers Schach stattgefunden, um die sich u.a. die Großmeister Hübner, Nunn, Marin und Soltis und der IM Watson verdient gemacht haben.

Beitrag von karpov84

[QUOTE=blunder1;29503]Wann soll Lasker denn "gezockt" haben? Dies klingt sehr nach Richard Retis Meinung in Meister des Schachbretts, der wirklich glaubte, dass Lasker mit Absicht schlechte Züge gespielt hätte.Wie bereits mehrfach erwähnt (z.B. in meinem Beitrag #32) hat seit ca. 20 Jahren eine Computer-gestützte Neubewertung von Laskers Schach stattgefunden, um die sich u.a. die Großmeister Hübner, Nunn, Marin und Soltis und der IM Watson verdient gemacht haben.[/QUOTE]Ich glaube du hast dich mehr mit Laskers Spiel beschäftigt als ich, daher bestehe ich nicht auf meiner Meinung. Mir fällt als Beispiel nur die Partie Lasker-Steinitz, WM-Kampf 1894, Partie 7 ein, als er in guter Stellung mit 14.g4?! eine ziemlich fragwürdige Verschärfung der Stellung beibringt. Das erinnert schon etwas an Kaffeehausschach.Im gleichen Atemzug gebe ich aber auch zu, dass er die Partie anschließend in großem Stil gewann, von daher kann man das Beispiel was erfolgreiches Spiel angeht genau so gut zu seinen Gunsten anbringen!Dennoch ist Carlsen für mich das bessere Gesamtpaket.

Beitrag von blunder1

Seit Monaten befasse ich mich in meiner Freizeit in der Tat intensiv mit Laskers Schach und habe auch Bücher darüber.Der Zug 14.g4 in der berühmten 7. Partie des Wettkampfs (ich habe Bücher mit Analysen von Hübner und Marin) ist durchaus spielbar und kein "Kaffeehausschach".Die Fehler geschehen später (s. Anlage). Steinitz stand dann auf Gewinn, doch Lasker hat sich sehr geschickt und aktiv verteidigt; Hübner nennt dies einen "verteidigenden Angriff".[Event "World Championship 5th"][Site "USA/CAN"][Round "7"][Date "1894.4.3"][White "Lasker, Emanuel"][Black "Steinitz, Wilhelm"][WhiteElo "2720"][BlackElo "2650"][Result "1-0"]1.e4 e5 2.Nf3 Nc6 3.Bb5 d6 4.d4 Bd7 5.Nc3 Nge7 6.Be3 Ng6 7.Qd2 Be7 8.O-O-O a6 9.Be2 exd4 10.Nxd4 Nxd4 11.Qxd4 Bf6 12.Qd2 Bc6 13.Nd5 O-O 14.g4 { 14.f3 += } Re8 15.g5 Bxd5 16.Qxd5 { ?! 16.ed5 mit weißem Vorteil } Re5 17.Qd2 { ? 17.Db7 =+ } Bxg5 18.f4 Rxe4 19.fxg5 Qe7 20.Rdf1 Rxe3 21.Bc4 Nh8 22.h4 c6 23.g6 d5 24.gxh7+ Kxh7 25.Bd3+ Kg8 26.h5 Re8 27.h6 g6 28.h7+ Kg7 29.Kb1 Qe5 30.a3 c5 31.Qf2 c4 32.Qh4 f6 33.Bf5 Kf7 34.Rhg1 gxf5 35.Qh5+ Ke7 36.Rg8 Kd6 37.Rxf5 Qe6 38.Rxe8 Qxe8 39.Rxf6+ Kc5 40.Qh6 Re7 41.Qh2 Qd7 42.Qg1+ d4 43.Qg5+ Qd5 44.Rf5 Qxf5 45.Qxf5+ Kd6 46.Qf6+ 1-0

Beitrag von Kiffing

Dass Lasker ein großartiger Schachmeister war mit einer Vielzahl origineller Ansätze, die schwer erlernbar sind, steht außer Frage. Mich stört ein wenig an den Partien Laskers, dass diese selten aus einem Guss sind wie zum Beispiel die Partien von Morphy, Aljechin und Kasparov. Partien von Lasker bringen zahlreiche zufällig wirkende Elemente in die Auseinandersetzung, welche die Zeitgenossen in Hülle und Fülle registrierten. Natürlich besaß Lasker in solchen Situationen Nerven aus Stahl, weswegen er die famose Leistung erbrachte, nahezu alle kritischen Momente für sich entscheiden zu können. Für diese Qualität hatte Lasker in seiner Philosophie des Kampfes ja die Figur des [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/1020-Als-Emanuel-Lasker-den-Macheiden-schuf". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "Macheiden " versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]in die Schachwelt eingeführt. Doch für noch erstrebenswerter halte ich es, gar nicht erst solche kritischen Momente zuzulassen, und das unabhängig davon, in welchem Ausmaß die Zeitgenossen in ihrer Bewertung gegenüber Lasker irrten. Die Partien von Lasker waren zwar scheinbar und nicht anscheinend zumeist auf Augenhöhe geführt. Doch zeugt dieser Eindruck nicht unbedingt von einer Dominanz, die eine Bewertung von Lasker als stärksten Schachmeister aller Zeiten für mich rechtfertigen.

