Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Bauernendspiel vs Taktik! Womit trainiert man besser Variantenrechnen?“

schachburg.de

Beitrag von hako

Ich persönlich finde inzwischen, dass Bauernendspiele besser zum Üben sind, Varianten zu berechnen. Da die Lösungen von Endspielaufgaben zum Teil recht lang sind, muss man erstens tief rechnen und zweitens genau. Man muss alle Varianten beachten und abwägen, wie sie ausgehen. Bei Taktikaufgaben fehlt mir dieser Aspekt der "tauschend Varianten" ein wenig. Meist gibt es eine Gewinnvariante, die es zu erkennen gibt. Diese hat dann ein paar Nebenvarianten und fertig. Das Berechnen der Varianten wird abgebrochen, sobald das Matt oder der Materialvorteil sicher ist. Ein weiterer Nachteil der Taktikaufgaben besteht darin, dass so viele Figuren auf den Brett sind, sodass man gar keine Chance hat, bis zu 10 Züge weiterzudenken. Nichts desto trotz muss man das üben (sonst steht man im Mittelspiel etwas doff da ;)). Und die taktischen Motive darf man auch nicht vernachlässigen :neinnein:Trotzdem, wenn man üben will lange Varianten GENAU zu berechnen, sind die Endspielaufgaben vorne. :)

Beitrag von Zapp Brannigan

Du trainierst halt nich das gleiche. Bei bauernendspielen trainierst du das rechnen von langen, forcierten varianten, während du bei mittelspielpositionen (meiner meinung nach ist der ausdruck "taktik" falsch, es gibt nichts taktischeres als endspiele!) eher das rechnen von vielen, dafür kurzen variante rechnest.Idealerweise trainierst du beides. das berechnen von langen forcieren varianten ist immer mal wieder brauchbar, bei meinen partien bemerke ich aber viel zu oft, dass ich zwar eine variante 10 züge lang korrekt berechnet habe, dies aber total irelevant war weil ich das zwischenschach im 2ten zug übersehen habe... Ausserdem werden lange varianten mit vielen abtausch-aktionen sehr schnell sehr kompliziert, schon mal in einer variante im kopf mit einem läufer im 5ten zug ein schach gegeben welchen ihr bereits im 2ten zug gegen einen springer abgetauscht habt? passiert mir andauernd, und kann man mit bauernendspielen auch nicht sonderlich gut trainieren... Gibt da auch ein schönes sprichwort: Long variation, wrong variationWenn ich wählen müsste würde ich sagen, es ist wichtiger, 2 züge tief jede gegnerische antwort zu sehen als eine variante 10 züge tief korrekt zu rechnen, aber das ist evtl. auch ansichtssache. Ich habe mich mal eine zeitlang an "relativ schwere" matt in 3 probleme versucht (chesstempo-rating > 1900). Wenn der erste zug kein schach ist ist es extremst schwer, alle möglichkeiten zu berücksichtigen, und das, obwohl man weiss dass man maximal 3 züge tief rechnen muss!

Beitrag von Kiffing

Ich muß Lestat tendenziell Recht geben, daß es am sinnvollsten für einen kompletten Schachspieler ist, beides zu trainieren. Und ich sehe es auch wie er, daß komplexe Stellungen aus dem Mittelspiel die schwierigeren sind. Ich merke das ja bei mir. Bei mehr oder weniger einsträngigen Endspielen kann ich eigentlich immer sehr weit rechnen. Es gibt ja meist nur einen Hauptpfad. Bei komplexen taktisch geladenen Stellungen dagegen kommt es oft nicht so wie vorher im Kopf berechnet. Man hat irgendeinen Zug nicht vorhergesehen, und auf einmal ist Dein ganzes schönes Rechengebäude zusammengebrochen. Ich denke, das ist auch die Hauptschwierigkeit, mit der wir Schachspieler in einer praktischen Partie immer wieder konfrontiert werden. Da ist es für den eigenen Erfolg unerläßlich, gerade bei solchen Berechnungen in uneindeutigen Stellungen sicherer zu werden. Deshalb haben Taktikaufgaben bei mir Priorität gegenüber dem Berechnen von Endspielen. Und nebenher tut man auch was für die im Schach nicht unwichtigere Motiverkennung.Ich verfolge übrigens gerade die Partien von Magnus Carlsen beim Turnier in Wijk aan zee. Und was der für eine Rechensicherheit hat, ist unglaublich. Er spielt mittlerweile in einer eigenen Liga. :D

