Schachburg-Archiv: Benutzerthema „Die Kompensationsstrategie“

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Beitrag von Kiffing

Die Kompensationsstragie ist eine Errungenschaft des modernen Schachs. Kurz gesagt, geht es in ihr darum, eine eigene Schwäche zuzulassen, den Gegner dadurch abzulenken, daß er nun mit seinen Figuren auf die eigene Schwäche drauf geht, um daraufhin gefährlich kontern bzw. flexibel zuschlagen zu können. Die Kompensationsstrategie ist sicherlich mit einem gewissen Risiko verbunden. Andererseits ist das Niveau an der Spitze schon lange so groß geworden, daß man ohne ein gewisses Risiko nicht mehr gewinnen kann. Die Kompensationsstrategie bedeutet einen harten Kampf auf der Basis eines Ungleichgewichts der Kräfte, hier kommt es stark auf dynamisches Spiel an. Es ist aber sowieso eine Haupteigenschaft des modernen Schachs geworden, daß die Dynamik mittlerweile als wichtiger gilt als die Statik. Das moderne Schach ist vor allem eins geworden: dynamisch.Nun möchte ich euch fragen, wendet ihr selbst gelegentlich die Kompensationsstrategie an, meinethalben auch unbewußt, und welche Erfahrungen habt ihr damit gesammelt? Ich selbst muß zugeben, daß ich davor noch eine gewisse Scheu habe, selbst eigene Schwächen zuzulassen. Aber ich würde diese Strategie trotzdem anwenden, wenn mir mein eigener Angriff gefährlicher erscheint als der zugelassene Angriff des Gegners.

Beitrag von ruf012

Was ist unter Dynamik und unter Statik zu verstehen ?Am Beispiel der aktuellen WM. In der 8.Partie hat Weiss einen Turm gegeben, um die schwarze Dame einzufangen.Ein dynamische Motiv.In der 9.Partie hat Schwarz eine Festung gebaut mit ST und einigen Bauern gegen weisse KD.Ein statisches Motiv.Stimmt diese Klassifikation ?

Beitrag von Kiffing

Ja, das würde ich auch so sagen. Bei Dynamik steht mehr die Taktik im Vordergrund, bei Statik mehr das Positionsspiel bzw. positionelle Elemente wie das von Dir gerade angesprochene Festungsmotiv. Hier fällt mir ein schönes Bonmot von Tartakower ein: Der Taktiker muß wissen, was er zu tun hat, wenn es etwas zu tun gibt; der Stratege muß wissen, was er zu tun hat, wenn es nichts zu tun gibt. Das kommt auch dem ungefähren Wortlaut von Statik (Ruhe) und Dynamik (Bewegung) sehr nahe. Und bei der Kompensationsstrategie nimmt man ja auch meistens statische Nachteile in Kauf, um dynamische Vorteile dafür zu bekommen. Ein Beispiel wäre die Sweschnikow-Variante.

Beitrag von hako

Ich wende die Kompensationsstrategie regelmäßig an, auch wenn ich dadurch teilweise den entstehenden gegnerischen Angriff unterschätze. Erstmal benutzte ich sie in Form vn Eröffnungen, wie Benoni. Ich lasse meinen Gegner das Zentrum mit Bauern besetzen, übe dafür auf selbiges Figurendruck aus.Ansonsten ist diese Strategie im Mittelspiel durchaus angebracht bei Gleichstand. Es steigert, wie ich finde, den Spielspaß und verhindert Remis. Man darf es nur nicht übertreiben :)