Beitrag von blunder1

@KiffingIch muss gestehen, dass mich dein Beitrag sehr überrascht hat. Bei deinem Thema geht es doch um Spielstärke, nicht um Spielstil, oder hätte ich etwas falsch verstanden?Einleitend erlaube ich mir, Dich auf einen gewissen Widerspruch hinzuweisen: In dem Thema erwähnst Du als wichtiges Kriterium „Dominanz (Länge und Art)“, andererseits hat Du für Morphy gestimmt, der bereits nach 2 Jahren für immer aus der Schachwelt verschwand.Sollte ich jetzt oberlehrerhaft klingen, dann ist mir das egal:Dominanz wird ausschließlich anhand von Resultaten ermittelt, in welchem Stil man Partien gewinnt, ist irrelevant.Schach ist ein Remisspiel - man kann nicht gewinnen, wenn der Gegner keinen Fehler macht. Nun ist Schach glücklicherweise so reichhaltig, dass man auf verschiedene Art und Weisen Gegner zu Fehlern verleiten kann. Tal hat das kombinatorische „Chaos“ angestrebt, wo er seine taktischen Fähigkeiten am besten ausspielen konnte; ob das immer korrekt war, steht auf einem anderen Blatt. Karpow gewann viele Partien, in denen er sein außergewöhnliches Positionsverständnis einbringen konnte.Lasker und Carlsen, die sehr ähnlich spielen (s. [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/2578-Magnus-Carlsen-Der-%93Lasker-des-21-Jahrhunderts%94". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/threads/2578- ... underts%94" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.] ), gehören nicht zu den Spielern, die schon in der Eröffnung versuchen, ihre Gegner zu überrollen; sie legen ihre Partien eher verhalten an. Ändert das etwas an ihren außergewöhnlichen Resultaten? Mir fällt es leichter, Kasparows Schach zu verstehen als Carlsens. Bei Magnus habe ich mir häufiger die Frage gestellt: „Die Stellung war lange ausgeglichen, wie hat er sie doch noch gewonnen?“ [QUOTE=Kiffing;29509]Mich stört ein wenig an den Partien Laskers, dass diese selten aus einem Guss sind wie zum Beispiel die Partien von Morphy, Aljechin und Kasparov. Partien von Lasker bringen zahlreiche zufällig wirkende Elemente in die Auseinandersetzung, welche die Zeitgenossen in Hülle und Fülle registrierten.[/QUOTE]Was soll das bitte heißen? „Zufällig wirkende Elemente?“Dass Dir Aljechins Stil besser gefällt als Laskers, ist Geschmackssache. Fakt ist: Aljechin siegte nicht, wenn die stärksten Gegner am Start waren (s. [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/2579-War-Aljechin-ein-dominanter-Weltmeister". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/threads/2579- ... eltmeister" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]). Allein schon mit seinem Turniersieg in New York 1924 hat Lasker – im hohen Schachalter von 55 Jahren – etwas erreicht, was Aljechin seine gesamte Karriere über hinweg verwehrt geblieben ist.Laskers Karriere ist, obwohl er nur wenig spielte, von 1894 (als er Weltmeister wurde) bis einschließlich New York 1924 – wir reden hier von dreißig Jahren –, ein fast ununterbrochener Siegeszug. Das ist Dominanz! Jeder User kann sich anhand von Turniertabellen und Datenbanken selber ein Bild davon machen. Allein schon Laskers Ergebnisse gegen die führenden Meister seiner Zeit sprechen Bände.Lasker war der erste universelle und moderne Spieler der Schachgeschichte und seiner Zeit so weit voraus, dass die Gegner/Kommentatoren sein Spiel nicht verstanden. Tarrasch glaubte erst an Glück („Duseltabelle“ Turnierbuch Nürnberg 1896); dann muss ihm doch klar geworden sein, dass man damit eine solche Siegesserie nicht erklären konnte und er verfiel auf „Zauberei“ (Turnierbuch St. Petersburg 1914). Reti glaubte sogar an den Unsinn, dass Lasker mit Absicht schlechte Züge gespielt hätte.Wie bereits mehrfach erwähnt, hat seit ca. 20 Jahren eine Computer-gestützte Neubewertung von Laskers Schach stattgefunden.Ein wohlgemeinter Rat - und möge ich oberlehrerhaft klingen! Besorge Dir folgende Bücher: Befasse Dich richtig mit Laskers Schach, wie ich es in meiner Freizeit seit über einem halben Jahr mache, und wir können noch einmal darüber reden.

Beitrag von blunder1

[QUOTE=Kiffing;29509]Partien von Lasker bringen zahlreiche zufällig wirkende Elemente in die Auseinandersetzung, welche die Zeitgenossen in Hülle und Fülle registrierten.[/QUOTE]Hier erlaube ich mir in meiner Mittagspause einen Zusatz.John Nunn gilt als der beste Schachbuchautor. Sein John Nunns Chess Course ist ein komplettes Lehrbuch, das auf Laskers Schach aufgebaut ist.Warum hat sich Nunn für Lasker entschieden?Laskers Spielstärke und sein universeller, moderner Stil sind nicht die einzigen Gründe:

Beitrag von karpov84

@blunder1: Kompliment, deine Beiträge haben eine hohe Qualität! Aber inhaltlich bin ich immer noch nicht 100% -ig bei dir. Lass mich dir sagen warum:[QUOTE=blunder1;29508]Der Zug 14.g4 in der berühmten 7. Partie des Wettkampfs (ich habe Bücher mit Analysen von Hübner und Marin) ist durchaus spielbar und kein "Kaffeehausschach". [/QUOTE]Zunächst einmal ist das ja nur ein einziges Beispiel, welches - egal zu welcher Bewertung ein einzelner kommt - eine sehr begrenzte Aussagekraft hat. Ich persönlich hätte Mühe mehr solcher Beispiele anzubringen, der Ruf den Lasker hatte / hat öfter "unsaubere" Züge zu machen, ist mir, wenn ich genauer darüber nachdenke, nur vom Hörensagen bekannt. Aber bekanntlich sind ja genau diese Informationen solche, die man am ehesten geneigt ist als unumstößliche Wahrheit zu betrachten. Ich kündige an, dass ich mich in nächster Zeit einmal genauer mit Laskers Spiel beschäftigen werde. Ich glaube für meine Spielstärke kann ich kaum etwas Besseres tun, und wenn ich dabei das ein oder andere halbgare Gerücht ausräumen kann - umso besser.Nichtsdestoweniger möchte ich mich zu deinen Ausführungen noch einmal mit meinem derzeit vorherrschenden "gefährlichen Halbwissen" äußern, auf die Gefahr hin auf Widerspruch zu stoßen.In der Lasker-Steinitz-Partie ist 14.g4, wie du richtig anmerkst, durchaus ein spielbarer Zug. Weiß steht danach sogar immer noch etwas angenehmer. Warum ich meine, dass das Kaffeehausschach ist, ist der Umstand, dass Weiß vor 14.g4 bereits eine sehr angenehme Stellung hatte, und mit normalen Mitteln in der Lage war über lange Zeit großen Druck auszuüben, sprich es gab keinen Grund Verschärfungen einzugehen. Objektiv betrachtet sind die schwarzen Überlebenschancen nach 14.g4 deutlich gestiegen. Zugegeben, es handelt sich um Kaffeehausschach auf hohem Niveau, aber dennoch bedeutet ein solcher Zug übersetzt: "Ich habe zwar Vorteil, aber ich möchte vor allem eine aufregende Partie, auch auf die Gefahr hin, dass mein Vorteil sich auflöst." [QUOTE=Kiffing;29509]Mich stört ein wenig an den Partien Laskers, dass diese selten aus einem Guss sind wie zum Beispiel die Partien von Morphy, Aljechin und Kasparov. Partien von Lasker bringen zahlreiche zufällig wirkende Elemente in die Auseinandersetzung, welche die Zeitgenossen in Hülle und Fülle registrierten. Natürlich besaß Lasker in solchen Situationen Nerven aus Stahl, weswegen er die famose Leistung erbrachte, nahezu alle kritischen Momente für sich entscheiden zu können. […] Doch für noch erstrebenswerter halte ich es, gar nicht erst solche kritischen Momente zuzulassen[…][/QUOTE]Dieser Formulierung würde ich - Stand jetzt - weitestgehend zustimmen. Was die "zufälligen Elemente" angeht ist es bestimmt hilfreich sich näher mit dem Partiematerial zu beschäftigen. Ich erlaube mir an dieser Stelle die Anmerkung, dass Aljechins Partien, welche ich deutlich besser kenne, voll von solchen "zufälligen Elementen" sind! Es stimmt, Aljechin hat großartige Partien "aus einem Guss" gespielt, aber in fast allen seinen Glanzpartien macht er sich mindestens einmal dessen schuldig, was wir Lasker vorwerfen, nämlich vernünftige positionelle Züge für solche zu verwerfen, die die Situation verkomplizieren, auch wenn sie einer objektiven Prüfung nicht standhalten. [QUOTE=blunder1;29517]@KiffingIch muss gestehen, dass mich dein Beitrag sehr überrascht hat. Bei deinem Thema geht es doch um Spielstärke, nicht um Spielstil, oder hätte ich etwas falsch verstanden?[…]Schach ist ein Remisspiel - man kann nicht gewinnen, wenn der Gegner keinen Fehler macht. Nun ist Schach glücklicherweise so reichhaltig, dass man auf verschiedene Art und Weisen Gegner zu Fehlern verleiten kann. Tal hat das kombinatorische „Chaos“ angestrebt, wo er seine taktischen Fähigkeiten am besten ausspielen konnte; ob das immer korrekt war, steht auf einem anderen Blatt. Karpow gewann viele Partien, in denen er sein außergewöhnliches Positionsverständnis einbringen konnte. [/QUOTE]Dem möchte ich mich anschließen und anregen, dass die Definition Diskussionstitels "Stärkster Schachspieler aller Zeiten" etwas aufgeweicht wird. Es ist tatsächlich viel Geschmackssache; der eine definiert Stärke über Ergebnisse, der andere über die Anzahl der gespielten Enginezüge, wieder ein anderer über die Häufigkeit von Kombinationen. Es macht Sinn den Diskutierenden hier mehr Spielraum einzuräumen, meinst du nicht, @Kiffing?Lasst uns zudem nicht vergessen, dass wir über ein Thema diskutieren, zu welchem es niemals eine eindeutige objektive Wahrheit geben kann. Daher gibt es eben auch kein richtig oder falsch, sondern nur persönliche Präferenzen. Und man darf seine Meinung durchaus ändern! Ich werde wie gesagt demnächst Lasker-Partien in mein Training einbauen (im Moment aus "My Great Predecessors 1 von Kasparov, mittelfristig werde ich mir möglicherweise das ein oder andere von @blunder1 empfohlene Buch zulegen. An dieser Stelle danke für den Tipp!). Auf jeden Fall werde ich die Partien mit Offenheit und möglichst mit Unbefangenheit analysieren.An dieser Stelle noch eine persönliche "Erfahrung" zum Thema Lasker:Mein langjähriger Schachtrainer Georgiy Bonta hat mich damals überrascht als ich ihn einmal fragte, wer aus seiner Sicht der beste Spieler aller Zeiten sei. Wir hatten zu der Zeit viele Partien von Aljechin, Capablanca, Karpov und Kasparov analysiert, und natürlich war ich genauso begeistert von den "Partien aus einem Guss" und den unterschiedlichen Stilen der Meister. Ich hatte mit einer schwammigen Antwort gerechnet, da ich wusste dass er im Grunde alle Altmeister unermesslich hoch schätzte. Doch er sagte ohne zu zögern und mit Nachdruck: "Nur einer! Lasker!"Als ich fragte warum ausgerechnet Lasker, sagte er, dass er der einzige war der jede Struktur gleich gut gespielt hat. Er nannte das "jede Stellung ohne Voreingenommenheit bewerten". Allerdings war das vor Carlsens Aufstieg. Ich werde ihn bei Gelegenheit einmal fragen ob er immer noch eindeutig bei Lasker ist, oder ob Carlsen diese hohen Ansprüche ebenfalls erfüllen kann...:heiter:GrußBobby