Beitrag von hako

Danke für den Tipp mit den kurzen Taktikaufgaben :)Ich werde mich trotzdem erstmal an meine Bauernendspiele halten. Da besteht bei mir erstens aufholbedarf und zweitens muss ich mich mal dazu zwingen lange forchierte Varianten zu suchen und nicht einfach nach einer Variante aufhöre.

Beitrag von Kampfkeks

Ich habe für "unentschlossen" gestimmt. Meiner Meinung nach gibt es grundlegende Unterschiede zwischen Mittel- und Endspiel. Im Endspiel ist es vergleichsweise leicht (aber auch erforderlich), sehr viele Züge vorauszudenken. Dagegen ist das Mittelspiel zu komplex, um 10 Züge zu berechnen, so daß man weniger tief rechnet, aber dafür mehr in die Breite geht. Also mM: Beides gleich wichtig! Daher für unentschlossen gestimmt. :)

Beitrag von zugzwang

Endspielarbeit ist Rechenarbeit, sehr häufig mit längeren Varianten als im Mittelspiel, dafür mit weniger Material, was bei der Visualisierung so im Kopf rumsteht.Variantenberechnung im Endspiel ist ein ausgezeichnetes Training und die erworbenen Fähigkeiten helfen auch im Mittelspiel.Mittelspielaufgaben gemischt mit Endspielaufgaben - das ist Praxistraining.Wenn Du, Hako, Bauernendspiele als geeignet ansiehst, nur zu! Es gibt da viele lange und harte Aufgaben für eine exakte Berechnung.Um der Praxis willen dann immer mal wieder anhand von Mittelspielaufgaben überprüfen, ob auch hier Verbesserungen bei der Variantenberechnung festzustellen sind.Härtetest ist ohnehin bei Aufgaben, alle für notwendig erachteten Varianten mit Stellungsbewertung aufzuschreiben und dann mit der Lösung zu vergleichen.Dann erkennt man Rechenfehler, Beurteilungsfehler, fehlende Kandidaten(züge), zu kurze Berechnungen der kritischen Varianten. Das alles unter gewissem Zeitdruck einer Zeitbegrenzung.Neben der Variantenberchnung scheint mir Visualisierungstraining für (stärker) Fortgeschrittene angebracht:Schachbücher vom Diagramm aus im Kopf anhand der Notation nachspielen und mitdenken. Achtung: Anstrengend und übungsbedürftig. Visualisierungstraining hilft imo bei Fähigkeit der Variantenberechnung.Spezialtraining:Beispiele mit langen und/oder verzweigten Varianten sammle ich in einer Taktikdatenbank "Marathon". Hier weiß ich, daß man ausgeruht und mit gewissem Zeitvorrat an die Trainingsarbeit gehen muß.Ein Gegenstück dazu sind Motivdatenbanken, bei denen mehr das Erkennen eines Motivs im Vordergrund steht, aber die Ausführung nicht epische Ausmaße erlangt.Beim Training der Variantenberechnung kann auch durchaus mal "weihnachtsmannmäßig" der erste zug vorgegeben sein und man versucht sich dann mal durch die Varianten zu wühlen.Ein schönes, wenn auch zu schwieriges Beispiel wäre Anands Lxh7 gegen Karpov in einer D20-Partie der 90er. Diese Kombination kann man auch in mehrere Rechenaufgaben unterteilen. Schließlich befinden sich die wenigsten auf dem Niveau eines Weltklasse-GM und zukünftigen Weltmeisters aller Klassen.Die hier (doch D21) ab dem 21. Zug:[Event "Las Palmas"][Date "1996.12.17"][Round "7"][Result "1-0"][White "Viswanathan Anand"][Black "Anatoly Karpov"][ECO "D21"]1. Nf3 d5 2. d4 e6 3. c4 dxc4 4. e4 b5 5. a4 c6 6. axb5 cxb57. b3 Bb7 8. bxc4 Bxe4 9. cxb5 Nf6 10. Be2 Be7 11. O-O O-O12. Nc3 Bb7 13. Ne5 a6 14. Bf3 Nd5 15. Nxd5 exd5 16. Rb1 Qb617. Be2 axb5 18. Rxb5 Qc7 19. Bf4 Bd6 20. Bd3 Ba6 21. Bxh7+Kxh7 22. Qh5+ Kg8 23. Rb3 Bxe5 24. Rh3 f6 25. dxe5 Qe726. Qh7+ Kf7 27. Rg3 Ke8 28. Rxg7 Qe6 29. exf6 Nc6 30. Ra1 Kd831. h4 Bb7 32. Rc1 Ba6 33. Ra1 Bb7 34. Rd1 Ba6 35. Qb1 Rxf636. Bg5 1-0Die eigenen Analysen kann man mit den Engineergebnissen vergleichen oder in NIC 1/97 mit Vishys Analysen vergleichen (vermutlich auch bei CB kommentiert in Mega enthalten).Motivpartien mit Lxh7 bzw. Lxh2 eignen sich sehr gut für das Training der Variantenberechnung. Also mal die Klassiker Nimzowitsch-Tarrasch St. Petersbur 1914 und Spassky-Tal (1973?) ab dem Einschlag Lxh2 berechnen.Die Zeitschrift "Jugendschach" hat(te) über Jahr hinweg die Rubrik "Teste Dein Rechenvermögen" von Bodo Starck in didaktischer Aufbereitung.