Beitrag von blunder1

Danke für das Kompliment, man gibt sich Mühe. Ich interessiere mich sehr für Schachgeschichte und habe eine stattliche Bibliothek, mit der ich mich auch befasse.[QUOTE=karpov84;29519]... öfter "unsaubere" Züge zu machen,...[/QUOTE]Wenn mit „unsauberen Zügen“ Fehler gemeint sind, ja, wie jeder Spieler machte auch Lasker Fehler, nur spielte er mit Sicherheit nicht absichtlich schlechte Züge; er hat das auch immer bestritten.[QUOTE=karpov84;29519]Warum ich meine, dass das Kaffeehausschach ist,...[/QUOTE]Weswegen dieser Zug in meinen Augen kein „Kaffeehausspielerzug“ ist, dafür gibt es zwei Gründe:
  1. Er verändert die Stellungsbewertung nicht, da Weiß immer noch leichten Vorteil hat.
  2. Er macht wettkampftaktisch Sinn.
Lasker hatte sich gut auf den Wettkampf vorbereitet und jetzt kommen wir zu einem Thema, das seit über einem Jahrhundert ad nauseam diskutiert wird: Laskers „psychologisches Spiel“.Lasker hat mit Sicherheit keine „psychologische Kriegsführung im Schach“ getrieben; dies ist mittlerweile widerlegt worden. Hübner findet sogar, dass sich Lasker als sehr schlechter „Psychologe“ entpuppt hat, zumindest in dem Wettkampf 1910 gegen Schlechter (finde ich überzeugend).Er spielte zuerst die Stellung, ging aber schon auf seine Gegner ein (wenn er sie richtig einschätzte), was er sich mit seinem universellen Stil auch erlauben konnte.Die beiden gefürchteten Angriffsspieler Frank Marshall und Dawid Janowski haben gegen Lasker katastrophal abgeschnitten (wer eigentlich nicht, von Pillsbury abgesehen?). Gegen solche Spieler, die nicht so komplett waren wie er, wählte er gerne Eröffnungsvarianten mit schnellem Damentausch. Besonders Janowski war ihm im Endspiel hoffnungslos unterlegen. Solch eine Vorgehensweise nenne ich nicht „tiefe Psychologie“, sondern einfach nur „gesunde Wettkampftaktik“; damit beraubte er sie ihrer größten Stärke (Übrigens hat auch Kramnik während des Wettkampfs 2000 Varianten mit schnellem Damentausch gegen Kasparow bevorzugt; Kasparow galt als besonders gefährlich mit den Damen auf dem Brett.).Steinitz hatte seit 1872/73 eine bemerkenswerte Wandlung durchlaufen: Aus einem echten „Romantiker“ war ein tiefer Positionsspieler geworden. Er liebte lange, positionelle Manöver, wobei er es allerdings manchmal übertrieb und materiellen/positionellen Aspekten zu viel Bedeutung beimaß und dynamischen zu wenig.Es macht wettkampftaktisch Sinn, gegen einen solchen Spieler die Stellung verschärfen zu wollen.„Partien aus einem Guss“:Meine Erfahrung ist, dass „Partien aus einem Guss“ zwischen Spielern vergleichbarer Stärke nur sehr, sehr selten vorkommen; ein harter Kampf mit (unvermeidlichen) Fehlern ist üblich. Niemand spielt perfekt, dazu ist Schach einfach zu kompliziert.Nehmen wir den Fall Aljechin: Aljechin hat seine ganze Karriere über einen schweren Stand gegen die stärksten Gegner gehabt; er hat nie ein Superturnier gewonnen, d.h. ein Turnier, bei welchem die stärksten Kontrahenten antraten.Seine Siege „aus einem Guss“ sind gegen schwächere Gegner erzielt worden.Morphys bekannteste Partie ist die „Oper-Partie“ 1858 gegen den Herzog von Braunschweig und den Grafen Isoard, also keine Topgegner. Morphy hat tadellos gespielt, doch waren die Kontrahenten kein Maßstab.[QUOTE=karpov84;29519]Als ich fragte warum ausgerechnet Lasker, sagte er, dass er der einzige war der jede Struktur gleich gut gespielt hat. Er nannte das "jede Stellung ohne Voreingenommenheit bewerten". [/QUOTE]Genau das heißt „universell“: alle Stellungen gut spielen können.Zum Abschluss will ich Dir John Nunns Chess Course (auch auf Deutsch erhältlich) empfehlen, das nicht nur ein hervorragendes Lehrbuch ist, sondern auch eine sehr gute Analyse von Laskers Schach und eine Art „Beste Partien“. Ein großartiges Buch!

Beitrag von Kiffing

@blunder1: Es mag sein, dass dich mein Beitrag überrascht hat. Es wäre auch langweilig, würde das Leben keine Überraschungen mehr für jemanden bereithalten. Im übrigen würden deine Anforderungen, an dieser Diskussion teilnehmen zu dürfen, dazu führen, dass du letztendlich mit dir allein diskutieren würdest, wenn mein Wissen über Lasker mich dazu schon nicht legitimiere. Wie die Politik immer wieder zeigt, schützen auch ein großes Grundwissen und eine tiefe Auseinandersetzung mit der Materie vor Torheit nicht, denn auch wenn bestimmte Politiker ein deutlich höheres Wissen haben als der Durchschnitt, kann ihr Rezept auch abwegig sein. Damit will ich dir nicht Torheit unterstellen, wohl aber dich dazu ermuntern, auch deine eigenen Prämissen immer wieder einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und über den Tellerrand zu schauen. Bei schachhistorisch interessierten Menschen wären typische Fehlerquellen eine nur allzu menschliche Voreingenommenheit zu bestimmten Fragen, die dazu verführt, einem willkommene Parameter über- und einem widersprechende Parameter unterzubewerten. Weitere Probleme sind ein Tunnelblick und verzerrende Wahrnehmungen, die bereits im Unterbewusstsein dazu führen, dass man sich in eine Sache verrannt hat. Dann mag man zwar tiefer gegraben haben als andere, ist aber weiter denn je von der Wahrheit entfernt.Zu Morphys Dominanz: Morphy war, wie du sicherlich weißt, ein Altersgenosse von Wilhelm Steinitz, der seinen europäischen Triumphzug zu einer Zeit ansetzte, als noch niemand über den Österreicher sprach. Seine Siege gegen die stärksten Spieler der Welt außer dem unwilligen Howard Staunton waren überwältigend. So besiegte er unter anderem den damals als stärksten Spieler der Welt geltenden Adolf Anderssen mit 8:3. Zudem kamen seine Siege in einem Alter zustande, in dem Morphy nach damaligem Recht noch nicht volljährig gewesen war (was auch der Grund für seine Europareise war, um die Zeit zu überbrücken, bis er in den USA mit 21 Jahren seine Anwaltschaft antreten durfte). Von daher braucht es bei einem Spieler, der noch einmal deutlich talentierter als Steinitz war, nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie seine Karriere verlaufen wäre, wenn er nicht wie später Fischer auf dem Zenit seines Ruhms zurückgetreten wäre. Zur Einordnung: Steinitz galt eingedenk der inoffiziellen Weltmeisterschaften vor dem WM-Match gegen Zukertort sogar für 28 Jahre und damit ein Jahr länger als Lasker als stärkster Spieler der Welt.Zu Laskers Dominanz: Lasker bewerte ich als Spieler sehr hoch, nur eben nicht als stärksten Spieler aller Zeiten. Für mich gehört er „nur“ zu den starken Weltmeistern der Schachgeschichte. Mit einem ähnlichen Furor, wie du ihn gegen Aljechin an den Tag legst, könnte man relativierend einwerfen, dass Lasker es geschickt verstand, seinen stärksten Herausforderern wie Rubinstein und Capablanca aus dem Weg zu gehen, während er sich erst 1921 zum WM-Duell gegen Capablanca bequemte, weil er nach der Niederlage Deutschlands im Weltkrieg bankrott war. Er hatte aus patriotischen Gründen sein ganzes Geld in die Kriegsanleihen investiert und stand wie Millionen anderer Deutsche in der ersten Wirtschaftskrise der Weimarer Republik vor dem Nichts. Zudem hätte der Kampf gegen Schlechter auch anders ausgehen können. Natürlich sehe ich Lasker insgesamt deutlich positiver. Manchmal macht es aber Sinn, den Advotacus diaboli zu spielen.Zu Stärke und Stil: Hier solltest du mir einfach vertrauen, dass ich in der Lage dazu bin, Stil und Stärke auseinanderzuhalten. Wenn in einer Engine-Bewertung die Waagschalen wild schwanken, hat es einen anderen Wert als wenn jemand einen mustergültigen Start-und-Zielsieg landet. Dass du mich gründlich missverstanden hast, zeigt ja auch dein Missgeschick, nicht zwischen „zufällig wirkend“ und „zufällig (sein)“ unterschieden zu haben, obwohl die Unterschiede von der Bedeutung her gewaltig sind. [QUOTE=blunder1[/QUOTE]Dominanz wird ausschließlich anhand von Resultaten ermittelt, in welchem Stil man Partien gewinnt, ist irrelevant.[/QUOTE]Hast du dich nicht beschwert, dass Capablanca in den Spielen gegen Aljechin 1927 zu viele Chancen habe liegen lassen?Trotzdem ein herzliches Dankeschön für deine Quellen. Ich behalte sie im Hinterkopf und überlege einmal, ob und wann ich sie mir zulegen werde.[QUOTE=karpov84]Ich erlaube mir an dieser Stelle die Anmerkung, dass Aljechins Partien, welche ich deutlich besser kenne, voll von solchen "zufälligen Elementen" sind! Es stimmt, Aljechin hat großartige Partien "aus einem Guss" gespielt, aber in fast allen seinen Glanzpartien macht er sich mindestens einmal dessen schuldig, was wir Lasker vorwerfen, nämlich vernünftige positionelle Züge für solche zu verwerfen, die die Situation verkomplizieren, auch wenn sie einer objektiven Prüfung nicht standhalten.[/QUOTE]Ein guter Punkt. Allerdings führt steigende Komplexität auch zu mehr Fehlern. Ich merke das zum Beispiel an meinen Partien: Ich kann durchaus farblose Remispartien spielen, bei denen Fritz bei der voreingestellten Fehlertoleranz von 0,3 Bauerneinheiten keine Fehler findet. Trotzdem war die Leistung nicht außergewöhnlich. Bei meinen komplexeren Partien hingegen wimmelt es regelmäßig von wilden Fehlern auf beiden Seiten, trotzdem waren diese Partien meistens vom Niveau her besser als besagte Remispartien. Ich bin deswegen der Ansicht, dass bei der enormen Komplexität von Aljechins Spiel dessen Fehlerquote erstaunlich gering ist, zumal er sich, da eine Generation jünger, mit wesentlich schwereren Gegnern messen musste als Lasker.

Beitrag von blunder1

@KiffingWie schön, dass wieder ein bisschen Schwung in die Schachburg gekommen ist. Ich hoffe, dass dieses Thema weiterhin lebhaft diskutiert wird (möglichst auch andere). Ich bringe mich ja wieder viel ein, in der Hoffnung, dass daraus Diskussionen entstehen.Deine Ausführungen in dem ersten Absatz haben mich sehr zum Schmunzeln gebracht:[QUOTE=Kiffing;29521] Damit will ich dir nicht Torheit unterstellen, wohl aber dich dazu ermuntern, auch deine eigenen Prämissen immer wieder einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und über den Tellerrand zu schauen.[/QUOTE]Allein schon mein Beitrag #33 zeigt doch sehr deutlich, dass ich überhaupt kein Problem damit habe, einen Fehler einzugestehen und zu korrigieren.Du hast mir ja schon einmal Voreingenommenheit vorgeworfen ([Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/2579-War-Aljechin-ein-dominanter-Weltmeister):". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/threads/2579- ... tmeister):" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.][QUOTE=Kiffing;29128]Argumente wurden genug geliefert. Du nimmst sie bloß nicht zur Kenntnis, weil du zu voreingenommen von deiner Meinung über Aljechins schachliche Fähigkeiten bist, die keiner Überprüfung standhalten.[/QUOTE]Ob ich wirklich voreingenommen bin oder ein Problem mit dem Tellerrand habe, kann jeder User für sich selber entscheiden; karpov84 zumindest schätzt die Qualität meiner Beiträge.Natürlich lege ich keinen „Furor“ gegen den Schachspieler Aljechin an den Tag; den Menschen sehe ich sehr kritisch, aber da bin ich nicht der einzige, s. dein Thema [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/943-Alexander-Aljechin-zwischen-Opportunismus-und-Kollaboration". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/threads/943-A ... laboration" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]. Ich habe mehrfach betont, dass ich Aljechin für einen großen Spieler halte, nur neige ich nicht zu blinder Heldenverehrung und ordne ihn richtig ein. Jetzt zitiere ich aus dem damals (1950) sehr erfolgreichen Buch Um die Weltmeisterschaft im Schachspiel von Friedrich Karl Igel: „Und trotzdem, betrachten wir nüchtern seine Erfolge, so sehen wir, daß er in Turnieren, wo die Spitzenspieler fehlten, glanzvoll den ersten Preis errang. Dort aber, wo die Elite, wie Lasker, Capablanca, Botwinnik vertreten waren, kam er nicht an die Spitze.“ (S. 109)Dies trifft den Nagel auf den Kopf und gilt für Aljechins gesamte Karriere. Das kann jeder User anhand von Turniertabellen und Datenbanken ganz leicht überprüfen.Wann soll ich mich denn „beschwert“ haben, dass Capablanca 1927 viele Chancen nicht genutzt hätte?Schon in meinem Aljechin-Thema habe ich betont, dass ich Aljechins Sieg in dem Wettkampf für verdient halte und warum (Vorbereitung + Chancenverwertung).Was jetzt Lasker angeht.Was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass Du die Neubewertung seines Schachs nicht mitbekommen hast, sonst hättest Du in meinem Thema [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/2578-Magnus-Carlsen-Der-%93Lasker-des-21-Jahrhunderts%94". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/threads/2578- ... underts%94" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.] nicht diesen Unsinn gepostet (die Hervorhebung ist von mir):[QUOTE=Kiffing;29068]Lasker ist doch immer wieder ein hohes Risiko in seinen Partien eingegangen, wenn er entgegen der Objektivität der Stellung Züge aufs Brett setzte, die er als unangenehm für seinen Gegner ansah.[/QUOTE]Dabei hätte schon ein Blick in die englische Wikipedia genügt, um zu erkennen, dass sich etwas getan hatte:[Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://en.wikipedia.org/wiki/Emanuel_Lasker". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://en.wikipedia.org/wiki/Emanuel_Lasker" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.]His contemporaries used to say that Lasker used a "psychological" approach to the game, and even that he sometimes deliberately played inferior moves to confuse opponents. Recent analysis, however, indicates that he was ahead of his time and used a more flexible approach than his contemporaries, which mystified many of them. Ich weiß, Wikipedia genügt nicht akademischen Ansprüchen, aber sie geben sich Mühe und ermutigen zumindest, genauer hinzuschauen und nachzuprüfen.Ich finde es sehr erstaunlich, dass eine Person, die schachgeschichtlich interessiert ist, diese seit ca. 20 Jahren stattgefundene Neubewertung verpasst hat. Du bist – zumindest bisher – mit Laskers Schach nicht vertraut und kannst Dir daher kein Urteil erlauben; derart plumpe Fehler mache ich nicht.Was soll ich davon halten?[QUOTE=Kiffing;29521]..., dass Lasker es geschickt verstand, seinen stärksten Herausforderern wie Rubinstein und Capablanca aus dem Weg zu gehen,...[/QUOTE]Was zumindest Rubinstein angeht, so habe ich diesbezüglich ausführlich meinen Standpunkt in meinem Thema [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://www.schachburg.de/threads/2588-Wie-zuverl%E4ssig-ist-Kasparows-quot-Meine-groen-Vork%E4mpfer-quot". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://www.schachburg.de/threads/2588- ... mpfer-quot" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.] begründet; das Thema ist sogar vergoldet worden. Wenn Du mir nicht glaubst, dann rate ich Dir, Dir die zweibändige Rubinstein-Biographie The Life and Games of Akiva Rubinstein von Donaldson und Minev zuzulegen, welche die Rubinstein-Biographie ist.Zu behaupten, dass Lasker Rubinstein „aus dem Weg gegangen“ sei, ist einfach nur Unsinn; ganz im Gegenteil, Lasker hat 1913 in den USA richtig die Werbetrommel gerührt, um Sponsoren zu gewinnen. Wenn der 1. Weltkrieg nicht ausgebrochen wäre, hätte der Wettkampf im Herbst 1914 stattgefunden.[QUOTE=Kiffing;29521]...da eine Generation jünger, mit wesentlich schwereren Gegnern messen musste als Lasker.[/QUOTE]„Wesentlich schwereren Gegnern?“ Dabei hast Du doch in dem Thema – zu Recht – darauf hingewiesen, dass der jeweilige Entwicklungsstand des Schachs berücksichtigt werden sollte.So...möge sich jetzt jeder User seine eigene Meinung bilden.