Beitrag von zugzwang

Zu Trainingszwecken folgende Stellung mit S am Zug:[FEN=zz01]8/8/8/6pp/2PKpk2/7P/6P1/8 b - - 0 1[/FEN]Wer für die Variantenberechnung erst einmal einen Ansatz oder Ideen sucht,könnte sich zuerst einmal mit der Frage beschäftigen wer besser steht und warum?Also:1. Welche Faktoren sprechen für Weiß?2. Welche Faktoren sprechen für Schwarz?3. Gewinn für eine der Seiten oder remis?4. Wer kämpft ums Überleben und scheitert oder auch nicht?!Bauernendpiele haben es in sich, insbesondere die bei CI veröffentlichten.Als Zugabe eine ganze Nummer komplexer:[FEN=zz02]8/8/pp2k1p1/2p4p/3pKP1P/6P1/PPP5/8 b - - 0 1[/FEN]Wieder Schwarz am Zug.Auch hier schlage ich vor, zunächst die positionellen Merkmale zu bestimmen und zu versuchen, festzustellen, wer besser stehen dürfte.Also, was sind die positionellen Merkmale dieses Bauernendspiels und welche Spielideen und Zugvorschläge ergeben sich daraus?

Beitrag von Kampfkeks

Stellung 1Für Schwarz spricht, daß sein Bauer e4 weiter vorgerückt ist, als der weiße c4, und daß Schwarz am Zug ist. Andererseits kann Schwarz seinen Bauern nicht problemlos decken, da der König nicht nach f3 kann. Und Zeit fürs "Aufräumen" hat er nicht, wegen des weißen c4.Ein Ablenkungsmanöver mit e4-e3-e2 (Plan: der weiße König muß dem Bauern hinterjagen, und währenddessen schlägt der schwarze König den c4) scheint nicht zu funktionieren, da der weiße König früher bei den restlichen Bauern ankommt:1...e3 2.Kd3 e2 3.Kxe2 -> Schwarz muß dem c4 hinterher, womit der weiße König Zeit genug hat, um die schwarzen Bauern zu schlagen.Weiter bin ich bisher noch nicht gekommen...

Beitrag von zugzwang

Gar nicht schlecht, Kampfkeks!Ich beschreibe es mal etwas näher:[SPOILER]1. Schwarz ist am Zug: Auch aus meiner Sicht grundsätzlich grundsätzlich ein Vorteil in fast jeder Schachstellung, weil es häufig auf ein Tempo ankommt.Allerdings: Gerade in Endspielen, insbesondere bei Bauernendspielen, istes häufiger als in Erföffnung oder mittelspiel von Vorteil, das Zugrecht abgeben zu können und den Gegner in "siehe mein Nick" zu bringen. Aber auch hierfür braucht man häufig das Zugrecht, um den Zug auszuführen, der den Gegner gerade in Zugzwang bringt.Der Schwarze Bauer ist dichter am Umwandlungsfeld, was ebenfalls ein Vorteil in einem Tempolauf ist. Weiterhin unterstützt der sKönig den eigene Bauern und ist derzeit näher an den weißen Bauern des Königsflügels als der wK.Einen weiteren, sehr wichtigen Punkt hast Du aber auch schon beschrieben, wenn auch noch nicht konkret benannt:Der sK muß ein Auge auf den wFreibauern werfen, der weiter vom restlichen Geschehen entfernt ist als alle anderen Bauern.Ich möchte die Zustandsbeschreibung der Stellung wie folgt geben:1. Beide Seiten verfügen bereits über einen Freibauern, müssen sich also mit den Möglichkeiten des eigenen und des gegnerischen freibauern beschäftigen.2. Der weiße verfügt über den entfernteren Freibauern, was häufig, aber nicht immer das Horrorszenario für den Gegner ist und häufig zum Verlust für den Verteidiger führt.(aus genau den Gründen, die Kampfkeks anführte: Kümmert sich Schwarz, um den Freibauern,dann holt Weiß zuerst den sFreibauern und kann danach,bei den verbleibenen schwarzen Bauern ernten,weil er näher dran ist und der sK zu weit weg.)Aus diesem Grund hielt ich z. B. die schwarze Stellung für extrem kritisch, doch3. Schwarz hat auch einen Vorteil: Sein König steht derzeit aktiver, näher an den verbliebenen Bauern des Königsflügels und4. Der s Freibauer ist bereits weiter vorgerückt.Schlußfolgerung als Ausgangspunkt einer Variantenberechnung:Schwarz steht vielleicht gefährdet und muß deshalb aus seinen Aktiva Zugrecht, Freibauer, Königsstellung energisch Vorteil suchen. Das bedeutet, daß Schwarz nach Angriffsmöglichkeiten am Königsflügel suchen muß und über die Variantenberechnung herausfinden muß, ob er seine Vorteile für ein ernsthaftes Gegenspiel zusammenfügen/kombinieren kann.Welche Feinheiten und gemeinheiten in dieser optisch einfachen Stellung stecken und wie wichtig eine genaue Variantenberchnung ist, ist schon erstaunlich.Ich selbst habe nach dem ersten schwarzen Zug z.B. eine etwas schwächer weiße Fortsetzung als dessen optimale angesehen.Dabei ist es in Wirklichkeit noch deutlich komplizierter. [/SPOILER]

Beitrag von Endspielprofi

[SPOILER]Da mir nix weiteres einfällt was man aufzählen könnte,Oben Remis durch Dauerschach, schwarz bekommt zuerst eine Dame, kann aber nicht Mattsetzen und weiß hat zwei Bauern mehr also Ds, dabei sollte die schwarze Dame darauf achten je nach bedarf auf der Diagonale f2-a7 zu bleiben, um dem weißen König von beiden Seiten Schachs geben zu können und damit sich dieser seiner Dame nicht nähern kann.Unten Kf6!! und schwarz gewinnt, entweder zieht sich der weiße König zurück und ist vom Damenflügel zu weit entfernt oder er muss seine Bauern pausenlos nach vorne ziehen, da er im Zugzwang ist, da schwarz immer Kf6-Ke6 immer hin und her ziehen kann, evtl. auch Kd6, nur nach a3 und b3 muss schwarz schon präzise b5 spielen.Falls weißer Kc6 dann kommt c4 d3 cxd3 cxd3 und d1D.Bei bestem spiel von weiß, bekommt jeder eine Dame und schwarz zwei verbundene Bauern am Damenflügel.Bei etwas schlechterem spiel von weiß, bekommt jeder eine Dame und schwarz zwei verbundene Bauern am Königsflügel. rotflmao2Falls b4 Kd6.usw.Noch Fragen?Hier eine Bsp. Variante.[Event "?"][Site "?"][Date "????.??.??"][Round "?"][White "?"][Black "?"][Result "*"][FEN "8/8/pp2k1p1/2p4p/3pKP1P/6P1/PPP5/8 b - - 0 1"][SetUp "1"]1... Kf6 2. a3 Ke6 3. b3 b5 4. b4 Kd6 5. bxc5+ Kxc5 6. f5 gxf5+ 7. Kxf5 Kc4 8.g4 hxg4 9. Kxg4 Kc3 10. h5 Kxc2 11. h6 d3 12. h7 d2 13. h8=Q d1=Q+ 14. Kg5Qd5+ 15. Kg4 Qe4+ 16. Kg5 Qe3+ 17. Kg6 Qd3+ 18. Kf7 Qxa3 *Warum so viele Schachs?Um zu zeigen wer Chef im Ring ist.Habe mir im nachhinein die Stellung mit H3 angeschaut, leider schlägt die Engine b5 vor was nach b4 Remis ist, meiner Meinung nach. Falls Kd6 jetzt, dann kommt a3 und jetzt sollte weiß gewinnen. [/SPOILER]