Beitrag von Kampfkeks

Warum nimmt man nicht einfach 100 Partien von jedem Spieler und läßt die Züge von einer Engine analysieren? So könnte man doch die durchschnittliche Zugstärke jedes Spielers ermitteln.

Beitrag von Babylonia

[QUOTE=Kampfkeks;29523]Warum nimmt man nicht einfach 100 Partien von jedem Spieler und läßt die Züge von einer Engine analysieren? So könnte man doch die durchschnittliche Zugstärke jedes Spielers ermitteln.[/QUOTE]Hi Kapfkeks,das finde ich einen sehr guten Vorschlag, um die Bewertung zu objektivieren. Technisch müsste das machbar sein, denke ich. Benachteiligt wären dabei z.B. solche frühen Talente wie Greco, Philidor und Morphy und bevorteilt wären diejenigen Schach-Superstars, die computergestützt sich auf Wettkämpfe vorbereiten konnten und können. Babylonia

Beitrag von Kampfkeks

[QUOTE=Babylonia;29524]Benachteiligt wären dabei z.B. solche frühen Talente wie Greco, Philidor und Morphy und bevorteilt wären diejenigen Schach-Superstars, die computergestützt sich auf Wettkämpfe vorbereiten konnten und können. [/QUOTE]Da sehe ich ehrlich gesagt kein Problem. Es ist doch irrelevant, wodurch die Spielstärke zustandekommt.

Beitrag von blunder1

[QUOTE=Kampfkeks;29525]Es ist doch irrelevant, wodurch die Spielstärke zustandekommt.[/QUOTE]Das sehe ich anders und teile Babylonias Ansicht: Spielstärke hängt auch sehr von Wissen ab und die heutigen Spieler kennen viel mehr Eröffnungstheorie, typische Mittel- und Endspielstellungen. Sie können auf Wissen zurückgreifen, das sich immer mehr anhäuft. Dazu kommt die EDV.Daher spielen sie objektiv besseres Schach als vor 50 oder 100 Jahren und daher muss man immer dem jeweiligen Entwicklungsstand des Schachs Rechnung tragen.

Beitrag von blunder1

[QUOTE=Kampfkeks;29523]Warum nimmt man nicht einfach 100 Partien von jedem Spieler und läßt die Züge von einer Engine analysieren? So könnte man doch die durchschnittliche Zugstärke jedes Spielers ermitteln.[/QUOTE]Eine derartige Untersuchung hat es bereits gegeben: [Hier befand sich ein Link auf die Seite "https://en.chessbase.com/post/using-che-engines-to-estimate-human-skill". Der Link wurde vom Benutzer mit dem Titel "https://en.chessbase.com/post/using-che ... uman-skill" versehen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es möglicherweise erforderlich, diesen Hinweis beizubehalten, da manche Benutzer die Quelle ihrer Zitate von anderen Internetseiten so gekennzeichnet haben. Dieser Hinweis wurde automatisch an Stelle des früheren Links platziert. Falls der Link unangemessen oder ohnehin unerreichbar geworden ist, kann die im Impressum genannte Adresse mit einer Bitte um Entfernung kontaktiert werden.].Gemäß dieser Untersuchung war Capablanca der "präziseste" aller Weltmeister.