Beitrag von zugzwang

[/SPOILER][QUOTE=Endspielprofi;18575]...Unten ... und schwarz gewinnt, entweder zieht sich der weiße König zurück und ist vom Damenflügel zu weit entfernt oder er muss seine Bauern pausenlos nach vorne ziehen, da er im Zugzwang ist, da schwarz immer Kf6-Ke6 immer hin und her ziehen kann, evtl. auch Kd6, nur nach a3 und b3 muss schwarz schon präzise b5 spielen...[/QUOTE]Deine Varianten zu vielen Aufgaben sind wirklich überzeugend, aber Deine Erläuterungen zu Hintergründen und Ideen können noch verbessert werden.Mit Stellungseinschätzung und Spielideen meine ich etwas in dieser Richtung:[SPOILER]Beide Seiten besitzen Bauernmehrheiten auf verschiedenen Flügeln. Die weiße Bauernmehrheit ist aber aufgrund ihrer Konstellation nicht in der Lage,eigenständig einen Freibauern zu bilden. Entweder benötigt Weiß die Unterstützung seines Königs oder er muß mit Durchbruchsmotiven arbeiten und dabei berücksichtigen, daß Schwarz dabei auch Freibauern und ggf. Mehrbauern erhält. Die Bauernstruktur am Königsflügel läßt ein Eindringen des sK grundsätzlich zu. Die teilweise festgelegten Bauern können sich allein nicht dagegen wehren.Die schwarze Bauernstruktur ist dagegen noch beweglicher und in der Spitze weiter vorgedrungen. Ein Eindringen des wK ist allerdings,doch muß dieses auch von der weißen Bauernstruktur zuerst noch vorbereitet werden.Hypothetisch: Greift der wK auf c6 die Bauernwurzel von Schwarz, so ginge bereits ein simpler Bauerndurchbruch c5-c4, d4-d3, weil der wK zu weit entfernt.[/SPOILER]Und in der Folge als weiteren Aspekt:[SPOILER]Gegenüber dem Nachteil der Bauernstruktur verfügt Weiß optisch mit seiner Königsstellung über Raumvorteil und Schwarz am Zug muß prüfen, ob er ohne Nachteil aus der Opposition gehen kann, was dem Gegnertheoretisch immer ein Vordringen ermöglicht [/SPOILER]Als Stellungseinschätzung:[SPOILER] Ich wäre nicht in der Lage, aufgrund der Strukturmerkmale zu erkennen, welche Seite über Vorteil verfügt oder ob ein Gleichgewischtszustand herrscht.Nachdem ich dieses Beispiel aber nun kenne, hätte ich für ähnlich gelagerte Beispiele inzwischen eine Vermutung und könnte prüfen, ob die Umstände auch dort zu dieser vermutung passen[/SPOILER]Zu möglichen Zügen:[SPOILER] Als Spielidee kam mir zuerst (und einzig) das natürliche 1. ... b5 in den Sinn. Schwarz bringt seine Mehrheit voran und gestattet kein weißes Auflösen mit f4-f5.Den besten und wohl einzigen Gegenzug auf 1 ... b5 habe ich natürlich übersehen, obwohl mir natürlich theoretisch bekannt, daß das Vorgehen der eigenen Bauernmehrheit gesichert bleiben muß.Bei 1. ...Kd6 würde ich berechnen, ob Weiß es sich leisten kann, mit 1. f5 exf5, 2. Kxf5 Kd5 weiter am K-Flügel aktiv zu werden, während Schwarz c5-c4 nebst d4-d3 vorbereitet.Auf den tatsächlichen Lösungszug 1. ... Kf6 wäre ich wohl erst auf Verzweiflung gestoßen 8und ohne ihn korrekt bewerten und berechnen zu können, wenn ich in anderen Varianten eine Verlustgefahr fürSchwarz gesehen hätte. Wenn die anderen Varianten bei gutem Spiel von Weiß zu remis, wäre ich als schwarzer nicht unzufrieden und würde nicht unbedingt vermuten, irgendwo einen Gewinn ausgelassen zu haben. [/SPOILER]