Beitrag von Kampfkeks

[QUOTE=blunder1;29526]Daher spielen sie objektiv besseres Schach als vor 50 oder 100 Jahren und daher muss man immer dem jeweiligen Entwicklungsstand des Schachs Rechnung tragen.[/QUOTE]Ah ok, dann habe ich den Begriff "Stärke" hier wohl etwas zu eng ausgelegt. :)Danke für den Link! Das hört sich interessant an! :top:

Beitrag von blunder1

[QUOTE=Kiffing;29521]Von daher braucht es bei einem Spieler, der noch einmal deutlich talentierter als Steinitz war, nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie seine Karriere verlaufen wäre, wenn er nicht wie später Fischer auf dem Zenit seines Ruhms zurückgetreten wäre.[/QUOTE]Was man bei Spielern berücksichtigen sollte, wenn es um Spielstärke geht, ist auch die Gesundheit (s. Zukertorts Probleme gegen Steinitz 1886).Sowohl Morphy, als auch Fischer litten unter psychischen Problemen.[QUOTE=Kiffing;29521]...dass Lasker es geschickt verstand, seinen stärksten Herausforderern wie Rubinstein und Capablanca aus dem Weg zu gehen, während er sich erst 1921 zum WM-Duell gegen Capablanca bequemte, weil er nach der Niederlage Deutschlands im Weltkrieg bankrott war.[/QUOTE]Was Capablanca angeht, so bin ich mir nicht sicher, was 1911 genau vorgefallen ist; daher kann ich mir auch keine Meinung bilden.Nach dem 1. Weltkrieg gab es keinerlei Probleme zwischen den beiden. Schon am 23.01.1920 hatten sie sich auf ein WM-Match geeinigt.Aus Gründen, die mir nicht klar sind, ist Lasker dann am 27.06.1920 als Weltmeister zurückgetreten und wollte den Titel kampflos an Capablanca abtreten. Die Schachwelt wollte das nicht akzeptieren ([url]http://www.chesshistory.com/winter/extra/capablanca2.html[/url]).Ich glaube nicht, dass man Lasker vorwerfen kann, der sich als über 50-jähriger in einer schwierigen finanziellen Lage befand, dass er dann doch 1921 den Wettkampf bestritt, bei dem es um das - für damalige Verhältnisse - sehr hohe Preisgeld von 20.000 Dollar ging.Fest steht, dass er sich - zumindest nach dem Weltkrieg - nicht an den Titel geklammert hat.Er hat auch nie versucht, den Titel wiederzuerlangen, obwohl er besonders nach New York 1924, was die Spielstärke anging, der offensichtliche Herausforderer war.Milan Vidmar schreibt in Goldene Schachzeiten, dass Steinitz und Lasker immer bereit gewesen wären, Herausforderern entgegen zu treten, und dass das Ausweichen/Abblocken von Capablanca mit dem Londoner Abkommen 1922 eingeführt worden sei. (S. 175)

Beitrag von blunder1

Da ich letztes Jahr das Buch Capablanca von Edward Winter erstanden habe, kann ich jetzt mit Gewissheit auf die Vorfälle zwischen Lasker und Capablanca eingehen, die sich 1911 ereigneten.
Der Autor ist einer der renommiertesten Schachhistoriker und für seine sehr strenge und genaue Quellenkritik bekannt.

Das dritte Kapitel, Negotiations with Lasker, beinhaltet den gesamten Schriftverkehr (bzw. Zeitungskolumnen) zwischen den beiden.

Am 26.10.1911 setzte Capablanca, der sich in Wien befand, seine schriftliche Herausforderung zu einem WM-Wettkampf auf.
Am 8.11.1911 bestätigte Lasker in der Evening Post den Erhalt derselben (sie war ihm am 4.11.1911 überreicht worden) und am 22.11.1911 wurden in der selben Zeitung seine Konditionen, welche 17 Punkte umfassten, veröffentlicht:
Das Match sollte von dem Spieler gewonnen werden, der als erster 6 Partien für sich entscheiden konnte (Remis sollten nicht gewertet werden), und nicht mehr als 30 Partien umfassen. Im Falle eines Gleichstandes sollte Lasker den Titel behalten.

Capablanca antwortete am 20.12.1911 und protestierte gegen verschiedene Punkte, z.B. die Zeitkontrolle (12 Züge in 1 Stunde), die Höhe der Garantie, welche er entrichten sollte (2.000 Dollar), und die Tatsache, dass der Wettkampf nicht unbefristet sein sollte.
(Bezeichnenderweise wollte er nach seiner Niederlage 1927 in dem unbefristeten Wettkampf gegen Aljechin [nach 34 Partien hatte er mit 3:6 und 25 Remis verloren] ein befristetes Revanchematch.)

In meinen Augen protestierte er zu Recht gegen zwei unfaire Konditionen Laskers (über die Höhe der Garantie kann man streiten): . Das Klima vergiftete sich damit zwischen den beiden (obviously unfair) und erst in St. Petersburg 1914 kam es zur Versöhnung.

Dies ist der einzige Fall einer Unfairness Laskers, von dem ich weiß; ansonsten stellte er keine übermäßigen Bedingungen und half sogar als Weltmeister bei der leidigen Sponsorensuche. 1913 wurde er in den USA kritisiert, weil er Rubinstein – im Gegensatz zu Capablanca - faire Bedingungen gestellt hatte.

Beitrag von blunder1

Seit gestern bin ich stolzer Eigentümer des zweiten Bandes der neuen Lasker-Trilogie (der erste Band erschien - zu Laskers 150. Geburtstag - 2018, der letzte Band soll nächstes Jahr erscheinen): Emanuel Lasker Volume II Choices and Chances.

Das Vorwort zum 2. Band stammt von Wladimir Kramnik:
"...Looking at his chess, I am deeply impressed by how long and how decisively Lasker stood above his main rivals. I can think of no other player who achieved a similar dominance. Morphy, perhaps, was farther ahead of his contemporaries, but his reign lasted such a short while...."
"...Lasker was probably the first to grasp the game's actual complexity. He realized that chess was much more complicated than anybody had thought. That it was often impossible to tell, even with unlimited resources, which was the right move. That, in fact, in many situations there was no right or wrong move...."
"...In this sense Lasker stood head and shoulder above the rest...." (S. VII)

Ich habe gute Gründe, weswegen ich Lasker für den stärksten Spieler aller Zeiten halte.