Beitrag von Endspielprofi

Übrigens ist eine Bauernstruktur 2 und 4 meistens besser als 3 und 3.

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Endspielprofi;18587]Übrigens ist eine Bauernstruktur 2 und 4 meistens besser als 3 und 3.[/QUOTE]Kannst Du das vielleicht an 1-2 Beispielen kurz ausführlicher darstellen?Bezieht sich das nur auf Bauernendspiele oder ist das ein Hinweis auch für andere Endspiele? Was könnte ein Grund sein, der diese Hypothese stärkt?

Beitrag von Endspielprofi

Bezieht sich auf alle Endspiele, vor allem aber auf Bauernendspiele.Das ist erst seit einiger Zeit bekannt und das sage nicht nur ich, sondern auch die Profis und drei Freunde von mir IMs sagen das auch.Man kann auch nicht sagen, dass die Seite jetzt immer Vorteil hat, weil es mehrere Faktoren zu berücksichtigen gibt.Unserer Stellung ist ein gutes Beispiel dafür und enthält viele Ideen und Möglichkeiten.Ich selbst habe auch öfters am Brett die Vorteile von 4 und 2 und die Nachteile von 3 und 3 erlebt.

Beitrag von Kiffing

Die klassische Theorie lautet ja, wenn beide Seiten dieselbe Anzahl an Bauerninseln haben, dann habe die Seite mit der kleineren Bauerninsel einen (leichten) positionellen Nachteil, weil die kleinere Bauerninsel leichter angegriffen werden kann. Dieser Theorie nach wäre also das Verhältnis 3-3 Bauern besser als 4:2. :lach:

Beitrag von Endspielprofi

Das ist aber die alte klassische Theorie und die Neue bezieht sich darauf das der König auf der richtigen Seite steht dort wo zwei Bauern sind also einer weniger.Wenn nun so ähnlich wie in unserem Beispiel weiß seine drei Bauern am Königsflügel gegen den schwarzen König verteidigt, dann gewinnen die 4 gegen die 3 Bauern am Damenflügel. Wenn weiß nun die 4 Bauern mit seinem König abräumen will wird er mehr Zeit brauchen als der schwarze König mit den drei Bauern am Königsflügel.Und die kleinere Bauerninsel von schwarz kann nicht angegriffen werden.Deshalb meinte ich vorhin das mehrere Faktoren zu berücksichtigen sind.

Beitrag von Kiffing

Stimmt, das klingt einleuchtend. :)

Beitrag von zugzwang

[QUOTE=Endspielprofi;18601]Bezieht sich auf alle Endspiele, vor allem aber auf Bauernendspiele.Das ist erst seit einiger Zeit bekannt und das sage nicht nur ich, sondern auch die Profis und drei Freunde von mir IMs sagen das auch.Man kann auch nicht sagen, dass die Seite jetzt immer Vorteil hat, weil es mehrere Faktoren zu berücksichtigen gibt...[/QUOTE]Und die Profis haben damit auch kein Berufsgeheimnis verraten, allerdings scheinen sie bei der Begründung etwas zu sparen.Ich weiß nicht, wer der erste war, doch hat Daniel King vor zig Jahren im ChessbaseMagzin die Frage der Bauernmajorität am Damenflügel genauer untersucht, die althergebracht mal als strategischer Vorteil galt. Dort zeigte er einige Beispiele mit 3:2 am Damenflügel und 3:4 am Königsflügel und die Meisterpartien wiesen erstaunlich oft in die unerwartete Richtung.Als plausible Begründung gab er an, daß die 4:3-Seite mehr Einfluß auf den zentralen Platz des Schachspiels hat (Zentrum), dort mit eigenen Figuren leichter Fuß fassen und gegnerische Figuren verjagen kann wegen seines "Zentrumsbauern".Gerade auch im Endspiel hat diese Seite dann auch den Vorteil den König als starke Figur dort zu postieren, wo sie universell eingreifen kann und gleichzeitig den gegnerischen König in seinen Wegen behindert.So habe ich die Erklärungen damals aufgefaßt und als Orientierung vernünftig angesehen.

Beitrag von zugzwang

Die Thematik Bauernmehrheit am Damenflügel kontra Mehrheit im Zentrum (3-3:4-2)wurde in der10. Runde des Kandidatenturniers zwischen Carlsen und Gelfand diskutiert:[Event "FIDE Candidates"][Site "London ENG"][Date "2013.03.27"][Round "10"][White "Carlsen,M"][Black "Gelfand,B"][Result "1-0"][WhiteElo "2872"][BlackElo "2740"][EventDate "2013.03.15"][ECO "B30"]1. e4 c5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 e6 4. O-O Nge7 5. Re1 a6 6. Bf1 d5 7. exd5 Nxd58. d4 Nf6 9. Be3 cxd4 10. Nxd4 Bd7 11. c4 Nxd4 12. Bxd4 Bc6 13. Nc3 Be7 14.a3 a5 15. Qd3 O-O 16. Rad1 Qc7 17. Be5 Qb6 18. Qg3 Rfd8 19. Rxd8+ Qxd8 20.Rd1 Qb6 21. Bd4 Qb3 22. Rd3 Qc2 23. b4 axb4 24. axb4 Nh5 25. Qe5 Bf6 26.Qxh5 Bxd4 27. Rxd4 Qxc3 28. Qa5 Rf8 29. Qb6 e5 30. Rd1 g6 31. b5 Be4 32.Qf6 h5 33. h4 Bf5 34. Rd5 Qc1 35. Qxe5 Be6 36. Rd4 Ra8 37. Qe2 Kh7 38. Rd1Qc3 39. Qe4 Ra1 40. Rxa1 Qxa1 41. c5 Qc3 42. Qxb7 Qe1 43. b6 Bc4 44. Qf3Qxf1+ 45. Kh2 Qb1 46. b7 Qb5 47. c6 Bd5 48. Qg3 1-0 Ein paar Beobachtungen hierzu, die das Geschehen und den Partieinhalt nur bruchstückweise und amateurmäßig nachzeichnen:Der zentrale weiße Figurendruck führte dazu, daß Schwarz mit seinem Mehrbauern im Zentrum keinen Einfluß errang und deshalb auch keine Figuren wirkungsvoll zentralisieren konnte. Das schwarze Gegenspiel beruhte daher auf Druck gegen die weiße Bauernmehrheit. Die zentral aufgestellten weißen Figuren wirkten gegen den sKönigsflügel und unterstützten die eigenen Damenflügelbauern. Der theoretische Vorteil der Damenflügelmehrheit bekam praktische Bedeutung und resultierte in einer 2:1-Sitaution, in der Schwarz das Problem der 1-Bauern-Insel zu bewältigen hatte.Dieser leichter angreifbare Bauer stand als Bastion auf schwachen Füßen und mußte durch den Versuch aktiven Figurenspiels ausgeglichen werden. Schwarz zeigte hier interessante Ideen, doch letztlich war seine aktive Verteidigung zu schwierig und vielleicht sogar unlösbar.Aus meiner Sicht ein aktuelles (modernes) Beispiel zur Spielstrategie bei dieser geläufigen Art der Bauernverteilung.Analysen und Erläuterungen von Meistern werden hier hoffentlich noch weitere Einblicke geben.