Beitrag von Babylonia

Mich überzeugen sowohl die Gründe, die für Morphy sprechen als auch die Gründe, die für Lasker sprechen. Mich beindrucken beide Ausnahmespieler, Lasker zumal auch, weil er ein Polymath war, er war so vielseitig begabt. Die 27 Jahre lang, die Lasker Weltmeister war, werden wohl von niemandem zu übertreffen sein, da in heutiger Zeit die Leistungsdichte unter den Spitzenspielern viel größer ist.

Babylonia

Beitrag von blunder1

Wie Kramnik schreibt und auch ich bereits in meiner Top-9-Rangliste erwähnt habe. währte Morphys Siegeszug nur zwei Jahre, während Lasker 30 Jahre lang der erfolgreichste Spieler der Welt war. Dominanz wird auch an ihrer Länge gemessen, wie Kiffing zu Recht in seinem Thema erwähnt.

Außerdem muss man bei der Beurteilung von Spielstärke auch die Gesundheit mit einbeziehen, so traurig das auch sein mag. Morphy litt unter psychischen Problemen und war daher gar nicht in der Lage, die Schachwelt über einen längeren Zeitraum zu dominieren. Rubinstein und Fischer sind andere Beispiele, welche wegen psychischer Probleme nicht ihr volles Potential ausschöpfen konnten.

Beitrag von Babylonia

Von allen 3 genannten Spielern Morphy, Rubinstein und Fischer war mir auch bekannt, dass sie psychisch krank wurden. Alle 3 hatten sie das Pech, dass es zu ihren Lebzeiten die wirksamen Medikamente gegen ihre Krankheiten noch nicht gab. Obwohl Rubinstein bis ins höhere Alter noch ganz gute schachliche Leistungen gebracht hatte, trotz der Krankheit. Morphy und Fischer waren ja ganz ausgestiegen aus dem Schach.

Gut, wenn psychisch Kranke ausscheiden aus dem Wettbewerb, dann gebührt Emanuel Lasker der Sieg!

Babylonia

Beitrag von blunder1

„Psychisch krank“ ist natürlich in keiner Weise abwertend gemeint, doch Schach auf hohem Niveau ist Hochleistungssport und wenn da die Gesundheit nicht mitspielt...

Was wäre gewesen, wenn...?

1862 fand in London das zweite große internationale Turnier nach London 1851 statt; beide Male siegte Adolf Anderssen. Paul Morphy war sowieso als Südstaatler (Louisiana) in die Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) geraten, doch was wäre geschehen, wenn er gesund an dem Turnier hätte teilnehmen können?

Herbst 1914: Der WM-Wettkampf Lasker-Rubinstein hätte ohne den Ausbruch des 1. Weltkriegs stattgefunden. Was für ein wundervolles Match wäre erfolgt, falls ein gesunder Rubinstein auf den großen Lasker getroffen wäre?

1975: Ein gesunder Bobby Fischer gegen den aufstrebenden Anatoli Karpow. In Manila, nachdem der philippinische Diktator Marcos ein Preisgeld in Höhe von 5 Millionen Dollar garantiert hatte. Was für ein Wettkampf wäre das geworden?

Als schachhistorisch interessierter Schachliebhaber könnte ich Sturzbäche an Tränen vergießen...

Beitrag von Babylonia

Zu Paul Morphy möchte ich noch bemerken, dass er an der Universität ein Elitestudent war und mit besten Noten seine Akademischen Abschlüsse bestanden hat. Sein Lebensziel war es, ein erfolgreicher Rechtsanwalt zu werden. Seine Schachtour durch Europa war für ihn nur ein Intermezzo, wenn es ihm früher erlaubt gewesen wäre, eine Kanzlei zu eröffnen, hätte er diese Schachtour nicht gemacht, durch die er in Schachkreisen weltberühmt geworden ist. 1859 im Alter von 22 Jahren hörte er auf mit Schach und wollte sich jetzt zielgerichtet seiner Anwaltslaufbahn widmen. Dazwischen kam ihm noch der Amerikanische Bürgerkrieg von 1861 - 1865. Morphy war immer noch gesund und wollte nach dem Krieg endlich seine Anwaltskanzlei eröffnen. Was er dann auch tat, aber die Mandanten sahen in ihm nur den Schachspieler und nahmen ihn als Anwalt nicht ernst. Da zerbrach sein Lebenstraum und das hat ihn entwurzelt und daraus ist dann wohl im Laufe der Jahre diese psychische Krankheit entstanden.

Babylonia

Beitrag von blunder1

Eine unglaubliche „Pointe“ liegt darin, dass der Titel „weltbester Spieler“/Schachweltmeister weder für Morphy, noch für Lasker ihren Lebenstraum darstellte.

Lasker war Doktor der Mathematik und hat auch auf diesem Gebiet Bedeutendes geleistet, z.B. das Lasker-Noether Theorem.
Er hätte seine Schachkarriere um 1900/1901 beendet, falls er einen Lehrstuhl an einer Universität erhalten hätte.

Beitrag von Babylonia

Ja, Lasker war nicht nur Mathematiker sondern auch Philosoph und wäre allzu gern Universitätsprofessor geworden. Im Gegensatz zu Morphy war er aber flexibel genug sein Geld mit allen seinen Fähigkeiten zu verdienen, inklusive seiner herausragenden Fähigkeit als Schachspieler und Schachautor.

Babylonia

Beitrag von blunder1

Nahezu sein ganzes Einkommen bestand aus dem, was er im Schach erreichte, darunter auch Kolumnen und Simultan-/Vortragstouren.

Nach seinem Dr. phil. (er promovierte mit magna cum laude im Januar 1900) versuchte er einen Lehrstuhl an Universitäten in Deutschland, England und den USA zu erhalten, doch war ihm dabei kein echter Erfolg beschieden, obwohl er ein sehr guter Mathematiker war.
Dafür gab es 2 Gründe:
1. Er war anscheinend nicht hartnäckig genug bei seinen Bemühungen.
2. Lasker war Jude und das Opfer eines weit verbreiteten Antisemitismus'. Im kaiserlichen Deutschland war es Juden praktisch unmöglich, einen Lehrstuhl zu erhalten.

Auch wenn die gescheiterte akademische Karriere für Lasker eine große Enttäuschung darstellte, so hat das Schach sehr davon profitiert.